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Der Raucher

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22.03.2006
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Der Raucher

Mit einem leisen Knirschen rieb der Feuerstein Funken und entzündete die emporschießende Gassäule. Die Flamme leckte über die getrockneten braunen Fasern. Die letzten Reste des Pflanzenöls begannen zu sieden und Blasen zu werfen, um dann mit kurzem Zischen zu verdunsten. Ein starker Luftsog erfasste die Flamme und ließ sie die Dürre der braunen Fasern durchwirken. Schon erglomm die Glut im verfallenen Gewebe aus Tabakschnüren und verzehrte sie mit einem Knistern. Der Qualm fiel dem Luftzug anheim und merkwürdig sauber schien die Verbrennung, bis der Sog erstarb und zarte Rauchfäden aus der Asche aufstiegen.

Fasziniert beobachtete er dieses Schauspiel; dann blähte er die Nüstern und lies den Rauch durch die Nase entweichen. Sein Händezittern war im Begriff abzuebben und eine warme, bedächtige Ruhe machte sich in ihm breit. Der Nebel, der dicht um den kleinen Tunnel seiner Wahrnehmung herum waberte, klärte sich, und ein kaum merkliches Schaudern zeugte davon, dass die Realität ihn wieder hatte.

Er stellte sich seine Gedanken als ruhig plätscherndes und glucksendes Gewässer vor, einen Gebirgsbach vielleicht. Immer wieder jedoch sah er vor seinem inneren Auge den Wasserstand steigen, den Bach zu einem Fluss ausufern. Die Strömung nahm zu, wurde reißend und irgendwann färbte sich das Wasser schwarz.

Wieder zog er an der Zigarette und versuchte der gequälten Fratze seines Gesichts ein Lächeln zu entringen. Erbarmungslos ließen die Muskeln seine Gesichtshaut beben, als er mit brutaler Gewalt die Mundwinkel auseinander riss und unter übermenschlichen Anstrengungen seine Augenbrauen in die Höhe stemmte. Er hatte das Gefühl sein Gesicht zu vergewaltigen, in Widerstreit zu treten mit dem tosenden Aufruhr in seinem Inneren, ohne allerdings der Wut und Verzweiflung Herr werden zu können.

Er murmelte unverständliche Worte, die sich nach und nach zu Sätzen formten, Gestalt annahmen und mehr und mehr nach menschlichen Äußerungen klangen. Er richtete die Worte an sein Spiegelbild und sprach mit mühsam beherrschter Stimme:

„Träge ziehen die Gedanken dahin, ein zäher Sirup ohne Kontext. Willkürlich und konturlos ihre Formen, wie die hochgewürgten Gewölle einer Katze. Der Sinn, nicht zu erschließen und doch zweifellos vorhanden. Ihr Wirken vollzieht sich tiefer im Inneren. Konkret bleibt nur ihr Äußeres, welches das Wesen, den Sinn, vor dem verbirgt, der ihn zu erfassen nicht die Kraft hat. Erkennend, was in ihm ruht, die Wahrheit greifend, nähere ich mich der Tiefe, trete im Vertrauen auf den Sinn hinaus über die Schwelle. Bald nun werde ich wissen, ob, was ich sah, Wirklichkeit oder Schein, Krankheit oder Symptom, Sinn in Vollendung oder Taschenspiel des Verstandes gewesen ist.“

Ein brauner Streifen verflüssigten Nikotins blutete auf das Zigarettenpapier und die zylindrische Form zog sich in sich selbst zusammen, als er einen neuen Schwall des giftigen Rauches in seine Lungen presste. Aschfahl und weiß schien sein Gesicht zu leuchten, während er ruhig stand und sich beobachtete. Einzig das leichte Zittern der Glut, wenn er die Hand zum Mund führte, kündete von seiner Absicht.

 

Ihr Wirken vollzieht sich tiefer im Inneren. Konkret bleibt nur ihr Äußeres, welches das Wesen, den Sinn, vor dem verbirgt, der ihn zu erfassen nicht die Kraft hat.
Hallo Deschain,

das Zitat sagt alles aus. Dein Text scheint sein Wesen vor dem verbergen zu wollen, der ihn erfassen möchte. Sprachlich bist du dabei durchaus (bis auf Ausnahmen) auf der Höhe, aber er vernebelt wie der Qualm die Zigarette die Umwelt. Dein Raucher übt vor einem Spiegel einen unverständlichen Satz, während er gleichzeitig kleinlichst genau jede Phase des Rauchens betrachtet und beschreibt. Sollte er aufhören wollen, so gelingt es ihm bestimmt nicht. Ich gebe aber gern zu, nicht begriffen zu haben, was du mit diesem Text erzählen möchtest, auch wenn ich ihn wegen des Wortschatzes gern gelesen haben.
Trotzdem einige Details:

Sein Händezittern war im Begriff abzuebben
Solche Formulierungen zeugen zwar irgendwo auch von einem kreativen Umgang mit Sprache, für mich aber immer eher von einem kreativen Umgang mit Hilflosigkeit. Schon Substativierung von Verben finde ich in den meisten Fällen unschön, diese Zusammenfassung in einem Substantiv passt für mich aber vor allem nicht zu einem Stil, in dem von Nüstern die Rede ist, in dem es wabert und der auch sonst eher von einem großen Sprachschatz zeugt. Da erschiene mir "Das Zittern seiner Hände" passender, wenn auch etwas länger.
Er stellte sich seine Gedanken als ein ruhig plätscherndes und glucksendes Gewässer vor
ein (stört die Sprachmelodie)
wie die hochgewürgten Gewölle einer Katze.
vielleicht hier besser auf Kauz oder Eule zurückgreifen, die für diese Gewölle eher bekannt sind?
Ihr Sinn, unerschließbar
erschließen ist intransitiv. Auch "un" als negativer Präfix passt nicht. Der Sinn erschließt sich eben nicht. Oder in deiner Konstruktion: Der Sinn, nicht zu erschließen und doch zweifellos vorhanden.
doch unzweifelhaft vorhanden
wenn etwas nicht sicher ist, zweifelhaft, wenn es aber keinen Zweifel gibt, zweifellos, sonst ist es wie die Minus mal Minus Regel in der Mathematik.
Erkennend was in ihm ruht
Erkennend, was
Bald nun werde ich wissen, ob was ich sah Wirklichkeit oder Schein
ob, was ich sah, Wirklichkeit

Lieben Gruß
sim

 

Hallo sim,

danke für die hilfreiche Kritik, ich habe sie zum größten Teil beherzigt. Das einzige, was ich nicht ändere, ist die Sache mit der Katze. Ich finde, wenn sich der Vergleich auf ein Säugetier bezieht, hat er mehr Kraft, als bei Vögeln. Mit einem Säugetier kann man sich mehr identifizieren, als mit einem Vogel, und so wird die Vorstellung persönlicher, plastischer.

Was das Wesen der Geschichte angeht, so hast du es dadurch erfasst, das du es nicht erfasst hast. Die Geschichte handelt von einem Mann, der weiß, das man einen Gedanken nur bis zu einem bestimmten Punkt verfolgen kann ohne besagte Grenze (die des Wahnsinns) zu überschreiten. Sie handelt von der Überlegung die Grenze, um des Gedanken willens, zu übertreten, den Wahnsinn sogar als Teil der gedanklichen Freiheit zu akzeptieren und sich ihm in gewissem Maße freiwillig hinzugeben.

Die Zigarette und der Vorgang des Rauchens, den der Mann so aufmerksam beobachtet und durchdringt, stehen bildhaft für die Art und Weise, auf die er die Dinge sieht und wie er sich mit ihnen beschäftigt. Gleichzeitig ist sie der dingliche Gegenpol zu den abstrakten Überlegungen, die er mit dem Gesagten kundtut. Sie ist sein Halt in der Welt des Konkreten und tritt in Konkurrenz zu seiner Absicht, dem Wahnsinn anheim zu fallen.

Mir erschien es angemessen, die Geschichte so kryptisch zu formulieren, da diese Art der Darstellung am ehesten der Gedankenwelt der Hauptperson entspricht. Vermutlich hätte ich das ganze einfach ein wenig breiter auswalzen sollen :-)

Grüße,
Deschain

 

Hallo Deschain,

ich habe nicht recht verstanden, was diese Geschichte andeuten soll (von der geistigen Nähe des Protagonisten zum gepflegten Theorie-Schwachsinn einmal abgesehen) und wo genau ihre gesellschaftliche Relevanz liegen könnte - aber ich ziehe den Hut vor ihrer Wortgewalt.

Viele Grüße vom
gox

 

Danke,

freut zu hören, dass wenigstens ein Aspekt der Geschichte Anklang findet.

Gruß
Deschain

 

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