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Der Rechtsbeistand

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14.04.2002
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Der Rechtsbeistand

Es war schon später Abend, als es an der Türe des Häuslers Johannes klopfte. Eben hatte er den Ofen angeheizt, um es sich in seiner ärmlichen Stube so gemütlich wie nur möglich zu machen. Seufzend legte er den Schürhaken beiseite und humpelte auf die Türe zu.
„Wer ist da?“, brummte Johannes, bevor er öffnete.
„Ich bin ein Bote und habe einen Brief für dich. Du bist doch der Häusler Johannes?“, klang eine knabenhafte Stimme von draußen.
„Ja, der bin ich.“ Kalter Wind fuhr in die armselige Stube, als Johannes öffnete, und blies die Feuerstelle wieder aus. „Was willst du? Mir einen Brief bringen? Wer sollte mir schon schreiben? Sieh zu, dass du verschwindest, Bengel!“
Der Biergeruch, der ihm aus dem Mund des Häuslers entgegenwehte, verschlug dem Burschen den Atem. Er streckte ihm den Brief entgegen und wollte eigentlich gleich wieder verschwinden, als ihn der Häusler an der Hand packte.
„Du musst mir den Brief vorlesen! Ich kann es nicht.“ Er zog ihn am Kragen zur Türe herein. Dem armen Burschen wurde angst und bang. Am ganzen Leibe zitternd öffnete er den Umschlag und begann stotternd die Schrift zu entziffern:

„Der Häusler Johannes hat sich am morgigen Tag, den 22. März des Jahres 1121 nach der Geburt des Herrn, zur Mittagszeit am Freistuhl einzufinden. Er ist des Mordes an dem hohen Bürger Heinrich angeklagt. Sollte er nicht erscheinen, wird er als verfemt angesehen und hängen, sobald die Freischöffen seiner habhaft werden.

Die Worte des geheimen Gerichts und seines vorsitzenden Freigrafen“

Johannes Augen weiteten sich. „Das hast du erfunden! Das steht da nicht! Lies vor, was hier geschrieben steht!“, brüllte er. Der Junge ließ den Brief vor Schreck fallen und machte, dass er weg kam. Die Türe blieb weit geöffnet stehen und wieder fuhr der eisige Märzwind durch die Stube und dem Häusler Johannes durch seine vor Schreck steifen Glieder.
Als Elisabeth, die Frau des Häuslers, noch eine gute Stunde später nach Hause kam, fand sie ihren Mann auf einem der Stühle sitzend vor, mit dem Brief in der Hand. Sein Blick war stur darauf gerichtet, als würde er ihn immer und immer wieder lesen.
„Was ist mit dir? Warum hast du kein Feuer angemacht. Es ist kalt hier, als ob der Winter bei uns Einzug gehalten hätte. Ist jemand gestorben? Du machst ein Gesicht!“
„Der Kaufmann Heinrich ist gestorben“, flüsterte Johannes und es traten ihm die Tränen in die Augen. Erstaunt sah ihn Elisabeth an.
„Ja, sag du mir! Du hast ihn ja sowieso nicht leiden können ...“
„Sag das nur nicht zu laut, Weib!“, herrschte Johannes sie an. „Zum Schluss hört es noch einer und glaubt, was in dem Brief steht!“
Elisabeth war entsetzt über ihren Mann. Sie war in letzter Zeit einiges an Wütausbrüchen gewöhnt, aber derartig böse Worte hatte er noch nie gesprochen. Sie ging auf ihren Mann zu und nahm ihm den Brief aus der Hand. Elisabeth war des Lesens mächtig und überflog die kurzen Zeilen. Dass sie fertig war, erkannte Johannes an ihrem entsetzten Gesicht.
„Weißt du jetzt, warum du manche deiner Worte lieber für dich behalten solltest, Weib? Du stürzt uns noch ins Unglück!“
„Ich? Ich stürze uns ins Unglück? Steht hier der Häusler Johannes oder seine Frau?“ Elisabeth funkelte ihn böse an.
„Du klingst, als ob du ...! Glaubst du, was hier steht? Du solltest mich besser kennen!“ Johannes entriss ihr den Brief, wickelte sich seinen Schal um den Hals und verließ wütend seine eiskalte Hütte. Nicht ohne die Türe hinter sich zuzuknallen.

Das ist das Schreckliche an dieser Welt, dass niemand seinem Schicksal entrinnen kann, auch nicht der Häusler Johannes, der des Mordes an dem hohen Herrn Heinrich angeklagt wurde. Doch er war nicht schuld an dem Tod des hohen Herrn und sterben wollte er dafür schon gar nicht. Er hatte es nicht immer leicht in seinem Leben, aber er war ein freier Mann. Ein armer, aber ein freier Mann. Als Tagelöhner war er zu nichts weiter verpflichtet, als das bisschen Lohn für einen Tag zu verdienen. Es war nicht viel, aber es reichte gerade aus für seine sparsame Frau und für ihn. Kinder hatten sie keine und würden auch wohl nie welche bekommen. Es lag in Gottes Macht darüber zu entscheiden und er hatte sich wohl festgelegt.
Johannes war unterwegs zum Freistuhl, der außerhalb des Ortes Freiburg auf einem Feld lag. Dort sollte ihm Recht gesprochen werden und er würde sich nicht davor entziehen. Er wusste nicht viel vom Freistuhl, noch war er jemals in seinem Leben dort gewesen. Zwar hatte jedermann aus dem Ort Zugang zu dem geheimen Gericht, doch er hatte noch nie das Bedürfnis verspürt sich an so einer Veranstaltung zu beteiligen. Das geheime Gericht trat nur dann zusammen, wenn die Bevölkerung dem örtlichen Gericht nicht vertraute, auch wenn das Kölner Recht für Freiburg übernommen worden war und das städtische Recht des Zähringischen Herzogs Konrad auf seine Weise vielversprechend klang. Es gab doch immer wieder Fälle, in denen die Freiburger Bevölkerung sich lieber auf ihren eigenen Hausverstand verließ. Vor allem, wenn es, wie in diesem Fall, um den Tod eines angesehenen Bürgers handelte.
Johannes war auf vieles gefasst gewesen, aber nicht auf eine derartig große Menschenansammlung. Für einen Augenblick musste er stehen bleiben. Die Dorfbevölkerung hatte sich fein herausgeputzt. Dagegen sah er heruntergekommen aus mit seinem zerschlissenen Hemd. Darüber trug er einen einfachen kurzen Rock. Für weite Ärmel, wie es Mode war, hatte das Geld für den Stoff nicht gereicht. Über seinen Schultern hing ein ausgebeulter Mantel. Andere dagegen ließen sich in ihrer gegürteten Tunika sehen.

Unsicher strich Johannes seinen Mantel glatt und setzte seinen Weg durch die Menschenmenge fort. Er musste tief durchatmen, damit er nicht die Besinnung verlor. Die Übelkeit kroch ihm den Hals hinauf. Er versuchte Elisabeth in der Menge auszumachen. Doch er konnte sie nicht sehen. Es würde ihm helfen, wenn sie da wäre. Plötzlich richtete sich sein Blick kerzengerade nach vorne. Die Schöffen! Ihre langen dunklen Umhänge wehten um ihre Beine, und Kapuzen verhüllten ihre Gesichter. Mitten unter ihnen saß der Freigraf, der als Richter den Vorsitz hatte. Auch er versteckte sein Gesicht unter einer Kapuze. Das war also das Schicksal des Häusler Johannes. Menschen, die ihre Gesichter nicht zu erkennen gaben, würden nun darüber bestimmen, ob er leben oder ob er sterben sollte.

Die Menge verstummte mehr und mehr, je näher Johannes an das Gericht herantrat. Nur einige Meter davor blieb er stehen, seinen Blick noch immer nach vorne gerichtet. Es war schon warm um die Mittagszeit, fiel Johannes auf. Es war zwar nicht der rechte Moment an so etwas zu denken, doch wer weiß, vielleicht würde er nie wieder einen neuen Tag erleben. Bald war es völlig still um den Häusler. Der Richter erhob sich.
„Es macht einen guten Eindruck“, fuhr er nach einigen Sekunden Pause fort, „dass du der Ladung Folge leistest, Häusler Johannes. Du bist angeklagt, den Kaufmann Heinrich aus Rache getötet zu haben. Du weißt, unser Urteil kann nur lauten: Schuldig oder nicht schuldig!“ Der Freigraf richtete seine Kapuze und räusperte sich. „Bist du nicht schuldig, werden wir dich freisprechen. Wirst du aber für schuldig befunden, wartet der Tod durch Erhängen auf dich.“
Ein Raunen durchzog die Menge. Johannes drehte sich um. Lauter bekannte Gesichter. Er hatte gar nicht gewusst, dass er ein so interessanter Mensch war! Und mitten drunter erkannte er jetzt doch seine Elisabeth! Treue Seele. In der ersten Reihe stand sie vorne, die Augen rot verschwollen ...

„Der Kläger, soll jetzt vortreten!“, sprach der Freigraf. Aus der Menge löste sich ein fein gekleideter Herr und trat an die Richter heran, ohne Johannes auch nur eines Blickes zu würdigen.
„Ich bin Ferdinand von Freiburg. Ich bin der Arzt, den man hier in der Gegend aufsucht, und ich bin der Kläger.“
„Was habt Ihr vorzuwerfen?“, fragte der Freigraf. Es war wieder sehr still geworden, aller Ohren waren auf den Arzt gerichtet.
„Der Kaufmann Heinrich und seine Frau zählen zu meinen Patienten und nicht nur das, sie zählen auch zu den guten Freunden meiner Familie. Heinrich war ein angesehener Bürger dieser Stadt und hatte keine Feinde.“ Der Arzt machte eine kurze Pause. „Gerade deshalb scheint es unerklärlich, dass er umgebracht worden ist. Heimtückisch ermordet.“ Wieder ging ein Raunen durch die Menge.
„Worauf stützt sich Eure Vermutung?“, unterbrach der Freigraf den Lärm.
„Die Frau des Kaufmanns ließ mich holen, an jenem Morgen, als Heinrich starb. Qualvoll starb!“ Er sah Johannes mit einem vernichtenden Blick an. „Der ehrenwerte Kaufmann Heinrich wurde vergiftet!“ Aufgebrachtes Gemurmel entstand unter den Zuschauern.
„Woran lässt sich erkennen, dass der Kaufmann Heinrich vergiftet wurde?“, fragte der Freigraf. Der Arzt nahm Johannes Hand, zog seine Finger in die Höhe, drehte sich zur Menge um und verkündete für alle hörbar:
„An seinen schwarzen Fingerkuppen!“ Entsetzte Schreie waren zu hören und hie und da löste sich ein „Hängt ihn!“ aus der Menge. Der Arzt ließ die Hand des Häuslers wieder los.
„Wie kommt Ihr darauf, dass gerade der Häusler Johannes der Mörder des Kaufmanns Heinrich sein soll?“, wollte der Freigraf wissen. Da schöpfte der Arzt tief nach Luft und holte zu einer langen Erklärung aus.
„Nun, jeder weiß, dass der Häusler Johannes eine geraume Zeit als Tagelöhner für den Kaufmann gearbeitet hat. Er hat die Waren vom Lagerhaus auf die Wagen geladen, die dann später zum Rhein gebracht werden sollten, oft hat er auch Botengänge erledigt. Er hat recht fest angepackt – anfangs. Doch schon bald stellte sich heraus, dass er ein krankes Bein hat. Unter der schweren Last brach er sogar ein paar Mal zusammen. Ich selbst habe ihn untersucht. Und der Kaufmann Heinrich hat die Rechnung für ihn übernommen. Er war ein guter Mensch.“
„Die Rechnung hat er mir von meinem Lohn abgezogen, Herr Freigraf! Tagelang habe ich umsonst gearbeitet!“, unterbrach plötzlich der Häusler.
„Du hast später die Möglichkeit, dich zu verteidigen. Jetzt aber schweig!“, wies ihn der Freigraf zurecht. „Fahrt fort, Ferdinand von Freiburg!“ Der Arzt räusperte sich.
„In diesen Tagen, die der Häusler gerade angesprochen hat, hat er wohl umsonst gearbeitet, aber der Kaufmann hat ihm immerhin einen Vorschuss gewährt. Sonst hätte er sich meine Untersuchung niemals leisten können, Herr Freigraf.“
„Also hat der Kaufmann die Untersuchung nicht bezahlt, sondern bloß den Lohn dafür vorgestreckt“, fasste der Freigraf zusammen. Wieder räusperte sich der Arzt.
„Nun, ja, wie immer man es nennen will. Jedenfalls kam es in den besagten Tagen wegen des Lohns immer häufiger zum Streit zwischen dem Kaufmann und dem Angeklagten. Dafür gibt es viele Zeugen, Herr Freigraf, die ich schon im Vorfeld alle befragt habe.“ Der Arzt machte eine ausladende Handbewegung, so als ob er die gesamte Bevölkerung damit meinte.
„Wenn Ihr Zeugen habt, dann nennt sie beim Namen!“, wies ihn der Richter an. „Sie dürfen hervortreten!“ Insgesamt sieben Leute zählte der Arzt auf, die allesamt vor das Gericht traten.
„Ihr alle wollt den Streit gesehen und gehört haben?“, fragte der Freigraf. Die Zeugen nickten und wurden darauf wieder zurückgeschickt.

„Herr Freigraf“, schaltete sich der Häusler plötzlich ein, „ich finde diese Sache ungerecht. Ich werde eines Mordes beschuldigt, den ich nicht begangen habe. Gestern erst hat man mir den Brief zustellen lassen und schon heute muss ich mich meiner Haut wehren und darf nicht einmal was dazu sagen. Ich habe weder Zeugen noch einen Rechtsbeistand. Und bis gestern habe ich noch nicht einmal gewusst, dass der Kaufmann Heinrich tot ist und ich sein Mörder sein soll. Wie kann denn, mit Verlaub, Herr Freigraf in dieser Sache Recht gesprochen werden, wenn ich meine Unschuld nicht einmal beweisen kann. Außer mit meinem Wort natürlich.“
„Du wirst die Gelegenheit bekommen, dich zu rechtfertigen. Jetzt ist jedoch der Kläger an der Reihe.“ Der Freigraf wirkte schon ein wenig ungehalten. Doch Johannes ließ sich nicht davon abbringen, auf seinen Rechtsbeistand zu pochen.
„Ich bin kein gelehrter Mann, wie Ihr vielleicht einer seid, ich konnte nicht einmal den Brief lesen, den Ihr mir geschickt habt. Aber eines weiß ich: Hier steht mein Leben auf dem Spiel und davon hab ich nur eines. Wenn Ihr mich auch hängen lasst, werdet Ihr einen Mörder unter Euch haben. Denn ich bin es nicht!“ Erboste Zwischenrufe drangen aus der Menge. Als sie sich wieder beruhigt hatte, war eine Stimme zu hören:
„Ich erkläre mich als dein Rechtsbeistand bereit, Häusler Johannes!“ Johannes drehte sich erstaunt um. Aus der verblüfft schweigenden Zuschauermenge trat eine männliche Gestalt hervor. Das Gesicht jedoch konnte er nicht erkennen, denn auch er hatte ... eine Kapuze auf!
„Wer seid Ihr? Nennt Euren Namen und Eure Herkunft!“, verlangte der Freigraf.
„Mein Name und meine Herkunft sind nicht von Bedeutung. Ich glaube an die Unschuld dieses Mannes und nur das ist wichtig! Nennt mich einfach nur Rechtsbeistand“, gab er zur Antwort.
„Gut, Rechtsbeistand! Ihr sollt den Häusler in seiner Angelegenheit vertreten“; beschloss der Freigraf.
„Dagegen muss ich Einspruch erheben!“, rief der Arzt. Der Rechtsbeistand blickte ihn erstaunt an.
„Warum denn das? Habt Ihr etwa Angst davor, die Wahrheit herauszufinden? Ist es nicht so, dass Euch noch sechs Eideshelfer zur Verfügung stehen, die Ihr notfalls befragen könnt? An wen aber sollte der Häusler Johannes sich richten? Der Freigraf hat eingewilligt, also bin ich der Rechtsbeistand des Angeklagten. Und jetzt fahrt fort mit Eurer Rede, wie es der Freigraf angewiesen hat!“

Der Arzt blickte unsicher von einem zum anderen und als der Richter nickte, fuhr er fort: „Also, die Zeugen haben bestätigt, was ich gesagt habe.“ Er räusperte sich. Der Rechtsbeistand hatte ihn aus dem Konzept gebracht.
„Ach ja, das Wichtigste an der ganzen Sache aber ist, dass der Kaufmann in den Tagen, als der Häusler immer wieder seinen Lohn einforderte, einige Arzneien für mich gelagert hatte.“
„Arzneien sind doch nicht giftig!“, unterbrach der Rechtsbeistand. Doch der Arzt schüttelte den Kopf.
„Großteils waren es noch nicht fertig angerührte Mixturen. Denn die meisten Heilmittel mische ich erst selbst zusammen. Manche Ingredienzien sind sogar höchst giftig. Man darf sie nur in kleinsten Mengen beifügen.“
„Einen Moment“, unterbrach der Rechtsbeistand. „Wer außer Euch und dem Kaufmann hat noch von dieser Lagerung gewusst?“
„Sonst nur der Häusler. Wie schon gesagt, er hat verschiedene Botengänge für den Kaufmann erledigt und unter anderem auch die Kiste mit den Arzneien zu mir gebracht.“ Der Arzt lächelte zufrieden. „Als ich die Kiste öffnete, musste ich feststellen, dass ein Fläschchen mit einem hochgiftigen Pflanzenextrakt fehlte. Jenes, mit dem Heinrich getötet wurde.“ Wieder erhob sich gespannte Stimmung unter den Zuschauern.
„Das sind heftige Vorwürfe. Und so wie Ihr die Sache darstellt, kann tatsächlich nur der Häusler Euren Freund ermordet haben.“ Erschrocken sah Johannes auf seinen Rechtsbeistand. Doch der ergriff sofort wieder das Wort: „Darf ich annehmen, dass Euer Teil der Geschichte endlich abgeschlossen ist, und der Beschuldigte nun an der Reihe ist?“ Er blickte vom Arzt zum Freigrafen und wartete auf seine Zustimmung. „Häusler Johannes, was hast du dem Vorwurf zu entgegnen?“, fragte der und rückte seine Kapuze wieder zurecht.
„Es stimmt alles, was der Arzt gesagt hat“, stellte Johannes fest. „Bis auf den Teil, in dem er mich beschuldigt, das Gift aus der Kiste genommen zu haben. Sie war verschlossen und versiegelt, als ich ...“
„Das Siegel war gebrochen!“, schrie der Arzt. „Ich habe es erst bemerkt, als ich die Kiste aufschließen wollte!“ Doch der Rechtsbeistand antwortete ruhig:
„Ihr seht, dass sich das Blatt mit einem Schlag geändert hat, nicht wahr. Plötzlich sieht die Sachlage schon ganz anders aus. Herr Freigraf, ich ersuche darum, die besagte Kiste herbringen zu lassen und zwar durch Personen meines Vertrauens.“ Der Freigraf hatte dagegen nichts einzuwenden und so wurde die Kiste innerhalb einer Viertelstunde herbeigeschafft.

„Was wollt Ihr damit beweisen?“, fragte der Freigraf.
„Nun, der Arzt hatte doch behauptet, das Siegel wäre aufgebrochen gewesen. Diese Tatsache können wir nicht widerlegen. Denn wie man sieht, das Siegel ist tatsächlich aufgebrochen, die Kiste mittlerweile leer, also lässt sich auch nicht mehr nachvollziehen, ob ein Fläschchen fehlte oder nicht. Jedoch frage ich Euch, Arzt, wer außer Euch hat noch einen Schlüssel zu dieser Kiste? Sagt nur ja nicht, dass Johannes, der kleine Botengänger und Träger des Kaufmanns Heinrich, der sich seinen Lohn tagtäglich mit Schwerstarbeit verdient, einen Schlüssel zu Euren wertvollen Heilmitteln hat! Das würde Eure Glaubwürdigkeit als Arzt in Frage stellen, meint Ihr nicht?“ Der Arzt entgegnete nichts.
„Gut, nehmen wir Euer Schweigen als Antwort hin. Folglich muss der Häusler diese Kiste aufgebrochen haben, um an das Gift heranzukommen.“
Der Arzt nickte. „So wird es gewesen sein.“
„Ich habe die Kiste aber nicht aufge ...“ Der Rechtsbeistand beschwichtigte den aufgebrachten Häusler mit einer kleinen Handbewegung.
„Er hat die Kiste tatsächlich nicht aufgebrochen. Denn wenn wir uns das Schloss ansehen, ist es unversehrt.“ Er reichte den Freischöffen die Kiste zur Begutachtung. „Wie also“, fuhr der Rechtsbeistand fort, „sollte der Häusler an das Fläschchen geraten sein? Es müsste schon etwas Zauberei im Spiel sein, um einer verschlossenen Kiste etwas zu entnehmen.“ Ein Raunen ging durch die Menge. Diesmal klang es mehr nach Verwunderung. „Schließen wir also Zauberei einmal aus und betrachten den Abend vor dem Tode des Kaufmanns näher.“
„Was hat dieser Abend damit zu tun? Herr Freigraf! Ich möchte Einspruch erheben!“, rief der Arzt erbost. Doch der Freigraf winkte ab. Die interessante Darstellung des Rechtsbeistandes schien ihm Vergnügen zu bereiten.
„Seid still! Nun ist die beschuldigte Partei dran, ihre Aussage zu machen.“ Der Rechtsbeistand wandte sich an den Arzt.
„Wie Ihr schon gesagt habt, Ferdinand von Freiburg, habt Ihr die Kiste am Vortag des Mordes erhalten – wie auch immer. Nun kommen wir zu einem kleinen, jedoch nicht unwichtigen Punkt. Dazu möchte ich die Frau des Ermordeten selbst befragen, wenn es der Herr Freigraf erlaubt.“ Der Freigraf nickte und besagte Dame löste sich erstaunt aus der Menge.
„Die meisten kennen Euch. Nennt bitte trotzdem Euren Namen und Eure Herkunft!“
„Mein Name ist Gundula von.... Emmendingen!“
„Warum so zögerlich, Frau Gundula? Ist es Scham über Eure Herkunft, oder habt Ihr uns etwas zu verschweigen?“ Der Rechtsbeistand flüsterte beinahe. Sein aus der Kapuze hervorstechendes Augenpaar fixierte die edle Dame. Hilfesuchend wandte sie sich dem Arzt zu. Da zog der Rechtsbeistand des Häuslers Johannes ein Pergament aus seinem Umhang und wandte sich auch dem Arzt zu. „Nennt doch, bitte schön, noch einmal Euren Namen, Ferdinand von ... wie war das noch einmal? Freiburg?“ Er wedelte mit dem Zettel vor der Nase des Arztes herum. „Hier steht etwas anderes!“ Er besah das Schriftstück noch einmal genauer. Der Arzt schluckte. Doch dann antwortete er leise:
„Ferdinand von Emmendingen.“
„Könnt Ihr das noch einmal wiederholen, so dass es alle hören!“
„Ferdinand von Emmendingen!“
Man brauchte nicht allzu genau hinsehen, um in der aufgebrachten Menge entsetzte Gesichter zu erkennen.

„Gut, Ferdinand! Jetzt, wo wir Eure wahre Identität kennen, wollen wir uns noch einmal dem besagten Abend widmen. Frau Gundula, wann habt Ihr den Arzt Ferdinand von Emmendingen zuletzt gesehen, bevor Euer Mann verstarb?“, fragte der Rechtsbeistand. Minutenlanges Schweigen brach an, in denen der Häusler weiche Knie bekam. Ein Blick zu seiner Frau verriet ihm, dass sie genau so gespannt auf die Antwort wartete wie er selbst. Langsam erst schöpfte Frau Gundula nach Luft, und selbst dann dauerte es noch geraume Zeit, bis sie antwortete:
„Es war der Abend vorher.“
„Ihr meint den Abend vor dem Tod Eures Mannes?“
Frau Gundula nickte.
„Warum so beschämt? Oder wart Ihr es vielleicht, die die Flasche aus der Kiste zauberte? Vielleicht hattet Ihr gar einen Schlüssel? Euer Gatte, litt er an einer Krankheit, dass Ihr den Arzt gerufen habt, oder wart Ihr selbst es, die ärztlichen Beistand benötigte? Oh verzeiht! Ich überhäufe Euch mit Fragen! Dabei gibt es nur eine einzige Frage zu klären: Wie, nämlich, habt Ihr diese Kiste aufgebracht, ohne das Schloss zu zerstören? Seid Ihr etwa gar eine ...“, der Rechtsbeistand blickte ihr kerzengerade in die Augen, „ ... eine Hexe?“
Er ließ das Wort einfach so über freiem Felde in der Luft stehen, ohne es zu kommentieren. Und bei nämlichem Wort blieb dem Publikum hörbar die Luft weg. Gänzliche Stille trat ein, um die Antwort zu erwarten. Doch es kam keine. Nur ein unsicherer Blick der Frau Gundula in die Augen des Arztes.
„Seid Ihr also eine Hexe?“, hakte der Freigraf langsam und betont nach. Frau Gundula schüttelte den Kopf.
„Eure gemeinsame Herkunft könnt Ihr nicht leugnen!“ setzte dann der Rechtsbeistand seine Rede fort. „Zu viele Zeugen haben es gehört. Auch wenn dieses Papier nichts weiter, als bloß ein wertloses, leeres Stück Papier ist.“ Der Rechtsbeistand drehte es vor den Augen der Freischöffen auf seine Vorder- und Rückseite und zerriss es anschließend in viele kleine Teile.
Die Menge jubelte. Sie ahnte bereits, wer noch am selben Abend hängen würde.
„Nun fehlt noch die Tatsache: Wer von Euch hat diesem angesehenen Bürger Heinrich, der Euren Worten nach, guter Ferdinand von Emmendingen, keine Feinde hatte, den Giftbecher gereicht? Ihr etwa, Hexe Gundula?“ Einschüchternd beugte er sich zu ihr hinüber. „Oder gar der Arzt, der uns alle jahrelang an der Nase herumgeführt hat?“ Der Rechtsbeistand wandte sich dem Arzt zu. Die Menge schnappte nach Luft.

„Ich verrate Euch allen, wie es gewesen ist!“, rief der Rechtsbeistand. „Am Abend vor dem Tod des Kaufmanns Heinrich hat Frau Gundula nach dem Arzt rufen lassen, weil sie angeblich unter schrecklichem Schwindel litt. Ferdinand eilte zu seiner Kiste, schloss sie auf, brach das Siegel – oder war es bereits gebrochen? – entnahm ihr ein Fläschchen mit hochgiftigem Inhalt und machte sich auf den Weg zu seiner ... Jugendliebe: Gundula von Emmendingen.“
Nach einer kurzen Pause, in der man keinen Laut hörte, fuhr er fort: „Dort angekommen verabreichte der Arzt seiner Patientin eine wirksames Mittelchen gegen ihren vermeintlichen Schwindel, sagen wir das einschläfernd beruhigende Laudanum“, die Menge fuhr hoch, „damit er den geplanten Mord durchführen konnte, ohne dass seine Geliebte davon seelischen Schaden nahm. Frau Gundula legte sich schlafen und unser Arzt blieb noch ein wenig, um dem einsamen Freund Heinrich Gesellschaft zu leisten. Bei einem Gläschen Wein überraschte er ihn mit einer Zugabe des Giftes, welches zum sofortigen Tod des Kaufmanns führte.“
Es dauerte eine Weile, bis sich die Zuschauer wieder beruhigt hatten.

Plötzlich begann der Arzt langsam, aber deutlich hörbar zu applaudieren. „Ich gratuliere Euch!“, sagte er. „Ihr habt uns eine wunderbare Geschichte erzählt. Und wir haben Euch lange genug zugehört.“ An den Freigrafen gewandt sagte er in trockenem Ton: „Schickt diesen Laien fort und lasst uns weiter machen!“ Doch der Freigraf, der diesem Schauspiel interessiert gefolgt war, antwortete ebenso trocken:
„Mir gefiel diese Version aber wesentlich besser, als Eure eigene, Herr Ferdinand.“ An den Rechtsbeistand gerichtet setzte er fort: „Ich würde gerne mehr hören. Eure Darstellung klingt einleuchtend.“

Der Rechtsbeistand machte eine dankende Verbeugung und wandte sich wieder dem Arzt zu. „Ihr seht, man wünscht eine Fortsetzung meiner Geschichte! Es hält mich also nichts davon ab. Als Frau Gundula selig schlief und Euer guter Freund Heinrich bereits nicht mehr unter den Lebenden weilte, verließt Ihr das Haus. Jedoch nicht ohne Eure Spuren zu beseitigen. Ihr hattet alles sehr gut geplant. Die Auseinandersetzungen zwischen dem Kaufmann und dem Häusler Johannes kamen Euch sehr gelegen, auch die Lieferung der Arzneien und Eurer Gifte kam zur rechten Zeit. Worauf also solltet Ihr noch warten? Nur auf eines habt Ihr vergessen – und das konntet Ihr nicht wissen: Dass der Kaufmann Heinrich für den selbigen Abend die Ankunft seines ...“, der Rechtsbeistand zog mit einem Mal die Kapuze von seinem Kopf, begleitet von einem heiseren Aufschrei der Menge, „ ... die Ankunft seines Bruders erwartete.“ Im ersten Augenblick dachten viele an eine Auferstehung des Kaufmanns Heinrich, wer jedoch scharf nachdachte, wusste, dass er es tatsächlich mit dem Bruder des Verstorbenen zu tun hatte. „Ich bin sein Zwillingsbruder, wie Ihr an der Ähnlichkeit zu ihm leicht feststellen könnt. Richard von Donaueschlingen, meinesgleichen Großgrundbesitzer im selbigen Ort. Bis vor kurzem. Denn ich habe mich entschlossen, dort all mein Hab und Gut zu verkaufen, um mich in dem schönen Freiburg niederzulassen. Mein Bruder schrieb mir folgende Worte – und ich bitte Euch gut zuzuhören, denn hierdrin steckt das Motiv!“ Er kramte in seinem Mantelsack, zog wieder ein Papier daraus hervor und begann zu lesen:

„Mein liebster Bruder!
Es ist kaum zu glauben, was sich in Freiburg seit dem Erscheinen des Herzogs Konrad getan hat! Er hat eine Urkunde erstellt, in der er Frieden und Schutz für seinen Machtbereich verspricht. Alle Marktsiedler und Bürger sollen die gleichen Rechte erhalten, egal woher sie kommen, um sich hier in Freiburg nieder zu lassen. Und noch etwas Bemerkenswertes hält der Herzog in dieser Urkunde fest: Wenn einer meiner Bürger stirbt, soll seine Frau alles besitzen und frei von allen Ansprüchen behalten, was ihr Mann hinterlassen hat. Das klingt doch einigermaßen beruhigend, oder nicht? Ich bitte dich, verkaufe deinen Hof und deinen Grund und beteilige dich an meinen Geschäften. Es wird dir nicht von Schaden sein!
Dein treuer Bruder Heinrich“

Langsam ließ Friedrich den Brief sinken. „Er hat mich damit sehr neugierig gemacht und nun bin ich hier. Ihr aber, Frau Gundula, habt die rechtliche Lage für Euch ausgenützt, um an den Reichtum Eures Mannes zu kommen. Und Ihr, lieber Ferdinand, wolltet Euch ins gemachte Nest hocken. Um von Eurer Schuld abzulenken, habt Ihr selbst die Anklage gegen den armen Häusler erhoben, der unglücklicherweise in den letzten Tagen vor Heinrichs Tod mit ihm im Streit lag. Ein dankbares Opfer! Und um die Beweise gegen ihn noch zu erhärten, gabt Ihr ihm den Auftrag, die Kiste zu Euch zu bringen. Ihr dachtet, wenn Euer Wort gegen seines stehen würde, würde man den Worten eines angesehenen Arztes wohl mehr Glauben schenken. Ihr habt Euch wohl verschätzt!“
Der Arzt wollte flüchten, doch die aufgebrachte Menge stellte sich ihm in den Weg. Frau Gundula brach in Tränen aus und versank heulend in Selbstmitleid.

Räuspernd rückte der Freigraf seine Kapuze zurecht. „Nun, da der Kläger uns durch seine Haltung sein Eingeständnis gegeben hat und auch Frau Gundula in dieser Sache keine Einwände vorbringen möchte“, er betrachtete die schluchzende Frau, „entlasse ich den Angeklagten aus seiner Schuld. Er ist ein freier Mann und kann sich in unserem Ort aufhalten, wo immer es ihm beliebt.“
Eine lauthals jubelnde Menge, verließ zufrieden den Freistuhl.
„Von Euch aber interessiert mich, Herr Friedrich: Wie kommt Ihr zu diesen wissenswerten Informationen?“
„Purer Zufall, Herr Freigraf! Purer Zufall! Ich bin tatsächlich am selben Abend bei meinem Bruder zu Hause eingetroffen, habe sogleich das Gästezimmer bezogen, um mich von meiner anstrengenden Reise zu erholen. Meine Schwägerin war noch nicht im Haus und so konnte sie von meiner Ankunft nichts wissen. Ich bat Heinrich, ihr nichts zu verraten, denn ich wollte sie überraschen. Wir hatten nämlich noch nicht das Vergnügen, einander kennen zu lernen. Heinrich hat sich wohl daran gehalten, wie man eben an der Reaktion meiner Schwägerin erkennen konnte. Es musste schon spät am Abend gewesen, da stand ich einmal auf und sah mit an, wie mein Bruder mit dem Arzt beisammen saß. Ich konnte ja nicht ahnen, dass er einen Gast hatte. Ich wollte auch nicht stören und so habe ich mich wieder zurück gezogen. Am nächsten Morgen, als ich meinen Bruder wecken wollte, fielen mir zuerst seine schwarzen Fingerspitzen auf. Da ahnte ich schon Schlimmes. Ich wollte Frau Gundula wecken, doch die hatte schon das Haus verlassen und so noch immer nichts von meiner Gegenwart bemerkt. Die Sache kam mir doch sehr verdächtig vor. Wenn sie über den Tod ihres Mannes überrascht gewesen wäre, hätte sie doch zumindest einen klitzekleinen Schrei ausgestoßen, der mich geweckt hätte. Aber so mir nichts dir nichts einfach aus dem Haus zu verschwinden?“
„Wie kamt ihr aber darauf, dass der Arzt seine Herkunft verschwiegen hat?“
„Nun, ja, zu meiner eigenen Sicherheit, das werdet Ihr verstehen, zog ich in eine kleine Pension außerhalb des Dorfes. Ich wollte es vermeiden, als Schuldiger vor Gericht zu landen. Ein plötzlich auftauchender Zwillingsbruder! An diesen Zufall hätte wohl niemand geglaubt. Aber das gab mir die Gelegenheit, einige Erkundigungen einzuholen. Alles andere habe ich mir, zwischen dem was ich gesehen und gehört habe, zusammengereimt und bin wohl auf den richtigen Weg geraten, wie man sieht.“

Der Häusler Johannes durfte wieder nach Hause zurückkehren. Auch seine Frau hatte wohl nichts mehr dagegen. Alles Weitere interessierte ihn nicht mehr, so glücklich war er. Es reichte ihm, als er am nächsten Tag erfuhr, dass am Freistuhl ein Mann und eine Frau den Tod durch Erhängen erlitten. Erstaunt war er allerdings, als es um die Mittagszeit an seiner Türe klopfte. Erschrocken wich er zurück, als er den Rechtsbeistand draußen stehen sah.
„Es wird wohl auch einigen noch eine Weile so gehen, dass sie mich im ersten Augenblick für meinen Bruder halten“, lachte er. Doch dann streckte er die Hand nach dem Häusler aus und machte ein feierliches Gesicht. „Ich dachte, du könntest eine feste Arbeitsstelle brauchen und“, er blickte in die dunkle, armselige Behausung, „und eine nettere Unterkunft, vielleicht?“ Hinter dem Häusler Johannes, der nun keiner mehr sein sollte, tauchte Elisabeth auf, umarmte ihren Mann und sagte lachend:
„Wenn ich mit darf in die nettere Unterkunft, können wir darüber reden!“

 

Hi!!!

Eine lange(vielleicht an einigen Stellen zu lange?), hübsche Geschichte. Interessantes Thema, was du dir da ausgesucht hast.
Nur ein paar Fehler sind mir aufgefallen:

Elisabeth war des Lesens mächtig und überflog die kurzen Zeilen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Frau lesen kann. Auf jeden Fall wäre das sehr, sehr ungewöhnlich. Sie kommt ja aus ärmsten Verhältnissen und Arme haben damals nicht die Chance gehabt etwas zu lernen. Und für Frauen war die Situation noch schwieriger, also leicht unwahrscheinlich.

Alle Marktsiedler und Bürger sollen die gleichen Rechte erhalten, egal woher sie kommen, um sich hier in Freiburg nieder zu lassen. Und noch etwas Bemerkenswertes hält der Herzog in dieser Urkunde fest: Wenn einer meiner Bürger stirbt, soll seine Frau alles besitzen und frei von allen Ansprüchen behalten, was ihr Mann hinterlassen hat. Das klingt doch einigermaßen beruhigend, oder nicht?
Dass in dem Brief an dem Bruder von dieser Regel mit Erbe gesprochen wird, finde ich auch etwas unpassend. Wieso schreibt er das seinem Bruder, da fehlt der Zusammenhang zum restlichen Inhalt des Briefes.
Vielleicht kriegst du das noch besser verpackt.(Man könnte dies ja z.B. als Nachsatz noch anfügen: " P.S. Übrigends eine kuriose Regel, die der Herzog in jener Urkunde zusätzlich festgehalten hat, besagt, dass die Ehefrau des Verstorben alle Besitztümer erben soll. Was hälst du von dieser Regelung, lieber Bruder? Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau die Güter eines Mannes gut verwalten könnte." [ein bisschen Kritik am weiblichen Wesen passt in diese Epoche])

liebe Grüße

ciao

Kaschi

 

Liebe Kashila!

Ich danke dir, dass du die Geschichte so aufmerksam gelesen hast, denn sie ist ja wirklich lang. Danke auch für deine Kritik, sie gefällt mir und ist ein guter Denkanstoß.
Deine Idee mit dem Brief ist gut - und du hast recht! Wirklich, dass mir das nicht aufgefallen ist! Aber ich war wohl zu sehr damit beschäftigt ein Motiv zu schaffen, dass ich das übersehen habe! Mit dem Satz: "Das klingt doch einigermaßen beruhigend...." wollte ich zum Ausdruck bringen, dass er seiner Frau gönnt, was er zu hinterlassen hat und weiß, sie steht nicht alleine und ohne finanzielle Mittel da, wenn ihm mal was zustoßen sollte. Aber ich bin froh zu wissen, wie es tatsächlich ankommt! Ich werd es überarbeiten.

Danke nochmal
Babs

[ 05.07.2002, 08:21: Beitrag editiert von: Barbara ]

 

@ Sura!

Auch ich danke für deine Kritik! Ist wohl ein außergewöhnliches Thema, hab es aber für einen Wettbewerb geschrieben und dann doch nicht eingeschickt. Für die Schublade kams mir dann doch zu schade vor.
Übrigens hab ich gestern im Halbschlaf einen Indianerfilm gesehen und musste sehr an deine Geschichte denken.
Vor allem der Satz: "Wir sollten nicht von ihnen (den Weißen) verlangen,dass sie uns (Indiander) verstehen!" hat mir wieder bewusst gemacht, wie gut du die Kultur rübergebracht hast!

Danke!
Babs

 

Wow, Barbara! Das ist nun wirklich eine super Geschichte! Ich bin immer noch ganz im Bann Deiner Erzählung! Hat mir spitzenmäßig gefallen! Vor allem, weil die Story überraschende Wendungen hat und so das Lesen wirklich spannend gestaltet!

Super! :thumbsup:

Griasle,
stephy

 

O, Stephy!
Es ist wirklich immer Verlass auf dich! Ich mag deine Kritiken irgendwie! (vor allem die hier!) Danke!!
Das freut ungemein!
Im Bann meiner Erzählung..... *schmelz* :D

[ 07.07.2002, 21:34: Beitrag editiert von: Barbara ]

 

Hallo Barbara,
mir hat deine Geschichte gut gefallen. Sie war spannend (besonders die Gerichtsverhandlung) und von Sprache und Stil her passend zum Zeitraum, in dem sie spielt.
Zunächst einmal würde mich interessieren, was ein Häusler ist, ist es eine Berufsbezeichnung? Wenn ja, was hat denn ein Häusler zu tun? Oder ist es ein Nachname?
Zwei Sachen, die mir an der Form nicht so gut gefallen haben:
1. Wenn du Auslassungspunkt machst, reichen drei voll und ganz. ;)
2. Zum leichteren Lesen würde ich, wenn die wörtliche Rede einer neuen Person anfängt, eine neue Zeile anfangen.

Beim ersten Lesen habe ich nicht direkt verstanden, wie Frau Gundula und der Arzt zueinander stehen. Ich hatte zunächst gedacht, dass ...von Emmerdingen ihre Nachnamen wären und dachte deshalb erstmal: Hä? Sind die jetzt irgendwie verwandt? :shy: Dann aber habe ich gesehen, das du mit Emmerdingen, oder Freiburg den Herkunftsort meintest und da ging mir ein Licht auf. :idee: :D
Ich hoffe, bald mal wieder was Neues von dir in dieser Rubrik zu lesen. Diese Geschichte, auch wenn sie schon etwas älter ist, ist echt eine Bereicherung für die Historik-Rubrik.:)

LG
Blanca

 

Hallo Blanca!

Ich danke dir vielmals für deine sehr positive Kritik. Es tut mir Leid, dass ich mich jetzt erst dazu melde, aber ich habe keine Verständigung gekriegt, dass hier eine Antwort eingegangen ist.

Das mit den Nachnamen/Herkunftsland ist nicht so ganz klar rübergekommen? Es freut mich, dass du es noch ein zweites Mal gelesen hast, um es zu verstehen. Es handelt sich eigentlich sowohl um das eine wie auch um das andere, weil im MA oftmals Herkunft oder Berufsbezeichnung an den Namen angehängt wurden, um eine Unterscheidung zwischen verschiedenen gleichnamigen Dorfbewohnern zu treffen.

Zum Häusler: Sie lebten in armseligen Behausungen außerhalb des Dorfes und verdienten ihren Lohn meist als Tagelöhner. Sie besaßen auch nur selten Land, meistens eben nur ein Haus. Es handelt sich also nicht wirklich um eine Berufsbezeichnung, sondern eher um eine "Lebensweise", fast um eine "Einstufung" innerhalb der Dorfgemeinschaft.

Die beiden Kritikpunkte werde ich mir gleich genauer ansehen. Danke, dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast!

Liebe Grüße
Barbara

 

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