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Der poetische Funken

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Der poetische Funken

Thorsten fickt meine Freundin.
Das Bild ist so falsch und gleichzeitig so stimmig, dass ich von diesem Widerspruch gelähmt bin. Ich stehe einfach nur im Türrahmen und glotze die beiden an, wie sie es auf Patricias Sofa treiben. Patricia liebt dieses pinkfarbene Ungetüm. „Oh, fass mal an, so kuschlig, so weich“, hat sie damals bei IKEA gesäuselt. Und ich dachte mir: Okay, wenn ich sie damit glücklich machen kann, bitte. Jetzt, auf allen Vieren darauf hockend, die Hände in den weichen Stoff gekrallt, keucht sie im Rhythmus von Thorstens Stößen: „Das fühlt sich gut an, das fühlt sich gut an, so gut!“
Wahrscheinlich meint sie damit nicht nur das Sofa.
Dass Pat es von hinten mag, ist mir neu. Dass sie Thorsten mag, nicht. Dass ich nicht eins und eins zusammenzählen kann, liegt irgendwo dazwischen.
Thorsten ist einen Kopf größer als ich, hat einen Waschbrettbauch. Und das Dumme ist: Thorsten ist nicht einmal dumm. Nicht wirklich. Ihm fehlt lediglich der poetische Funken. Er hat eins und eins schneller zusammengerechnet: Erfolgloser Schriftsteller mit Hang zur Depression + frustriertes Rasseweib = Freifick für mich. Variablen wie Freundschaft und Moral hatten in dieser Gleichung anscheinend nichts zu suchen.

Ich finde, es spricht sehr für Thorsten, dass er mich als erster bemerkt. Das nasse Klatschen von Haut auf Haut erstirbt.
„Nicht aufhören, nicht aufhören, nicht …“ Dann bemerkt auch Patricia mich.
Einen hollywoodreifen Augenblick lang herrscht Stille. Pat und Thorsten glotzen mich an, ich starre auf Thorstens Schwanz. Erst jetzt setzt bei mir eine Form des Schocks ein. Der wird aber sofort von Triumph abgelöst als ich sehe, wie schnell Thorstens Gemächt zusammenschrumpelt. Es hat glatt den Anschein, als wolle sich der Schwanz komplett in den Sack zurückwinden.
Thorsten findet zuerst seine Sprache wieder.
Und was er sagt, bestärkt mich einmal mehr in dem Glauben, dass es für jede Situation im Leben die richtigen Worte gibt. Es muss da eine Art Pool geben, der für alle Momente, für alle erdenklichen Szenarien die richtigen Sätze, die superlativ passenden Formulierungen bereithält. Shakespeare, Poe, Hemingway, die hatten eine Standleitung zu diesem Pool.
Um diesen Pool anzuzapfen, braucht es den poetischen Funken, von dem ich sprach. Menschen wie Thorsten … Nun, sie scheinen sich vor diesen Funken nicht nur zu fürchten, sie haben regelrecht Panik davor. Sobald auch nur der Verdacht eines Aufflackerns erahnbar wird, flüchten sie in die entgegengesetzte Richtung; in das von allen Schriftstellern gleichermaßen gefürchtete wie verhasste ewig tote Land der Floskeln und hinkenden Vergleiche.
Und Thorsten schafft es zielsicher, die Perle unter allen möglichen dummdreisten Ausflüchtformulierungen herauszupicken.
„Es ist nicht so wie es aussieht!“
In diesem Moment leuchtet der poetische Funken in mir so grell auf, dass er mein Sprachvermögen paralysiert.
„Nun sag doch endlich etwas!“ Pat ist aufgesprungen, steht nackt und fordernd vor mir, ihr Gesicht rot angelaufen. Das verschlägt mir endgültig die Sprache. Sie war wütend auf mich? Hatte sie mich eben inflagranti beim Vögeln ihrer Freundin erwischt?
„Sag endlich was! Tu was!“
Während Thorsten im Hintergrund verlegen seine Klamotten zusammensucht, macht sich Pat nichts aus ihrer Nacktheit. Die Arme in die Hüften gestemmt, steht sie vor mir, blickt auf mich herab, obwohl sie ein Kopf kleiner ist als ich. Naja, einen halben Kopf kleiner. Oder sagen wir, eigentlich könnte sie nicht auf mich herabblicken, weil wir mindestens gleich groß sind, aber in diesem Augenblick tut sie es. Ich schrumple unter ihrem Zorn zusammen, komme mir vor wie Thorstens Schwanz. Der Vergleich scheint irgendwie zu passen, denn Pat betitelt mich auf ähnliche Weise: „Schlappschwanz!“
Und weiter: „Deine Passivität kotzt mich an! Wann kommt endlich mal eine Reaktion von dir? Dich hinter deinen Büchern verstecken, das kannst du. In deinen Geschichten schwingst du dich zum Meister über die Welt auf, aber im wahren Leben bist du einfach nur ein Schwächling. Verdammt, ich habe gerade deinen Freund gebumst!“
Dieser Erinnerung hätte es nicht bedurft. Will ich sagen, doch ich komme nicht dazu.
„Hast du denn nicht einen Funken Ehre im Leib? Du stehst einfach nur da uns glotzt mich an!“ Pat kann sich nicht zwischen Kreischen und Schluchzen entscheiden. Daraus ergibt sich ein klangliches Kuriosum, das nicht passender diese absurde Situation hätte untermalen können.
„Wenn du schon nicht um mich kämpfst, könntest du mich wenigstens anschreien! Irgendwas. Aber deine Passivität macht mich fertig! Ich kann nicht mehr.“
Pat stürmt aus dem Zimmer. Thorsten brabbelmurmelt etwas Sinnloses in meine Richtung und folgt ihr dann nach.
Einen Moment lang stehe ich allein im Zimmer. Das rosa flauschig kuschlige Sofa bildet einen perfiden Kontrast zum animalischen Duft, der das Zimmer tränkt, einer Melange aus Sex und Wut. Aus der Küche höre ich, dass Pat eine Entscheidung getroffen hat: Kein Gekreische mehr, nur noch Schluchzen. Dazu der tröstende Bass Thorstens. Das verleiht der Situation zum ersten Mal einen realen Charakter. Vielleicht wirkt es deswegen so bizarr. Ich komme mir überflüssig vor und gehe.

Es ist ein langer Weg nach Hause. Und es regnet in Strömen. Das göttliche Drehbuch eben, es weiß, was zusammengehört. Jetzt fehlt nur noch, dass es anfängt zu ha-
Es fängt an zu hageln.
Ich hasse Regen. Und das ist mehr als eine Floskel. Niemand mag schlechtes Wetter, doch ich verabscheue es so sehr, dass ich bei Regen nie das Haus verlasse. Nass und kalt verträgt sich nicht mit dem poetischen Funken. Ich hasse das Wetter so sehr, dass ich versucht bin, umzukehren, um bei Pat Zuflucht zu suchen. Ich bleibe stehen. Vielleicht sollte ich mich einfach entschuldigen? Im Entschuldigen bin ich eigentlich recht gut, aber diesmal mir fällt mir nichts Passendes ein.

Bis ich bei mir angekommen bin, bin ich nicht nur völlig aufgeweicht, sondern ich habe auch viel Zeit zum Nachdenken gehabt.
Ausgekühlt wie ich bin, kann ich nun nüchtern auf meine Situation blicken: Ich gelange zur Erkenntnis, dass Pat Recht hat. Ich bin passiv. Ich habe unsere ganze Beziehung einfach nur hingenommen. Oft genug hat sie mir zu verstehen geben, dass sie mehr von mir erwartet, aber ich war zu schwach.
„Du lebst mehr in deinen Büchern als in der realen Welt.“ Dieser Vorwurf sitzt. Am Anfang war genau das der Zauber, der sie an mich gebunden hat, aber anscheinend reicht das nicht mehr aus. Zumindest nicht, wenn keine neuen Zaubersprüche nachkommen. Und das funktioniert leider nicht bei einer Schreibblockade.
Doch das werde ich jetzt ändern. Ich werde mir Pat zurückerobern. Noch immer brennt der poetische Funken in mir - mit einer Intensität, die ich schon lange nicht mehr gespürt habe. Es ist nicht so, dass ich wirklich Zugriff auf den Pool hätte, aber hin und wieder schwappt schon mal was über. Und ich habe das Gefühl, als würde ich augenblicklich in einer solchen Fontäne gebadet werden.
Daraus schöpfe ich Mut und damit Kraft zum Kämpfen. So wie es Pat will. Zunächst jedoch muss ich mir einen Schlachtplan überlegen. Also setze ich mich an meinen Schreibtisch und beginne zu schreiben.

Als ich in die Wohnung stürme, ist das Sofa wieder belegt. Pat sitzt rittlings auf Thorsten und ruckelt auf ihn herum, als wolle sie seinen Schwanz abbrechen. „Wehr dich endlich!“, schreit sie dabei. Die beiden bemerken mich erst, als ….

„Finger weg von ihr!“
Thorsten und Pat schrecken auf, als ich in die Küche stürme. Pat trägt einen Bademantel, darunter nichts. Ihr Gesicht ist verquollen, aber als sie mich erblickt, leuchtet es auf.
Reflexartig zuckt Thorsten von Patricia weg und genauso reflexartig schmeißt er mir eine weitere Perle aus der Hitlist der ausgelutschtesten Sätze vor die Füße: „Ich kann das alles erklären!“
Erst trete ich auf die Perle, dann nehme ich mir ihn vor.
„Du verfickter Hurensohn!“, brülle ich ihn an und ich spüre, wie ich wachse, ich kann fast meine Knochen quietschen hören, als sie noch einmal einen Schub bekommen. Wie ein

Ich packe ihn an den Schultern. „Beruhig dich wieder!“, schnauzt er mich an, aber ich zerre an ihm wie ein Wahnsinniger. Ich wünschte, ich könnte sagen, ich schüttel’ Thorsten richtig durch, aber habe ich bereits erwähnt, dass Thorsten einen Kopf größer ist als ich? Das Zerren ist nicht sehr eindrucksvoll, fürchte ich. Doch in Ermangelung von passenden Worten zerre ich einfach weiter.
Schließlich schubst Thorsten mich von sich. Ich segle über den Küchentisch, höre Glas zersplittern, Patricia schreit.
„Thorsten, du tust ihm weh!“
Obwohl – „Thorsten, du tust ihm weh!“
Ihr Schrei spornt mich an. Mit einem Aufschrei werfe ich mich auf Thorsten. Nun ja, es ist wohl mehr ein verunglücktes Hüpfen, denn er fängt mich im Flug ab, verpasst mir eine Maulschelle und schmettert mich in die Ecke. Der Schlag ist heftig, aber ich kann noch registrieren, dass ich zweimal in zu knappem Abstand das Wort Schrei getippt habe. Oder war es sogar dreimal? Dann füllt Blut meinen Mund. Trotzdem lächle ich wie ein Schwachsinniger, als Pat sich zu mir runterbeugt.
„Oh verdammt, das tut mir alles so leid, so leid!“
Dann dreht sie sich zu Thorsten um und schreit ihn an.
Es sind derart wüste Beschimpfungen, dass es mir schwer fällt, über ein nun wirklich nötig gewordenes Synonym für Schrei nachzudenken.
„Hau ab, ich will dich nicht mehr sehen!“, endet ihre Tirade.
„Genau“, lalle ich. „Und von hinten mag es Pat sowieso nicht.“ Aber ich glaube, es kommt nicht viel mehr als blutiges Geblubber aus meinem Mund.
„Armer Schatz, armer Schatz“, murmelt sie immer wieder, als sie mich mit einem kalten Tuch verarztet. „Aber ich glaube, ich habe genau die richtige Medizin für dich.“ Sie grinst schelmisch und öffnet den Reißverschluss meiner Hose, lässt ihren Kopf zwischen meine Beine …

Ich lese mir das Geschriebene noch einmal durch. Draußen stürmt es nach wie vor. Ich habe Pat also wieder. Ein gutes Gefühl. Dennoch: Irgendetwas fehlt noch. Hm.
Ist Thorsten denn hart genug bestraft worden? Ich glaube nicht. Also weiter im Text:

Um Thorsten seine verdiente Strafe zukommen zu lassen, mache ich mich auf den Weg zu ihm. Wenn Pat das wüsste, wenn sie sehen könnte, wie ich mich durch den Hagel kämpfe – um ihre Ehre zu retten, ha!, sie würde so stolz auf mich sein. Sie würde ihren Ausrutscher mit Thorsten bitterlich bereuen und mir schwören, es nie wieder zu tun. Ja, in diesem Moment würde sie meine wahren männlichen Qualitäten erkennen. Sie würde betteln und flehen. Natürlich vergebe ich ihr, ich habe ihr ja schon vergeben, aber sie würde trotzdem betteln und flehen. Weil … weil es sich so gehört. Und ich würde sie in meine Arme schließen und mit tiefer John-Wayne-Stimme sagen: „Es ist alles wieder gut, Baby, ich bin da und vergebe dir!“

Mit einem Triumphschrei trete ich Thorstens Tür ein.
Das nun folgendes Déjà-vu knallt mir die Sicherungen heraus. Jedoch nicht dergestalt, dass ich ausklinke und mich tobsuchtartig auf die Szene vor mir stürze, sondern in der Form eines laufenden Staubsaugers, dessen Stecker plötzlich aus der Dose gerissen wird.
Ich schaffe noch zwei taumelnde Schritte in die Wohnung, mein Schrei krümmt sich in einer klanglichen Zeitlupe zu einem Jaulen und verendet qualvoll.
Pat durchbricht das Déjà-vu, indem sie Thorsten von sich runterschubst. Anders ist auch, dass sie sich ihrer Nacktheit geniert und ihre Brüste mit den Armen zu verdecken versucht. Bei diesen Prachtbrüsten ein ebenso sinnloses wie erregendes Verhalten.
Thorsten scheint wie ich noch immer dem Diktat des Déjà-vu zu gehorchen, denn während ich nur gelähmt starren kann, sucht er hastig seine Klamotten zusammen.

Ich reiße mich vom Anblick dieser Szene los. Es ist, wie wenn man in besoffenem Zustand die auf und abhüpfenden Elemente der Welt einzig mit seinem Blick zu bannen, sie wieder den physikalischen Gesetzen untertan zu machen versucht, die von der Ethanol-Magie aufgehoben wurden. Ich verziehe das Gesicht zu einer angestrengten Fratze (die dann mehr an Verstopfungen denken lässt als an Trunkenheit) und allmählich bekomme ich den Blick klar … und bin wieder in meinem Zimmer. Vorm Laptop. Blicke auf das Geschriebene.

Scheiße, warum habe ich schon wieder diese Assoziation? Dieser ganze Absatz wird gestrichen. Jawohl.
Das ist nur passiert, weil ich nicht authentisch war. Genau. Da kann ja nur Mist bei rauskommen. Ich würde nie die Tür von irgendjemand eintreten. Auch nicht die von Thorsten. Und wieso auch? Wir sind gute Kumpels, ich weiß, wo sein Ersatzschlüssel liegt. Thorstens Einfallsreichtum langt nur für die Fußmatte. Und Bingo.
Also schleiche ich mich in seine Wohnung, schließe lautlos die Tür hinter mir, blicke mich um. Selbstverständlich treiben es keine zwei verschwitzten Leiber auf dem Sofa.
Das liegt zum einen daran, weil Thorsten kein Sofa besitzt. Patricia, die es so gern flauschig hat, würde es nie auf diesen sterilen Designermöbeln machen, die Thorstens Zimmer verunzieren. Aber das ist nebensächlich. An erster Stelle rangiert der Fakt, dass Patricia nicht da ist. Natürlich nicht.
Ich höre Thorstens Stimme aus der Küche trällern. Wäre dies ein Film, würde das alberne Gepfeife nun von einem düsteren Ton unterlegt werden, um anzuzeigen, welch finstere Gedanken der Rache in mir aufsteigen. Ein Sektkorken knallt und ich springe reflexartig hinter das Sofa in Deckung. Nicht sehr heldenhaft, aber ich tröste mich damit, dass ich noch keinen konkreten Plan habe, wie ich diese meine finsteren Gedanken in die Tat umsetze. Ich sehe Thorsten in Gedanken zwar leiden und mich daneben stehen und bösartig lachen (händereibend: hiärk, hiärk), doch wie es zu diesem Leiden kommt, da ist das Bild unscharf. Gemein eigentlich. Aber hey, ich bin Schriftsteller, mir wird schon etwas einfallen. Ich lebe von grandiosen Einfällen.
Ich will mich gerade erheben, als es klingelt. Thorsten kommt – noch immer trällernd - aus der Küche, in jeder Hand ein gefülltes Sektglas. Herrje, er geht nicht nur, er tänzelt in peinlichen Schrittfolgen zur Tür.
Irgendwie bringt er es fertig, die Tür zu öffnen ohne dabei einen Tropfen zu verschütten.
Der Sekt ist nicht übergelaufen, aber ich laufe über: Niemand anderes als Pat schlüpft in Thorstens Wohnung.

Das ist meine Geschichte, meine Rachegeschichte, mit der ich um Pat kämpfen will. Ich bin hier Herr und Meister – ich bin hier GOTT, alles geschieht nach meinem Willen. Aber Pat taucht erneut bei Thorsten auf. Und wie sie sich ihm anbietet, einfach widerlich. So wie die beiden sich gebärden, müssten sie eigentlich an der Zunge des anderen ersticken. Ich könnte ersticken bei diesem … Anblick. Daran, dass ich das aufschreibe. Doch ich kann mich nicht dagegen wehren, ich muss es aufschreiben - so und nicht anders.
Und mit einem Mal wird mir bewusst: Ich stehe in Verbindung zur Quelle. Ich habe gar keine andere Wahl, als das aufzuschreiben, was sie mich schreiben lässt. Denn es ist die Wahrheit. Die Wörter sprudeln einfach so aus mir heraus, entstehen von selbst. Ich bin nicht länger ein verkrampfter Wortklauber - ich bin ein Medium, durch welches sich wahre Literatur manifestiert.
Da ist plötzlich meine Standleitung. Ich muss mich nicht länger am spontanen Aufglimmen des poetischen Funkens wärmen - in mir brennt ein wildes Feuer, das mich erleuchtet.
Was macht es da schon, dass Thorsten meine Freundin fickt?

Letztlich muss ich den beiden danken: Ohne ihren Betrug hätte ich nie meine Schreibblockade überwunden.
Ich erkenne jetzt: Die beiden haben sich verdient. Es ist eine Gnade, dass ich Pat los bin, denn sie hat auf meiner Leitung gestanden. Das sehe ich plötzlich ganz klar: Regelrecht abgedrückt hat sie sie mit ihrem ständigen Genöle. Aber nun, wo ich sie los bin, fließe ich in den Pool, werde eins mit ihm!

Mit einem seligen Gefühl öffne ich die Augen und sitze wieder an meinem Schreibtisch. Nur kurz durchzuckt mich der Gedanke, noch einmal zurückzukehren, und den beiden trotzdem eine Lektion zu erteilen. Doch in dem neuen Licht, das mich durchdringt, sehe ich, dass sie genug bestraft sind. Allein dadurch, weil ich ihrem Leben fern bleibe. Ohne den poetischen Funken wird ihr Dasein in Trivialität zerbröseln und unweigerlich in die Wüste führen.

Ich finde, ich kann mit mir zufrieden sein.
Und einen weiteren netten Effekt hat meine Erleuchtung: Ich muss nicht noch mal durch dieses grässliche Wetter. Nie wieder. Das entlockt mir einen Jubelschrei einen Laut des Jubels.

 

Hallo weltenläufer,

nun, wenn so eine Geschichte so einen Anfang hat – leider oft nur eine billige Aufmerksamkeitsbuhlerei oder gar Provokation. Deine Geschichte ist der Beweis, dass (und wie) man es auch anders machen kann: durch Kreativität und Witz und gute Erzähltechnik. Ein Beispiel:

„Dass Pat es von hinten mag, ist mir neu. Dass sie Thorsten mag, nicht. Dass ich nicht eins und eins zusammenzählen kann, liegt irgendwo dazwischen.“

Richtig gut gemacht.

Dann noch die Wendung, die Kutzpe von Pat, die auf Angriff schaltet, wenn man eigentlich etwas anderes erwartet und die verschrobene Reaktion des Gehörnten: „Das verleiht der Situation zum ersten Mal einen realen Charakter“ – nein, mindestens zum zweiten Mal :D

Der verwegene Held, ein kleiner Quichote, nimmt es nun mit all‘ den Widerwärtigkeiten des Lebens – Wetter, Nebenbuhlern und Schreibblockaden auf, um festzustellen, dass sie es nicht wert sind, seiner Gesellschaft anteilig zu werden- der Held tritt in das Licht der Erlösung „Weil … weil es sich so gehört.“

Sehr gern gelesen,

Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

es freut mich, dass du bei der Geschichte geblieben bist, trotz der "billige(n) Aufmerksamkeitsbuhlerei"
Möglicherweise hat der Satz tatsächlich einige Leser gleich rausgeworfen, aber im Nachhinein ergibt er, hoffentlich, einen Sinn ;)

Was soll ich sonst noch zu deinem Kommentar sagen: Vielen Dank, das tut gut. :) Schön zu lesen, wie du deine Meinung mit meinen Textpassagen unterlegst, das macht einen wunderbar stimmigen und runden Eindruck.

grüßlichst
weltenläufer

 

Lieber weltenläufer,

endlich bin ich zu deiner KG gekommen. Für was doch so ein Friseur alles gut ist :D

Die Geschichte hat zu recht die Empfehlung verdient, ich finde manche Beschreibungen köstlich, zitier sie hier jetzt aber nicht extra raus.
Auch die durchgestrichenen Stellen finde ich sehr originell, also ich meine die Idee dazu.
Ein Lesegenuß, vielen Dank :).

Noch ein paar Kleinigkeiten:


Thorsten brabbelmurmelt etwas Sinnloses in meine Richtung und folgt ihr dann nach.
hmmm, mit dieser Wortkreation kann ich nicht soviel anfangen, das klingt für mich zu bemüht.

Im Entschuldigen bin ich eigentlich recht gut, aber diesmal fällt mir fällt keine passende ein.
Ist der Bezug nicht falsch?
Entweder: Mit Entschuldigungen kenne ich mich recht gut aus, aber diesmal fällt mir keine passende ein
oder: Im Entschuldigen ... fällt mir nichts ein.

Nun könnte man sich ja darüber streiten, ob der Protagonist, während er schreibt, Fehler machen darf, die stehenbleiben dürfen, so quasi als Zitate, falls nicht, hätte ich noch:


Das Zerren ist nicht sehr eindrucksvoll, fürchte ich. Doch in Ermangelung von passenden Worten, zerre ich einfach weiter.
Komma im zweiten Satz weg.

Trotzdem lächle ich wie ein Schwachsinniger als Pat sich zu mir runterbeugt.

Schwachsinniger, als (wurde schon mal moniert)

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Bernadette ,

Das ging ja schneller als gedacht.*
Schön, dass dir die Geschichte gefallen hat. Wagte schon glatt zu denken, sie könnte dir gefallen, liegt sie doch nah am Ton meiner "Herr Meier-kg", unter welcher du mir Talent attestiertest. :D

Zu deinen Anmerkungen. Brabbeln und Murmeln - da kommt kein Bild bei einer Durchmischung? Hm, mir gefällter eigentlich ganz gut.*

Mit dem Bezug hast du natürlich recht, das bessere ih aus. Genauso wie den bereits monierten Fehler. Beides mache ich, sobald ich In meiner neuen Bude Intrnet habe. So via mimi-Telefon-Bildschirm ist das Editieren äußerst mühevoll.**

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Tut gut :)

Grüßlichst
Weltenläufer

Ps: Hehe, beim Friseur habe ich auch schon so manch nette Geschichte gelesen. ;)*

 

Hallo weltenläufer,

da ich heute meine erste kg hier gepostet habe, kommt es mir etwas falsch und überheblich vor etwas über deine Geschichte zu schreiben......... doch ich muss...... unbedingt.
Denn ich fand sie klasse. Ein Drama mit Humor und das auf eine ganz andere Art und Weise wie man sie sonst findet. Toll :-)

lg Jennifer

 

Hallo Susanne,

es hat nichts mit Überheblichkeit zu tun, wenn du hier einen Kommentar verfasst. Schließlich lebt dieses Forum vom Geben und Nehmen.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, freut sich hier jeder über eine Meinung zum Text. Schließlich sind wir ja alle deswegen hier ;)
Außdem unterstützt das Verfassen von Kritik das eigene Auge und bringt einen selbst voran. Zumindest in den meisten Fällen :D
Also, fleißig weiter schreiben! :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Da bin ich nun und kritisiere. Nein, ich klatsche Beifall. Die Geschichte ist sehr gelungen. Super Humor, sympathische Sprache und viele tolle Ideen. Möglicherweise hätte die Geschichte noch etwas knackiger gewirkt, wenn du ein paar Zeilen weniger geschrieben hättest, aber da eigentlich alle Zeilen ihre Berechtigung haben, fällt hier sehr schwer zu entscheiden, welche Textstellen weniger wichtig sind.
Besonders angenehm finde ich die spezielle Denkweise des ich erzählers, in der sich wahrscheinlich viele Schreiberlinge teilweise wiederfinden.

Vielleicht werde ich noch lernen spezieller zu kritisieren und mich auf fachliche Diskussionen einlassen, zu denen ich mich momentan noch nicht im Stande fühle. Bis dahin...Weiter auf deinen Humor bauen, weil ich denke daraus könntest du viel machen.

War einfach gut zu lesen, eben nur etwas langgezogen in der Mitte....
Übrigens hatte ich die letzten zwei Seiten bei der Geschichte, die du von mir kommentiert hast überhaupt nicht einkopiert. Wenn du Zeit hast kannste ja das Ende nochmal lesen. Vielleich macht die Geschichte so einen runderen Eindruck (mit Ende)

beste Grüße Herrlollek

 

Hallo,

der Text erinnert mich an die Szene aus irgendeinem Horrorfilm, da sitzt eine Clique Teenager zusammen, mit Freundinnen und allem. Und einer sagt dann: „Du stellst dir doch vor, meine Freundin zu ficken.“ Und der Angesprochene erwidert dann: „Nein, ich stelle mir vor, ich wäre du und ficke deine Freundin.“
Also der Text handelt von einer sexuellen Impotenz (hier dargestellt durch das dauernde „In den Arsch“), die Wut, dass der unpoetische Nebenmann die Frau befriedigt, ist eine Mischung aus Selbsthass und Neid, er ist weniger wütend darüber, dass es passiert, als dass er selbst nicht dieser Thorsten sein kann. Das ist schon gut gemacht – ich weiß nicht, ob es dazu die Meta-Ebene braucht mit den durchgestrichene Sätzen und den Gott-Vergleichen, wenn der eigentliche Konflikt doch so schön stark ist.
Es gibt da schon Parallelen zum Schreiben, eben auch dieser poetische Funke, der im Text Ähnlichkeiten zur sexuellen Anziehungskraft hat. Beides ist nicht fassbar, weil es der Erzähler nicht versteht, und er lebt in steter Angst davor, es zu verlieren. Dass die Anziehungskraft auf die Frau sich einfach erschöpft. Dass sie ihn satt hat. Und dass der Zugang zu diesem Pool versiegt. Es sind wirklich so schöne Motive in dem Text, dass der sprachliche Firlefanz mit dem Durchstreichen und Neuansetzen das Ganze etwas verwässert. Für mich ist das ein starker Text, weil er in der Struktur und in der Sprache funktioniert, und sich nicht selbst schon. So ein Text kann nicht mit zu viel Rücksicht auf Konsequenzen geschrieben werden.

Ich hab mal die Kommentare durchgeblättert. Also für mich ist das ein durch und durch sexualisierter Text über das männliche Ego und die Potenz und das Ganze auf zwei Ebenen mit der sexuellen und der schöpferischen Potenz – und anscheinend finden das alle wieder saukomisch. Seltsame Welt.

Gruß
Quinn

 

Hallo weltenläufer,

Eigentlich mag ich keine Geschichten, in denen der Erzähler seine Schreiberkenntnisse hineinwebt. Aber diese Geschichte gefällt mir.
Sie gefällt mir, weil Schreiben auch Leidenschaft ist, und der Schreiber sich Leiden schafft. Man kann es natürlich auch poetischen Funken nennen. ;)

LG
GD

 

Hallo Herrlollek,

Da bin ich nun und kritisiere.
so soll das sein ;)
Vielleicht werde ich noch lernen spezieller zu kritisieren und mich auf fachliche Diskussionen einlassen, zu denen ich mich momentan noch nicht im Stande fühle.
Danke für deine positive Meinung. Was mich anbelangt, muss es nicht immer eine tiefschürfende Auseinandersetzung mit dem Text geben. Es kommt doch auf die Lesart an und auf die Stimmung, in der man sich gerade befindet. Manchmal bleibt eben nur ein Eindruck hängen oder ein Gefühl. Das ist doch eine Menge, die mir als Autor auch viel sagen kann, ob und wie der Text wirkt.
Das mit den Längen, mja, es geht mir da wie dir - ich wüsste keine Stelle, die ich streichen könnte :D

Weiter auf deinen Humor bauen, weil ich denke daraus könntest du viel machen.
Ja, da werde ich auf jeden Fall auch noch weiterarbeiten. Danke für deinen Kommentar. Was deine Geschichte anbelangt, findest du meine neuerliche Kritik unter deinem Text.


He Quinn,

den Horrofilm kenne ich nicht, aber das Zitat hat mich sofort an den Fiesling aus Strange Days erinnert. :bla:

Ich verneige mich vor deiner Deutung, muss aber zugeben, dass ich den Text gar nicht in dieser rein sexuellen Ausrichtung erdacht habe. Impotenz trifft es natürlich und der Vergleich, den du rauspickst, sitzt. Dass die meisten den Text komisch finden, mag an den gestreuten Überspitzern liegen. Vielleicht untergräbt das die Ernsthaftigkeit des Themas zu sehr. Um Betroffenheit zu wecken oder zumindest um ähnliche Reaktionen wie deine zu erzielen, hätte ich den Text wohl weniger flapsig schreiben müssen.
Den eigenen Text jetzt mit diesem Fokus noch einmal zu lesen ist sehr bereichernd. Danke für den Kommentar.


Hallo goldene Dame

Sie gefällt mir, weil Schreiben auch Leidenschaft ist, und der Schreiber sich Leiden schafft. Man kann es natürlich auch poetischen Funken nennen.
das ist schön ausgedrückt. :)
EInen lieben dank auch für deinen Kommentar.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer,

es wird dich nicht überraschen, dass mich die Vermischung von Realität mit der Magie/Macht des Schreibens schon immer fasziniert hat. Auch ich habe immer wieder mal versucht, damit zu spielen und den Reiz zu verdeutlichen, den wir Schreibenden dabei empfinden, uns ggf. auch unser eigenes tristes Dasein schön und abenteuerlich aufzupeppen oder negative Ereignisse "nachzubearbeiten".

Diesem reizvollen Spiel hast du dich mit dieser Geschichte gewidmet, humorvoll, sehr dynamisch und sehr dicht beim Thema. Die Poesie ist wohl dosiert und die augenzwinkernde Note bei der Beschreibung eines Möchtegernschriftstellers gewinnt eine zusätzliche Ebene durch die gestrichenen Sätze, die du glücklicherweise gezielt und nicht inflationär eingesetzt hat - das passt dann sehr gut.

Ich finde die Geschichte kommt sehr unterhaltsam rüber und man hat Spaß bis zum Schluss - mit einem gewissen Wiedererkennungswert für eigene Unzulänglichkeiten. Man sollte sich als Poet einen Waschbrettbauch antrainieren oder sich völlig gehen lassen. So hat man bei den Frauen eine Chance. Ansonsten werden die Poeten gern als Begleiter für Kino, Theater, Oper und Essen genutzt. Und mit den Thorstens der Welt wird gebumst.

Mit diesem Fazit erhält mein Kommentar nun die Wertung FSK 16, nehme ich mal an :-)

Ach noch was: Die KG kommt am Ende auch zu einer stimmigen Erkenntnis, philosophisch geradezu, etwas, das die Meisten von uns längst wissen:

Man schreibt am besten, wenn's einem beschissen geht.

Rick

 

He Rick,

es wird dich nicht überraschen, dass mich die Vermischung von Realität mit der Magie/Macht des Schreibens schon immer fasziniert hat.
hehe, nein, das überrascht mich nicht. Dieses Thema ist bei der schreibenden Zunft wohl so beliebt wie kaum eines. Oder zumindest wird sich dem irgendwann mal wenigstens phasenweise gewidmet. MIch packen solche Phasen immer wieder. :D Finde, da ist trotz der vielen schon bestehenden Geschichten, noch ordentlich Raum frei, in dem man sich ohne Abklatsch bewegen kann.

Dein Kommentar versüßt mir den zweiten Advent. Schön, einen solchen Kommentar von dir unter meinem Text zu finden. Das mit dem Einrahmen hatten wir ja schon mal ;)

Mich mit den Streichungen zurück zu halten war natürlich knifflig, umso befriedigender, wenn es so gut ankommt.

Man schreibt am besten, wenn's einem beschissen geht.
Ich hoffe für dich, dass dies nicht der Grund für deine Rückkehr ist ... :shy:
So oder so vielen Dank für deinen Kommentar und deinen Gedanken :)

grüßlichst
weltenverschieber

 

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