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Der Riss

Monster-WG
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04.03.2018
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Der Riss

Eigentlich war ich unterwegs zur Mülltonne hinter der Gartenmauer, als ich ihn sah. Möglicherweise hatte er sich den ganzen trüben Winter lang vor mir versteckt, doch der erste sonnige Frühlingstag brachte ihn ans Licht. Leicht gezackt fraß er sich durch die Giebelwand meines Hauses. Wie ein in Stein gebrannter Blitz mit feinen Verästelungen Richtung Boden. Staunend stand ich davor und versuchte zu verstehen, was ich sah. Erfolglos. Ich ahnte, ab jetzt würde ich ihn jedes Mal sehen, wenn ich durch den Garten ging. Es würde mir kaum gelingen, ihn zu ignorieren.
Ein regelmäßiges Tropfen in der Nähe ließ mich aufhorchen. Ich versuchte, das Geräusch zu orten und schaute an mir herunter. Aus der undichten Tüte nässte es auf meine Schuhe. Meine guten Budapester. Ausgerechnet. Gerade erst hatte ich sie poliert.
"Verdammt!" Ich verzog das Gesicht. Es war mal wieder einer dieser verdammten Montage, an denen alles zusammenkommt. Fluchend warf ich den Müll in die Tonne und wischte mir mit einem Tempo die Schuhe ab. Eine Verwünschung später ging ich zurück zur Wand. Keine Einbildung, der Riss war noch da. Und ich hatte die unheilvolle Ahnung, dass er bleiben würde.
Meine Frau stand hinter dem Wohnzimmerfenster und beobachtete mich stirnrunzelnd.
"Ist was?" Sie hatte die Tür einen Spalt geöffnet und hielt nur die Nase in die kalte Morgenluft.
"Nee, alles ok." Was sollte ich auch sagen? Ich wusste ja selbst nicht mehr. Schnell sagte ich Bis heute Abend und schlich, ohne eine Antwort abzuwarten, durchs Gartentor. Irritiert stieg ich in mein Auto und fuhr zur Arbeit.
Als ich ankam, konnte ich mich schon nicht mehr an den zurückgelegten Weg erinnern, so sehr beschäftigte mich meine Entdeckung. Dank erlernter Routine erledigte ich meinen Job, doch immer wieder schweiften meine Gedanken ab, zurück zur Hauswand.
Fragen drängten sich auf. Bohrende, hässliche Fragen. War der Riss das unheilvolle Fanal einer nahenden Katastrophe? Wie Nager, die aus ihren Höhlen fliehen, Meer, das sich zurückzieht oder ein greller Lichtschweif am Horizont? Bilder von eingestürzten Häusern in Folge von Erdbeben kamen mir in den Sinn. Ging meine Phantasie mit mir durch und machte ich aus einem Fliegenschiss ein Verhängnis? Möglich, doch die vage Möglichkeit, dass es etwas Ernstes sein könnte, nagte ab jetzt an mir.

Um den Riss zu dokumentieren, schoss ich nach der Arbeit eine Fotoserie. Ich gab mir Mühe, es möglichst unauffällig zu tun, bevor ich das Haus betrat.
"Wie war dein Tag?" Eigentlich eine unverfängliche Frage, doch ich war auf der Hut. Sie tunkte den Keks in den Tee, wie sie es immer tat um diese Uhrzeit.
"Ach, nichts Besonders, alles wie immer", log ich und setzte eine gelangweilte Miene auf. Meine Frau hasste es, wenn ich sie mit Problemen behelligte. Ein Großteil der Statik meines geruhsamen Lebens beruhte auf der größtmöglichen Negierung von Konflikten. Bislang war ich damit ganz gut gefahren.

Es folgte die erste Nacht, in der ich nicht mehr durchschlief. Ich träumte von einer Strafkolonie, in der aneinander gekettete Sträflinge auf Steine eindroschen, bis die Erde bebte. Wieder und wieder. Im Rhythmus ihres Gesangs und meines Herzschlages. Sie trugen gestreifte Anzüge, die dunkel gefleckt waren, wo der Schweiß Brust und Rücken hinabrann. Mit einem Mal verebbte der Gesang und hunderte Gesichter wandten sich mir zu. Schweigend. Stierend. Ein alter, krummer Greis bückte sich, hob einen Stein auf und warf ihn in meine Richtung. Als hätten sie jemanden gebraucht, der ihnen zeigte, was zu tun ist, folgten die anderen seinem Beispiel. Nach wenigen harten Treffern erwachte ich wild um mich schlagend. Mein Herz raste und die Stellen, wo ich getroffen worden war, pochten schmerzhaft.
"Sag mal, geht´s noch?" Elisa schaute entgeistert von der anderen Betthälfte zu mir herüber. "Du hast mich geschlagen." Die Bettdecke hielt sie fest an sich geklammert und rutschte Richtung Bettkante. Ich ahnte, dass ihr Entsetzen zu großen Teilen nicht gespielt war.
"`Tschuldigung, hab schlecht geträumt", war alles, was ich herausbrachte. Was konnte ich auch sagen, ohne unsere stillschweigende Vereinbarung zu brechen?
Sie schwieg. Mich ließ das Gefühl nicht los, dass sie erleichtert sein würde, wenn ich in wenigen Stunden das Haus verließ.

Am Nachmittag war der Riss unverändert, wie ich nach der Arbeit feststellte, als ich wie zufällig durch den Garten zur Hintertür schlenderte. Er tat mir nicht den Gefallen, von selbst zu verschwinden. Eigentlich hätte mich das auch gewundert. Denn warum sollte es mit ihm anders sein als mit den meisten anderen Problemen, die hartnäckig überdauern, solange man sich ihrer nicht annimmt?
Zu meiner Beruhigung redete ich mir ein, dass er wenigstens nicht größer geworden war. Das hoffte ich zumindest, doch wie konnte ich sicher sein, ohne verlässliche Daten? Also begann ich damit, den Riss penibel zu vermessen und die Ergebnisse zu dokumentieren.
An diesem Tag, nennen wir ihn Tag zwei, war er 0,9 mm breit. Gemessen mit einem digitalen Messschieber, unter Zuhilfenahme eines Vergrößerungsglases, um die Ränder exakt zu erfassen. Ich versuchte zu verfolgen, wie weit der Riss sich ins Mauerwerk fraß, doch in etwa drei Meter Höhe verschwand er unter der Verkleidung, die unseren Giebel verschönerte.
So sahen es zumindest die Vorbesitzer, die diese sündhaft teure Schieferorgie bezahlt hatten. Jedenfalls war der verplättete Giebel nicht hässlich genug, um ihn einfach abzureißen und den Riss Richtung Dachstuhl zu verfolgen. Weiter unternahm ich nichts, doch der Zweifel keimte in mir und gedieh so prächtig wie mein zunehmend frühlingshafter Garten.

In der Nacht besuchte ich wieder die Strafkolonie. Diesmal zertrümmerten sie keine Steine, sondern schlugen Spitzhacken in den Boden. Und ich war dabei. In der Luft über meinem Kopf knallte eine Peitsche. Meine Nachbarn stießen mir ihre Stiele unwirsch in die Seite.
"Los, weiter!", zischte mein Hintermann. Als ich nach vorne gehen wollte, schlug ich der Länge nach hin. Ungläubig starrte ich auf meine Füße. Sie steckten in feisten Eisenringen, mit einer dicken Kette verbunden mit Vorder- und Hintermann. Wieder schnalzte die Peitsche knapp über meinem Ohr. Mühsam rappelte ich mich hoch und griff meine Spitzhacke. Ich grub mich in den Boden, als ginge es um mein Leben.

Noch vor dem eingestellten Alarm wurde ich wach und knipste den Wecker aus. Mein Pyjama war an Brust und Rücken durchgeschwitzt und es klingelte in meinem linken Ohr. Doch das war noch nicht alles. Als ich die Beine hinabschaute, sah ich rote Striemen auf meinen blutig gescheuerten Fesseln. Mein einziger Trost war, dass ich wenigstens Elisa nicht geschlagen hatte.
Noch bevor sie wach wurde, stahl ich mich aus dem Haus. Tag drei der Aufzeichnungen begann mit Regen und schlechter Laune. Meine Knöchel schmerzten höllisch und lenkten mich ab. Die Arbeit war ungenießbar wie ein zäher Braten und genauso kaute ich auf den Anträgen herum, die ich zu bearbeiten hatte. Aufgrund meiner Laune wurden die meisten abgelehnt. Berechtigt oder nicht. Quälend langsam verstrichen die Minuten, bis ich um Punkt vier meine Tasche packte und zum Auto hastete.
Zuhause angekommen, pfefferte ich missmutig die Tasche in die Ecke. Elisa war zum Glück nicht da. Einkaufen vermutlich. Ich riss Messschieber und Lupe aus der Schublade und nur Sekunden später stand ich im Garten vor der Hauswand. Mit zittrigen Fingern maß ich glatte 1,0 mm. Was in drei Teufels Namen …
Ich maß noch einmal mit demselben Ergebnis. Lag es an mir, oder besser gesagt an meiner Messmethode? War das durch Maßtoleranz zu erklären oder hatte der Riss sich wahrhaftig verbreitert?

In der folgenden Nacht erstreckten sich die Chain Gangs bis zum Horizont. Im Rhythmus ihres Gesangs schlugen die Spitzhacken in die Erde und brachen trockene Schollen auf. Ich selbst stand etwas erhöht auf einem seitlichen Wall und hatte ein Gewehr im Arm. Der kalte Stahl fühlte sich gut an. Meine Hände schauten aus einer beigefarbenen Uniform. Ein anderer Uniformierter schob einen halben Steinwurf entfernt Wache. Er hielt eine Winchester locker im Armwinkel. Unter seinem breitkrempigen Hut paffte er einen kümmerlichen Zigarettenstummel. An seinem Gürtel hing eine aufgerollte Peitsche.
Meine Hand fuhr nach unten. Ich löste die Peitsche von meinem Gürtel. Eine gute und lange Peitsche aus eng geflochtenem Leder. Nichts hielt mich davon ab, sie auszuprobieren. Wieder und wieder ließ ich sie schnalzen, bis ich den Bogen raushatte. Es machte wirklich Spaß, kurz über die Köpfe zu zielen. Die Spitzhacken prügelten wie wild auf den Boden ein. Aus dem entstehenden Riss brach eine zähflüssige, schwarze Masse hervor.
"Bastard", zischte einer der Sträflinge zwischen zusammengebissenen Zähnen, ohne hochzuschauen. Die Knöchel, die seine Spitzhacke hielten, waren weiß vor Anstrengung. Zur Strafe ließ ich die Peitsche noch ein paar Zentimeter tiefer knallen. Ich konnte gar nicht mehr aufhören.

Elisa rüttelte mich wach. "He, Schlafmütze, raus aus den Federn." Ich hatte den Wecker nicht gehört. Das war mir seit Jahren nicht passiert. Doch das war nicht der Grund für das Grauen, das mich packte, je klarer ich wurde. Insgeheim wuchs in mir die Angst vor dem, was in mir schlummerte.
Meine Frau nutzte meine Verwirrung zu einem geübten Blick aus der Kategorie "Muss ich auf dich aufpassen?" Ich sah zu, dass ich schnell aus dem Haus kam.
Doch bevor ich gerädert zur Arbeit fuhr, maß ich den Riss. Auch an Tag vier 1,0 mm. Elisa wunderte sich, warum ich neuerdings durch den Garten das Haus verließ. Ich spürte ihren stechenden Blick im Rücken, als ich am Fenster vorbeiging. Aus dem Augenwinkel sah ich ihr Kopfschütteln. Messschieber und Lupe legte ich in die Mittelkonsole. Griffbereit.
Den ganzen Tag war ich abgelenkt, konnte an kaum etwas anderes denken als daran, ob es am Nachmittag wieder ein Zehntel mehr sein würde.
In der Mittagspause klingelte ich den Statiker an, der die Umbauten vor einigen Jahren berechnet hatte und nötigte ihn, vorbeizukommen. Trotz allen Drängelns hatte er erst am nächsten Tag Zeit. Bis dahin musste ich meine Ungeduld irgendwie im Zaum halten, ohne durchzudrehen.
Meine Arbeitsleistung litt natürlich. Wie konnte es auch anders sein? Schlafmangel und Sorgen reduzierten die Zahl der bearbeiteten Anträge auf Anfängerniveau. Schmale Prämie diesen Monat.

Die Nachmittagsmessung ergab 1,1 mm. Schockiert starrte ich auf die Anzeige. Ein Zehntel pro Tag, das machte hochgerechnet sieben Zehntel die Woche, oder circa 3 mm im Monat. In einem Jahr wären das 36 mm. Groß genug, um die flache Hand hineinzustecken, dachte ich. Meine Knie wurden weich. Vor meinem geistigen Auge fielen die Wände in einer gigantischen Staubwolke zusammen. Der Dachstuhl rutschte wie zerbrochener Schlitten über den Rasen. Und das Beste war, dass ich diese Ruine noch achtzehn Jahre abbezahlen sollte!
Ich musste Elisa behelligen. Es war unvermeidlich geworden. Wortlos stand sie vor der Hauswand. Nie werde ich diesen Blick vergessen, mit dem sie mich vorwurfsvoll musterte, als hätte ich den Riss verbockt und mich umgehend anschrie: „Sieh zu, dass das verschwindet.“ Erwartungsgemäß.
Ha, nichts leichter als das. Morgen kommt der Hauswandexperte, hält ein Tuch davor, sagt ein Statiker-Abrakadabra auf und schon ist der Riss verschwunden. Kinderspiel, wollte ich sagen, dachte es aber bloß. In Wahrheit hätte ich für eine derart simple Lösung einiges geopfert. Vor allem, wenn damit diese schrecklichen Träume beendet wären.

Tatsächlich gab der Statiker an Tag fünf erstmal Entwarnung und faselte etwas von Setzrissen nach Umbau und gestörtem Eigenleben eines alten Hauses. Er zog an seiner aromaverseuchten E-Zigarette und stieß eine amtliche Nebelwand aus, die vor ihm in der Luft stand. Mit belegter Stimme riet er mir dann allen Ernstes, ein Stück vom Riss zuzuspachteln und weiter zu beobachten, was sich tat. Der Statiker fuhr, das Unbehagen blieb. Ich glaubte ihm nicht und maß 1,2 mm. Abwechselnd heiß und kalt lief es mir den Rücken hinab. Dennoch folgte ich seinem Rat und schmierte etwas Spachtelmasse quer darüber.
Unsinnige Kosmetik, wie ich bald feststellen musste. Bis Ende der Woche vergrößerte sich der Riss auf satte 1,7 mm. Laut telefonischer Ansage vom Statiker immer noch kein Anlass zur Sorge. Der hatte gut reden! Krampfhaft versuchte ich, ihm zu glauben. Zwecklos.
In der Nacht auf Sonntag nahm ich wieder meinen Platz in der Reihe ein. Wir hatten die Spitzhacken geschultert und marschierten durch eine Straßenschlucht zwischen Hochhäusern. Ein schriller Pfiff ertönte und die Kolonne stoppte. Sofort begannen wir, auf den Boden einzudreschen, schlugen uns durch den Asphalt, hebelten die darunter liegenden Wackersteine frei, gruben uns tiefer und tiefer. Buddelten so lange, bis der Riss sich zu einem lebendigen, wabernden Schlund weitete, aus dem gierige Mäuler nach uns schnappten. Knirschend und klappernd wie ein Gebiss schlugen spitze Haifischzähne ineinander. Entsetzt schrie ich auf, als mich eines der Mäuler erwischte und mir mit einem entsetzlichen Schnapp ein Bein samt halber Hüfte und Gemächt abtrennte. Armrudernd stürzte ich vornüber in die gallertartige Schwärze.

Schweißgebadet und zitternd wie Espenlaub wachte ich auf und wünschte mir, ich hätte nicht geschlafen. Auf dem Weg ins Bad knickte ich mehrfach ein, weil mein rechter Unterschenkel völlig taub war. Noch vor dem Duschen spuckte ich eine schwarze Masse ins Becken. Was soll ich sagen, es ging bergab.
Der Schlafmangel ließ dunkle Ränder unter meinen Augen entstehen. Manches Mal vergaß ich, mich morgens zu kämmen und zog tagelang denselben Anzug an – ein Frevel in meiner Branche. Bald wurde ich gemieden wie ein Paria.
Wenn eine Tür aufging, fuhr ich schreckhaft zusammen und starrte den Eindringling aus geröteten Augen an. Muss ich erwähnen, dass irgendwann mein Vorgesetzter vor meinem Schreibtisch stand? Gemocht hatte ich ihn noch nie, aber der besorgte Blick, mit dem er mich bedachte, ließ mich würgen. Anscheinend war das ebenso unausweichlich wie die Vorschläge, die er mir unterbreitete: Check durch einen Neurologen, unbezahlter Urlaub, Wellnesskur, Kunsttherapie, etc..
Ich wusste natürlich, nichts von alledem würde mir helfen. Nicht ich war das Problem, sondern der Riss in der Hauswand, der mir den letzten Nerv raubte. An Tag siebzehn war er 2,5 mm breit. Ich war bereit, das Haus zu verkaufen. Wie sehnte ich mich nach meiner geregelten Langeweile.
Meine Frau ging zunehmend auf Distanz. Wenn unser Verhältnis zueinander vorher fragil gewesen war, wurde es jetzt kompliziert.
In einem klaren Moment gestand ich mir ein: Die Beunruhigung hatte sich zu einem Problem manifestiert, das ich angehen musste und zwar bald. Die Waage zeigte 59 Kilogramm.

Ich zog die Notbremse, verkaufte meine Anteile an einem Aktienfond und beauftragte einen Bauunternehmer, Marke „Kann alles, mach alles“. Der überzeugte mich davon, das Problem an der Wurzel zu packen. Hörte sich für den Moment gut an und er bekam den Zuschlag. Wenige Tage später kam er mit schwerem Gerät vorgefahren und begann, den Boden entlang der kompletten Giebelwand abzutragen. Erst auf Höhe der Grundplatte schien er genug zu haben. Da hatte er jedoch schon das Telefonkabel versehentlich durchtrennt, was dazu führte, dass das Verhältnis zu meiner Frau keineswegs einfacher wurde – doch darum musste ich mich später kümmern.
Der Alleskönner schalte die Wand ein, murmelte etwas von „Unterfangung“ und „stabilisieren“ und ließ einen Fahrmischer anrücken. Es folgten Ausschalung, Verfüllen der Baugrube, Freiklopfen des Risses im Mauerwerks, Verfugen und wieder Verputzen. Auch hier war er sehr gründlich und auch die Schieferverkleidung musste daran glauben.
All das gehörte zum Rundumsorglos-Paket, das ich gebucht hatte und ihm teuer entlohnen würde. Dennoch, Seelenheil ist unbezahlbar, dachte ich mir und was sind schon Aktien im Vergleich? Für den Moment hatte ich ein gutes Gefühl und auch einige relativ ruhige Nächte.
Selbst das Telefonkabel war repariert und das Verhältnis zu meiner Frau veränderte sich wieder von unterirdisch zu passabel. Die Ringe unter unseren Augen verschwanden langsam. Misstrauisch stellte ich meine Lauscher auf und schnupperte: Nichts.
Zu schön um wahr zu sein, dachte sich auch mein Unterbewusstsein und es war unvermeidlich, dass irgendwann die alten Zweifel wieder zaghaft an mir nagten. Aus allen Perspektiven und mit unterschiedlichem Lichteinfall beschaute ich die Stelle. Tag für Tag. Immer wieder vergeblich, der Riss blieb verschwunden – bis ich eines Morgens über den nun nicht mehr so schönen, weil nicht mehr ganz so ebenen Plattenweg entlang der Giebelwand stolperte und ihn entdeckte, den wiedergeborenen Riss.
Hatte ich es nicht gewusst? Erst spürte ich Genugtuung, dann packte mich die Wut. Heftig ins Telefon keifend stellte ich den Alleskönner zur Rede.
„Unmöglich“, sagte der und kam sofort vorbei. „Doch möglich“, gestand er kleinlaut ein, als er ihn vor Ort begutachtete. Meine Drohungen und Beschimpfungen ignorierend, zuckte er mit den Schultern, ließ mich stehen und murmelte noch im Weggehen: „Groß passieren kann da eigentlich nix.“ Na prima, welch ein Trost! Ein Hoch auf die Alleskönner dieser Welt. Cheerio!
Ich sollte lachen, so absurd war das alles und doch kämpfte ich mit Tränen der Verzweiflung, die sich ihren Weg bahnen wollten.
Was soll ich sagen, alles fing wieder von vorne an: das Nachmessen, die grausigen Albträume, die drückenden Sorgen, meine Arbeitsleistung fernab vom Soll …
Es war furchtbar und führte mich stehenden Fußes ins Verderben.
Meine Frau war inzwischen ins Gästezimmer umgezogen und verkündete jedes Mal, wenn ich sie sah, lautstark, dass sich etwas ändern müsse, schnell und grundlegend.
Was sich änderte, war, dass zum nahen Monatsende ein Brief der Personalabteilung im Kasten lag. Mein Vorgesetzter drückte sein Mitgefühl aus, indem er mich gehen ließ. Vielen Dank hierfür, dachte ich voller Bitterkeit. Ich hatte es satt. So satt wie man es nur haben kann.

In der folgenden Nacht stand ich auf dem mondbeschienenen Dach eines Wolkenkratzers. Eisige Windböen fegten über das Plateau. Seltsame Geräusche aus den Häuserschluchten wehten gedämpft über die kniehohe Dacheinfassung. Kein Hupen oder Fahrgeräusche endloser Autokolonnen, wie ich erwartet hätte, sondern ein merkwürdiges Knirschen und Klappern. Vorsichtig schlich ich zur Brüstung, kniete mich auf die Teerpappe davor und schaute mit klopfendem Herzen in den gähnenden Abgrund hinunter. Was ich sah, ließ mir das Blut gefrieren. Eine formlose schwarze Masse waberte durch die Straßen. Unzählige riesige Mäuler ragten daraus hervor. Sie holten kurz aus, stießen zu und fraßen sich in den Beton, rissen Brocken aus den Häusersockeln und zermalmten sie zwischen ihren Gebissen in kleine Stücke. Eine Art staubiges, scharfes Schmatzen war bis oben zu hören.
Viele der Hochhäuser glichen bereits überlangen, grauen Zähnen mit freigelegten Zahnhälsen. Während ich die Szenerie noch fassungslos beobachtete, machte sich ein anderes Gefühl in meinem Magen breit. Etwas Altbekanntes aus meiner Kindheit, eine Art leichte Seekrankheit wie beim Schaukeln.
Mit böser Vorahnung peilte ich eine Straßenflucht entlang und sah es. Die Hochhäuser schwankten. Manche mehr, manche weniger. Mein Wolkenkratzer begann ebenfalls leicht zu pendeln. Mit jeder Gegenbewegung schlug er ein kleines Stückchen weiter aus und das war die Ursache des flauen Gefühls in meinem Magen. Schon musste ich mich anstrengen, um nicht von den Beinen geholt zu werden. Schnell klammerte ich mich an eine rostige, aber stabile Antenne.
Der Rundumblick über die anderen Dächer bestätigte meinen Horror. Die ganze Stadt war jetzt in Bewegung wie die wild umherschweifenden Tentakel einer Seeanemone.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis das erste laute Knacken ertönte und der erste angenagte Wolkenkratzer fiel. Auf seinem Weg zur Erdoberfläche nahm er seinen ebenfalls angefressenen Nachbarn mit, der wiederum das Momentum auf die nächsten übertrug. Die Kettenreaktion war angestoßen, das folgende Getöse unbeschreiblich. Wie langgezogene Dominosteine klappten reihenweise Wolkenkratzer um. Als mein Hochhaus an der Reihe war, hatte ich schon sämtliche Stoßgebete, die mir spontan einfielen, gen Himmel geschickt. Wirkungslos. Das letzte, was ich sah, war das Haus, auf das mein Wolkenkratzer fiel. Ein normales Haus mit Satteldach wie meins, mit einer nach Westen zeigenden Giebelwand wie meins, darin ein klaffender Riss in Blitzform, aus dem sich mir Massen flach ausgestreckter Hände entgegenreckten. Hände, die in gestreiften Ärmeln steckten. Sie nahmen mich in Empfang, rissen sie mir das Fleisch von den Rippen und zerquetschten ohne Mühe die mageren Reste, die von mir noch übrig waren.
Als ich schreiend aufwachte, spürte ich Sehnsucht, eine so zehrende Sehnsucht, dass es körperlich schmerzte. Und ich wusste, mit welchem Gerät ich sie stillen konnte.

 
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Hallo linktofink

Und erstmal herzlich willkommen hier.

Du schreibst in deinem Profil, du willst ehrliche und fachkundige Kritik, von Leuten, die selbst schreiben.

Na ja... ehrliche Kritik kriegst du von mir, Doktortitel kann ich allerdings nicht vorweisen, ebensowenig selbst geschriebene Geschichten, die ich hier veröffentlicht habe (Letzteres kommt noch, ich hab im Moment nur irgendwie ˋne Schreibblockade... Normalerweise bin ich kreativer)
Ich hoffe, du kannst trotzdem was mit meinem Kommentar anfangen ;)

Erstmal ein bisschen Kleinkram zum Text:

bevor ich ihn das erste Mal bewusst wahrnahm... sah ich ihn zum ersten Mal... ab jetzt würde ich ihn jedes Mal sehen
Hm. Dreimal „Mal“ in so kurzer Zeit, zweimal auch noch in Verbindung mit „erste(n)“... Wiederholungen sind nicht so schön.


Tag Zwei
An sich noch nicht falsch, aber später schreibst du dann
Tag drei
und
Tag vier
Also entweder, du schreibst die Zahlen nach Tag alle klein, oder alle groß, aber bitte entscheide dich für eins von beidem.


Ich blieb die Antwort schuldig
Es heißt doch eigentlich jemandem eine Antwort schuldig bleiben, oder? Demnach hieße es dann „Ich blieb ihr die Antwort schuldig“.


Das gelang auch soweit, bis auf die von meinem Unterbewusstsein veranlassten Eskimorollen im Ehebett, die eine nächtliche Erholung namens Schlaf erfolgreich verhinderten.
Ganz schön umständlich, der Satz. So ist es mir irgendwie zu viel des Guten.
Ich würde dir empfehlen, den Satz etwas aufzudröseln und umzustellen, und die „nächtliche Erholung namens Schlaf“ zu kürzen.
Sowas wie: „Das gelang auch ganz gut, bis auf die Eskimorollen im Ehebett, zu denen mich mein Unterbewusstsein nachts veranlasste. So war Schlaf für mich unmöglich.“ (Oder so ähnlich)


2,8 mm im Monat
Eigentlich stimmt das nicht ganz.
Es wären nur im Februar 2,8 mm. Im Januar, März, Mai, Juli, August, Oktober und Dezember wären es
3,1 mm. Im April, Juni, September und November 3,0 mm. Und jedes vierte Jahr wären es nicht einmal im Februar 2,8 mm sondern 2,9.
Es wären auch nicht 33,6 mm im Jahr, sondern 36,5 mm, jedes vierte Jahr sogar 36,6 mm...
Aber später wächst der Riss ja nicht mehr so regelmäßig, von daher ist das nicht so wichtig.


In der Mittagspause klingelte ich den Statiker an, der die Umbauten vor einigen Jahren berechnet hatte. Und nötigte ihn, vorbeizukommen.
Ich finde, es würde hier besser passen, wenn du einen Satz draus machen würdest, du müsstest den Satz nicht Mal umstellen. Einfach den Punkt weglassen (und gegebenenfalls durch ein Komma ersetzen, da bin ich mir nicht sicher.)


Ich musste Elisa behelligen.
Wörter, die Duden als Synonyme für „behelligen“ nennt, sind „bedrängen belästigen, lästig fallen/sein, plagen, zur Last fallen, zusetzten, ankommen, auf den Geist gehen, auf den Wecker fallen/gehen, auf die Nerven fallen/gehen, den (letzten) Nerv rauben, den Nerv töten, nerven, nicht in Ruhe lassen, angeschissen kommen (derb), nicht von der Hacke gehen (landwirtschaftlich), belämmern (norddeutsch)“
All diese Begriffe finde ich hier nicht wirklich passend.
Eher würde ich schreiben, „Ich musste Elisa informieren/darüber in Kenntnis setzten/ davon erzählen/etc.
Aber vielleicht meinst du hier auch wirklich, dass er Elisa damit nerven muss, schließlich ist es ja quasi Gestz zwischen den beiden, dass er ihr von solchen Dingen nicht erzählt.


ihnzu vertreiben.Es blieb.
Ich glaube du redest in beiden Fällen vom Gleichen ( dem Teufel)
Falls ich damit recht habe, solltest du aus dem „Es“ ein „Er“ machen.
Falls nicht, solltest du dringend deutlich machen, dass du dich plötzlich auf irgendetwas anderes beziehst


alles fing wieder alles von vorne an
Ein alles zu viel.


erfüllte meinen Job
Ich erfüllte meine Pflicht, aber ich machte meinen Job.


Dann noch ein bisschen was zum Text allgemein.
Die Idee fand ich super. Ein Riss in der Wand, der dem Mann Sorgen bereitet. Alle möglichen Bauarbeiter versuchen den Riss zu kitten, und zerstören dabei die halbe Wand, aber der Riss bleibt, und treibt den Mann zunehmend in den Wahnsinn. Er hat Wahnvorstellungen von einem kleinen Teufelchen, das ihm schlecht zuredet, und das für ihn immer realer wird, ihn immer mehr unter Druck setzt. Er vernachlässigt wegen diesem Problem sein Umfeld, und muss die Konsequenzen tragen.

Auch die Idee, dass das Ganze mit Karma zusammenhängt, und dass der Riss sich danach vergrößert oder verkleinert, ob der Typ gelassen ist und gutes tut, oder ob er gestresst ist und sein Umfeld ungerecht behandelt, gefällt mir gut. Allerdings finde ich, dass du dieses Phänomen am Ende zu genau und detailliert erklärst. Ich fände es besser, wenn man diesen Umstand als Leser nur erahnen könnte, aufgrund der Dinge die passieren, wie sie passieren, und wann sie passieren. Die Anmerkung über das Karma, vom Arbeitskollegen könnte, geschickt formuliert und eingebracht vielleicht sogar schon reichen...
Das so glaubwürdig hinzukriegen, wäre wohl eine ganz schöne Herausforderung, würde deinem Text aber sehr zugute kommen.

Ich würde an deiner Stelle vielleicht noch versuchen, den langen Mittelteil (in dem er zunehmend durchdreht, während der Riss stetig wächst, und alle Reparaturversuche scheitern) ein wenig zu kürzen, denn der ist mMn doch ziemlich langatmig.

Wo ich mir teilweise nicht so sicher war, war ob der Teufel jetzt tatsächlich existiert, oder ob er das nur in seinem Kopf tut, also nur als sein persönliches Hirngespenst lebt, wie ich es eigentlich verstanden habe.
Eine Stelle,bei der ich mich das gefragt habe, waren zum Beispiel da, wo die Fliegenklatsche schmilzt.

Ich als Leser fände es auch interessant, den Ehekonflikt mit Elisa mehr mitzuerleben, und nicht nur wage davon berichtet zu bekommen. Du solltest dich hier noch mehr an den Grundsatz Show, donˋt tell halten.

Die vielen verschiedenen Namen von dem kleinen Teufel fand ich witzig, besonders Mephistelchen, auch wenn ich erst nachschlagen musste, an wen oder was das angelehnt war, was mich leider ein bisschen rausgebracht hat.
Die Sprüche des Teufels fand ich nicht so gut, die waren mir oft zu albern.

Jedenfalls habe ich deine Geschichte gerne gelesen, und wenn du noch ein bisschen daran bastelst, könnte sie sogar ganz gut werden.

Viele Grüße,
Anna

 

Hallo, linktofink

Deine Geschichte hat mir prinzipiell wirklich gut gefallen. Sie ist spannend geschrieben, was man nur von wenigen Erstlingswerken behaupten kann. Ich habe sie in einem Rutsch gelesen und war von Anfang an voll bei Dir.

Da jetzt schon viel über Details gesprochen wurde, möchte ich nur noch zwei Sachen anmerken, die mir aufgefallen sind.

Erstens: Du machst zwei sehr konsequente Zeichensetzungsfehler. Der erste ist, dass Du Vergleiche, die mit "wie" oder "als" angehängt werden, durch ein Komma abtrennst. Das ist in den meisten Fällen falsch. Ein Komma brauchst Du nur, wenn Du einen Nebensatz einleitest. Nehmen wir uns ein Beispiel aus Deinem Text:

Leicht gezackt, wie ein Flusslauf in einer Satellitenaufnahme.

Wann wäre ein Komma an dieser Stelle angemessen? Wenn ein Nebensatz folgen würde. Und Sätze haben immer mindestens ein Subjekt und ein Prädikat. Wenn eins von beidem fehlt, ist es kein Satz. Ein Komma wäre angemessen, wenn es nach dem "wie" ein neues Prädikat gäbe, z.B.: "Der Riss war leicht gezackt, wie es der Flusslauf in einer Satellitenaufnahme war." Klingt umständlich, ist es auch. Ist nur, um zu demonstrieren, woran man eine Stelle für ein Komma erkennt und eine Stelle, wo definitiv keins hingehört. Dein Satz ist gut so. Nur ohne Komma bitte. Und jetzt suchst Du alle "als" und "wie"s in Deinem Text und korrigierst das. Keine Prädikate = kein Nebensatz = normalerweise kein Komma (es gibt Fälle, aber die treten hier nicht auf).

Nummer 2 der Zeichensetzungsprobleme ist in der wörtlichen Rede.

Auf meine besorgten Fragen antworteten die Profis mit einer unglaublichen Engelsruhe immer wieder: „No Problem, Meister, alles gut“.
Meine Drohungen und Beschimpfungen ignorierend, zuckte er mit den Schultern, ließ mich stehen und sagte noch im Weggehen: „Groß passieren kann da eigentlich nix“.

Wenn Du die wörtliche Rede nachstellst wie hier, dann musst Du den Punkt innerhalb der wörtlichen Rede setzen, nicht dahinter. Anders als im ersten Fall kann ich nicht erklären, warum das so ist, aber es ist so. Ganz easy.

Zweitens: Ich finde das Teufelchen ein bisschen zu ... (ich muss mal kurz die deutsche Übersetzung für "literal" suchen) ... na ja ... wörtlich. Das ist sehr platt. Ich würde was Drastisches vorschlagen und sagen: Streiche das Teufelchen. Es ist bestimmt auch anspruchsvoller zu schreiben, aber das Ergebnis könnte viel Beklemmender, Menschlicher, Mitfühlender sein, wenn Du schreibst, wie der Prot sich an sich selbst abarbeitet. Meine Meinung? Das Einzige, was Du verlierst, wenn Du das Teufelchen streichst, ist der Aspekt mit dem Duschen. Aber das erscheint mir nicht so wichtig. Paranoia, Furcht, die einen so sehr einnimmt, ist sicher schwer zu schreiben. Doch ich finde es ein bisschen plump, wie Du darum herum kommst. Der ganze Aspekt erscheint mir nicht so gelungen. Du weichst den wesentlichen Gefühlen Deines Prots aus, indem Du sie auf diese Weise sichtbar machst. Versuch es doch mal realistisch. Das könnte viel, viel wuchtiger sein. Und ich glaube, dass Du das kannst.

Ach ja, mir ist ein drittes Problem aufgefallen. Das Ende war echt schwach. Du wirst so erklärend, der Twist kommt so plötzlich. Dein Spannungsbogen bricht abrupt ein, und Du fängst an zu erklären. Wir sind hier nicht zum Erklären, sondern zum Erzählen. Und Du hast die Spannung so lange oben gehalten, nur um sie am Ende wegzuwerfen und zu rufen: "Hier ist übrigens die Lösung für das Problem!" Du lässt alles fallen und erklärst das Ende. Mach das nicht. Gib uns Handlung, gib uns Spannung, lass uns ein bisschen selbst denken. Das wäre schön.

Ansonsten: Hat Spaß gemacht, es zu lesen. Ich hoffe, mein Feedback hilft Dir weiter.

Viele Grüße,
Maria

 

Hallo Anna,

zunächst einmal herzlichen Dank für dein Willkommen und deine Antwort. Hat mich sehr gefreut.

Das mit der fachkundigen Kritik nicht überbewerten. Es ist einfach der Erfahrung geschuldet, dass aus meinem direkten Umfeld meistens nur "gefällt mir" oder "gefällt mir nicht" als Feedback kommt, ohne dass konkreter benannt werden kann, woran es hapert oder was gelungen ist. Insgesamt ist das leider wenig hilfreich.

Den Kleinkram habe ich sofort geändert, Danke hierfür. Das "behelligen" trifft es für mich, das möchte ich lassen und "Antwort schuldig bleiben" muss ich mal nachlesen. Von meinem Sprachgefühl her geht das.

An den Sprüchen des Teufelchens hab ich versucht zu drehen, um sie gemeiner/ teuflischer zu machen. Sicher noch ausbaufähig.

Den Mittelteil zu kürzen ist ein größeres Projekt, dafür brauche ich Zeit. Ich schaue es mir auf jeden Fall am WE noch mal an und prüfe.

Das Ende offener zu lassen, die Erklärungen wegzulassen und Richtung Karma umzuformulieren, ist wohl die größte Baustelle...
Danke für deine konkrete Rückmeldung.

Beste Grüße,
Andreas

 

Hallo Maria,

vielen Dank für dein Feedback! Die Zeichensetzung habe ich (hoffentlich vollständig) korrigiert. Bin da nicht fehlerfrei.

Mit dem Teufelchen ist das so eine Sache. Ich habe die Geschichte vor fast einem Jahr geschrieben und jetzt im Februar wieder aus der Schublade geholt. Und nach dem erneuten Lesen das Teufelchen eingefügt, um die Story nach vorne zu treiben und dem Prot einen (humorigen) Widerpart zu geben. War mir vorher zu kafkaesk. Muss ich drüber nachdenken. Danke für deine Einschätzung.

Das mit dem erklärenden Schluss ist eine Macke von mir. Das krieg ich noch nicht abgestellt. Deswegen hilft es mir, wenn er mir um die Ohren fliegt. Danke für die deutlichen Worte.

Viele Grüße, Andreas

 

Hallo Andreas.

Es ist einfach der Erfahrung geschuldet, dass aus meinem direkten Umfeld meistens nur "gefällt mir" oder "gefällt mir nicht" als Feedback kommt, ohne dass konkreter benannt werden kann, woran es hapert oder was gelungen ist. Insgesamt ist das leider wenig hilfreich.

Ich weiß. Das ist ja genau der Grund, warum es dieses Forum gibt: Konstruktive Kritik.

Danke für die konkrete Rückmeldung

Klar doch.

Anna.

 

Hallo linktofink,

gar nicht so einfach deinen Text zu kommentieren. Im Grunde offerierst du ein Parabelkonzept, das an Kafka oder Stephen King erinnert, Horror erwarten lässt, oder wenigstens Grauen. Der Text enttäuscht dann aber gründlich die Erwartungen, die ich anfangs an den Riss hatte. Je mehr ich lese, desto deutlicher kommt eine Posse zu Tage, die nichts Bedrohliches mehr hat und am Ende mit all den Teufelchen und dem wiederkehrenden Riss im Nichts, einer Art Beliebigkeit, verläuft und leugnet, dass es sich um die Krisenjahre eines Angestellten handeln könnte und sich der Riss nur im Kopf des Protagonisten abspielt. Das ist enttäuschend. Den Text könnte man um mindestens einen Riss kürzen und die Nebenhandlungen deutlich reduzieren, dann spricht er besser mit dem Leser. Sprachlich brauchst du dich nicht beweisen, das klappt ganz gut.

Textstellen:

Doch mit dem hellen Licht des ersten sonnigen Frühlingstages war er auf einmal da.
zu reißerisch lautmalend für meinen Geschmack, adjektivlastig, da würde ich reduzieren.

Dennoch traute ich traute dem Burgfrieden nicht und schlich jeden Tag, sobald ich nach Hause kam, auf kurze Visite zur geflickten Wand.
traute, traute

Ich wusste natürlich, dass mir all das nicht helfen würde. Ich hatte keinen Riss in der Schüssel, sondern einen Riss in der Hauswand, der mir den letzten Nerv raubte. An Tag siebzehn war er 2,5 mm breit. Ich war beinahe bereit, das Haus zu verkaufen. Wie sehr sehnte ich mich nach meiner geregelten Langeweile.
Riss in der Schüssel passt nicht ganz zum bisherigen Sprachgefüge, geregelte Langeweile mag ich aber, klingt lustig.:D

Als ich dachte, es müsste ausreichen, ging ich in den Garten, um beiläufig, nicht zu interessiert, einen Blick auf die Hauswand zu werfen. Erwartungsgemäß war der Riss beinahe verschwunden.
Die Korrelation war so unfassbar, wie offensichtlich. Ich schaute auf einen Wasserstandsanzeiger meiner inneren Zufriedenheit. Und die hatte ich bewusst zementiert. So unbestreitbar, dass selbst Teufelchen schließlich aufgab. Die Quelle, die ihn nährte, war versiegt. Endgültig.
der Schluss ist zwar eloquent formuliert, aber dennoch unbefriedigend, die Bedrohung verschwindet einfach, gibt auf, weil die Quelle versiegt, so what?

Viele Grüße und willkommen im hinter dem Fassadenriss
Isegrims

 

hallo Isegrims,

danke für den harten Tobak :D.
Du bist schon der Dritte, der mir eine Schere in die Hand drückt, jetzt ist es an mir, den Formschnitt anzusetzen. Hoffentlich gelingt mir das, ich bin mir nicht sicher. In Abgründe steigen ist nicht meine Spezialdisziplin, aber ich werde reingehen.

Schönen Abend, linktofink

 

Hallo linktofink,

Eigentlich war ich unterwegs zur Mülltonne hinter der Gartenmauer, als ich ihn zufällig sah. Ich musste schon oft daran vorbeigelaufen sein, ohne ihn zu sehen, möglicherweise schon den ganzen trüben Winter lang.
Der Einstieg gefällt mir nicht so richtig. Der erste Satz ist ok, der zweite zu umständlich. Die Wiederholung in fett stört mich. Vielleicht eher in die Richtung:
Eigentlich war ich unterwegs zur Mülltonne hinter der Gartenmauer, als ich ihn zufällig sah. Den ganzen trüben Winter lang hatte er sich vor mir versteckt, doch das Licht des ersten sonnigen Frühlingstages enttarnte ihn.

Leicht gezackt, wie ein Flusslauf in Satellitenaufnahme.
Zackig passt für mich nicht zu einem Flusslauf, der doch eher wellig erscheint.

Irgendwie frage ich mich, wo dieser Riss ist. In meinem Kopf hängt er in der Luft, erscheint wie ein Riss in der Realität. Erst später wird klar, dass er an der Hauswand ist.

Ich wusste, ab jetzt würde ich ihn jedes Mal sehen, wenn ich durch den Garten lief. Es würde mir nicht gelingen, ihn zu ignorieren.
Irgendwie stört es mich, dass der Prota den Riss direkt so ernst nimmt. Würde es nicht besser zu seiner Lebenseinstellung passen, wenn er ihn erst versucht zu ignorieren? So macht er es doch anscheinend immer. Und dann merkt er aber an den Schlafstörungen und Träumen, dass das ignorieren diesmal nicht funktioniert. Und erst dann empfindet er den Riss als wirklich beängstigend.

Bis zu dem Zeitpunkt lebte ich mein geregeltes Leben vor mich hin, gleichförmig ohne große Ausschläge nach oben oder unten, doch nun spürte ich sie, die ersten Anzeichen einer leichten Verunsicherung.
Auch das ist mir zu früh und zu krass. Soll er doch erstmal seiner Routine folgen, irritiert den Kopf schütteln, wenn er an den Riss denkt, ihn versuchen zu verscheuchen wie eine lästige Fliege.

Bis zu dem Zeitpunkt lebte ich mein geregeltes Leben vor mich hin, gleichförmig ohne große Ausschläge nach oben oder unten, doch nun spürte ich sie, die ersten Anzeichen einer leichten Verunsicherung.
Weg damit. Das zeigst du mit deiner Geschichte und solltest du nicht erklären müssen.

Es wurde ja bereits gesagt, dass du zu viel erklärst. Vertraue deinem Text, lass die Handlung für sich sprechen und den Leser seine eigenen Schlüsse ziehen.

Ich schaue noch mal vorbei, wenn der Text etwas geschrumpft worden ist. ;)

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Hey Nichtgeburtstagskind,

danke für dein Statement, den Anfang habe ich umformuliert, lasse den Riss mäandern und habe ihn deutlicher platziert. Danke hierfür.

Bis zu dem Zeitpunkt lebte ich mein geregeltes Leben vor mich hin, gleichförmig ohne große Ausschläge nach oben oder unten, doch nun spürte ich sie, die ersten Anzeichen einer leichten Verunsicherung.

Den Satz werde ich unbedingt lassen, weil ich genau solche Menschen kenne, deren Leben komplett durchstrukturiert ist und bei denen ein kleines unvorhergesehenes Problemchen reicht, damit sie austicken und aus der Spur geraten. Das ist der Ursprung der Story.

Mit Schrumpfen und Überarbeiten bin ich erst mal durch.

Ich finde es schade, dass du nur den Anfang gelesen hast, denn so kommst du nicht in die Geschichte rein. Vor allem, da ich weiß, dass du das Handwerk beherrscht und mir gute Hinweise geben kannst, wenn du dich drauf einlässt. :Pfeif:

Liebe Grüße,
linktofink

 

Hallo, linktofink

Eine Freundin radikaler Veränderungen bin auch ich, dennoch verblüfft es mich ungemein, mit welcher Radikalität Du hier einen großen Schnitt gesetzt und das Teufelchen einfach weggeschnibbelt hast. Bevor wir in die Vollen gehen, gehe ich jedoch erst ins Detail.

Ich habe ein großes Problem mit vielen der Vergleiche, die Du im Laufe des Textes ziehst. Erstens wegen der Zeichensetzung und zweitens wegen des Inhalts. Beispiel für Zeichensetzung:

Denn warum sollte es mit ihm anders sein, als mit den meisten anderen Problemen, die hartnäckig überdauern, solange man sich ihrer nicht annimmt (was ich meistens erfolgreich vermied).

Das Komma vor „als“ gehört dort nicht hin. Vor Vergleichswörtern wie „als“ und „wie“ setzen wir nur dann ein Komma, wenn sie einen Nebensatz einleiten. Jeder Satz muss mindestens Subjekt und Prädikat enthalten. Oft enthalten Vergleiche, die mit „als“ und „wie“ eingeleitet werden, jedoch keine solchen. So verhält es sich auch hier. „als mit den meisten Problem“ – Wo ist hier ein Prädikat? Genauso verhält es sich mit vielen Stellen im Text. Bitte prüfen.

Nebenbei erwähnt sind Klammern und Abkürzungen (einmal sah ich Dich doch tatsächlich „etc.“) stilistisch nicht besonders schön. Ich würde sie alle streichen und schauen, dass Du Literatur daraus machst. Darin unterscheidet sie sich doch auch formal von Sachtexten (oder Kommentaren hier im Forum).

Kommen wir zu den Vergleichen, die mich inhaltlich stören:

Leicht gezackt und mäandernd wie ein Flusslauf in Satellitenaufnahme zog er sich durch die Giebelwand meines Hauses.

Hier habe ich zwei für Dich. Erstmal der bereits kritisierte. Ich finde Deine Entscheidung, hier „mäandernd“ zu schreiben, sehr fragwürdig. Ich musste erstmal nachschlagen, was das heißt, und wenn ich den Duden hier richtig deute, handelt es sich um einen geologischen Fachbegriff. Ich weiß nicht, ob das wirklich notwendig ist. Des Weiteren hinkt dieser Vergleich in meinen Augen sowieso, sei der Flusslauf nun mäandernd oder nicht. Das Problem ist: Ein Fluss von oben, wenn man ihn auf eine gezackte Linie reduziert, sieht aus wie eine gezackte Linie. Ein Riss sie aus wie eine gezackte Linie. Ich finde das vollkommen trivial. Der Vergleich trägt nichts zu einer plastischeren Visualisierung des Risses bei. Er sieht halt aus wie eine gezackte Linie. Wie ein Fluss auch, sei er nun mäandernd oder nicht – das Wort macht den Vergleich übrigens noch viel weniger hilfreich. Wenn Du schreibst: "Der Riss ist leicht gezackt", erfahre ich nicht mehr oder weniger, als wenn Du schreibst, er sei leicht gezackt wie die Satellitenaufnahme eines Flusslaufs.

Nummer Zwei:

Ebenso wenig, wie es mir gelingen würde, ein Goldnugget zu ignorieren, das glänzend vor mir auf der Straße lag.

Auch dieser Vergleich hinkt vollkommen. Klar kann der Prot beides nicht ignorieren. Aber die Gründe sind doch völlig unterschiedlich. Das Goldnugget kann er nicht ignorieren, weil er ihn unbedingt einstecken, ihn behalten, sich an ihm freuen möchte. Mit dem Riss verhält es sich doch genau gegenteilig. Das passt nicht zusammen. Und Vergleiche zeichnen sich dadurch aus, dass sie zusammen passen.

Allgemein machst Du sehr viele Vergleiche. Das ist okay, aber pass auf, dass sie auch wirklich zu dem passen, was Du sagen möchtest. Die anderen, die ich gerade finden konnten, finde ich erstmal in Ordnung. Aber behalte das für die Zukunft im Hinterkopf.

Ein paar Kleinigkeiten noch:

„Ha, nichts leichter als das. Morgen kommt der Hauswandexperte, hält ein Tuch davor, sagt ein Statiker-Abrakadabra auf und schon ist der Riss verschwunden. Kinderspiel.“ – wollte ich sagen, dachte es aber bloß.

Diese Zeichensetzung ist sehr eigenwillig. Wieso machst Du nicht einfach „… Kinderspiel“, wollte ich sagen … - Ist das etwa zu einfach? Würde ich genauso machen.

Was in drei Teufels Namen…

Wenn Du drei Punkt setzt, das Wort davor aber nicht abgebrochen ist, sondern nur der Satz, kommt vor die drei ein Leerzeichen. Gestern hatte ich irgendwo noch einmal vier Punkte entdeckt, konnte sie aber gerade nicht mehr finden. Vielleicht hast Du sie schon korrigiert? Auf jeden Fall alle Deine drei Punkte prüfen.

Kommen wir zum großen Ganzen. Ich finde, Du hast alles richtig gemacht, indem Du das Teufelchen gestrichen hast. Dein Prot wirkt jetzt nicht mehr so gestört, ich kann mich leichter in ihn einfühlen, und die Szenen sind nicht mehr so albern wie vorher. Also, diese Entwicklung finde ich gut. Sie gibt der Geschichte eine deutlich stärkere Bedrohung, streicht das gezwungen Komödiantische, von dem ich ohnehin kein Fan bin. Aber dass ich das gut finde, wundert Dich wahrscheinlich nicht, schließlich befolgst Du hier meinen Vorschlag. ;)

Du hast Dich stattdessen für Albträume entschieden. Das ist okay. Ich finde die Albträume sogar sehr gelungen, obgleich ich ein bisschen schade finde, dass sie nichts mit Deinem Prot selbst zu tun haben. Es kommen Risse vor, die Leute verschlingen, und Du deutest dort etwas Höllisches an, aber niemals läuft der Prot selbst in Gefahr, verschlungen zu werden – abgesehen vom endgültigen Ende. Das halte ich für dramaturgisch etwas ungünstig, aber das ist eine Anmerkung auf relativ hohem Niveau – würde ich als Anfängerin sagen. Ich sage dies gerade zu Dir, da wir uns anscheinend darin gleichen, dass wir uns auch vor radikalen Veränderungen nicht fürchten. Da ich damit auch schon hier im Forum schmerzhaft auf die Nase gefallen bin, gebe ich Dir einen Rat, den mir ein Schreibfreund seitdem gibt: Mach kein Monster aus Deiner Geschichte. Bleib Dir selbst treu. Wenn Du meine Kritik für gut und richtig hältst, dann tu was, aber frage Dich immer, wie sehr Du Dich selbst noch in dem Endprodukt siehst. Wenn Du Dich selbst komplett verlierst, ist niemandem geholfen.

Bisher läufst Du aber in meinen Augen noch nicht in diese Gefahr, also fahre ich fort. Du hast auch das Ende geändert. Ich finde es besser. Du hast auf Erklärungen verzichtet, tatsächlich hast Du sogar auf Eitel Sonnenschein verzichtet und alles noch schlimmer gemacht. Nun sage ich jedoch bewusst: „Ich finde es besser“ und nicht: „Ich finde es gut.“ Denn ich finde es sehr … wörtlich. Außerdem halte ich es für einen etwas uninspirierten Twist, dass gerade im Albtraum der Prot wieder in seinen schlechten Zustand gerät. D.h., dass nichts, das von außen kommt, ihn dazu treibt, sondern dass das alles praktisch zufällig ist, weil seine Neuronen eben gerade so feuern.

Ich überlege gerade, ob ich da interpretatorisch plötzlich einer heißen Sache auf der Spur bin. Neurologen hast Du schließlich auch erwähnt. Außerdem ziehst Du, obgleich das Teufelchen jetzt weg ist, in den Albträumen immer Parallelen zur Hölle – übrigens viel besser und düsterer als mit dem Teufelchen –, und deshalb glaube ich fast, dass Du gar nicht sagen willst, dass das Drängen zufällig durch einen Albtraum entsteht. Sondern dass dieser Albtraum nichts Zufälliges an sich hat, sondern von … einer höheren oder tieferen Macht gesendet wurde. Das ist faszinierend, ich glaube aber, Du könntest es wirklich deutlicher herausarbeiten, wenn Du Deinen Prot in den Träumen schon vorher in Gefahr bringst. Zuvor ist er nur ein Beobachter von Vorgängen, die ihn nichts angehen: Sträflinge, die von Rissen gefressen werden. Ich würde ihn da persönlich involvieren, die Bedrohung greifbarer, schrecklicher machen. Da kannst Du das Ende besser vorbereiten, und ich empfinde es nicht als unangemessen übertrieben.

Ich glaube, Du bist da einer höllischen Sache auf der Spur. Insgesamt: Gut gemacht! Die Verbesserungen haben sich auf jeden Fall gelohnt.

Übrigens möchte ich Dich noch einmal ermutigen, auf den Ratschlag von Nichtgeburtstagskind zu hören. Hier im Forum wirst Du es immer wieder erleben, dass jemand sagt: Show, don’t tell! Du könntest eine größere Wirkung entfalten, wenn Du uns zeigst, wie die beiden nicht über Probleme reden. Lass sie am Abendbrottisch sitzen.

Ella: „Wie war dein Tag?“
Prot: „Gut.“
Ella: „Irgendwas Besonderes vorgefallen?“
Prot: „Nein.“
– Schweigen.

Das ist das, was mir spontan einfällt. Probiere es einfach mal aus, die Dinge nicht nur zu erklären, sondern auch szenisch darzustellen.

Viele Grüße,
Maria

 

Hallo Maria,

hab gerade vier Stunden weitergeschnippelt. Die Zeit habe ich mir genommen, musste einfach sein.
Der Formschnitt ist jetzt noch radikaler ausgefallen, ein Riss ist komplett weg, einige Träume sind hinzugekommen, ebenso Dialoge ...

Du hast Dich stattdessen für Albträume entschieden. Das ist okay. Ich finde die Albträume sogar sehr gelungen, obgleich ich ein bisschen schade finde, dass sie nichts mit Deinem Prot selbst zu tun haben. Es kommen Risse vor, die Leute verschlingen, und Du deutest dort etwas Höllisches an, aber niemals läuft der Prot selbst in Gefahr, verschlungen zu werden

Du hast Dich stattdessen für Albträume entschieden. Das ist okay. Ich finde die Albträume sogar sehr gelungen, obgleich ich ein bisschen schade finde, dass sie nichts mit Deinem Prot selbst zu tun haben. Es kommen Risse vor, die Leute verschlingen, und Du deutest dort etwas Höllisches an, aber niemals läuft der Prot selbst in Gefahr, verschlungen zu werden

Danke für die Unmenge wertvoller Tipps. Neben den vielen kleineren war der absolut Wichtigste für mich, dass der Prot in die Albträume einbezogen werden sollte. Hab ich gemacht, gefällt mir so wirklich gut.

Ich glaube, Du bist da einer höllischen Sache auf der Spur. Insgesamt: Gut gemacht! Die Verbesserungen haben sich auf jeden Fall gelohnt.

Ich hab diese Story eingestellt, weil ich wusste, dass irgendetwas faul daran ist. ich wusste aber nicht was. Dank dir bin ich da weiter.

Mach kein Monster aus Deiner Geschichte. Bleib Dir selbst treu. Wenn Du meine Kritik für gut und richtig hältst, dann tu was, aber frage Dich immer, wie sehr Du Dich selbst noch in dem Endprodukt siehst. Wenn Du Dich selbst komplett verlierst, ist niemandem geholfen.

Ehrlich gesagt, ich bin total happy und lechze nach Feedback. Nicht aus Eitelkeit, sondern einfach weil das die einzige Chance ist, das Geschreibsel wirklich zu verbessern. Meine Story bleibt meine Story, ich schreibe nichts, um irgendwem gerecht zu werden. No worries ...

Gute Nacht und DANKE!
Andreas

 

Hallo, linktofink

Ich finde, Du hast zwei Verbesserungen vorgenommen, die Deiner Geschichte wirklich helfen. Erstens hast Du mehr Szenen geschrieben, nicht bloß Vorgänge erklärt. Das haucht allem deutlich mehr Leben ein. Zweitens kommt Dein Prot selbst in seinen Albträumen vor – und die Vorgänge daraus haben Auswirkungen auf die reale Welt. Das ist einiges wert, verstärkt die Bedrohung deutlich.

Diesmal sind mir noch eine Reihe von Flüchtigkeitsfehlern aufgefallen. Beim wiederholten Lesen ist mir aber v.a. aufgefallen, dass Du häufig umständlich, umgangssprachlich, unsauber und unsicher formulierst. Weiß nicht, warum mir das vorher nicht so stark ins Auge gesprungen ist. Vielleicht sind das aber auch alles neue Stellen, und hier zeigt sich, dass Du die Verbesserungen innerhalb eines Tages vorgenommen hast.

Ich würde Dir dringend raten, Dir für Überarbeitungen mehr Zeit zu nehmen. Schreibe einen oder zwei oder drei Tage lang (so lange, wie Du brauchst), lege die Geschichte für einen Tag beiseite und lies sie dann aufmerksam durch, um alle Fehler und sprachlichen Unsauberkeiten auszumerzen. Keiner hier drängt Dich, innerhalb eines Tages alle Überarbeitungen zu machen.

Sie hatte die Tür einen Spalt offen und hielt nur die Nase in die kalte Morgenluft.

„Sie stand in der halb geöffneten Tür“, klingt besser.

"Bis heute Abend", sagte ich ohne eine Antwort abzuwarten und schlich durchs Gartentor.

Komma vor „ohne“ und nach „abzuwarten“.

"Ach, nix besonders, alles wie immer", log ich und setzte eine gelangweilte Miene auf. Meine Frau hasste nichts mehr, als wenn ich sie mit Problemen behelligte.

Ich finde es ein bisschen komisch, dass ein Mensch, der so sorgsam ist wie Dein Prot, „nix“ statt „nichts“ sagt. „Besonderes“ wird hier großgeschrieben. „nix besonders“, ginge zwar, klingt aber komisch. „Nichts Besonderes“, wäre schön. Dieses „als wenn“ ist auch eher unschön. Wie wäre es mit: „Meine Frau hasste nichts mehr, als mit Problemen behelligt zu werden.“ Oder: „Meine Frau hasste es, wenn ich sie mit Problemen behelligte.“

Mein Herz raste und ich spürte die Stellen, wo ich getroffen worden war.

„spürte“ ist hier so unspezifisch. Was hältst Du von „die Stellen, wo ich getroffen worden war, schmerzten“?

Irgendwie war ihr Entsetzen nicht ganz gespielt.

Dieser Satz ist … Da stimmt einfach alles nicht. Ob sie Entsetzen spielt oder nicht, kann Dein Prot nur ahnen. „Irgendwie“, solltest Du so wenig wie möglich benutzen. Besser: „Ich ahnte, dass ihr Entsetzen nicht gänzlich/nicht ausschließlich gespielt war.“

Mich ließ das Gefühl nicht los, sie war froh, dass ich das Haus verließ.

Also, wenn überhaupt, dann: „Mich ließ das Gefühl nicht los, dass sie froh war, dass ich das Haus verließ.“ Aber: Steht Dein Prot hier auf und geht raus? Mitten in der Nacht? Wohin? Ist das nicht ungehörig für einen peniblen Mann wie ihn, nachts durch die Straßen zu schleichen?

Als ich nach vorne gehen wollte, legte ich mich der Länge nach hin.

Warum denn „legen“? Ist ja nichts Sanftes. Ich nehme an, das ist Umgangssprache. „schlug ich der Länge nach hin.“ Bäm!

ich schlug in den Boden, als ginge es um mein Leben.

Also erstmal werden Satzanfänge natürlich groß geschrieben. Dann: „Ich schlug in den Boden …“ Na ja. Die Formulierung ist auch nicht so ganz das Wahre. Wie wäre es mit: "Ich grub mich in den Boden, als ginge es um mein Leben." Das hat was Dämonisches.

Nicht nur mein Pyjama war an Brust und Rücken durchgeschwitzt, sondern ich hatte auch blutig gescheuerte Fesseln und es klingelte in meinem Ohr.

„ich hatte auch blutig gescheuerte Fesseln“, klingt nicht schön. Ich verstehe, dass Du „waren meine Fesseln blutig gescheuert“, aufgrund einer Doppelung von „war/waren“ nicht schreiben willst, aber denk über den Satz nochmal nach. Der ist echt sperrig.

Ich maß glatte 1,0 mm, sofern ich das mit zitternden Fingern konnte.

Klingt wieder etwas unbeholfen. Wie wäre: „Mit meinen zitternden Fingern maß ich glatte 1,0 mm.“

Immerhin handelte es sich um ein Zehntel Millimeter.

„einen“, denke ich. Bin mir aber unsicher.

Vermutlich sah der Rest so aus wie bei meinem Kollegen, der einen Steinwurf entfernt Wache schob.

Also, hier hältst Du Deine Leser aber schon für arg dämlich. Und es klingt wieder so unbeholfen: „Vermutlich sah der Rest aus wie …“ Nein, nein, nein. Streich das einfach.

Den ganzen Tag war ich abgelenkt, konnte an kaum etwas anderes denken, als daran, ob es nachmittags wieder ein Zehntel mehr sein würde.

Kein Komma vor „als“.

Ich fiel sofort um und stürzte rudernd in gallertartige Schwärze, die mich glucksend erstickte.

„Ich fiel sofort um“, klingt so niedlich. Streich das. „Ich stürzte rudernd in gallertartige …“ Reicht völlig aus.

ärztlicher Check durch Neurologe, unbezahlter Urlaub, Wellnesskur, Kunsttherapie, etc.

„Check durch einen Neurologen“ (das mit dem Arzt ist sonst etwas doppelt gemoppelt, der richtige Fall und ein Artikel wären schön). Und keine Abkürzungen!

Die Waage zeigte 59 Kilos.

SEHR umgangssprachlich. 59 Kilogramm. Oder Kilo.

Das war’s erstmal von mir. Ich glaube, Du hast die Geschichte sehr gut weiterentwickelt von der ersten Version zu dieser. Ich stelle mir Deinen Prot jetzt auch ganz anders vor. In der ersten Version war er für mich ein kugeliger, eigentlich komischer Mann mit einem Teufelchen auf der Schulter. Jetzt ist er dünn und abgekämpft, blickt sich ständig gehetzt um, und man sieht ihm an, dass er wenig schläft. Diese Veränderungen hast Du also schon herbeigeführt.

Jetzt aber ran an Flüchtigkeitsfehler und Formulierungsunsauberkeiten! Make it work!

Viele Grüße,
Maria

 

Hallo Maria,

manchmal kann ich nicht warten. Wenn es mich packt, muss ich sofort schreiben. Dementsprechend müde und unpräzise war ich gestern Nacht. Werde deine Liste jetzt abarbeiten :lol:

Danke nochmal, werde deine Story jetzt auch lesen

Andreas

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo linktofink,

Vor allem, da ich weiß, dass du das Handwerk beherrscht und mir gute Hinweise geben kannst, wenn du dich drauf einlässt.
Freut mich, dass du das so siehst, aber von „Handwerk beherrschen“ bin ich meilenweit entfernt. Aber ich habe schon einiges gelernt, seit dem ich hier im Forum bin.
Und ich versuche dieses Erlernte natürlich bestmöglich weiterzugeben. :)

Den Satz werde ich unbedingt lassen, weil ich genau solche Menschen kenne, deren Leben komplett durchstrukturiert ist und bei denen ein kleines unvorhergesehenes Problemchen reicht, damit sie austicken und aus der Spur geraten. Das ist der Ursprung der Story.
Das verstehe ich und es ist super, wenn du den Satz für dich als Ursprung gesetzt hast. Dem Leser solltest aber genau das durch deine Geschichte vermitteln und nicht so vorkauen. Wäre es nicht viel cooler, wenn der Leser am Ende auch diesen Gedanken im Kopf hat, aber von alleine drauf gekommen ist?

Leicht gezackt fraß er sich durch die Giebelwand meines Hauses. Wie ein in Stein gebrannter Blitz mit kleinen Verästelungen Richtung Boden.
Find ich gut.

Mit offenem Mund stand ich davor
Das finde ich etwas übertrieben, irgendwie albern.

Ein regelmäßiges Plätschern
Bei Plätschern denke ich an einen Bach oder wenigstens ein Rinnsal. Hier geht es aber nur um vereinzelte Tropfen aus dem Müllbeutel, oder? Würde ich abkürzen.

Und ich hatte die unheilvolle Ahnung, dass das so bleiben würde.
Ich fänds ja eher gruselig, wenn so ein Riss einfach wieder verschwinden würde... :p

Hier einige Textstellen, die ich meiner Meinung nach weg können ohne dass etwas verloren geht:

Was sollte ich auch sagen? Ich wusste ja selbst nicht mehr.
Bis zu dem Zeitpunkt lebte ich mein geregeltes Leben vor mich hin, gleichförmig ohne große Ausschläge nach oben oder unten, doch nun spürte ich sie, die ersten Anzeichen einer leichten Verunsicherung. Zunächst nur ein kleiner Splitter unter der Haut, der mehr störte, als wehtat.
Fragen drängten sich auf. Bohrende, hässliche Fragen.
zugegeben, eine einigermaßen sinnlose Geste.
Eigentlich eine unverfängliche Frage, doch ich war auf der Hut.
Ein Großteil der Statik meines Lebens beruhte auf der größtmöglichen Negierung von Konflikten. Bislang war ich damit ganz gut gefahren. Das sollte sich nun ändern.
Was konnte ich auch sagen, ohne unsere stillschweigende Vereinbarung zu brechen?
Er tat mir nicht den Gefallen, von selbst zu verschwinden. Eigentlich hätte mich das auch gewundert. Denn warum sollte es mit ihm anders sein als mit den meisten anderen Problemen, die hartnäckig überdauern, solange man sich ihrer nicht annimmt?
Den ganzen Tag war ich abgelenkt, konnte an kaum etwas anderes denken als daran, ob es nachmittags wieder ein Zehntel mehr sein würde.
Meine Arbeitsleistung litt natürlich. Wie konnte es auch anders sein? Schlafmangel und Sorgen reduzierten die Zahl der bearbeiteten Anträge auf Anfängerniveau.

Sie schwieg. Mich ließ das Gefühl nicht los, dass sie erleichtert sein würde, wenn ich in wenigen Stunden das Haus verließ.
Wie kommt er auf das Gefühl? Lass den Leser seine eigenen Schlüsse ziehen. Vielleicht einfach:
Sie schwieg und ich sah nur noch ihren kalten Rücken.

"Los, weiter!" zischte mein Hintermann.
Da fehlt ein Komma nach "Los, weiter!"

Vorder-und Hintermann.
Leerzeichen vor und

Ich finde du schreibst flüssig und man der Geschichte gut folgen, aber mir zieht sich, dass alles zu sehr in die Länge. Du kannst die Geschichte schon um einiges knackiger machen, indem du die Erzählteile entfernst.
Aber ich überlege, ob man die vielen Träume und das verschwitzte Aufwachen immer wieder braucht? Aber ich bin eh kein Traumfan, ist vielleicht Geschmackssache.
Dieser Messwahnsinn und dass unter dem Riss Arbeit und Ehe leiden finde ich gut gemacht. Das Ende finde ich fast zu harmlos. Vielleicht träumt er auch, dass Elisa für den Riss verantwortlich ist und er bringt sie um? Dann hätte man auch den Bezug zu dem Riss in seinem Leben.

Ich hoffe das hilft dir weiter.

Liebe Grüße,
NGK

 

Hallo NGK,

danke für dein Eintauchen in die Story.

Freut mich, dass du das so siehst, aber von „Handwerk beherrschen“ bin ich meilenweit entfernt. Aber ich habe schon einiges gelernt, seit dem ich hier im Forum bin.
Und ich versuche dieses Erlernte natürlich bestmöglich weiterzugeben.

Meine persönliche Meinung ist, dass eine Story dann funktioniert, wenn sie es schafft, den Leser zu angeln. Und dann ist mir egal, ob jemand Novize, fortgeschritten oder Pro ist.

Danke für deine vielen Hinweise.

Mit offenem Mund stand ich davor
Staunend stand ich davor ...

Ein regelmäßiges Plätschern
Ein regelmäßiges Tropfen in der Nähe ließ mich aufhorchen.

Bis zu dem Zeitpunkt lebte ich mein geregeltes Leben vor mich hin, gleichförmig ohne große Ausschläge nach oben oder unten, doch nun spürte ich sie, die ersten Anzeichen einer leichten Verunsicherung. Zunächst nur ein kleiner Splitter unter der Haut, der mehr störte, als wehtat.
Habe ich gestrichen.

zugegeben, eine einigermaßen sinnlose Geste.
Ist weg.

Die ZS ist ebenfalls korrigiert.

Das Ende habe ich offener gelassen, der Bagger ist weg. Ich denke, so ist es besser.

Ich hab meine KG nochmal geprüft und stelle fest, dass meine Bereitschaft zu Änderungen jetzt langsam abnimmt. Aus der ursprünglichen Story ist etwas Anderes gewachsen und das packe ich erst einmal in den Reifeschrank. Zeit, eine neue Story einzustellen!


Liebe Grüße, linktofink

 

@linktofink So, auf der Suche nach einem Humor-Text von dir kam ich auf dieses Teil. Leider ohne Teufelchen, die hätt ich spannend gefunden.

Das Positive: Die Geschichte zog mich gut rein, die Formuliereungen unterhielten mich, und die Spannung, was als nächstes kommt, also der Bogen, war hoch.

Einzig, der Anfang war mir zu lang - viel zu lang.
Wenn ich deinen Text auf der Bühne lesen würde, würde ich die beiden ersten Absätze lapidar mit einem Satz ersetzen - analog zu Kafkas ersten Satz im Prozess: "Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet" - "Ich entdeckte den Riss auf dem Weg zur Mülltonne hinter der Gartenmauer." Kurz und heftig das Problem in sein Leben gekackt.
(Die Schuhe ganz weg,, die Beschreibung des Risses kurz danach.)

Die Geschichte nimmt ab da die Fahrt auf, und jetzt wirklich:

Keine Einbildung, der Riss war noch da. Und ich hatte die unheilvolle Ahnung, dass er bleiben würde.
Jetzt ist klar, das wird er nicht wieder los.
:thumbsup:

Ging meine Phantasie mit mir durch und machte ich aus einem Fliegenschiss ein Verhängnis? Möglich, doch die vage Möglichkeit, dass es etwas Ernstes sein könnte, nagte ab jetzt an mir.
Den Fliegenschiss-Nebensatz kannst du weglassen, denn du zeigst im Verlauf der Geschichte, dass die Sorgen und Lösungen des Protagonisten das "Problem" bei Weitem übertreffen.

Am Nachmittag war der Riss unverändert, wie ich nach der Arbeit feststellte, als ich wie zufällig durch den Garten zur Hintertür schlenderte. Er tat mir nicht den Gefallen, von selbst zu verschwinden. Eigentlich hätte mich das auch gewundert. Denn warum sollte es mit ihm anders sein als mit den meisten anderen Problemen, die hartnäckig überdauern, solange man sich ihrer nicht annimmt?
Natürlich ist er nicht verschwunden, niemand erwartet das. Die Hoffnung, es könne gegen jede Erfahrung zu sein, kenn ich aber durchaus. Der Zahn tut weh, aber morgen könnt er ja wieder in Ordnung sein ...
Der letzte Satz muss nicht sein.

Zu meiner Beruhigung redete ich mir ein, dass er wenigstens nicht größer geworden war. Das hoffte ich zumindest, doch wie konnte ich sicher sein, ohne verlässliche Daten? Also begann ich damit, den Riss penibel zu vermessen und die Ergebnisse zu dokumentieren.
An diesem Tag, nennen wir ihn Tag zwei, war er 0,9 mm breit. Gemessen mit einem digitalen Messschieber, unter Zuhilfenahme eines Vergrößerungsglases, um die Ränder exakt zu erfassen. Ich versuchte zu verfolgen, wie weit der Riss sich ins Mauerwerk fraß, doch in etwa drei Meter Höhe verschwand er unter der Verkleidung, die unseren Giebel verschönerte.
Ja, das gefällt mir; jetzt wird der Fokus komplett da drauf gelegt. Das Vermessen beginnt, der Teufelskreis startet, der Untergang schickt erste Grüße.
:thumbsup:

Diesmal zertrümmerten sie keine Steine, sondern schlugen Spitzhacken in den Boden. Und ich war dabei.
"Und ich war dabei" - Lustig!

Als ich die Beine hinabschaute, sah ich rote Striemen auf meinen blutig gescheuerten Fesseln. Mein einziger Trost war, dass ich wenigstens Elisa nicht geschlagen hatte.
Tatsächlich gruselig, der Traum bricht ein in die Realität. Ist altbekannt, das Motiv, hier funzt es, weil man es wirklich gar nicht erwartet!

Anscheinend war das ebenso unausweichlich wie die Vorschläge, die er mir unterbreitete: Check durch einen Neurologen, unbezahlter Urlaub, Wellnesskur, Kunsttherapie, etc..
Ich wusste natürlich, nichts von alledem würde mir helfen. Nicht ich war das Problem, sondern der Riss in der Hauswand, der mir den letzten Nerv raubte. An Tag siebzehn war er 2,5 mm breit. Ich war bereit, das Haus zu verkaufen.
Wunderbar, wie er weiterhin fehlgeht in seiner Wahrnehmung und Interpretation der Lage.
Schön gruselige Eskalation.

Wenige Tage später kam er mit schwerem Gerät vorgefahren und begann, den Boden entlang der kompletten Giebelwand abzutragen. Erst auf Höhe der Grundplatte schien er genug zu haben.
So, das macht Spaß!

Da hatte er jedoch schon das Telefonkabel versehentlich durchtrennt, was dazu führte, dass das Verhältnis zu meiner Frau keineswegs einfacher wurde
Weiter in der Eskalation! ("keineswegs" würde ich mit "nicht" ersetzen, klingt in meinem Ohr stärker)

...

Zum Ende: dass die letzte Eskalation dermaßen horrormäßig im Traum geschieht, gefällt mir nicht optimal. Wenn das Surreale reinschwappt in das Echtleben und dort die Eskalation vorantreibt, gefällt mir das besser: Den Job verliert er - seine Ehe könnte auch noch geschreddert werden - und dann - könnte der Riss im Haus tatsächlich unergründlicherweise wieder kleiner werden - oder - das ganze Haus fällt tatsächlich in sich zusammen. Wobei Ersteres der härtere Schluss wär.


Gruß

 

Hey @FlicFlac,

jetzt kommt mein Erstling hier nochmal ans Tageslicht. Das ist ein merkwürdiges Gefühl, weil so viel Strecke dazwischenliegt. Ich hab schon ewig nicht mehr da reingeschaut. Lass mal schauen.

So, auf der Suche nach einem Humor-Text von dir kam ich auf dieses Teil. Leider ohne Teufelchen, die hätt ich spannend gefunden.
Damit würde ich heute auch anders umgehen, damals hab ich sie ohne Not gekillt.
Das Positive: Die Geschichte zog mich gut rein, die Formuliereungen unterhielten mich, und die Spannung, was als nächstes kommt, also der Bogen, war hoch.
Ja, der Bogen war ein Problem, da die Spannung zu halten, ich hab da auch schon kräftig gestrafft. Aber wie ich sehe:
Einzig, der Anfang war mir zu lang - viel zu lang.
noch nicht genug. :D
"Ich entdeckte den Riss auf dem Weg zur Mülltonne hinter der Gartenmauer." Kurz und heftig das Problem in sein Leben gekackt.
(Die Schuhe ganz weg,, die Beschreibung des Risses kurz danach.)
So gekackt wäre vielleicht brauchbar. Schaue ich mir an, danke für den Vorschlag.
Die Geschichte nimmt ab da die Fahrt auf, und jetzt wirklich:
Keine Einbildung, der Riss war noch da. Und ich hatte die unheilvolle Ahnung, dass er bleiben würde.
Jetzt ist klar, das wird er nicht wieder los.
:thumbsup:
Danke, an dem Text habe ich damals viel gearbeitet, schön zu lesen, dass das streckenweise funzt.
Ging meine Phantasie mit mir durch und machte ich aus einem Fliegenschiss ein Verhängnis? Möglich, doch die vage Möglichkeit, dass es etwas Ernstes sein könnte, nagte ab jetzt an mir.
Den Fliegenschiss-Nebensatz kannst du weglassen, denn du zeigst im Verlauf der Geschichte, dass die Sorgen und Lösungen des Protagonisten das "Problem" bei Weitem übertreffen.
Ja, der Erklärbär, so ganz weg isser auch heute noch nicht.
Am Nachmittag war der Riss unverändert, wie ich nach der Arbeit feststellte, als ich wie zufällig durch den Garten zur Hintertür schlenderte. Er tat mir nicht den Gefallen, von selbst zu verschwinden. Eigentlich hätte mich das auch gewundert. Denn warum sollte es mit ihm anders sein als mit den meisten anderen Problemen, die hartnäckig überdauern, solange man sich ihrer nicht annimmt?
Natürlich ist er nicht verschwunden, niemand erwartet das. Die Hoffnung, es könne gegen jede Erfahrung zu sein, kenn ich aber durchaus. Der Zahn tut weh, aber morgen könnt er ja wieder in Ordnung sein ...
Der letzte Satz muss nicht sein.
Stimmt, könnte man anders lösen, diese Irrsinnige Hoffnung anders rüberbringen.
Ja, das gefällt mir; jetzt wird der Fokus komplett da drauf gelegt. Das Vermessen beginnt, der Teufelskreis startet, der Untergang schickt erste Grüße.
:thumbsup:
Schön, dass es dich reinzieht.
Wunderbar, wie er weiterhin fehlgeht in seiner Wahrnehmung und Interpretation der Lage.
Schön gruselige Eskalation.
Ja, das habe ich gemocht beim Schreiben, das immer weiter zu treiben.
Zum Ende: dass die letzte Eskalation dermaßen horrormäßig im Traum geschieht, gefällt mir nicht optimal. Wenn das Surreale reinschwappt in das Echtleben und dort die Eskalation vorantreibt, gefällt mir das besser: Den Job verliert er - seine Ehe könnte auch noch geschreddert werden - und dann - könnte der Riss im Haus tatsächlich unergründlicherweise wieder kleiner werden - oder - das ganze Haus fällt tatsächlich in sich zusammen. Wobei Ersteres der härtere Schluss wär.
Die Traumauflösung würde ich heute auch nicht mehr schreiben. Was du vorschlägst, ist allemal besser und handfester. Mal sehen, ob ich da nochmal einen Packan dran bekomme und vor allem die Schreiblust, mich um den Text zu kümmern. Obwohl Eskalation macht schon Spaß.
Peace und Danke, l2f

 

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