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Der Phil-Effekt

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03.11.2015
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Der Phil-Effekt

Paul rieb sich verwundert die Augen, als er die Nachricht seines alten Schulkameradens las.
„Hey Pauli, Lust zu treffen? Hätte Bock! Vielleicht ne Runde gamen? Grüße Phil“
Zu Abi-Zeiten hatten Paul und Phil wenig Kontakt. Dennoch musste Paul oft über Phils lustige Sprüche und Aktionen lachen. Auch wenn Phil nicht gerade der Sportlichste und Schönste des Jahrgangs war, hatte er eine Art an sich, die ihn sehr beliebt machte. Paul mochte vor allem seine Schlagfertigkeit. Als Herr Külzer wieder einmal nicht pünktlich zum Unterricht erschienen war, übernahm Phil den Mathe-Unterricht und verlegte ihn in den Biergarten. „Prozentrechnen anhand von Gerstensaft. Praxisnaher und handlungsorientierter Unterricht. Fachübergreifend mit einer Schnittstelle zum Fach Biologie!“ Bei dieser Ausrede war selbst Herr Külzer während der anschließenden Konfrontation überrascht und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Wo andere deutliche Konsequenzen gespürt hätten, kam Phil wieder einmal mit einem blauen Auge davon. Eine Woche Kehrdienst war als Sanktion für ihn zu verschmerzen.

Paul und die anderen nannten dies den „Phil-Effekt“. Phil konnte sich vieles erlauben und wenn er zu einem nett war, verzieh man ihm schnell.
„Ich hätte auch gern diesen Charme!“, dachte Paul. Aber er war nicht sonderlich neidisch, viel mehr mochte er, dass Phil zu ihm immer cool war, auch wenn Phil andere Mitschüler schon ziemlich nerven konnte, oder auch mobbte. „Bei mir macht er ne Ausnahme! Das gefällt mir!“, dachte sich Paul. „Ich weiß, dass er auch ein Arsch sein kann, aber ich mag ihn. Das ist einfach der Phil-Effekt! Bestimmt gibt es in jeder Generation einen, der sich mehr erlauben darf als die anderen!“
Aus diesem Grund ließ Paul Phil auch manchmal die Hausaufgaben abschreiben und Phil verteidigte Paul, wenn einige Mitschüler ihm wegen seiner roten Haare und seiner geringen Körpergröße aufziehen wollten. So gab er Paul das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. „Wem würde das nicht gefallen?“, dachte sich Paul, auch wenn er wusste, dass sie keine engen Freunde waren.

Obwohl Paul in seiner Stufe nicht unbeliebt war, mied er seit der Scheidung seiner Eltern die meisten Abi-Feiern. Er hatte nur wenige Kumpel, mit denen er online zockte. Viele bewunderten ihn für seine Skills in Mathematik und Informatik, aber Paul fiel es schwer, anderen zu vertrauen. Sein alleinerziehender Vater war nach der Blitzscheidung mit Pauls Mutter sichtlich überfordert, Job und Familienleben unter einen Hut zu bringen. Dementsprechend sah ihre Wohnung aus. „Boah! Ich schäme mich, Leute nach Hause zu bringen!“, schrie Paul eines Tages seinen Vater an. „Das Bad ist kaputt. Das Sofa hat Löcher. Es stinkt! Papa ich hab dich lieb, aber eines Tages habe ich meine eigene Bude. Die wird toll aussehen und ich werde mich nicht schämen, Freunde mitzubringen!“, rief er.

Sein Studiennebenjob im IT-Bereich ermöglichte ihm nach dem Abi das nötige Kleingeld für eine Dreizimmerwohnung. Er designte Homepages für namenhafte Agenturen. Alles lief nach Plan. „Und dann kam Corona. So ne scheiße!“, dachte sich Paul, der nach dem plötzlichen Herztod seiner Mutter wenige Monate zuvor große Angst vor dem Virus hatte. „Die Angst ist zwar irrational, aber leider da. Ich hasse es, dass ich so unlogisch denke, aber ohne Maske kommt mir keiner ins Haus!“, dachte sich Paul.
Und jetzt war da diese Nachricht von Phil. „Scheiße, was mach ich nur? Ich hätte schon wieder mal Bock auf Leute im Real-Life! Hab seit nem Jahr keinen Besuch mehr gehabt. Aber was will er von mir? Und warum gerade jetzt während der Pandemie?“

Paul war skeptisch. Nach dem Abi hatten beide lange gar keinen Kontakt. Dennoch schmeichelte es Paul, dass ausgerechnet Phil, der Stufenliebling ihm seit dem Abiball auf Insta folgte, auch wenn sie nie schrieben.
Paul war stolz auf seine Wohnung und seinen beruflichen Erfolg, den er trotz seines Studiums ganz früh feiern konnte. Das hatte sich auch bei den zwei bis drei Leuten vom Abi herumgesprochen, mit denen Paul regelmäßig chattete und online spielte.
„Vielleicht hat Toni ihm das mit der Wohnung erzählt? Die beiden sind doch ziemlich gute Buddies!“, dachte er sich. „Ach was soll’s. Scheiß drauf. Ich lade ihn ein!“

Als Phil ihn in dessen Wohnung besuchen wollte, war Paul sehr aufgeregt. Natürlich öffnete er die Tür im dritten Stock nur mit FFP2-Maske. Auch Phil trug eine Maske, dies war vorab online vereinbart worden. Seinen negativen Coronateststreifen zeigte er sofort vor. Phil war von Anfang an einverstanden, er lobte Pauls Idee sogar. Die offenen Fenster bei fünf Grad Außentemepratur waren für Phil auch kein Problem.
Phil brachte sogar ein Sixpack Desperados und ein paar Dosen Dr. Pepper zum ersten Wiedersehen mit. „Hey Diggi, krasse Bude. Die anderen vom Abi hatten recht, du hast es einfach voll drauf. Aber das wussten wir ja schon immer!“, rief Phil als er sich in der Wohnung umsah.
„Woher kennt er meine Lieblings-Cola-Sorte?“, fragte sich Paul überrascht.
Beide zockten den ganzen Tag Mario Kart. "Soziale Kontakte sind ein Health-Booster! Fühlt sich endlich mal wieder gut an, mit jemanden zu lachen und zu quatschen", dachte er sich. „Online zocken ist zwar nice, aber das hier ist schon viel besser!“

Beide trafen sich auch in den nächsten Tagen bei Paul, um zu zocken.
Und dann vertraute Phil ausgerechnet ihm ein Geheimnis an. Phil litt seit Jahren unter Asthma. Und zu Hause lief er nur mit FFP2-Maske rum. Paul gehörte zu den wenigen, denen Phil sich anvertraut hatte. "Asthma in diesen Zeiten ...Mies!", sagte Paul. „Tut mir leid!“
„Ach geht schon. Das wissen nur wenige! Bitte sag es keinem. Soll ein Geheimnis zwischen uns bleiben!“, sagte Phil und zwinkerte ihm zu.
„Du. Das bleibt aber unter uns?! Ich muss dir noch was sagen! Kann ich dir vertrauen?
Paul nickte. „Klar!“
„Es läuft gerade nicht bei mir, diggi! Leni hat Schluss gemacht. Mein Opa ist tot. Corona! Und das Studium läuft gerade auch nicht. Ich hab verdammt viel Angst. Kennst du das? Warum klappt gerade gar nichts?!“, seufzte Phil.
Paul drückte auf Pause und schaute ihn an.
„Fuck. Das tut mir leid. Echt mies alles! Ja, ich kenn solche Phasen!“, sagte Paul, ohne Näheres zu benennen.
„Und meine Eltern wollen unbedingt, dass ich mir einen Nebenjob hole. Aber das ist mir gerade alles zu viel. Ich bin kein IT-Crack wie du! Mir fallen keine Distanzjobs ein. Echt kompliziert gerade. Das Zocken mit dir tut mir aber gut. Danke, Bro!“
Paul lächelte. „Kein Problem. Ich bin gerne für dich da. Mach richtig Bock mit dir!“

Auch in der zweiten Woche trafen sie sich bei Paul. Phil schickte vorab über WhatsApp immer ein Bild seines negativen Covid-Tests und kam ohne Aufforderung mit Maske. Der kleine Hypochonder in Paul war dadurch sofort beruhigt. Auch wenn Paul durch Insta durchaus wusste, dass Phil sich draußen oft mit Leuten ohne Maske traf, war das für ihn kein Problem. Im Gegenteil: Der Phil-Effekt sorgte dafür, dass Paul sich wieder besonders fühlte. „Nur für mich trägt er eine Maske. Cool von ihm, dass er mich respektiert!“, dachte sich Paul. Und deshalb verwunderte es auch nicht, dass er für Phil da sein wollte, als dessen Eltern an Covid erkrankten und er einen Schlafplatz brauchte. „Du kannst ein bis zwei Wochen bei mir pennen. Du hast schließlich Asthma. Ich will nicht, dass dir was passiert und du dich bei deinen Eltern ansteckst!“ sagte Paul.
„Mega nice. Du bist echt cool! Schade, dass wir im Abi so wenig Kontakt hatten!“
Paul grinste stolz. Er traute sich nicht, genauer nachzuhaken, warum dies damals der Fall war.

Dankend nahm Phil den Vorschlag an und zog vorübergehend zu Paul. Er schlief in dessen Gästezimmer. In den ersten Tagen spielten sie noch oft Mario Kart.
Nach und nach wurde es weniger. Phil traf sich oft mit seinen Leuten im Park „Eigentlich wär ich auch gerne dabei, muss aber auch viel arbeiten. Vielleicht fragt er mich das nächste Mal?!“, dachte er.

Eines Abends kehrte Phil stark angetrunken von einer Party zurück. Paul wurde wütend.
„Ey, wir waren zum Zocken verabredet. Du hättest mich schon fragen können, ob ich mitmöchte, anstatt mich hängen zu lassen! Schon uncool von dir!“, sagte er.
„Mensch, Diggi. Wie unhöflich von mir! Du hast recht. Ich dachte nur, dass du Angst hättest, ohne Maske feiern zu gehen. Ich wollte dich zu nichts drängen. Sorry, Bruder!“
" Ja. Schon okay. Das nächste Mal gehen wir halt zusammen! Okay?"
"Ja, sicher!" Phils Atem roch streng. Und er trug keine Maske. Dann begab er sich leicht wankelnd ins Badezimmer.

Paul lief rot an. „Gestern hat er auch schon ohne Maske auf dem Sofa gechillt und die Couch mit Erdnussflips vollgekrümelt. Gelüftet hat er auch nicht. Die Bude riecht nach einer Mischung aus Bier und Mett. Das Mett hat er auch alleine gegessen, ohne mir etwas anzubieten. Dr. Pepper bringt er vom Einkaufen auch nicht mehr mit. Immer muss ich einkaufen!“, dachte Paul. „So langsam nervt es! Es sieht hier aus wie in einer Messi-Bude. Ich wollte das doch nie wieder! Aber er macht ja auch ne schwere Zeit durch, außerdem hoffe ich, dass wir bald wieder zocken. Alleine sein, ist doch auch lame! Ich will ja auch nicht wie ein Spießer wirken“, dachte Paul.

Erst zwei Wochen später fragte er wieder nach. Phil und er hatten seit Tagen nicht mehr geredet. Phil lag oft nur auf dem Sofa und trank beim Zocken große Mengen Desperados. Eines Abends hatte Paul Pizza gebacken, um Phil bei einem gemütlichen Essen zu fragen, wie es um die Gesundheit seiner Mutter stand. „Dann kann ich ja auch mal nachhaken, wann er endlich auszieht ...“, dachte er.
Paul betrat ungefragt das Gästezimmer, aus dem es seit Tagen unangenehm roch. Als er die Tür öffnete, sah er Phil, der aus dem Fenster starrte und rauchte. Panisch schnippte er die Kippe aus dem Fenster und hustete etwas überrascht. „Hi. Was kann ich für dich tun?“, fragte er. Paul registrierte erst jetzt Phils großen Augenringe, seine leichte gerötete Netzhaut und einen faulig-süßen Geruch.
„Öhm. Es gibt Pizza. Hunger?“
„Ach ne, Diggi. Mir geht es heute nicht so gut. Kannst mir ja was übriglassen, falls es dir nichts ausmacht...“ Phil hustete noch einmal.

Eigentlich machte es Paul schon etwas aus, doch am selben Abend erhielt er eine Nachricht, die sein Leben verändern sollte. "Wow. Ein Jobangebot aus Berlin. City Masters. Krass. Die Agentur will echt, dass ich vor Ort ihre Homepage designe. 10000 Ocken. Das Projekt wäre gut bezahlt. Ein Monat ist aber auch ne lange Zeit. Kann ich Phil so lange alleine lassen? Überlebt die Bude das? Schwierig?!" Paul überlegte eine Weile, bis er die Dutzenden leeren Bierflaschen im Wohnzimmer bemerkte. „Boah, es ist wie früher bei Papa. Ich muss hier einfach mal raus. Ich halte es hier nicht mehr aus. Ich will ihn auch nicht hängen lassen, aber wenn ich zurück bin, muss er weg!“
Phil durfte noch ein paar Wochen bleiben, bis es seiner Mutter wieder besser ging. Nach Pauls Rückkehr sollte er jedoch spätestens ausgezogen sein und die Bude so sauber hinterlassen haben, wie sie anfangs war. Das war der Deal. Phil erklärte sich mit einem "Sicher, Diggi!" einverstanden.

***

Nach zwei Monaten in Berlin kehrte Paul zurück. Phil hatte nicht auf seine Anrufe und Nachrichten reagiert. Trotz der Angst um seine Wohnung, freute Paul sich, seinen Freund wiederzusehen. „Ich muss ihm von Marie erzählen. Das wird ihn freuen. Aber wenn sie mich nächste Woche besuchen möchte, muss er ausgezogen sein. Sie hat recht. Ist ja schließlich meine Bude!“
Als Paul die Tür aufschloss, fand er eine immer noch verdreckte und stinkende Wohnung vor. Dutzende Bierkästen und Bierflaschen lagen herum. Die Spüle war verstopft. Gerade als er nach Phil rufen wollte, huschte eine halbnackte Frau aus dem Bad. Es war Leni, die schreiend ihre Hände vor ihre Brüste hielt, als sie Paul bemerkte.
„Was machst du denn hier?“, fragte sie entsetzt, während Paul sich halbherzig die Augen zuhielt und grinste.
„Hallo Leni. Ich wohne hier. Und was machst du hier?“
„Ach, du bist es. Wie war noch mal dein Name?“, fragte Leni leicht abfällig.
„Paul. Wir hatten Philo zusammen in der 12. Klasse. Ich bin der Typ, der deinen Ex hier wohnen lässt. Erinnerst du dich?“, fragte Paul zynisch.
Leni verdrehte die Augen. „Ja, kann sein. Phil hat nicht viel über dich gesprochen. Aber was meinst du mit Ex?“
Paul wiegelte ab. „Öhm. Ach. Es ist schon spät. Ich hab da vielleicht nur was vercheckt. Sorry!“
„Wie geht es denn Phils Mutter?“, hakte Paul nach.
„Gut, sehr gut! Lore und ich haben noch Kontakt. Aber die Alte hat Phil immer noch nicht die Kifferei verziehen. Wieso fragst du so komische Sachen? Geht es dir denn gut?“
„Kiffen? Ähm. Ja. Eigentlich schon. War halt ein langer Tag … Ich bin etwas verwirrt. Wir sprechen morgen, okay?“
„Na, wenn’s sein muss. Ist ja deine Bude. Aber jetzt nicht stören. Phil und ich brauchen noch etwas Quality Time!“, sagte sie und zwinkerte.

Schnell begab Paul sich auf sein Zimmer. Er hatte es vor seiner Abreise abgeschlossen und alle Wertsachen und Elektronik-Geräte darin verstaut. Nur die Mario Kart Konsole und den Fernseher hatte er Phil überlassen. „Gut, dass hier niemand rein konnte. Ich traue ihm nicht mehr! Er muss hier raus!“
Dann klingelte sein Handy. Es war Marie, die ebenfalls für die Agentur arbeitete. Sie war nicht begeistert, als sie die Story über die halbnackte Frau in Pauls Wohnung hörte.
„Ganz ehrlich. Ich glaube, der Typ verarscht dich die ganze Zeit! Der will nur um sonst bei dir chillen. Da stimmt was nicht. Vertrau mir. Der ist ja schlimmer als ein Nomade! Mein Ex war so ähnlich, ein manipulatives Genie. Wach auf, Paul!“, riet sie ihm. „Ich hatte damals nicht den Mumm und habe ihn nur geghostet. Vielleicht konfrontierst du ihn mal mit den Fakten. Solche Leute dürfen nicht immer, mit allem davonkommen. Hab dich lieb. Aber klär das bitte. Ich steh auf selbstbewusste Männer! Oh sorry, meine Mum ruft an. Meld mich später. Ciao.“
„Aufgelegt. Verdammt. Was mach ich nur?“, dachte Paul sich und knabberte an seinem Fingernagel. "Blöder Phil-Effekt! Aber es reicht. Es ist endlich Zeit, diese Theorie zu widerlegen! Damit kommt er nicht davon. Er fliegt raus!"

Nach dem Telefonat schrieb Paul eine Nachricht. „Phil, es geht so nicht weiter.
Lass uns morgen reden! Du musst ausziehen!“
Als er die Nachricht abgeschickt hatte, fiel er erschöpft auf sein Bett. „Ich bin so ein Feigling. Würde gerne bei ihm klopfen. Aber da ist ja auch Leni. Will die beiden nicht sehen, schon gar nicht nackt. Ach egal. Wir reden morgen!“, brabbelte er vor sich her.

***

Am nächsten Morgen wurde Paul durch ein Rumpeln geweckt. Er blickte auf sein Handy. „Nichts.“ Es war 11 Uhr. "Mist! Verpennt!" Schlaftrunken rieb er sich die Augen und verließ sein Zimmer.
Ein Mann mit grau melierten Haaren und einem akkurat geschnittenen Schnauzer kollidierte beim Tragen einer Umzugsbox fast mit ihm. Paul schaute auf den Mann, der Birkenstocksandalen und eine Rolex trug.
„Guten Tag!“, sagte der Mann kurz angebunden und rümpfte die Nase.
„Hallo. Dürfte ich fragen, wer Sie sind und was Sie in meiner Wohnung machen?“
„Ich bin Hubertus von der Heyden. Ich bin der Großvater von Philipp. Und Sie müssen dieser Peter sein?“
„Paul“, entgegnete er überrumpelt.
„Ja, wie auch immer. Vielen Dank, dass Sie meinen Enkel hier aufgenommen haben, als der Konflikt mit meiner Tochter so eskalierte.“

Als Leni sich, diesmal angezogen, mit einem Karton näherte, flüsterte der Mann etwas in Pauls Ohr. Dabei blickte er auf die leeren Bierflaschen, die überall in der Wohnung herumlagen. „Aber ich hoffe, Sie kriegen Ihre Drogenprobleme bald in den Griff, junger Mann. Mein Enkel kann hier nicht wohnen bleiben. Das ganze Marihuana tut ihm nicht gut. Sie ziehen ihn nur immer weiter mit herunter. Ich hoffe, Sie verstehen das! Leni und ich helfen ihm beim Auszug, wenn Sie damit einverstanden sind. Er muss hier raus!“

Pauls Stimme brach kurz weg. Dann atmete er tief ein und aus. „Ach, das hat er Ihnen erzählt? Und Sie glauben ihm diese billige Geschichte? Wirklich? Passt die Wahrheit nicht in Ihre heile Welt? Sind Sie wirklich so naiv und blind?“
Der ältere Herr schien, sich ertappt zu fühlen und schwieg. Dann verschwand er durch die offene Wohnungstür im Treppenhaus. Paul hätte dem Mann gerne die ganze Wahrheit gesagt, aber zuerst wollte er Phil konfrontieren. Als Leni und Phils Großvater draußen waren, stürmte er in das Gästezimmer.
„Wieso, Alter? Wieso all diese Lügen? Und warum schiebst du alles auf mich?“, fragte Paul.
Phil schwieg kurz. Dann grinste er. „Ja sorry. War vielleicht einen drüber, aber mal ganz ehrlich. Du hast es auch zugelassen. Tu jetzt bloß nicht so, als ob die ersten Wochen mit uns nicht die geilste Zeit deines fucking Lebens waren. Es braucht immer zwei für so einen Konflikt. Und du bist halt ein typisches Opfer. Das ist nicht meine Schuld!“
„Und ich dachte, wir wären Freunde!“, sagte Paul wütend.
Phil lachte hämisch. „Freunde? Ich dachte, ich könnte wie zu Abi-Zeiten etwas von dir profitieren. Aber du bist ja noch uncooler als damals. Du dachtest echt, wir wären Freunde? Freunde schmeißen einen nicht einfach so raus. Zum Glück habe ich noch mehrere Kumpels, wo ich unterkommen kann. Die sind auch nicht so lahm wie du! Die Asthma- Story kauft mir bestimmt noch einer ab.“ Phil lachte. "Mann, war das einfach!"
Paul wurde immer wütender. Er musste sich das Weinen verkneifen. „Du mich auch! Ich hoffe, ihr entsorgt die Bierflaschen noch, oder es fliegt alles auf! Ich lass mir das nicht länger gefallen! Ich will nicht in so einer Messi-Bude wohnen. Nutz deine anderen Kumpels aus. Vielleicht glauben die deine Märchen!“, schrie er.
„Schade, ich dachte, du wärst durch mich ein bisschen cooler geworden! Jetzt heulst du hier rum“, raunte Phil ihn an. Seine Augen waren immer noch etwas gerötet.
"Wenn so etwas wie du cool bist, dann bin ich gerne uncool! Räum einfach die Bude auf und verpiss dich! Und wenn nicht, erzähl ich deinen Leuten die Wahrheit! Dein Opa wirkt sehr interessiert.“
„Schade. Mein Projekt ist gescheitert. Dich kann keiner in einen coolen Typen verwandeln“, raunte Phil ihn an. „Hab es hier auch kaum mehr ausgehalten! Den ganzen Tag Mario Kart … Wir sind doch keine Kinder mehr! Voll lame!“

Paul schnaubte. „Ich mein es ernst! Räume auf und verzieh dich danach!“ Dann schaute er Phil das erste Mal direkt in die Augen.
Phil wich seinem Blick aus. Ohne eine Antwort schnappte er sich die ersten vier Flaschen und legte sie in einen leeren Kasten. Dann machte er weiter. Die Fenster kippte er auch. „Geht doch!“, sagte Paul. „Schon krass, was du trotz Asthma alles schaffst! Beeindruckend!", rief Paul und lachte.
Phil verdrehte die Augen und schwieg.

Paul begab sich erleichtert zurück in sein Zimmer. Als ihm langweilig wurde, surfte er im Netz. Da bemerkte er, dass Phil ihm bereits auf Insta entfolgt war.
Als er eine Stunde später in das Wohnzimmer zurückkehrte, war die Bude aufgeräumt. Phil war verschwunden. Paul blickte in den Spiegel im Flur und nickte seinem maskenlosen Spiegelbild zufrieden zu. „Endlich ist alles im Reinen! Ich kann wieder frei atmen“, dachte er.

ENDE

 

Hallo @Jizzle ,

deine Geschichte macht deutlich um welches Thema es sich handelt. Welches Dilemma Fynn durchlebt, indem er von vielen Seite bequatscht wird. Keine richtige eigene Meinung, aufgrund seines mangelnden Selbstbewusstseins.
Kurzum, der Kern der Geschichte ist klar und ich sehe Potential.

Allerdings sind mir ein paar Dinge aufgefallen:

Phil war lustig. Und Fynn mochte lustige Menschen. Beide waren so gesehen eigentlich ein perfektes Match. Im Abi damals hatten sie noch kaum Berührungspunkte.
Mir ist bewusst, dass es die Haltung von Fynn beschreiben soll. Er macht sich etwas vor, sucht Kontakt und baut eine einseitige Bindung auf. Allerdings finde ich die Wortwahl schwierig. Ich brauche etwas mehr, um nachzuvollziehen weswegen Fynn denkt, dass sie ein "perfektes" Match sind.

"Berührungspunkte" fand ich einfach etwas zu förmlich, dafür dass es eher eine Jugend-Geschichte ist.

Was Fynn außerdem an Phil mochte, war der nach ihm benannte Phil-Effekt.
Von wem aber genau? Am Ende wird etwas mehr klar, dass es ein ausgedachter Effekt ist von Fynn und er Phil viel zuspricht. Aber es hat mich verwirrt, als hätte ich etwas verpasst.
Erst dachte ich, dass du von dem generellem psychologischen Vorgehen sprichst. Wenn Leute eigentlich gemein sind, aber manchmal als Betroffener dann sogar nett zu der gemeinen Person ist. Unser Gehirn ist harmoniebedürftig.
So habe ich es mir erklärt, dass du das meintest.
(Ich habe Phil-Effekt gegoogelt. Witzigerweise kommt dann deine Geschichte als Erstvorschlag)

wenn Phil mal wieder seine fünf Minuten oder besser gesagt 20 Minuten hatte.
Das erschließt sich mir nicht. Es gibt mir das Gefühl etwas verpasst zu haben. Warum sind es gerade bei Phil manchmal eher 20 Minuten, statt die typischen "5-Minuten"?

Ein wohlwollendes Gefühl der Einzigartigkeit legte sich auf Fynns Brust,
Wenn sich etwas auf meine Brust legt, fühlt es sich eher beklemmend oder schwer an. Vielleicht findet sich hier eine andere Beschreibung?

beleidigte Phil Fynn niemals und gab ihm eine Chance.
Geschmackssache, aber anhand dessen, dass die beiden mit dem gleichen Wortlaut beginnen, fand ich es schwierig auszusprechen. "Phil Fynn" - da gehen die einzelnen Namen für mich fast verloren.

Fynn, der kleine rothaarige IT-Nerd mit blasser Haut, der noch nie in seinem Leben eine Freundin hatte, durfte sich zumindest in einer virtuellen Welt als Freund des coolsten Jungen der Schule zählen.
Der Satz ist ein wenig das Aushängeschild für den Stil, der sich durch deine Geschichte zieht. Ich finde es schön, wenn der Satz mit beschreibenden Worten bespickt wird. Allerdings fühlen sich manche Sätze dadurch unnötig aufgebläht an oder Beschreibungen wiederholen sich. Ein Vorschlag wäre manche Sätze zu entschlacken und dem Kern der Geschichte mehr Gewicht zu geben.

Kein Wunder, dass Fynn sich freute, als Phil ihm, wie aus dem Nichts, nach über zwei Jahren ohne Kontakt anschrieb und ihn fragte, ob er vorbeikommen könnte.
Das z.B. ist eine der Wiederholungen, die ich meine. Im vorausgehenden Satz ist klar, dass sie sich ewig nicht gesehen haben. Hier wird es nochmal hervorgehoben, was sich wiederholend liest.

Auch Phil trug eine Maske, dies war vorab online vereinbart worden.
Das kann man sich glaub ich sparen, denke ich.

Beide zockten den ganzen Tag Mario Kart auf Fynns Switch und Phil berichtete Fynn, dass er ihn aufgrund seiner naturwissenschaftlichen Skills schon immer „nice“ fand
Glaube das ist unwichtig. Eigentlich sollte jeder Mario Kart kennen. Ob das jetzt auf ner Switch, Wii oder Gamecube ist, kommt mir überflüssig vor. Es ist auch ohne Beschreibung klar, was sie tun.

"berichtete" hat in mir das Bild aufkommen lassen, als hätte er davor Informationen gesammelt, die er nun "berichtet". Wie ein Reiter, der dem Feldherrn "berichtet", dass die feindliche Infanterie auf dem Weg ist.

Fynn gehörte zu den wenigen, denen Phil sich anvertraute.
Woher weiß Fynn das? Wenn es aus dem Gespräch klar geworden ist, müsste der Satz etwas anders lauten, denke ich.
Vorschlag: Fynn gehöre zu den Wenigen, denen sich Phil anvertraut hat.

"Für mich trägt er eine Maske! Cool von ihm, dass er meine Gefühle respektiert?",
Warum ist das als Frage formuliert? Ich glaube ein Ausrufezeichen passt hier besser.

Phil lag oft nur auf dem Sofa und konsumierte große Mengen Desperados.
Das klingt wie ein Bericht der örtlichen Drogenhilfe.

Das Projekt wäre gut bezahlt, ging aber über mehrere Wochen. Fynn überlegte eine Weile, bis er die Dutzenden leeren Bierflaschen im Wohnzimmer bemerkte. Dann sagte er, trotz der Angst sich mit Corona zu infizieren, zu.
Da passt für mich der Entschluss nicht zur vorausgehenden Feststellung. Da hättest du das Dilemma von Fynn hervorheben können. Hat er nicht vielleicht eher Sorge wegen dem Zustand seiner Wohnung und dem Zustand von Phil selber? Corona kommt mir da fast unwichtig vor, um ehrlich zu sein. Das kann auch eine Sorge sein, klar, aber das müsste an einer anderen Stelle beschrieben werden, denke ich.

Gerade als er nach Phil rufen wollte, huschte eine halbnackte Frau aus dem Bad. Es war Leni, die schreiend ihre Hände vor ihre Brüste hielt, als sie Fynn bemerkte. Sie war nur mit einem schwarzen Tanga bekleidet.
Bei den Sätzen davor wird klar, wie Leni aus dem Bad kommt. Der letzte Satz ist meiner Meinung nach unnötig.

„Gut, sehr gut! Marit und ich haben noch Kontakt. Aber die Alte hat Phil immer noch nicht verziehen. Wieso fragst du so komische Sachen? Das Kiffen gefällt ihr gar nicht ...Geht es dir denn gut?“
Das kommt mir vertauscht vor.

Dann klingelte sein Handy. Es war Marisol, seine neue Freundin, die ebenfalls für die Agentur arbeitete.
Sie war gar nicht begeistert, als sie die Story über die halbnackte Frau in Fynns Wohnung hörte.
„Der Typ verarscht dich die ganze Zeit! Hab ich dir doch gesagt! Schmeiß ihn raus! Und die Schlampe auch!“ schrie sie.
„Aber …“, versuchte Phil sich zu rechtfertigen.
„Kein aber! Wenn ich dich übermorgen besuchen komme, sind diese Nomaden ausgezogen. Ich will einen Mann, der sich nicht verarschen lässt. Du bist ein toller Typ und das meine ich auch so. Deshalb sage ich es dir direkt ins Gesicht. Lass dir das nicht gefallen. Hab dich lieb. Klär das!“
Seine Freundin kommt mir willkürlich vor. Klar, jeder Mensch hat andere Gefühle und Schwerpunkte, aber die Reaktion kommt mir zu heftig vor, dafür dass sie sich gerade erst kennen gelernt haben. Oder kannten sie sich schon davor? Ich weiß es leider nicht und deshalb ist mir die Reaktion von Marisol komisch aufgestoßen.

Was allerdings hier erneut gut rüberkommt, ist die Lage von Fynn. Er wird hier von einer anderen Seite manipuliert in seinem handeln, was für mich den Charakter "Fynn" ausschmückt, nachvollziehbar macht.

Ein Mann mit grau melierten Haaren und einem akkurat geschnittenen Schnauzer kollidierte beim Tragen einer Umzugsbox fast mit ihm.
Der Satz hat sich sehr gezogen. Vielleicht etwas entschlacken?

„Fynn. Ich heiße Fynn“, sagte Fynn völlig überrumpelt.
Warum ist er nun überrumpelt, obwohl er davor relativ solide geantwortet hat?

Und jetzt yallah oder ich sag deinem doch so lebendigen Großvater alles!
Da verliert Fynn für mich etwas Authentizität. Natürlich kann er sich das angeeignet haben, beim Versuch "cool" zu sein. Aber es hebt er fremdschämen in mir hervor.

>> Nach zwei, drei Gläschen Likör
Fuchtelt Florian mit den Händen und sagt: "Wallah, ich schwör" <<

Es erinnert mich ein wenig an die Textzeile von K.I.Z., aus dem Song "Familienfeier".

Fynn grinste. „Wie du meinst! Mach’s gut! Ich schick dir später Links für Beratungsstellen. Eigentlich bist du gar nicht so übel, aber krieg deinen Charakter in den Griff!“ Fynn zwinkerte ihm zu.
Das fand ich richtig schade! Das Ende fand ich eigentlich gut, zumindest den Kern des Endes. Mir erschließt sich nicht, weswegen Fynn direkt d'accord mit der Situation ist. Schließlich wurde Phil sogar beleidigend am Ende. Auch das mit den Beratungsstellen kommt mir willkürlich vor.
Kurzum, das hat mir am Ende ein wenig die Story kaputt gemacht bzw. den Charakter Fynn. Du hättest glaub ich wunderbar mit einer Charakterentwicklung spielen können.
Selbst dem gutmütigen Fynn, der es immer allen recht machen möchte, platzt hier der Kragen. Wie er das macht, kannst du logischerweise selbst entscheiden. Es hätte das Ende aufgewertet, wenn Fynn sich endlich mal behauptet hätte und selbstbewusst Phil die Meinung gegeigt hätte. Muss ja nicht mal beleidigend sein, das will ich damit gar nicht sagen. Aber einfach eine Entwicklung von Fynn. Das hätte meiner Meinung nach das Ende abgerundet.

Hoffentlich konntest du mit den Tipps etwas anfangen. Keine Sorge, nimm natürlich nur das, womit du dich wohlfühlst. Es ist deine Geschichte, nicht meine. Dein eigener Stempel darf ruhig ganz dick sein :)

Fazit: Ich fand den Kern und die Geschichte interessant, weshalb ich glaube, dass Potential darin steckt. Schau vielleicht nochmal rüber, ob du manche Reaktionen besser nachvollziehbar machen kannst und dich mehr auf den Kern konzentrierst. Merz die unnötigen Infos ruhig aus, ohne die Umschreibungen zu löschen, die Atmosphäre reinbringen.

Bleib dran

Bis dann

 

Hallo @Hirschkäfer,

vielen Dank für dein Feedback. Habe vieles angepasst. Fynn heißt übrigens jetzt Paul ;) Viele deiner Anmerkungen ergeben Sinn und wurden direkt umgesetzt. Danke!

Viele Grüße
Jizzle

 

Hey @Jizzle

Habe begonnen, deine Geschichte zu lesen. Sie liest sich gut soweit. Ich muss jedoch zugeben, dass ich nicht sehr weit gekommen bin. Das liegt daran, dass mich das Teil nicht richtig reinzieht, weil der Text hauptsächlich mit telligen Infos um sich wirft und jede Menge Behauptungen aufstellt, die mir nicht aus dem Text, also den Charakteren und den Handlungen, gezeigt werden, sondern eben einfach als gegeben hingestellt werden, was es für mich leider nur bedingt spannend macht. Ich nehme mal den Einstieg als Beispiel:

Phil war lustig und schlagfertig. Paul mochte lustige und schlagfertige Menschen. Das passte eigentlich. Zu Abi-Zeiten hatten sie kaum Kontakt. Phil, der coole charismatische Schönling, war nie um einen Spruch verlegen. Seine Schlagfertigkeit liebten alle. Was Paul außerdem an Phil mochte, war der Phil-Effekt. So nannte Paul jedenfalls das Gefühl, das Phil in ihm auslöste. Phil konnte durchaus lustig, aber auch gemein sein, sehr gemein. „Wenn ich du wäre, dann wäre ich lieber ich!“ war dabei noch der netteste Spruch, wenn Phil mal wieder seine fünf Minuten hatte.
Phil war lustig und schlagfertig = Behauptung. Wenn der Lehrer nachfragte, warum Phil die Hausaufgaben wieder nicht gemacht hatte, behauptete dieser, sein Hund hätte sie gefressen. Der Köter sei doch sonst schon ganz abgemagert und wenn er ihm jetzt auch noch das Papier verweigere, könnten sie ihm bald ein Grab unter der alten Linde hinter dem Haus ausheben. = Gezeigt. Ich weiss jetzt nicht, ob das besonders lustig oder schlagfertig ist, aber ich denke, Du verstehst was ich meine. So kann ich mir selbst denken: Der Phil ist aber schlagfertig und auch ein wenig lustig! Danach könnte sowas kommen wie: Paul musste jedesmal laut lachen, wenn Phil einer seiner Sprüche klopfte, was ihm böse und vorwurfsvolle Blicke des Lehrers einbrachte. Daraus ergibt sich dann, das Paul lustige und schlagfertige Menschen mag, oder zumindest die Schlagfertigkeit von seinem Kumpel Phil. Selbstverständlich habe ich diese Beispiele jetzt nur innerhalb einer, zwei Minuten aufgeschrieben und es soll nur zur Veranschaulichung dienen! Wenn man in einem Text mehr zeigt, anstelle Behauptungen aufzustellen, wird der natürlich länger, aber ich finde, definitiv auch interessanter. Also ich würde mal schauen nach 'Show, don't tell'. Man kann das auch übertreiben, aber hier geht es zu sehr in eine tellige Richtung (auch im zweiten Absatz). Klar, Du kannst auch sagen: Ich will das aber so. Ist ja dein Text. Nur ist er aber dann halt für mich -- als Leser -- leider nicht so prickelnd.

Geschrieben finde ich es flüssig, soweit fehlerfrei, das ist doch schon mal erfreulich :-) Bin jedenfalls gespannt, was Du aus dem Text noch machst und schaue gerne erneut bei Dir vorbei.

Beste Grüsse,
d-m

 

Hm, ich weiß nicht so recht, ob ich so was wie den „Phil-Effekt“ als jüngster in der Volksschule und einer der jüngsten (wir bildeten ein Duo der Märzgeborenen zu Zeiten, da noch zu Ostern die Einschulungstermine lagen und somit waren wir auch Nutznießer der Umstellung ...) auf der Real-, andere sagen Mittelschule und neben der wörtlich zu nehmenden „Schlagfertigkeit“ entwickelte sich während der Jahre bis zur Ausbildung zum Industriekaufmann ein durchaus schlagfertigeres Medium in der Liebe zu meiner selbstgewählten und einzig wahren Heimat, der wundervollen, den meisten unsichtbaren Landschaft Ironiens,

liebe/r @Jizzle

ich hoffe daher, dass ich den einleitenden Satz

Phil war lustig und schlagfertig
richtig interpretiere, dass Phil weniger seinen Extremitäten als dem Mundwerk frönte …, aber schon beim zwoten Satz
Das passte eigentlich
frag ich mich: „und uneigentlich?“

Aber das ist schon die die schwierigste Frage, dass wir direkt den Homo grammaticus ansprechen können:

Zu Abi-Zeiten hatten sie kaum Kontakt. Phil, der coole[,] charismatische Schönling, …

Seine Schlagfertigkeit liebten alle.
Warum nicht einen Hauch mäßiger, wenn man nicht auf vollendender Gegenliebe warten braucht?
Man hat es halt „gern“, wie ich auch später in den geschlechtermäßig gemischten Klassen der HH das eine und andere weiblich Geschöpf „ganz gern“ hatte … . einfach ausgedrückt „mochte“, den Ausdruck, den Du ja kennst und Ilse, keiner willse hab ich hierorts schon verewigt ...

Was Paul außerdem an Phil mochte, war der Phil-Effekt.

Hier ist noch ein Komma anzubringen,
„Wenn ich du wäre, dann wäre ich lieber ich!“[,] war dabei noch der netteste Spruch, wenn Phil mal wieder seine fünf Minuten hatte.
sonst wäre der nachfolgende Satz mit einer Majuskel statt der gewählten Minuskel einzuleiten ...

Paul aber drückte er nie einen bösen Spruch.
Sacht man dat heute so – weil in meinem Kopf fehlt da was wie zB "drückte er nie einen bösen Spruch [auf (oder) unter]"

Wem würde das nicht gefallen?
Der Konj. II spielt mit seinem Antipoden (also auch einem „wem würde das gefallen?“), was freilich eindeutiger ein „wem wird das nicht gefallen“ m. E. besser löst.
Aber ja, der Umlaut ü klingt besser als ein i ...

und hier stolperstu ein wenig, wenn es heißt

Dennoch schmeichelte es Paul, dass ausgerechnet Phil, der König des Abschlussballs ihm seit dem Abiball auf Insta folgte, auch wenn sie nie schrieben.
Denn „schreiben“ werden sie schon, anderen – aber nicht sich gegenseitig

Kein Wunder, dass er sich tierisch freute, als Phil ihm, nach über zwei Jahren ohne Kontakt anschrieb und ihn fragte, ob er vorbeikommen könnte.
a) „… „ihn“ nach über zwei Jahren …“
b) wörtl. Rede wäre Konj. II bei mir durchgegangen, hier in der indirekten reicht aber ein „könne“ (Konj. I ist ja aus Protokollen entstanden und unterstellt darum Wahrhaftigkeit, während Konj. II die Wahrscheinlichkeiten von wahr/real bis erlogen/unmöglich/irreal abgreift

Phil brachte sogar ein Sixpack Desperados und ein paar Dosen Dr. Pepper zum ersten Wiedersehen mit.
Ah – da leg ich doch gleich den Sgt. Pepper auf fröne dem Lonely Hearts Club und fix me a hole

"Soziale Kontakte sind ein Health-Booster!", dachte er sich.
Ja wem denn sonst? Weg mit dem sich!

„Online zocken ist war nice, aber dass hier ist schon viel besser!“
?Ist das das neue Kisuaheli¿ - oder welcher Krieg ("war") ist nice?

"Asthma in diesen Zeiten ...[...]Mies!"

„Du kannst ein bis zwei Wochen bei mir pennen. Du hast schließlich Asthma. Ich will nicht, dass dir was passiert!“KOMMA sagte Paul.

Phils Atem roch streng. Und er trug keine Maske. In diesem Moment realisierte Paul, dass Phil bereits am Vortag ohne Maske auf dem Sofa gechillt und die Couch mit Erdnussflips vollkrümelt hatte.
vollgekrümelt

Phil und er hatten seit Tagen nicht mehr geredet.
Waren sie verstummt?
Du meinst wahrscheinlich en nicht „miteinander“ geredet

„Ach ne, Diggi. Mir geht es heute nicht so gut.
Empfehl, quasi lautschriftlich ein dioppel-e! Warum? Ein „ne“ wird mit einem verkürzten „eine“ kollidieren, wenn es ohne Apostroph daherkommt (hierorts wird gelegentlich die Abschaffung des durchaus notwendigen Apostrophs versucht. Aber dieser vermeintliche Fliegenschiss ist im Deutschen so notwendig wir zB im Englischen um den Genitiv vom Plural zu unterscheiden ...

Paul überlegte eine Weile, bis er die Dutzenden leere[r] Bierflaschen im Wohnzimmer bemerkte.

Dann sagte er, trotz der Angst sich mit Corona zu infizieren, zu.
Die sehr schwache Klammer kannstu durch minimalstes Möbelrücken vermeiden - zB
"trotz der Angst, sich mit Corona zu infizieren, sagte er zu"

Hier

Sei Misstrauen wuchs.
fehlt eine Winzigkeit –
mutmaßlich ein „n“

Der will nur um sonst bei dir chillen.
Du meinst kostenlos, also „umsonst“

„Aufgelegt. Verdammt. Was mach ich nur?“, dachte er sich und …
Wem denn sonst?
sich

kleine velwechserung

Der ältere Herr schien sich etrappt zu fühlen und schwieg.
(keine Bange, kann mir auch passieren ..., wenn ein anderer Finger schneller sein will als der eigentlich zu führende - und ich praktiziere vier-Finger Suchsystem, denn ich bin froh, dass ich sehen kann und nicht blind schreiben muss ...

„Ja ja. Schade, ich dachteKOMMA du wärs durch mich ein bisschen cooler geworden!“
wärst

Da bemerkte er, dass Phil ihm bereits auf Insta entfolgt war.
Die Schöpfung gefällt mir!

Selbst beim Film ist die „Ab“merkung

eigentlich entbehrlich!

Nu lass Dich nicht entmutigen, denn schon allein wegen der Neuschöpfungen ist die Lektüre notwendig …

Tschüss

Freatle

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi @Jizzle,

mir hat Deine Geschichte leider nicht besonders gut gefallen.

Das liegt für mich vor allem an vier Punkten.

1) Klischees
Mein erster Eindruck war, dass Du Dich extrem vieler Klischees bedienst:
Der mittlerweile beruflich erfolgreiche Computernerd wird vom ehemaligen "coolen" Mitschüler ausgenutzt. Da er von der plötzlichen Aufmerksamkeit zu sehr geschmeichelt ist, kann er sich dann nicht aus eigener Kraft aus dieser Beziehung lösen und braucht eine Predigt seiner ersten Freundin, um erstmalig seinen Mann zu stehen.
Das liest sich für mich alles sehr wie ein Highschool-Teenie-Film.

2) Sehr viel Tell
Wie bereits @deserted-monkey ist es auch mir aufgefallen, dass Dein Text sehr viel behauptet und nur wenig konkret aufzeigt. In Kombination mit der klischeehaften Figurenkonstellation führt das bei mir dazu, dass ich jegliche Tiefe deiner Charaktere vermisse. Würdest Du beispielsweise das Nerd-Dasein des Protas durch prägende Erlebnisse inklusive psychologischer Konsequenzen aufzeigen, dann wäre das grobe Korsett vielleicht zwar noch immer ein Klischee, die es tragende Person allerdings als Individuum erkennbar, über das der Leser mehr herausfinden möchte.

3) Teilweise fehlende logische Kohärenz
Teilweise hatte ich das Gefühl, dass sich die Personen sehr unnatürlich verhalten. Die Geschichte zeichnet doch ein Bild von Phil, in dem er Paul aufgrund dessen Wohnung schlicht für seinen eigenen Vorteil ausnutzt. Wieso war er dann schon zu Schulzeiten netter zu Paul, als deren Mitschüler? Ein anderes Beispiel für mich ist die vermeintliche Asthmaerkrankung. Warum sollte das so ein großes Geheimnis sein? Warum stutzt Paul nicht einmal, wenn Phil sich ständig ohne Maske mit anderen Leuten trifft? Natürlich können diese Sachen in einer Geschichte passieren, allerdings fehlt es mir in diesem Text dafür an einem psychologisch kohärenten Unterbau, damit ich das den Personen abkaufe.

4) Unnatürliche Sprache/Formulierungen
Anschließend bin ich in Deiner Geschichte teilweise über Formulierungen gestolpert, die für mich nicht authentisch klingen. Manche Passagen sind mir etwas zu gestelzt, während andere wiederum so klingen, wie wenn die Eltern versuchen, die Sprache ihrer Kinder wiederzugeben.

Das klingt jetzt vermutlich alles sehr negativ. Ich möchte allerdings anmerken, dass dies natürlich nur mein subjektiver Leseeindruck ist. Außerdem hast Du es durch das Vermeiden von unnötigen Längen und das klare Aufzeigen des Konflikts geschafft, dass ich den Text direkt in einem Rutsch durchgelesen habe. Also auch wenn mein Kommentar fast ausschließlich auf Dinge hinweist, die aus meiner Sicht noch verbessert werden können, sehe ich dafür durchaus das Potenzial.


Hier noch ein paar konkrete Anmerkungen:

Phil war lustig und schlagfertig. Paul mochte lustige und schlagfertige Menschen. Das passte eigentlich.
Braucht es den markierten Part?

Phil, der coole charismatische Schönling, war nie um einen Spruch verlegen. Seine Schlagfertigkeit liebten alle.
Sehr klischeehaft.

Was Paul außerdem an Phil mochte, war der Phil-Effekt. So nannte Paul jedenfalls das Gefühl, das Phil in ihm auslöste. Phil konnte durchaus lustig, aber auch gemein sein, sehr gemein. „Wenn ich du wäre, dann wäre ich lieber ich!“ war dabei noch der netteste Spruch, wenn Phil mal wieder seine fünf Minuten hatte. Paul aber drückte er nie einen bösen Spruch. So gab er ihm das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Wem würde das nicht gefallen? Ein wohlwollendes Gefühl der Einzigartigkeit umgab Paul, als Phil ihn im Sportunterricht vor dessen Clique verteidigte und ihn in sein Team wählte.
Der eigentliche Phil-Effekt ist doch eigentlich nur der fett hervorgehobene Teil. Ich würde deshalb Phils gemeine Sprüche (wobei ich finde, dass das gewählte Beispiel nicht wie etwas klingt, das als gemeiner Spruch auf dem Pausenhof durchgeht) vorher schon schildern (also der unterstrichene Part).

Das kam zwar nur ein einziges Mal vor, und sie waren auch keine engen Freunde, aber im Gegensatz zu den anderen, beleidigte Phil Paul niemals und gab ihm eine Chance.
Zunächst ist der Satz für mich insofern etwas ungenau formuliert, als dass "im Gegensatz zu den anderen" sowohl "Phil beleidigt die Mitschüler, aber beleidigt Paul nicht" (wovon ich ausgehe, dass es gemeint ist) als auch "die Mitschüler beleidigen Paul, Phil beleidigt ihn nicht" bedeuten könnte.
Wenn Phil alle anderen beleidigt, stellt sich mir die Frage, weshalb dann "alle" seine Schlagfertigkeit lieben? Vielleicht sind sind sie eher von dessen Status als "der Coole" eingeschüchtert?

Die meisten seiner Mitschüler mieden Paul, auch wenn er aufgrund seiner Fähigkeiten nicht diskriminiert wurde.
Vielleicht eher "gemobbt"?

Schließlich brauchte fast jeder einmal einen Tipp von IT-Genie Paul.
Warum so extrem?

Nach dem Abi hatten beide lange gar keinen Kontakt.
Würde das "gar" streichen.

Dennoch schmeichelte es Paul, dass ausgerechnet Phil, der König des Abschlussballs ihm seit dem Abiball auf Insta folgte, auch wenn sie nie schrieben.
Sehr klischeehaft und sind Abschlussballkönige auch in Deutschland ein Ding? Kenne das nur aus den amerikanischen Highschools.

Paul, der für viele nur der kleine rothaarige IT-Nerd mit blasser Haut war, der noch nie in seinem Leben eine Freundin hatte, empfand sich plötzlich als wichtig.
Wieder sehr klischeehaft für mich.

Paul war stolz auf seine Wohnung und seinen beruflichen Erfolg, den er trotz seines Studiums ganz früh feiern konnte
Warum trotz seines Studiums? Nicht eher "und seinen bereits so jung erreichten beruflichen Erfolg."

Das hatte sich auch bei den zwei bis drei Leuten vom Abi herumgesprochen, mit denen Paul regelmäßig chattete und online spielte.
Vielleicht "aus der Schule"?
Das "Chatten und online spielen" klingt für mich sehr unnatürlich. Bei Chatten bin ich zeitlich bei ICQ oder so und das online spielen ist doch einfach ein "zocken".

Auch Phil trug eine Maske, dies war vorab online vereinbart worden.
Warum nicht: "Auch Phil trug wie vorab besprochen eine Maske."?

Phil war von Anfang an einverstanden, er lobte Pauls Idee sogar.
Das klingt für mich ein bisschen wie eine Formulierung aus einer fiktiven, staatlich finanzierten Werbung die zeigen soll, dass "auf seine Gesundheit zu achten, echt cool ist".

„Hey Diggi, krasse Bude. Die anderen vom Abi hatten, du hast es einfach voll drauf.“
*"hatten Recht", nehme ich an?
Außerdem vielleicht eher "anderen aus dem Jahrgang"?

Beide zockten den ganzen Tag Mario Kart und Phil gestand ihm, dass er ihn aufgrund seiner naturwissenschaftlichen Skills schon immer cool fand.
Klingt für mich aus Phils Mund leider wieder ziemlich unnatürlich,

Paul war endlich mal wieder glücklich. Er fühlte sich auch gesünder als sonst. "Soziale Kontakte sind ein Health-Booster!", dachte er sich.
Paul wurde mir vorher nicht als besonders unglücklich geschildert. Ihm schien es ja aufgrund der Wohnung und seines beruflichen Erfolgs eher gut zu gehen.

"Soziale Kontakte sind ein Health-Booster!", dachte er sich.
Klingt für mich nach einem etwas komisch formulierten Gedanken.

„Online zocken ist war nice, aber dass hier ist schon viel besser!“
*zwar

Und dann vertraute Phil ausgerechnet ihm ein Geheimnis an. Phil litt seit Jahren unter Asthma. Und zu Hause lief er nur mit FFP2-Maske rum. Paul gehörte zu den wenigen, denen Phil sich anvertraut hatte. "Asthma in diesen Zeiten ...Mies!"
Paul hatte Mitleid
Warum genau ist es notwendig, Asthma geheimzuhalten? Und auch die Reaktion klingt für mich etwas drüber.

Ich bin kein IT- Genie wie du ...“,
Das klingt für mich nicht wie etwas, was Phil so sagen würde. Warum nicht sowas wie "Nicht jedem fällt das ganze technische Zeug so leicht wie Dir ..."

Auch wenn Paul durch Insta durchaus wusste, dass Phil sich draußen oft mit Leuten ohne Maske traf, war das für ihn kein Problem. Im Gegenteil. Der Phil-Effekt sorgte dafür, dass Paul sich wieder besonders fühlte. „Nur für mich trägt er eine Maske! Cool von ihm, dass er meine Gefühle respektiert!", dachte sich Paul
Hä? Erst ist Asthma in Pauls Augen in dieser Situation eine Horrordiagnose und dann sind das seine Gedanken wenn er mitbekommt, dass sich Phil durchgehend ohne Maske mit vielen Leuten trifft? Das wirkt für mich leider nicht authentisch sondern eher etwas zusammengeschustert, um den Konflikt zu verschärfen,

Doch Paul traute sich nicht, einen kranken jungen Mann, der um die Gesundheit seiner Eltern bangte, mit solchen Banalitäten zu konfrontieren
Das ist wieder eine dieser Stellen, die ich aufgrund der Formulierung sehr unnatürlich finde, Und warum ist es von Bedeutung, dass Phil jung ist?

Eigentlich machte es Paul schon etwas aus, doch am selben Abend erhielt er eine Nachricht, die sein Leben verändern sollte, ein Jobangebot aus Berlin. Eine Agentur wollte, dass er vor Ort ihre Homepage designte. Das Projekt wäre gut bezahlt, ging aber über mehrere Wochen. Paul überlegte eine Weile, bis er die Dutzenden leeren Bierflaschen im Wohnzimmer bemerkte.
Ich nehme an, dass Du mit dieser Formulierung auf das Kennenlernen seiner späteren Partnerin hinauswolltest? Ich würde es an dieser Stelle vermutlich dennoch weniger extrem als "große Chance" o.ä. beschreiben.

Phil hatte sich einverstanden erklärt und Paul nicht widersprochen.
Hier sagst Du meiner Meinung nach 2x das gleiche.

Ein manipulatives Genie. Wach auf, Paul!“, riet sie ihm. „Ich hatte damals nicht den Mumm und habe ihn nur geghostet. Vielleicht konfrontierst du ihn mal mit den Fakten. Hab dich lieb. Aber klär das bitte. Ich steh auf selbstbewusste Männer! Oh sorry, meine Mum ruft an. Meld mich später. Ciao.“
„Aufgelegt. Verdammt. Was mach ich nur?“, dachte er sich und knabberte an seinem Fingernagel.
Nach dem Telefonat schrieb Paul eine Nachricht. „Phil, es geht so nicht weiter. Lass uns morgen reden! Du musst ausziehen!“
Sehr klischeehaft, dass der uncoole Prota seine erste Freundin kennenlernt, die ihn dann dazu bringt, sich erstmals gegen den ihn ausnutzenden Phil aufzulehnen.

Der ältere Herr schien sich etrappt zu fühlen und schwieg.
*ertappt

Als Leni und Phils Großvater draußen waren, klopfte er an das Gästezimmer und stürmt hinein.
Vielleicht einfach "stürmte er ins Gästezimmer."?

„Wenn so etwas wie du cool bist, dann bin ich gerne uncool! Der Phil-Effekt ist verpufft, diggi. Ich sehe jetzt, wer du wirklich bist. Und wenn die Bude gleich nicht blitzblank ist, dann erzähl ich deinem Opa die ganze Wahrheit. Ist das klar?“
Klingt für mich leider immer noch nicht sehr authentisch (besonders das von Phil übernommene "diggi"), auch wenn ich das gestrichene "Yalla" schon mal sehr begrüße :D

Wie gesagt, alles nur mein subjektiver Eindruck. Ich hoffe, Du kannst mit meinen Anmerkungen etwas anfangen.

Liebe Grüße,
Takinios

 

Guten Tag @Jizzle,
ich wollte erst schon dasselbe schreiben, wie ein Kommentator vor mir, der hier auch auch die übliche Highschoolgeschichte, mit Abschlussballkönigen- und Königinnen, eine Platte, die schon etwas abgenudelt ist, raus las, schreiben.
Vielleicht wäre aus dem Thema mehr rauszuholen gewesen.

Stephen King hat sein Schaffen ja auch auf seinen Mobbingerfahrungen als Teenager aufgebaut. Ein heißes Thema, wenn man an die vielen Amokläufe in Bildungsstätten denkt, leider auch in Deutschland.
Das sind die Stellen in seinen Büchern, die mir immer am meisten gefallen. Wenn dann die Autos anfangen zu reden und die Mietzen wiederauferstehen, muss ich passen.

Woran liegt das eigentlich, dass manche der Kinder und Jugendlichen so unbeliebt in den Klassen sind, und was machen die anders, die überall gut klarkommen. Bei Janet Frame habe ich mal sinngemäß gelesen: "Die Kinder, die in der Schule beliebt sind, kommen aus glücklichen Elternhäusern." Da ist bestimmt was Wahres dran.

Ich, wie Dein Held, die geborene Außenseiterin, komme wie der erwähnte Autor aus einer Horror-Mutter-Tochter-Beziehung ohne männliches Familienmitglied. Auch dem Schriftsteller soll ja der Vater abhanden gekommen sein, als er Zigaretten holen ging. Das alles, noch kombiniert mit einer verdrehten Mutter, die den Zeugen Jehovas angehörte, bildete wohl die Grundlage dafür, dass er zum Gespött seiner Mitschüler wurde, das sich tief in ihm eingrub und zum Thema von vielen seiner Bücher wurde.

Ich wollte das hier nicht so weit ausführen, sondern damit nur sagen, dass es mir in Deinem Text zu allgemein war, warum Dein Held Außenseiter war. Nur rote Haare und Begabung in Physik reichen da nicht aus.
Gruß Frieda

 

@Frieda Kreuz

Danke für dein Feedback. Habe den Figuren nun ein bisschen mehr Background gegeben, um den Fokus mehr auf die manipulative Art von Phil zu legen.

 

Hallo @Takinios ,
danke für dein ausführliches Feedback. Ich konnte vieles nachempfinden und habe einiges angepasst und relativiert.

Aber hier erhebe ich Einspruch:

"und braucht eine Predigt seiner ersten Freundin, um erstmalig seinen Mann zu stehen."

Sorry, von diesem Klischee habe ich noch nie etwas gehört. Das klingt schon sehr hetzerisch, dass dieses Muster in jedem Teeniefilm vorkommt ... :-) Dann kannst du mir auch vorwerfen, dass Paul ein Mann ist und nicht divers ;) Dieser Klischeevorwurf ist mir zu klischeehaft ;)
Anstatt da eine Charakterentwicklung zu sehen, die ja bei Phil und Paul (was man nun hoffentlich auch erkennt) stattfindet, war mir dieser Klischeevorwurf wirklich zu pseudohaft konstruiert ;)

Aber vieles Restliche nehme ich gerne an. Vielleicht gefällt dir die überarbeitete Version ja besser ;)

Vielen Dank
Gruß
Jizzle

 

Hallo@Friedrichard ,

wie immer verneige ich mich vor deinem sprachlichen Wissen und deinem ausführlichen Feedback. Vielen Dank!

Gruß
Jizzle

 

Hi @Jizzle,

vielen Dank für Deine Antwort!

Sorry, von diesem Klischee habe ich noch nie etwas gehört. Das klingt schon sehr hetzerisch, dass dieses Muster in jedem Teeniefilm vorkommt ... :-)
Zunächst einmal hierzu: Hetzerisch sollte es nicht rüberkommen und in jedem Teeniefilm kommt es auch sicher nicht vor.
Ich persönlich sehe da allerdings schon etwas leicht klischeehaftes drinnen. Was aber sehr gut sein kann, ist, dass ich angesichts der anderen Klischees beim Lesen sensibler für dieses Motiv war und es mich dementsprechend in einem anderen Text weniger gestört hätte. Außerdem ist es wohl auch sehr subjektiv, was einem als Leser als Klischee ins Auge sticht. Vielleicht habe ich vor Jahren zwei Teeniefilme gesehen, in denen es so ähnlich war und deshalb hat das Motiv bei mir jetzt diese Assoziationen erzeugt :D
Ich kann also auch sehr gut akzeptieren, wenn Du und eventuell andere Leser hier kein Klischee rauslesen.


Zu der überarbeiteten Version:
Großen Respekt erst mal dafür, dass Du bereit bist, in diesem Umfang an Deinem Text zu feilen! Man sieht auch direkt, dass Du Dich beim Überarbeiten an dem Feedback aus dem Forum orientiert hast.

Insgesamt funktioniert Deine Geschichte für mich nun deutlich besser! Besonders hervorheben möchte ich die Dialoge bzw. die generelle Ausdrucksweise, die meiner Meinung nach deutlich natürlicher klingt. Auch zeigst Du mir Deine Figuren jetzt sehr viel besser und "echter". Phil wirkt über weite Phasen der Geschichte interessierter bzw. authentischer im Umgang mit Paul, was mir als Leser dann durch das Ende seine manipulative Art sehr viel deutlicher aufzeigt. Dies, in Kombination mit der stärkeren Charakterisierung Pauls (Elternhaus, Tod der Mutter) macht für mich vieles nachvollziehbarer.

Ein neuer Punkt, an dem ich mit meinem Feedback wahrscheinlich eine Teilschuld trage, ist, dass Du jetzt, vermutlich um die Nachvollziehbarkeit zu verbessern, Pauls Gedanken sehr ausführlich und fast immer "wörtlich" darstellst.
Ich könnte mir vorstellen, dass man einige ausformulierte Gedankengänge Pauls streichen oder kürzen könnte, damit das nun etablierte psychologische Fundament gerade so weit in den Hintergrund rückt, dass die Geschichte für den Leser nachvollziehbar ist, diesem aber weniger Gedankengänge explizit vorkaut (im Wesentlichen: mehr implizierter Subtext). Alternativ könnte man überlegen, die Informationen enger mit Deinem Erzähler zu verknüpfen.

Hier noch ein paar Anmerkungen:

„Hey Pauli, Lust zu treffen?
Ich persönlich kenne Pauli eher als Spitzname für Pauline.

Bestimmt gibt es in jeder Generation einen, der sich mehr erlauben darf als die anderen!“
Vielleicht eher "jedem Jahrgang" oder "jeder Klasse"?

„Und dann kam Corona. So ne scheiße!“, dachte sich Paul,
Hier würde ich die Anführungszeichen verschieben: Und dann kam Corona. „So ne scheiße!“, dachte sich Paul,

„So langsam nervt es! Es sieht hier aus wie in einer Messi-Bude. Ich wollte das doch nie wieder! Aber er macht ja auch ne schwere Zeit durch, außerdem hoffe ich, dass wir bald wieder zocken. Alleine sein, ist doch auch lame! Ich will ja auch nicht wie ein Spießer wirken“, dachte Paul.
Das markierte ist mir etwas zu on-the-nose.

Eines Abends hatte Paul Pizza gebacken, um Phil bei einem gemütlichen Essen zu fragen, wie es um die Gesundheit seiner Mutter stand. „Dann kann ich ja auch mal nachhaken, wann er endlich auszieht ...“, dachte er.
Vielleicht kann man den markierten Teil noch in den vorherigen Satz einbauen.

Trotz der Angst um seine Wohnung, freute Paul sich, seinen Freund wiederzusehen. „Ich muss ihm von Marie erzählen. Das wird ihn freuen. Aber wenn sie mich nächste Woche besuchen möchte, muss er ausgezogen sein. Sie hat recht. Ist ja schließlich meine Bude!“
Als Paul die Tür aufschloss, fand er eine immer noch verdreckte und stinkende Wohnung vor.
Warum erwartet er denn eigentlich, dass der Phil sieht? Wäre es bei dem mangelnden Kontakt nicht zu erwarten, dass er die Wohnung schon - wie besprochen - verlassen hat?

Solche Leute dürfen nicht immer, mit allem davonkommen. Hab dich lieb. Aber klär das bitte. Ich steh auf selbstbewusste Männer!
Könnte man das nicht streichen? Das schwingt ja eh schon ein bisschen mit.

„Aufgelegt. Verdammt. Was mach ich nur?“, dachte Paul sich und knabberte an seinem Fingernagel. "Blöder Phil-Effekt! Aber es reicht. Es ist endlich Zeit, diese Theorie zu widerlegen! Damit kommt er nicht davon. Er fliegt raus!"
Hier würde ich mir überlegen, ob ich das nicht so explizit ausschreiben sondern lieber lediglich andeuten würde. Wenn Du sowas schreibst wie "Grübelnd ließ Paul die letzten Monate Revue passieren. Marie hatte recht, es musste sich etwas ändern." sagst Du meiner Meinung nach das gleiche, aber weniger explizit und wortreich.

Die Fenster kippte er auch. „Geht doch!“, sagte Paul. „Schon krass, was du trotz Asthma alles schaffst! Beeindruckend!", rief Paul und lachte.
Phil verdrehte die Augen und schwieg.
Kein Vergleich zu der ersten Version - gefällt mir jetzt viel besser!!

So, jetzt überlasse ich die Geschichte aber mal wieder den anderen und vor allem Dir! ;)

Liebe Grüße und weiterhin viel Erfolg!
Takinios

 

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