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- Anmerkungen zum Text
Dies ist bereits die dritte Überarbeitungen meines Textes, bei der mein Ziel war die Geschichte durch kleine Details, sowie ein neues Ende etwas spannender zu gestallten und auf alle bisherigen Kritikpunkte einzugehen.
Der Jahrestag
> Noch 6 Stunden <
Herr Schäfer saß an seinem Schreibtisch, wandte seine Aufmerksamkeit vom Laptop ab und widmete sie seiner Frau Anna, die in der Tür stand.
„Bist du dir auch zu hundert Prozent sicher bei der Sache ... was, wenn dir etwas passiert?“, fragte sie.
„Wird es nicht!“ Herr Schäfer wusste, wovon er sprach. Im monatelangen Selbststudium hatte er alles über Sprengkörper gelernt. Sein größtes Projekt war eine Kombination aus drei verbundenen Bomben, an drei verschiedenen Orten platziert und ausgelöst per Zeitschaltuhr. Er nannte sie „Entschärfinix“, da er ein großer Fan von Asterix und Obelix war und jeder Versuch sie zu entschärfen die Zündung ausgelöst hätte. „Vertraust du mir?“
„Nein, aber ich vertraue meinem Mann, Martin.“ Sie küsste ihn kurz auf den Mund, gefolgt von einer langen Umarmung.
„Dreht sie jetzt völlig durch?“, dachte Herr Schäfer und runzelte dabei seine Stirn. Ohne weiter darüber nachzudenken, packte er seine Tasche und für zur Arbeit.
Beim Betreten des Klassenzimmers wehte ihm der Geruch von frisch gemähtem Gras mit einem Hauch von Veilchen durch das offene Fenster entgegen. „Gute Morgen, liebe 7D.“
„Guten Morgen, Herr Schäfer“, ertönte die Klasse im Chor.
Herr Schäfer ging an den Lehrertisch und holte seine Unterlagen aus der Tasche, als ein gelbes Post-it aus seiner Mappe fiel. Er bückte sich, um es aufzuheben. Für einen kurzen Moment stand sein Herz still.
„ICH KENNE DEN PLAN!“
Hektisch musterte er die Schüler, doch keiner von ihnen erweckte den Anschein, mit der Nachricht etwas zu tun zu haben. „Jetzt nur nicht verrückt werden!“ Er atmete tief durch, steckte das gelbe Zettelchen in seine Hosentasche und versuchte seine Aufmerksamkeit dem Unterricht zu widmen.
„Wer möchte mit seiner Rede beginnen?“ Herr Schäfer setzte sich auf einen Stuhl in der letzten Reihe, lehnte den Oberkörper zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, während er dem Thema Klimawandel lauschte. Er gähnte. In der letzten Nacht hatte er kaum geschlafen. Sein Blick schwankte hinüber zur Uhr und wieder zurück zum Redner. Sein Sichtfeld wurde langsam kleiner und nach einer Zeit konnte er nur noch den Körper des Jungen sehen, dann die Schuhe, bis er schlussendlich in die Schwärze seiner Augenlider blickte und in die Welt der Träume versank.
Herr Schäfer schaute auf einen grauen Boden mit weißen Linien, als er sich aufrichtete und bemerkte, dass er mitten auf einer Straße stand. An den Rändern ragte eine Nebelwand empor. Aus der Ferne winkte ihm ein kleiner Junge zu, der in ihm das Gefühl von Vertrauen weckte. Herr Schäfer marschierte ihm entgegen. Er versuchte es zumindest, doch er kam dem Jungen keinen Schritt näher. Die Geschwindigkeit seiner Bewegungen wurde stetig schneller. Schweiß tropfte von seiner Stirn. Drauf und dran aufzugeben, stand er plötzlich auf einer grünen Wiese, direkt vor einem Grab und der Junge war nicht mehr zu sehen. Es dauerte, bis er es wagte den Schriftzug auf dem Grabstein zu lesen. „Stefan Schäfer“. Herr Schäfer begann zu weinen. Seine Tränen platschten auf die Wiese mit einem Geräusch wie Regen, der auf eine Wasseroberfläche plätschert und immer stärker wird. Das Plätschern ging langsam in ein Klatschen über, welches ihn aus seinem Traum riss.
Reflexartig tat er es den Schülern gleich und applaudierte. „Der nächste bitte“, sagte er und hoffte, niemand hätte von seiner kurzen Abwesenheit etwas mitbekommen.
Die Materie der folgenden Rede interessierte ihn brennend. Sie handelte von der Thematik der Glaubenskriege. Mit aufgerichtetem Oberkörper beugte sich der Lehrer gespannt über den Tisch.
Der Schüler stand hinter dem hölzernen Rednerpult vor der grünen Tafel und begrüßte seine Zuhörer mit erhobenen Händen.
„… Glaube, entspricht keinen Richtlinien. Glaube, muss nicht weit verbreitet sein. Glaube, kann nicht verboten werden. Sei es der Glaube an Religion, an Politik oder eine Kultur, die unser Leben prägt.“
Mit seiner kräftigen Stimme weckte er die Aufmerksamkeit der ganzen Klasse.
„Vor rund 70 000 Jahren war der Homo Sapiens ein der Natur ausgeliefertes Geschöpf, das getötet hat, um zu überleben … später wurde mehr und mehr getötet, um anders gesinnte auszulöschen ... Unser Leben hat sich seitdem in vielen Hinsichten positiv verändert. Der Mensch weiß mehr als je zuvor, hat bessere Technologien zur Verfügung als je zuvor, doch er sieht auch dieselben Unterschiede, wie zuvor ... ES WIRD ZEIT EINE NEUE ÄRA ZU BEGINNEN.“
Selbst die Schüler, denen ansonsten den gesamten Schultag langweilig war, hingen an seinen Lippen.
„Eine Ära, in der nicht Ausländer oder andere Religionen, sondern Verbrecher an Verbrechen und Terroristen an Terroranschlägen schuld sind, wir keine unterschiedlichen Kulturen, sondern gemeinsame Geschichte sehen. Eine neu Zeit, in der jedes Individuum die Chance bekommt, etwas aus seinem Leben zu machen… Es liegt an euch, etwas zu verändern. Ihr werdet eine neue Gesellschaft erschaffen!“
Ein Jubeln toste durch das Klassenzimmer. Die Schüler sprangen von ihren Stühlen auf, klatschten in ihre Hände und hämmerten gegen die Tische.
Plötzlich war alles Dunkel. Im nächsten Moment fand sich Herr Schäfer vor dem Klassenzimmer wieder und steckte gerade sein Handy in die Hosentasche. „Wie komm ich denn hier hin?“, fragte er sich. Seit Stefan nicht mehr da war litt er an enormen Schlafentzug und hatte immer häufiger derartige Erinnerungslücken.
Auf dem Weg in das Lehrerzimmer begegnete er einer Kollegin. Frau Holzapfel, die hatte ihm jetzt noch gefehlt. Sie wischte die grauen Haare, die ihr Gesicht verdeckten, hinter die Ohren, dahinter kam dieser aufgesetzt freundliche Gesichtsausdruck zum Vorschein. „Holzapfel hört und sieht alles.“ Wenn Herr Schäfer diesen Spruch vernahm, begann jedes Mal sein Magensaft zu brodeln.
„Hallo Martin! Entschuldigung, ich meinte Herr Schäfer“, wurde er begrüßt. Seit dem Unglück mit seinem Sohn hatte Herr Schäfer enorme Stimmungsschwankungen. An manchen Tagen, so wie dieser, wollte er den Namen Martin nicht zu Ohren bekommen und das wussten seine Kollegen.
„Morgen“, erwiderte er und verdrehte dabei die Augen, um ihr zu zeigen, wie sehr er sie verabscheute. Doch Frau Holzapfel konnte man nicht so einfach abwimmeln.
„Schrecklich, was gestern passiert ist. Nicht wahr?“
Herr Schäfers Körper sträubte sich, dieses Gespräch weiterzuführen. Am liebsten wäre er, ohne ein Wort zu sagen davon, doch tief in ihm drin gab es etwas, das er lange nicht fühlte, etwas das es nicht zu ließ einfach weiter zu gehen. War das sein Gewissen? „Was denn?“, fragte er.
„Haben Sie heute Morgen denn nicht die Zeitung gelesen? Drei Jugendliche aus unserer Schule wurden letzte Nacht krankenhausreif geprügelt. Tarek, Malik und Mohammed. Tarek liegt im Koma und die beiden anderen konnten keine Beschreibung des Täters abgeben.“
Diesen Morgen hatte Herr Schäfer keine Zeit gehabt, die Zeitung zu lesen, er war viel zu beschäftigt mit dem Plan gewesen. „Wie schrecklich“, erwiderte er höhnisch.
„Ja! Sehen Sie hier.“ Frau Holzapfel holte die Zeitung aus ihrer braunen Umhängetasche hervor und zeigte ihm das Foto des Komapatienten.
Ein mulmiges Gefühl machte sich in Herr Schäfers Magen breit. Er wurde schläfrig und fühlte, dass er gleich wieder eines dieser Blackouts erleben würde. „Bleib wach“, flüsterte er und kämpfte dabei stark dagegen an. Sein Gesicht wurde weiß und Schweißtropfen kamen auf seiner Stirn zum Vorschein.
„Alles okay bei Ihnen?“, wollte seine Kollegin wissen.
Er holte einmal tief Luft. „Ich fühl mich nicht sehr gut.“
„Dacht ich es mir. Sie wissen doch, Holzapfel hört und sieht alles.“
In diesem Moment kam Herr Schäfer zur Besinnung. Er hatte wieder Kontrolle über seinen Körper. Dieses falsche Mitgefühl, sie wusste gar nichts über ihn, darüber wie es war in seiner Haut zu stecken. Ohne Eltern aufgewachsen, völlig auf sich alleine gestellt und trotzdem machte er etwas aus seinem Leben. Er war befördert geworden, hatte geheiratet und einen Sohn bekommen, doch auf den Tag genau vor einem Jahr wurde diese Utopie zerstört.
Er starrte seiner Kollegin tief in die Augen. Es schauderte Frau Holzapfel in diesem nicht zu vorübergehenden Moment. Herr Schäfer wandte seinen kalten, leeren Blick von ihr ab und verschwand ins Lehrerzimmer, doch sie stand da, in Schockstarre, ohne zu wissen was gerade geschehen war.
Herr Schäfer betrat den Raum voll mit Lehrern. Dieses Gespräch gerade dauerte für ihn Stunden, doch es war noch immer Fünf-Minuten-Pause gewesen. Er schmiss die Tür krachend hinter sich zu. Alle seine Kollegen starrten ihn an. Ohne eine Miene zu verziehen steuerte Herr Schäfer auf seinen Platz zu, wo er den Laptop aus seiner Tasche nahm, ihn anschaltete und auf das als Uhr getarnte Symbol mit dem Titel „Countdown“ klickte.
> Noch 3 Stunden <
Nicht mehr lange und alle seine Sorgen würden der Vergangenheit angehören. Endlich könnte er wieder ein normales Leben führen, wären da nicht seine nervigen Kollegen, welche ihm die Arbeit zur Hölle machten. So manche redeten nicht mit ihm oder hatte gar Angst vor ihm, diese waren ihm die Liebsten, doch dann gab es diese Lehrer, die ihn immerzu fragten, ob er etwas mit ihnen unternehmen wolle.
„Das können sie haben“, dachte er.
Er drehte eine Runde durch das Lehrerzimmer und zitierte sie zu seinem Platz. „Ich habe nachgedacht. Seit dem Vorfall mit meinem Sohn lasse ich niemanden an mich rann und bin nur noch schlecht gelaunt, aber von nun an möchte ich mich ändern.“
„Das freut uns. Wir stehen voll und ganz hinter dir“, antwortete sein Liebling von den Dreien, Frau Holzapfel.
Herr Schäfer hob seinen Kopf. „Das weiß ich sehr zu schätzen, daher möchte ich euch heute um ein Uhr zum Essen einladen in das neue Restaurant neben der Moschee im achten Bezirk.“
„Klingt toll!“
Glück brodelte in ihm auf. „Diese Narren“, dachte er.
Nach einem kurzen Nickerchen setzte er guten Gewissens das Verbessern der Arbeiten fort, da entdeckte er erneut eine Nachricht, dieses Mal mitten auf seiner Unterlage.
„Der Anschlag bringt deinen Sohn nicht zurück. Terrorist!“
Dieses Mal war es eindeutig. Jemand wusste was er vor hatte. „Und wenn schon. Ich bin der Einzige, der diesen Plan noch stoppen könnte“, protzte er.
Kurz vor 12 Uhr packte er seine Sachen zusammen und begab sich zu seinem Auto.
„Bis gleich!“, rief ihm Frau Holzapfel hinterher, die in diesem Moment das Schulgebäude verlies. Herr Schäfer wandte seine Blick zurück, hielt die Autotür seines schwarzen Audi A5 mit der einen Hand fest und zeigte ihr den Mittelfinger mit der anderen. Danach stieg er ein und drehte mit voller Lautstärker „Happy“ von Pharrell Williams auf.
Jetzt konnte ihm nichts mehr seinen Tag zerstören. Auf halber Strecke sah er zwei muslimische Familien. „Viel Spaß beim Freitagsgebet“, rief Herr Schäfer aus dem Fenster worauf die Fußgänger ihm lächelnd zu winkten. „Ach wie gut das niemand weiß, dass euer Henker Schäfer heißt“, summte er vor sich hin, während er ihr Lächeln erwiderte. Die restliche Fahrt führt er ein Selbstgespräche. „Du bist bald der glücklichste Mensch auf Erden!“ „Nein du!“ „Nicht doch, du wirst viel Glücklicher sein, wenn dieses Gesindel aus unserer Stadt radiert wurde!“
Zu Hause angekommen ging er in die Küche und machte Popcorn. Danach setzte er sich an seinen PC, wo er den Countdown beobachtete. Neben ihm auf dem Schreibtisch stand ein Flasche Champagner „Krug Vintage 1988“ im Wert von vierhundert Euro bereit, um den Erfolg ausgiebig zu feiern.
> Noch 5 Minuten<
Herr Schäfer fühlte sich, als wäre er ein Superheld, kurz davor die Stadt vom Bösen zu befreien. „Ich bin Herr Schäfer“, sagte er mit tiefer Stimme und versucht damit Batman nachzuahmen, es klang jedoch nicht so gefährlich wie in seinem Kopf.
Bald würde das Leben wieder in Ordnung sein. Eine Stadt ohne Verbrechen, ohne Morde. Ohne seinen kleinen Stefan. Der Plan würde ihn nicht wieder zurückbringen. „Oder etwa doch? Was solls, einen Versuch ist es wert.“ Und er zuckte mit den Schultern.
> 2 Minuten <
Herr Schäfers Lieblingskollegen mussten bereits vor dem Restaurant direkt neben der Moschee sein, an dem Ort, wo sein Sohn auf den Tag genau vor einem Jahr einem Selbstmordattentäter in die Hände lief. „Heute wird es anders sein als damals. Dieses Mal werden die Richtigen ihre Strafe erhalten. Die, die Schuld daran sind, dass mein Leben, das eines netten und ehrlichen Oberstufen Lehrers zugrunde ging“, dachte er. „Und diese blöden Kollegen bin ich dann auch los“, ergänzte er seinen Gedanken und grinste dabei, gleichend einem Horrorclown übers ganze Gesicht.
> 30 Sekunden <
Mit jeder vergangen Sekunde begann sein Herz schneller zu klopfen. Gefesselt vom Anblick des Countdowns saß er da und blendete sein gesamtes Umfeld aus. Er war so vertieft in den Bildschirm, dass er nicht einmal die Fliege bemerkte, die um seinen Kopf surrte und in seinen Nack krabbelte.
Plötzlich klingelte es. Frau Holzapfel. Besser konnte es nicht mehr werden. „Wenn ich jetzt abhebe, kann ich ihre Schreie als Klingelton verwenden.“ Er drückte auf Aufnahme und legte das Handy mit eingeschaltetem Lautsprecher auf seinen Schoß. Danach lehnte er sich mit den Füßen auf dem Tisch zurück und kostete den Moment in vollen Zügen aus. „Herr Schäfer hier, wie darf ich Ihnen behilflich sein?“
> 10 Sekunden <
Schlagartig schien die Zeit still zu stehen. Herr Schäfer konnte die einzelnen Flügelschläge der Fliege hören, die gerade mit einem tiefen Surren neben seinem Ohr vorbeiflog. Die Stimme seiner Kollegin ertönte in Zeitlupe.
„Hallo, Frau Holzapfel hier, ich wollte fragen, wo sie stecken…“
Hundertstel verliefen, wie Sekunden und Sekunden wie Minuten. Sein Herz war kurz davor aus seiner Brust zu springen.
> 0 Sekunden <
Nichts geschah. Kein Knall. Keine Schreie. Keine Rache für seinen Sohn. Eine Welt brach für ihn zusammen. Versunken in Selbstmittleid überhörte er seine Kollegin, die am anderen Ende der Leitung weiterredete.
„Haben sie mich gehört Herr Schäfer? Ein ganzer Stadtteil wurde wegen drei Bomben evakuiert.“
Er begann zu brüllen: „Du Dreckskerl! Wer bist du und wie konntest du meinen Plan verhindern?“ Alles drehte sich in seinem Kopf. War es seine Frau gewesen, oder doch ein Außenstehender? „Quatsch! Niemand könnte diese Bomben entschärfen, außer…“ Auf einmal wurde Ohnmächtig.
„Wo bin ich?“, fragte er, als er wieder Bewusstsein erlangte. Weiße Wände, ein brauner Holzboden und auf der gegenüberliegenden Couch saß ein grauhaariger Mann mit Kittel.
„Schön Sie kennenzulernen Herr Schäfer, ich bin Doktor Stark und Sie sind in meiner...“
„Psychiatrie!“, unterbrach er ihn. Er kannte diesen Ort , diesen Mann. „Was ist hier los?“, wollte Herr Schäfer wissen.
Der Doktor überreichte ihm Wortlos einen Brief, der vor wenigen Tagen für ihn verfasst wurde.
„Hallo Herr Schäfer!
Schon verrückt sich selbst mit dem Nachnamen anzusprechen. Seis drum. Solltest du diesen Brief hier jemals lesen, ist es uns wohl gelungen dich zu Doktor Stark zu bringen. Keine Sorge, er ist einer von den Guten. Ich besuche ihn bereits seit einem halben Jahr. Ungefähr einen Monat nach dem Vorfall mit Stefan wurde ich immer öfter an den komischsten Orten wach, oder hatte Blackouts und war plötzlich wo völlig anders. Meine, besser gesagt unsere Frau Anna hat herausgefunden, dass ich mich in diesen Blackout-Phasen nur noch mit Herr Schäfer ansprechen lasse und von hass erfüllt bin. Das musst dann wohl du sein. Ich möchte dir nichts Böses unterstellen, da du so zu sagen ich bist, aber es scheint, als hättest du etwas vor. DEN PLAN, wie du ihn vor Anna immer nennst. Worum es dabei auch immer gehen mag, er bringt Stefan nicht zurück. Nichts bringt ihn wieder zurück, das hat mir Doktor Stark deutlich gemacht. Da es scheint, als würdest du immer mehr die Kontrolle über unseren Körper zu übernehmen habe ich eine Bitte an dich: Kümmere dich um Anna! Sie ist der wundervollste Mensch auf Erden und es wäre schade, wenn du sie verlieren würdest. Und stell keinen Blödsinn an! Bisher ist es uns gelungen, die Krankheit zu verheimlichen und unseren Job zu behalten. Ich hoffe das bleibt auch so.
Ansonsten wünsche ich dir alles Gute!
LG Martin (dein anderes ich)“
Langsam wurde Herr Schäfer so einiges klar. Er griff nach dem Handy in seiner rechten Hosentasche und öffnete seine Nachrichten. Doktor Stark war der letzte Kontakt, mit dem er geschrieben hatte. Er öffnete den Chat.
„Hallo Doktor Stark! Die Zeit drängt. Durch einen ungewissen Auslöser konnte ich die Kontrolle übernehmen und herausfinden, wie man die Bomben entschärft, über die er mit Anna immerzu sprach“
Darunter sah er ein Bild von seinem Laptop mit dem Entschärfungsplan, den Herr Schäfer für den Notfall gemacht hatte. Doch es war nicht das Einzige, dass man auf dem Foto erkennen konnte. Im Hintergrund waren die Schüler aus der 7D zu sehen.
Unterhalb war noch eine Nachricht zu sehen:
„Der Countdown zeigt noch drei Stunden. Die Bomben sind in den drei großen Moscheen der Stadt versteckt. Beeilt euch!“
Erzürnt richtete Herr Schäfer seinen Blick auf den Doktor. „Wie geht es jetzt weiter? Wollen Sie mich kurieren? Mein Leben verändern, als wäre nie etwas geschehen?“, sagte er spöttisch.
„Das hatten wir ursprünglich vor. Wir wollten versuchen Ihnen trotz der gespaltenen Persönlichkeit, ausgelöst durch den Tod Ihres Sohnes und Ihre Kindheit im Weisenheim, ein normales Leben zu ermöglichen. Anfangs, als Martin noch die Oberhand hatte gelang es uns auch ziemlich gut, daher reichte es aus mich einmal pro Woche zu besuchen und Medikamente zu nehmen. Doch dann übernahmen Sie nach und nach die Kontrolle, die Medikamente wirkten nicht mehr und Martin konnte mich seltener besuchen. Schlussendlich hat Ihnen Ihr Plan einen Platz in der geschlossenen Anstalt gesichert“, erklärte Doktor Stark.
In diesem Moment spazierten auch schon zwei riesige, muskelbepackte Männer in weißer Kleidung herein und brachten Herr Schäfer in sein neues zu Hause.