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- 14.08.2005
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Der lesbische Kampftrupp
Ich döste in meinem geistigen Schlummerzustand vor mich hin, tippte die Glut meiner Selbstgedrehten fast beiläufig in den Kaffee meiner Arbeitskollegin und schaukelte mir die Eier. Mit Sicherheit bin ich kein Freund von unüberlegten Handlungen, von Stress und Hektik, ich mag den Begriff „Leistung“ nur ungern, doch zwingt mich das sinnlose Absitzen meiner vorgeschriebenen Arbeitszeit in dieser Irrenanstalt unweigerlich, mich der Sinnlosigkeit der Situation durch zwecklose Handlungen anzupassen, und so wippe ich auf meinem Bürosessel durch die Gegend, auf der Suche nach röstbraunem Kaffee, wie sie ihn in der Werbung immer anpreisen. Röstbraun. Wie einfallsreich man doch wird, wenn es sonst nichts zu tun gibt.
Im Büro saßen drei weitere Mitarbeiter, einer untätiger und gelangweilter als der andere, aber dennoch stets bemüht, einen möglichst konzentrierten Blick zu bewahren, um nicht von der scheinbaren Bereitschaftsstellung hinab in Apathie zu verfallen wie eingesperrte Affen, denen man die Hoden entfernt hat. Mein inhaltsarmer Magen verkrampfte sich, sämtliche Innerein schienen sich zu verknoten während sie lauthals um Beschäftigung flehten. „Bitte Herr, schenk mir ein Stück Knorpel zum verdauen!“, drang eine Stimme aus meinem Bauch.
„Bitte Herr, lass Blut durch mich strömen, damit ich es pumpen kann!“, schrie mein Herz. Ich bemühte mich, die Forderungen meiner Innerein zu ignorieren.
Hätte ich damals nicht auf den verlockenden Ruf der Drogen gehört, die Schule geschmissen, wäre ich nicht im Kampf mit meiner Vorstellung von einem lebenswerten Dasein und der gängigen Auffassung von menschlichem Erfolg gescheitert, wer weiß, vielleicht wäre ich heute in der Lage, mir den Luxus zu leisten, meinen fetten Arsch auf den Fahrersitz eines Mercedes zu pressen, geschweige denn überhaupt in Besitz eines Automobils zu sein.
Einzig die Gewissheit eines von Alkoholexzessen und Sex durchtränkten Wochenendes ließ mich weiterhin, gutgläubig wie ich nun mal war, von der Überzeugung getrieben sein, die Situation könne sich nur noch zum Besseren wenden. Ich sollte eines Besseren belehrt werden.
Jenny, meine damalige Freundin, überzeugte mich davon, den Abend in einem dieser Studentenschuppen außerorts zu verbringen, von dem ihre Freundinnen so schwärmten. Abgesehen von einer Gruppe betrunkener Frauen, die offenbar lesbischer Natur waren, ging es sehr gediegen zu, was mich nicht weiter störte. Aus der Jukebox dröhnte Jazzmusik, und während die Mädchen sich über die aktuelle Mode ausdiskutierten und Witze über das Haarnetz des Kochs machten, zogen Mike und ich uns gemeinsam mit noch so einem Kerl in eine gemütliche Ecke im hinteren Teil der Kneipe zurück, von wo aus wir gleichzeitig die graziöse Gestalt der Kellnerin betrachten und unsere Freundinnen im Auge behalten konnten. In der Annahme, ein mehr oder weniger nobles Szenelokal zu besuchen, hatte ich mich vollends in Schale geworfen, was sich als folgeschwangeren Fehler entpuppte. Ich war overdressed.
Rechts neben uns am Tisch feierte eine Zirkusgruppe scheinbar Geburtstag; und das Geburtstagskind war ein hässlicher Zwerg und stand mitten auf dem Tisch und hüpfte wie besessen im Kreis, machte einen Salto, hüpfte weiter, machte noch einen Salto und klatschte dabei rhythmisch in die Hände. Die Gruppe sang ausgelassen und fröhlich mir unbekannte Lieder in einer mir unbekannten Sprache.
„Diese dreckigen Zigeuner, nirgendwo findet man Ruhe vor denen!“, schnaufte Mike. Er holte aus und warf dem Zwerg seinen Bierkrug an den Kopf, der Zwerg wurde von der Wucht mitgerissen und fiel ohne jegliches Anzeichen von Körperkontrolle vom Tisch. Dann ging die Welt unter. Alle waren tot.