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Der Ostertraum
Isabella lief stolz zu ihren Freundinnen und zeigte ihnen ihren neusten Schmuck. "Seit wann hat man solche Sachen am Hals", rümpfte Olga, und Rosi schnaubte: "Hat man so was schon gesehen! Das Ding macht ja noch nicht mal Geräusche",
Isabella lief rot an und drehte sich beleidigt um: "Ich finde es schön, zu dieser Zeit", trotzte sie zurück und lehnte sich an den nächsten Pfosten.
Alberto kam an den Zaun und meinte: "Mensch Isabella, hätte nie gedacht, dass du dich so ändern könntest. Zum Positiven natürlich", fügte er schüchtern hinzu und Isabella drehte sich mit einem Hüftschwung und einem gekonnten Augenaufschlag um. "Tja", meinte sie geschmeichelt "das ist sehr lieb von dir, mich aufzubauen. Ich habe eben mein wahres Ich gefunden",
"Aha" staunte Alberto und trat näher. "Und was ist das wahre Ich in dir?", flüsterte er in ihr Ohr,
"Ach Alberto, du weißt doch, ich liebe Ostern und ich habe mir schon immer ein Osterei gewünscht", meinte Isabella und ließ ihr Samtband an dem ein Riesen Osterei hing, hin und her baumeln.
"Ich finde mich einfach schöner", plärrte sie laut über den Platz um sicher zu gehen, dass die anderen das auch hörten. Lautes Prusten war zu hören.
"Aber Isabella, was ist wenn du dich mal verläufst und die Leute dich nicht mehr finden?",
"Dann bin ich frei und kann Ostereier verteilen - ach das wäre was!" meinte Isabella verträumt. "Aber die Leute wären sehr traurig, wenn du nicht mehr bei uns wärst", wandte Alberto ein und Isabella runzelte die Stirn. "Mh, vielleicht hast du ja recht, aber ich bin so süchtig nach diesen Eiern und gerade jetzt kann ich mich nicht davon trennen", seufze sie und schielte auf ihren Schmuck.
"Ohne Ei und nur mit diesem Samtband würdest du noch schöner aussehen", meinte Alberto und schluckte. " Es ist wirklich besser, du überlässt es dem Osterhasen die Eier zu verteilen. Du würdest ja sofort auffallen und das wäre kein Job für dich".
"Habt ihr denn alle immer was auszusetzen?", erzürnte sich Isabella und verpasste dem verdutzt kauendem Alberto einen Tritt. "Müssen denn immer alle gleich aussehen, das gleiche essen und das gleiche reden?", zeterte sie weiter und riss sich das Samtband vom Hals. "Ich brauche gar nichts von alldem!" schluchzte sie, drehte sich um und ging in die Hütte.
Ostersonntag näherte sich dem Ende. Den ganzen Tag hatte niemand Isabella gesehen. Langsam wurde die Gruppe unruhig und sie fragten sich, wo Isabella wohl steckte, und was sie tat. Sie standen alle unter der großen Eiche auf der Wiese und unterhielten sich, als Isabella erschien.
Sie war nicht mehr weiß, sonder braun, hatte einen Korb auf dem Rücken und hüpfte über den Platz. Sie hopste, schnupperte, hopste weiter auf zwei Beinen und kam der staunenden Gruppe immer näher.
"Mh, irgendwie hat das was", meinte Alberto amüsiert und schob sich durch die Menge um besser sehen zu können "Phh, so was Albernes hab ich noch nie gesehen. Eine Kuh die als Osterhase verkleidet ist", sagte Olga und malmte eifersüchtig auf ihrem Strohhalm.
Isabella hopste währenddessen völlig außer Atem der Menge entgegen.
Alberto fing an, beifällig zu muhen und die anderen taten ihm das mehr oder minder gleich.
Strahlend hüpfte Isabella auf Alberto zu, lehnte sich an ihn und meinte schnaufend. "Ich...ich glaube Du hattest recht. Ich habe mit dem Osterhasen gesprochen. Er meinte, ich sollte es zwei Tage auf Probe probieren, aber ich glaube, ich schaffe es nicht", schnaubte Isabella schließlich traurig. Alberto lehnte seinen Kopf an ihren und meinte: "Es ist doch nicht schlimm Isa", raunte er zärtlich. "Es ist schon was Besonderes gegen den Strom zu schwimmen.
Du hast es trotzdem allen bewiesen", fügte er hinzu und Isabella sah sich um. Die ganze Herde stand um sie herum und raunte sich gegenseitig zu, wie mutig Isabella war.
Stolz streckte sich Isabella und rief: "Na kommt Leute, Melkzeit!!", und ging in den Stall gefolgt von der staunenden Menge.
Noch viele Jahre wurde die Geschichte erzählt. Und mit jeder Erzählung kam ein wenig Fantasie und Schwindel dazu. Aber das machte Isabella nichts aus.
Sie stand auf der Weide, genoss den Klang ihrer Glocke und gab soviel Milch, wie nie zuvor in ihrem Leben.
Jedes Jahr kam der Osterhase und brachte ihr ein ganzes Dutzend Ostereier vorbei. Und immer wenn ihr danach war, hopste sie über die Wiese und gab die Hoffnung nicht auf, doch eines Tages als Osterkuh zu arbeiten.
Na, das wäre ja wohl was!