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Der letzte Auftrag

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17.02.2005
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Der letzte Auftrag

Der letzte Auftrag
Douglas nahm sich diesmal Zeit um auf das Dach des Hochhauses zu kommen. Er wollte nicht mehr, aber diesen Auftrag musste er noch vollenden. Er schuldete es Howie. Er betrat langsam und überlegend den braungetäfelten Aufzug. Sorgfältig ging er die Knöpfe für die einzelnen Stockwerke durch, verharrte bei Achtundsechzig und drückte dann den Knopf für das achtundsechzigste Stockwerk. Schnell setzte sich der Aufzug in Bewegung. Oh Mann. Howie warum? Warum nur du?
Douglas lehnte sich an. Summend passierte der Aufzug das dreiunddreißigste Stockwerk. Howie war ein Freund gewesen. Ehrlich gesagt sogar Douglas einziger. Dabei war er, Douglas, immer recht beliebt gewesen. Er war die Sorte von Typ gewesen, die auf jeder Party von Leuten umringt war und am College hatten sogar die Lehrer seine Anwesenheit geschätzt.
Wie war es bloß soweit gekommen?
Douglas starrte auf die Anzeige. Einundsechzig, Zweiundsechzig, Dreindsechzig..., die Ziffer schlug nicht weiter. Dreiundsechzig? Langsam öffnete sich die Aufzugstür. In den Aufzug trat eine junge Frau von etwa achtzehn Jahren, deren langes rotes Haar sich wie Schlange um ihren schlanken Körper wand. Ihre Augen waren auf den Boden gerichtet und ihr Gesicht schien traurig. Aber Douglas erschauerte bei ihrem Anblick, sie trug zwar nur ein einfaches schwarzes Shirt und eine halb zerrissene Jeans, aber sie war wunderschön. Sie war nicht einfach nur gutaussehend oder hübsch, so dass sich die Männer nach ihr umdrehten, sondern anders. Ähnlich der Prinzessin aus einem Märchen. Ihr elfenbeingleiches Gesicht war blass und sie sah müde aus, als ob sie mehrere Tage nicht geschlafen hätte.
Douglas starrte sie an. Die junge Frau lehnte sich lässig, den Blick immer noch auf den Boden gerichtet an die Douglas gegenüberliegende Wand.
„Was ist das für eine Tasche?“ fragte die Frau. Douglas schien aus einer Starre, einem Schlaf aufzuwachen.
„Was?“ Douglas stotterte und wurde rot wie eine Pfefferschote im Hochsommer. Die junge Frau blickte hoch. Douglas fand, dass sie wundervolle braune Augen hatte, welche ihn an ein Reh erinnerten.
„Was das für eine Tasche ist?“
Douglas schossen Gedanken durch den Kopf. War sie von Tokugawa geschickt wurde, von Douglas Gegenpartei, Gegenkonzern? Wohl kaum. Er beruhigte sich wieder und sein Gesicht bekam wieder normale Farbe. Konzentrier dich auf deinen Auftrag, bleib cool! sagte sich Douglas. „Wüsste nicht was sie das angehen würde?“ „Ist aber ´ne schöne Tasche.“ Jetzt endlich drückte die Frau den Knopf für ihr Stockwerk. Achtundsechzig. Was zum...? Douglas stockte der Atem. „Was wollen sie auf dem Dach?“ fragte er. „Vielleicht dasselbe wie sie?“ gab die Frau zurück. Douglas dachte an das in der blau-schwarzen Sporttasche verstaute Scharfschützengewehr. „Wohl kaum.“ Douglas lächelte die Frau an. Der Fahrstuhl setzte sich endlich in Bewegung. „Na los, sagen sie schon. Was wollen sie auf dem Dach?“ Die Frau schaute ihn immer noch mit diesem melancholischen gleichgültigen Blick an. „Vielleicht verrate ich ihnen auch den Grund für meinen Besuch auf dem Dach, wenn sie mir ihren verraten.“ Sie schlug ihre Rehaugen wieder nieder.
Der Aufzug stoppte ruckelnd. Beide Augenpaare richteten sich synchron auf die Ziffernanzeige, welche zwischen Siebensechzig und Achtundsechzig wechselte.
„Ich glaube der Aufzug ist steckengeblieben.“ Bemerkte die Frau so gleichgültig, als ob sie vom Tod einer Fliege in Ostsibirien sprechen würde. Douglas fluchte innerlich. Der letzte Auftrag. So ein verdammter Mist. Die Zielperson kam in zweieinhalb Stunden aus dem Gebäude gegenüber und jetzt steckte er mit einer Halbverrückten in einem Aufzug fest. Er seufzte.
„Ich will vom Dach springen.“ Die Frau stellte diese Worte in den Raum, als würde sie ein Glas in den Schrank stellen. Douglas Augen wurden groß. Das darf doch alles nicht wahr sein. Sein Kopf begann zu schmerzen, er bekam langsam Platzangst. Die Frau gegenüber schien das alles nicht zu stören. Sie schaute Ihn weiterhin mit diesem seltsamen Blick an.
„Also warum wollen sie hoch?“ Zum ersten Mal war eine Regung in ihrer Stimme zu hören. So etwas wie Neugier, aber vielleicht begann Douglas jetzt schon nicht mehr klar zu denken und etwas hinein zu interpretieren wo nichts war.
„Sie wollen doch nicht auch Selbstmord begehen?“
„Nein will ich nicht, lassen sie mich in Ruhe,... wieso wollen sie sich eigentlich umbringen?“
Ich weiß nicht, Ich.“
„Wieso sollten sie springen? He, ein so schönes Mädchen wie sie. Warum?“ Douglas merkte, dass sich seine Hektik langsam in Panik steigerte. Er begann im Aufzug herumzulaufen, wie ein Tiger im Käfig.
„Jetzt beruhigen sie sich bitte, sie machen mir ein wenig Angst.“
Die Frau blickte Douglas mit leicht geöffnetem Mund an. „Na und, was kümmert es sie? Sie wollen sich doch sowieso umbringen!“ Douglas schwitzte wie ein Eskimo in der Sahara. Verflucht, noch etwa zwei Stunden bis zum Kontakt mit der Zielperson.
„Na ja, eigentlich.“ Sagte die Frau leicht ängstlich, ihre Starrheit vom Anfang war abgefallen. Sie schien doch keine so harte, gleichgültige Frau zu sein. Vielleicht war sie doch nur ein wunderhübsches Mädchen von achtzehn Jahren, welches von seiner Umwelt betrogen und desillusioniert war.
„Eigentlich weiß ich gar nicht, ob ich springen soll. Ich wollte nur einmal aufs Dach und dann weitersehen.“
Na toll die Prinzessin aus dem Märchenland, war ein Mädchen, dass sich vielleicht umbringen wollte und mit ihm, eine Auftragskiller jetzt in einem verdammten Aufzug steckengeblieben war. Er kam sich vor, wie in einer Arena, in welcher er zusammen mit einem schlafenden Löwen stand. Douglas sackte an der Wand zusammen. Langsam beruhigte er sich wieder, er merkte direkt wie sein Blut vorher gekocht und Blasen geworfen hatte und wie dieser rote Fluss wieder langsamer und ruhiger wurde.
„Also, was machen wir jetzt?“ Das Mädchen schaute ihn mit ihren traurigen Augen an. „Erst einmal warten wir. Vielleicht hat sich der Motor nur eine Auszeit genommen.“
Er schaute auf seine Uhr. Noch anderthalb Stunden. Douglas tastete durch seine Trainingstasche nach dem Gewehr. Es fühlte sich gut an. Er dachte an frühere Aufträge, an das Zielkreuz welches sich langsam schwingend auf den Kopf des jeweiligen Opfers einpendelte. Er schloss die Augen und lehnte seinen Kopf an.
Rüttelnd setzte sich der Aufzug in Bewegung. Douglas öffnete die Augen. War er eingeschlafen? Er starrte auf seine Uhr. Noch zehn Minuten, was?! Er sprang auf. Das Mädchen wachte sich streckend auf. „Oh da sind wir wohl eingeschlafen.“ Das Mädchen stand auf, es sah gar nicht aus als ob es geschlafen hätte.
Douglas war schon auf hundertachtzig. Der Aufzug stoppte. Auf der Anzeige stand Achtundsechzig. Die Tür ging wie in Zeitlupe auf. Er fummelte an der Sporttasche herum. Das Mädchen schaute ihn nur irritiert an. Douglas Gedanken überschlugen sich.
Was sollte er dem Mädchen erzählen, wie sollte er es erklären? Er stürzte aus dem Aufzug und auf die Metallleiter zu, welche zur Dachluke führte. Das Mädchen folgte ihm. Oben angekommen stieß er die Klappe mit dem Kopf auf. Sonnenstrahlen fluteten den Raum. Douglas hielt sich die Hand vor die Augen und sprang aufs Dach. Er war schon fast am Rand angekommen. Dann warf er sich auf den Boden und riss den Reißverschluss der Tasche auf. Douglas zerrte die beiden Teile des Gewehrs heraus und begann sie hastig zusammenzuschrauben.
Das Mädchen starrte ihn nur verständnislos an. „Runter! Auf den Boden!“ herrschte er sie an. „Wenn du stehen bleibst, können sie dich sehen.“ Douglas merkte wie sich die Routine einstellte. Er setzte das Zielfernrohr auf den Lauf auf und zielte ungefähr an. Ja da war die Zielperson. Malcolm Mc Dean. Boss des Kagasama Konzerns. Gerade kam er aus dem Fabrikgebäude, sich so sicher fühlend zwischen seinen beiden Leibwächtern. Noch 20m bis zu seiner Limousine. Er hörte hinter sich, wie sich das Mädchen auf den Boden fallen ließ. Vorsichtig robbte sie neben Douglas. Er war ganz ruhig er atmete flach und ohne sich viel zu rühren. Genau den Kopf fixiert, legte sich sein Finger auf den Abzug.
Das Mädchen beobachtete Douglas. Er sah sie aus den Augenwinkeln, wie sie ihn wie eine Raubkatze betrachtete. Er wandte jetzt seine ganze Konzentration dem Zielobjekt zu, so sah er auch nicht, wie das Mädchen langsam und ruhig einen schmalen, länglichen, silbernen Dolch, dessen Griff mit schwarzem Leder umwickelt war unter ihrem Hemd hervorzog. Sie setzte sich auf ihre Knie und hob die Waffe. „Setz dich hin!“ fuhr Douglas sie ohne sich zu regen an. „Weißt du warum ich vom Dach springen wollte?“ Douglas stockte und, irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Er verdrängte das Gefühl, visierte wieder an.
„Ich wollte springen, weil ich andere Menschen töte. Eigentlich ist es mehr das Messer welches tötet, aber ich will das einfach alles nicht mehr.“ Douglas wandte seine Augen nach rechts. Neben ihm kniete das Mädchen. Er versuchte sich herum zu werfen, aber das Messer stach zu. Er spürte wie das Messer tief in seinen Oberkörper eindrang, spürte wie Blut in seine Lunge schoss, spürte wie er starb.
Das Mädchen rollte den Mann zur Seite, beziehungsweise das was von ihm noch übrig war, sie musste oft auf ihn eingestochen haben. Öfter als sonst.
Dann legte sie sich hin und nahm das Gewehr in Anschlag. Sorgfältig suchte sie sich ein Ziel, ein junger Mann, an eine Wand gelehnt, nichts ahnend. Sie drückte ab, das Blut, sein Blut spritzte hinter ihm gegen die Wand, er fiel tot zu Boden. Sorgfältig suchte sie sich ein neues Ziel und dann noch eines und noch eines.
Eigentlich war es gar nicht das Messer, das sie töten ließ. Eigentlich war es ihr Innerstes.
Es dauerte etwa eine halbe Stunde und fünfzehn weitere Opfer, bis die Polizei das Mädchen vom Dach holen konnte.

 
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Hey Harlekin,

Die Geschichte ist - auf ein paar Fehler abgesehen - ganz gut geschrieben. Obwohl ich das Ende bereits geahnt habe, finde ich die Idee gut.

Wie Noel schon bekrittelte: Die Sache mit der direkten wörtlichen Rede und den persönlichen Gedanken ist sehr verwirrend - man erfährt erst immer einen Satz weiter (an der Reaktion des Gegenübers) , ob die Sätze mit den Anführungsstrichen gesprochen oder gedacht waren.
Ändere bitte die persönlichen Gedanken des Prots in kursive Schreibweise.


Gruß,
131aine

 

Danke für die Antworten.
So. Hab jetzt die Gedanken geändert. Ist sehr viel besser, was mich da wohl geritten hat?!
@noel: Richtig, ohne Perspektivwechsel funktioniert das nicht so, wie ich das gerne gehbt hätte. Allerdings handelt es sich um eine alte Geschichte (1999) und zu dieser Zeit gings mehr darum alles wegzuschreiben und der Stil hinkt halt. ;-)

@Blaine: Welche Fehler meinst du? Was kann ich besser machen? Außer den Gedanken.

 

@lukas_iskariot:Erstmal Danke für die konstruktive Kritik...
Ich glaube das Problem bei der Handlungsweise von Douglas ist, dass ich es vermieden habe ihn weiter zu charakterisieren. Wer ist Howie? Warum der letzte Auftrag? Warum will er aufhören.
Ich hatte all die Ideen über den geläuterten Killer, der nur noch diesen Auftrag zu Ende bringen muss etc., im Kopf hab sie aber nicht aufgeschrieben.
Dadurch wirkt er ein wenig unglaubwürdig. Eine genauere Beschreibung hätte hier wahrscheinlich Wunder gewirkt.
Die Rehaugen und die Prinzessin, Hm. Die Prinzessin ist etwas arg bildbelastet, (Mit rosa Kleid und Krönchen) aber die Rehaugen, ich hab überlegt, aber zu diesen Augen passt das Bild nun mal. (Oder die Augen Winona Ryders?! ;-))

 

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