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- 09.09.2007
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Der Schutzengel
Der Schutzengel
Klara schaltete wütend den Fernseher aus:“ Nur Scheißdreck!“,
Sie zog ihre Jacke an. Ein schneller Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es noch nicht so
spät war. Sie zog sich ihre Turnschuhe an und betrachtete sich dann im Spiegel. Sie war eine kleine, zierliche Frau, die als “total normal“ eingestuft wurde. Über sie sah man hinweg, sie fiel nie auf. Klara band sich ihre braunen Haare zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen. „Du hast ein Scheißleben.“, flüsterte sie dabei ihrem Spiegelbild zu. „Mann weg, Kind tot, Eltern tot, keine Freunde, arbeitslos. Scheißleben!“. Wahrscheinlich würde es niemand merken, wenn sie hier in ihrer Wohnung verrecken würde.
Über den Spiegel hatte sie ihren Schutzengel gehängt. Ein Tonengel mit vergoldeten Flügeln. „Wer glaubt schon noch an Schutzengel?! Ich jedenfalls nicht mehr, schon lange nicht mehr...“, murmelte sie und ging nach draußen. Das abendliche Joggen tat ihr schon immer gut. Heute nicht. „Was hat mein Leben für einen Sinn?“, flüsterte sie. Plötzlich sank sie weinend in die Knie. Sie konnte nicht mehr. Sie wurde nicht mehr fertig mit ihrem Leben.
Plötzlich Motorgeräusch. Helles Licht, zu helles Licht. Sie spürte den Aufprall mit dem Auto. Einen großen Schmerz..
Die Frau schaffte es nicht mehr aufzuspringen. Sie sah jemanden neben sich. War es ein Mann, eine Frau? Das Wesen leuchtete und hatte etwas auf dem Rücken etwas was wie zwei riesige.... Es waren zwei riesige Flügel. „Wer bist du?“, flüsterte sie. Aus der Ferne hörte sie Sirenen und Menschenstimmen. Das Wesen lächelte: „Klara, ich bin dein Schutzengel.“ Sie zweifelte nicht einen Moment an seinen Worten. Die Frau spürte wie sie hochgehoben wurde und in einen Wagen geschoben wurde. Der Engel hielt ihre Hand. Sie spürte sie nicht, aber sie sah sie. Plötzlich rannten ihr heiße Tränen die Backe herunter. „Wo warst du die ganze Zeit, die ganze Scheißzeit. Wo warst du?“, flüsterte sie. Der Engel schaute sie lange und traurig an.
„Du hast aufgehört an mich zu glauben, Klara!“. Sie spürte wie der Wagen anhielt und sie herausgeschoben wurde. „Was machen sie mit mir?“, flüsterte die Frau. Wieder schaute sie der Engel lange an. „Sie werden dich operieren. Aber keine Angst. Ich bleibe bei dir, die ganze Zeit. Ich werde deine Hand halten.“ Klara nickte. Um sie herum standen viele Menschen mit grünen Kitteln. Der Engel ließ ihre Hand nicht los. „Keine Angst. Du wirst wieder gesund!“. Klara weinte: „Ich möchte nicht wieder gesund werden.“ Der Engel zögerte lange. „Bitte nehme mich mit!“, flehte sie. „Was erwartet mich hier? Mein Scheißleben... Bitte nehme mich mit!“. Der Engel zog sie hoch. Plötzlich wurde der Raum von lauten Piepgeräuschen erfüllt. Der Engel hielt ihre Hand, führte sie fort. Die Menschen in den Kitteln fuchtelten wie wild herum. Die Geräusche hörten auf. „Sie ist tot,“ flüsterte ein Mann. Aber das hörte Klara bereits nicht mehr.