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Der Liebeskünstler
Meine Freunde nennen mich einen Lügner, aber das entspricht nicht der Wahrheit. Ich erwarte nicht, dass Sie es anders sehen, Worte sind trügerisch, aber bevor Sie urteilen, bedenken Sie Folgendes: Wir Menschen sind irrationale Wesen, tun uns mit logischem Denken schwer und nutzen täglich den Mechanismus der kognitiven Dissonanzreduktion. Nein, es geht nicht um Musik und auch nicht um Unstimmigkeiten in Beziehungen, sondern im Kern handelt es sich darum, dass wir mit Widersprüchen und dem daraus folgenden Unbehagen nicht klarkommen. Die Folge: Wir verarschen uns alle den ganzen schönen langen Tag selbst und die Unterstellung meiner Freunde ist nur ein Abwehrmechanismus, weil es bei ihnen mit den Mädels nicht läuft. Die sind nur neidisch. Sie glauben mir eben nicht, dass ich wirklich so erfahren bin, wie ich das immer behaupte. In Wirklichkeit ist es noch viel krasser: Ich bin ein Sexgott. Oh nein, werden Sie jetzt denken, der Bengel hat das S-Wort benutzt. Tja, tut mir leid (ist natürlich nur eine Floskel), ich gehe eben aktiv gegen Normen vor. Sex. Sie sind immer noch da? Sehr gut, dann breche ich noch ein weiteres Tabu (natürlich nur, weil es Spaß macht) und verkünde hiermit, dass auf meinem Konto 8069€ sind und ja, das Geld habe ich selbst verdient. Sonst hätte ich mir in meinem Alter wohl kaum eine eigene Karre leisten können.
Aber egal, ich will noch mal auf die Tatsache zurückkommen, dass ich ein richtig krasser Player bin. Sollten Sie jemals Fragen zum Thema Erotik haben, dann bin ich der beste Ansprechpartner (das kommt nicht von mir, sondern von meiner 13. Ex-Freundin, die mich immer noch nachts zu sich einlädt). Meine jetzige Freundin schwärmt übrigens auch von meinen Liebeskünsten. Ah, jetzt denken Sie, dass ich ein frauenfeindlicher Macho bin, nur weil ich nicht monogam bin, aber das ist doch auch nur ein Narrativ, um die kognitive Dissonanz zu reduzieren, dass wir sexuelle Spannungen aufbauen, die sich eben nicht immer nur auf die eine Person beschränken. Naja, meine 13. Ex habe ich jedenfalls letztens zum multiplen Orgasmus gebracht. Sie wollen bestimmt nicht wissen, wie ich das angestellt habe, nein natürlich nicht, das wäre ja schmutzig, nein, nein, Sie lesen nur aus sachlichen Gründen weiter, schließlich müssen Sie die logische Richtigkeit meiner Aussagen überprüfen, nicht wahr?
Gut, es war so: Als erstes zog ich ihr eine Augenbinde über (habe dafür meine Schlafmaske umfunktioniert, sehr romantisch, ich weiß), schmiegte mich an sie, streichelte sanft über Arme und Schultern, liebkoste die Brüste, den Bauch mit Küssen, näherte mich ihrem Kitzler, nur um ihn ganz bewusst zu umgehen und über die Schenkel zu fahren. Erwartungsmanagement und so. Als sie es dann nicht mehr aushielt, kam ich ihrem Verlangen nach, roch ihren Duft, setzte meine Zunge ein und schmeckte sie (in der Fachsprache heißt das Cunnilingus, aber das klingt wie ein Pilz und deshalb ist das uncool). Das Geheimnis beim Oralsex ist, den Winkel zu verändern, anstatt die Klitoris senkrecht zu stimulieren, drehte ich mich zur Seite und leckte horizontal. Das wirkt Wunder, ich sags Ihnen. Irgendwann kam sie immer mehr auf Touren, und ich streifte meine Hose ab, holte meinen 19,69 cm Penis raus (ja, ich habe ihn bis auf Millimeter gemessen und ja, ich ziehe einen entscheidenden Teil meines Selbstwerts aus der Größe). Der nächste Schritt, um sie zum sechsfachen Orgasmus zu bringen, war die Stoßtechnik 2-8: Nach zwei langsamen Stößen folgen acht schnelle, wobei ich mich hier korrigieren muss, denn natürlich hab ich das nicht wie eine Maschine gezählt, das dient nur der Orientierung, schließlich will ich es ja auch genießen und da sind Performance-Gedanken … na, nennen wir es: ungünstig. Und glauben Sie mir: Ich würde niemals einfach so etwas aus einem Sexmagazin oder Video nachplappern, was ich nicht wirklich selbst umgesetzt hätte. Das ist eben der Unterschied zwischen mir und meinen Loser-Freunden.
Das ging dann jedenfalls etliche Minuten so, wobei ich die Zeit vollkommen vergessen hab, war ein richtiger Flowzustand. Nach einer Weile war es dann soweit für ihren ersten Orgasmus. Mensch, dieses Zucken und Zittern, dieses unkontrollierte Weinen und Atmen, hat mich natürlich sehr stolz gemacht, kann eben nicht jeder. Dachte mir dann, ich setz noch einen drauf und hab ihren G-Spot angesteuert. Ist easy, wenn man so erfahren ist wie ich und bin immer wieder erstaunt, wie das da anschwillt. Der gute Gräfenberg mag wohl ein Weirdo gewesen sein (ich meine, wer wird schon Gynäkologe), aber sein Wissen ist nützlich. Nach etwa 69 Minuten wars dann bei mir auch soweit (ich hab schon länger durchgehalten, gönnt euch mal die Kegel Camp App von Emily Morse). Seitdem geht mir meine Ex auf die Nerven, weil sie nicht genug bekommen kann. Es hat eben auch Nachteile, ein Sexgott zu sein.
Tja, so war das und sollten Sie mittlerweile zu dem Schluss gekommen sein, dass ich lüge, möchte ich auf zwei Kernpunkte verweisen. Erstens fällt uns das mit dem statistischen Denken schwer und Nassim Nicholas Taleb führte das Konzept der schwarzen Schwäne ein, was postuliert, dass extrem unwahrscheinliche Fälle mit enormen Folgen eintreten können. Ich bin selbstverständlich ein schwarzer Schwan (was haben Sie denn vermutet?). Zweitens möchte ich auf die Reaktion meiner Freunde verweisen. Es könnte nicht auszuschließen sein, dass ein junger, sexuell erfolgreicher, reicher und körperlich gut ausgestatteter Mann, der seine erste Freundin im Kindergarten klärte, auch bei Ihnen eine Abwehrreaktion auslöst, die sich durch eine kognitive Dissonanz äußert, die Ihnen eben zwingend nahelegt, dass ich lüge. Sollte das übrigens so sein: Tut mir überhaupt nicht leid. Ehrlich.