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Der perfekte Schlag

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19.03.2016
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Der perfekte Schlag

So hatte ich mich die letzten Tage über ständig gefragt, wie sie mit meinem unbeirrten „nein“ zurechtkommen würde. Bei den heftigst geführten Diskussionen setzte ich dabei auf meine übliche, und allseits einsetzbare, Mischung aus Autorität und Charme. Aber nicht nur dass, ich plädierte zu dem auch noch an ihre Vernunft. Nun das war gelinde gesagt auch bitter nötig. Den was ich (schmerzlich) erfahren sollte, waren zwei ausschlaggebende Dinge: Autorität und Charme sind nicht immer des Meisters wahre Werte und leg dich niemals mit einer Frau wie Deirdra an.

Deirdra war unruhig, das sah ich sofort, scheu und verspielt wie ein kleines Mädchen. Ohne ein Wort zu verlieren gab sie jeden Mitspieler die Hand. Ich dachte schon, sie würde vielleicht auch noch einen Knicks machen. Aber da merkte ich, es war nur Tarnung, sie hatte ihr breitestes Lächeln aufgezogen und zum ersten Schlag angesetzt.
Wir anderen schwatzten und kicherten leise neben ihr. Nach ein paar einsilbigen Entgegnungen mit der Aufforderung zur absoluten Ruhe, schwang sie ihr Achtereisen in einem perfekten Halbkreis, grade so, als wären wir nur Nebensächlichkeiten, denen zu zeigen galt, dass Respekt ein Antonyme für „Missachtung“ ist.

Ich würde mich hüten meiner Frau Vorsatz dahinter zu unterstellen. Schon allein des Timings wegen. Zudem wäre die “Offensichtlichkeit”dieses Missgeschickes zu beachten.
Unbestreitbar sind Frauen, in geforderter Notwendigkeit, durchaus in der Lage ihren Willen, mit mehr oder weniger durchschlagskräftigen Mitteln, in Ausdruck zu bringen, aber dazu einen, gelungenen Schlag vom Einser Loch vorzuschieben, würde ich nur wenigen Frauen zutrauen.
Wäre ich eine lebensgroße, zarte Porzellan Figur, die größte, die je gebrannt worden ist, so läge ich jetzt zerschmettert, in tausend kleine Porzellanscherben auf dem Golfplatz herum. Irgendjemand würde mich, leise vor sich hinbrummelnd, zusammenkehren und in den Abfall schmeißen.
In der wahrhaft ausgeklügelten Natur des Menschen liegt es aber, mit diversen Varianten des Zufalls leidlich zurechtzukommen. Simpel gesagt, ein harter Schädel wie der meine, hält so was schon aus.
Nach Beendigung des, zugegebenermaßen, perfekten Schlages, hatte sie schallend gelacht. „Ja, wenn du da so ungünstig in meiner Umlaufbahn herumgammelst.“
„Also bitte“, hatte ich verlegen geschimpft. „Nicht im Traum ließe sich erahnen, dass du einen derartigen Schwung hinbekommen könntest.“
„Tja, unterschätze niemals eine Frau mit einem Eisen in der Hand. Nebenbei bemerkt – stell dir nur mal vor ich hätte etwas tiefer getroffen.“
„Tiefer?“
Sie kickste, zeigte ihre weißen Zähnchen und sagte: „Einen „eggshot“ – quasi.“
Etwas gekränkt raunzte ich: „Dumme Kuh!“
Woraufhin sie mit klappernden Wimpern fragte: „Schatz, Wie behandelt man rohe Eier?“
„Äußerst vorsichtig vielleicht?“
„Ne, man haut sie in die Pfanne.“

Wenn das Blut sich im Ohr verfestigt entsteht eine Schwellung. Diese Schwellung scheint sich in meinem Fall irgendwie bis zum Gehirn hochgearbeitet zu haben. Anders vermag ich es nicht zu erklären. Denn just am heutigen Morgen, als der Golfschläger in einem, bei dem, bekanntermaßen, äußerst mäßigem Spieltalent meiner Frau, nur als magisch zu bezeichnenden Schwung auf mein Ohr traf, löste sich meine Ablehnung ihres Wunsches auf ein weiteres Baby plötzlich in Luft auf.
Dieses „plötzlich“ war in etwa so unvorhersehbar wie ihr vorausgegangener „perfekte“ Schwung. Trotz des Schmerzes, den ich in meinem Kopf verspürte, folgte mein Blick weiter der Flugbahn des soeben geschlagenen Balles. Das Fairway - übersäht vom morgendlichen Tau.
Dort oben, in der Luft schien der rosarote Golfball, einer Lotusblume gleich zu erblühen. Er funkelte und flirrte im frühen Sonnenlicht und zog wie eine winzig kleine Sternschnuppe seine Bahn, um letztendlich sagenhafte („sagenhaft“ so der exakte Wortlaut Deirdras), einhundertdreißig Meter weiter vorne mit einem leisen „blob“ am Grün zu landen.
Dierdra war angesichts dieses „Zuckerschlages„ sofort in Jubel ausgebrochen und verstand es, damit auch noch mein zweites Ohr zum Klingeln zu bringen.

Und jetzt, so aus der Distanz betrachtet, muß ich eingestehen, dass Deirdra an diesem Morgen alles errungen hat, was sie jemals begehrte: Einen, für sie kaum wiederholbaren „magischen Schlag“, und damit ein - wohl nie wieder erreichbares, Par sechs am hundertdreißig Meter langen Einserloch. Meine schwer erkämpfte Zustimmung ihres Kinderwunsches und - ja - ein hässliches und äußerst schmerzhaftes Blumenkohlohr. Nach dreißig Jahren Ehe, vermag man sich so was schon mal zu wünschen. Und Deirdra im Besonderen.

 

Mojn @Fluffi27,
ehrlich gesagt tue ich mich schwer damit, die Zeit für Kommentare aufzubringen, wenn jemand mit Einzeilern antwortet oder Kommentare gänzlich unbeantwortet lässt, wie du es mit Chris Stones gemacht hast. Berechtigterweise hat Chris vor über zwei Jahren angemerkt, dass du keinen anderen Text kommentiert hast und das hält mich davon ab, den deinen zu kommentieren.
Peace, linktofink

 
Zuletzt bearbeitet:

Sorry, Fluffi27, aber sogar ich, der ich mit Golf ähnlich viel am Hut hab wie mit Nordic Walking oder Wellness-Hotels, weiß, dass es nicht

achter Eisen
… heißt, sondern Achtereisen und nicht
… sondern Par.
Will sagen, wenn man in einer Geschichte ein Spezialgebiet zum Thema hat, sollte man sich als Autor (zumindest ein bisschen) über das Thema schlau machen und nicht einfach irgendwelche Wörter, die man irgendwann irgendwo mal aufgeschnappt hat, quasi aufs Geratewohl verwenden.
Im Grunde sollte man als Autor Wörter sowieso nie aufs Geratewohl verwenden, sondern stets auch (zumindest ein bisschen) mitdenken beim Schreiben und sich angesichts eines Wortes wie zum Beispiel „achter“ zum Beispiel fragen, was verdammt noch mal das überhaupt für Wort sein könnte. Ein Adjektiv? Ein Zahlwort? Gar ein Substantiv? Und welche Auswirkung die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Wortart auf die Schreibweise eines Wortes hat, könnte man sich bei der Gelegenheit natürlich auch gleich fragen.
Genauso, wie man sich als Autor fragen könnte, ob zum Beispiel Kommaregeln lediglich eine Erfindung übellauniger Deutschlehrer sind, um Schüler damit zu schikanieren, und folglich im wirklichen Leben schlicht ignoriert werden dürfen, oder vielleicht doch etwas mit sinnvoller Satzstrukturierung - sprich: Lesbarkeit eines Textes - zu tun haben.
Natürlich könnte man sich als Autor auch fragen, ob und inwieweit man überhaupt ernst genommen werden will als Autor, wenn man sich all diese Fragen nicht stellt.
Stell ich jetzt einfach mal so in den Raum.

offshore

 

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