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Der Sonnenuntergang

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01.02.2021
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Der Sonnenuntergang

Als eine junge Frau den Strand betrat, versank sie in eine in Rot getauchte Welt. Die Sonne, kurz bevor sie im Wasser tauchte und die wenigen Wolken, die sie begleiteten. Selbst der weiße Strand, wo die sanften Wellen schäumten, war von dem Abendrot durchdrungen.
Die junge Frau ging durch die Menschenmenge. Längst hatten sich die Leute im Anblick verloren.
Sie wollte sich jedoch nicht zu ihnen setzten, sondern sich auf der Felseninsel alleine erholen.
Als sie durch das Wasser watete, kreischten die Möwen über ihr.
Was für ein schrecklicher Tag!
Immer noch hallte Anettes Ruf durch ihren Kopf: «Iiiih! Seht euch die an!»
Das darauffolgende Gelächter über ihre schwarz gefärbten Haare wiederholte sich in ihren Gedanken und jedes Mal fühlte sie sich weniger verstanden.
«Die sieht ja aus wie ein Vampir!»

Inzwischen war sie bereits so tief im Wasser, dass sie schwimmen musste. Ein Vampir! Hör auf, dachte sich die junge Frau. Das Rot, im Himmel und im Wasser, leuchtete überwältigend. Und die dämliche Anette hatte hier nichts verloren.
Sie versuchte, gedanklich Abstand zu nehmen; vom Strand war sie bereits ein gutes Stück entfernt. Wie herrlich still es war. Sie hörte nur das leise Plätschern ihrer eigenen Bewegungen.
Da vorne befand sich die Insel, eingetaucht im flammenden Rot des Sonnenuntergangs. Sie war klein und felsig. Dort war es nicht bequem, aber das spielte keine Rolle. Hier fand sie ihren Frieden.
Behutsam stieg sie an Land und setzte sich. Seltsam, überlegte sie sich. Seit ich ins Meer gegangen bin, scheint die Sonne nicht tiefer gesunken zu sein.
Ihre Nackenhaare sträubten sich plötzlich. Sie spürte einen Blick im Nacken.
Einen Moment wog sie ab, ob sie sich drehen sollte, aber sie kam sich bei diesem Gedanken blöd vor. Es war still auf der Insel. Nicht mal den Wind hörte sie. Wär’ etwas gekommen, um sie zu beobachten, dann hätte sie dieses Etwas bemerkt. Man gelangte nicht geräuschlos auf die Felseninsel.
Sie fixierte die Sonne, aber das Gefühl, beobachtet zu werden, steigerte sich. Schliesslich warf sie einen Blick über ihre Schulter.

Da war nichts. Sie wandte sich wieder der Sonne zu. Sollte sie zum Strand zurück? Irgendetwas hier gefiel ihr nicht. Sie senkte ihren Blick auf das Wasser.
Falls es ein «Etwas» gab, dass sie beobachtete, dann konnte dieses «Etwas» ja unter der Wasseroberfläche lauern. Ein Lachen entwich ihren Lippen und sie schüttelte ihren Kopf. Was für paranoide Ideen! Selbst ein Hai im Wasser konnte sie ja nicht an Land beobachten.
Nein, hier gab es nichts. Hier waren nur sie, die Felsen, das Meer und der Sonnenuntergang.
Und doch, ehe sie ihren Gedanken beendet hatte, fühlte sie einen Blick auf sich ruhen. Als ob jemand sie über den Nacken streichelte. Ruckartig stand sie auf und wirbelte herum. Da war nichts!
«Wer ist da?», rief sie in die Stille.
Keine Antwort. Natürlich nicht. Es war ja niemand da!
Entspann dich endlich! Sie setzte sich abermals hin und tauchte ihre Zehen ins Wasser.
«Sie hat sich keinen Millimeter bewegt», flüsterte sie, wieder dem Sonnenuntergang zugewandt.

Dann hörte sie ein Summen.
Ein Mann, mit kurzen Haaren, muskulös und gebräunt, stand vor ihr im Meer. Die junge Frau erschreckte sich und zog ihre Füße aus dem Wasser. Wo war der hergekommen?
Er hörte auf die Melodie zu summen, lächelte und winkte ihr zu.
«Wer bist du?», fragte sie ihn und wich noch etwas mehr zurück.
Er kam näher, ohne dabei mit den Händen zu schwimmen.
Jetzt sah sie seine Augen. Sie waren dunkelblau und strahlten eine wilde Schönheit aus, die sie noch nie gesehen hatte.
«Magst du diesen Ort?», fragte er, als er nahe genug war. Seine Stimme klang sanft und tief.
«Wer bist du?», beharrte sie auf ihrer Frage und verschränkte die Arme.
«Das spielt doch keine Rolle», sagte der Mann. Er schenkte ihr erneut ein einladendes Lächeln und die junge Frau konnte nicht anders als zurück zu lächeln.
«Wichtig ist doch nur, dass wir beide hier sind. Was für eine schöne Fügung des Schicksals! Wir beide während dieses Augenblicks!»
Er deutete auf den Sonnenuntergang.
«Und? Magst du diesen Ort?», wiederholte auch der junge Mann seine Frage.
Einen Moment zögerte sie, ehe sie erwiderte: «Ja, ich mag diesen Ort. Hier fühle ich mich frei. Frei von den Zwängen der Anderen. Hier bin ich aus ihrem Käfig.»
«Ihr Käfig?»
Die Frau nickte und überlegte zuerst, ob sie darauf eingehen sollte. «Ja, ihr Käfig. Geschmiedet aus ihrem urteilenden Blick.»
Der Mann schenkte ihr ein freudiges Lächeln.
«Ja, das verstehe ich. Es gibt wohl keinen Ort auf der Welt, der mehr Freiheit bietet, als der weite und tiefe Ozean.»
Sie erwiderte nichts und in der Stille wurde ihr bewusst, wie lautlos es auf der Insel war. Es fühlte sich in diesem Moment sehr einsam an. Sie wandte ihren Blick von dem Kerl ab und schaute die Sonne an. Noch immer hatte sie sich nicht bewegt.

«Möchtest du nicht ins Wasser kommen?», schlug der Mann vor. «Es ist wirklich sehr angenehm.»
«Ich bleibe noch etwas hier», antwortete sie kleinlaut.
Der Mann war hübsch, dachte sich die Frau, aber vielleicht war er etwas zu hübsch.
Er streckte ihr eine Hand entgegen. «Ach, komm schon! Komm ins Wasser! Ich verspreche dir, du wirst dich wie neugeboren fühlen, wenn wir etwas zusammen schwimmen.»
Sie schüttelte den Kopf.
«Nein.»
«Du brauchst doch keine Angst zu haben. Ich werde auf dich aufpassen! Ich bin ein sehr guter Schwimmer», versicherte er ihr und schenkte ihr nochmals ein Lächeln.
«Ich kenne eine geheime Stelle, die dir sicher gefallen wird.»
Die junge Frau blickte ihm wieder in seine Augen. Diese dunkelblauen Augen! Die Wellen rauschten leise und rhythmisch, wobei das Rauschen immer etwas lauter wurde. Endlich stellte sich in ihr die Entspannung ein, für die sie zu der Insel gekommen war. Sie lauschte dem Wind und den Möwen. Die Geräusche wiegelten sie langsam in eine friedvolle Gelassenheit.
Ihre Augenlider wurden schwerer. Sie lag in ihren Gedanken am Strand, auf einer Insel fern der Welt. Sie lag in seinen Armen und er streichelte sie sanft. Die Wärme seines Körpers gab ihr Geborgenheit.
«Komm doch», flüsterte er ihr ins Ohr, «komm zu mir ins Wasser.»
Sie setzte, etwas gedankenverloren, zum Sprung ins kühle Nass an. In letzter Sekunde hielt sie aber inne. Tief in ihrem Innern stemmte sich etwas dagegen. Es war kein Gedanke, kein Satz der sich in ihrem Kopf formte, sondern ein Gefühl, dass Widerstand auslöste.
Entschieden wandte sie ihren Blick ab und starrte auf ihre Füße. Auf einmal verstummten die Geräusche.
«Warum willst du nicht kommen? I-Ich fühle doch, wie du verletzt bist. Du sehnst dich doch nach Gesellschaft, die dich so nimmt, wie du bist.»
Sein Gesicht spiegelte seine Enttäuschung wider. Sie antwortete nichts und wich seinem Blick aus. Es fühlte sich erwärmend an, mit ihm zu sprechen. Als sie ihn wieder ansah, versuchte er wieder Augenkontakt herzustellen.
«Ich verspreche dir», sagte er, «dass ich dich lieben werde. Genauso, wie du bist. Von diesem Moment bis in alle Ewigkeit. Ich erkenne deine Schönheit! Ich habe dich ausgewählt.»

Vermutlich, dachte sie, laufe ich gerade rot an. Sein Lächeln wurde zum Grinsen. Er streckte ihr abermals seine Hand entgegen.
«Komm mit mir, komm mit mir in den Ozean.»
Sie nickte, aber gab ihm ihre Hand nicht. Stattdessen ließ sie ihren Blick auf den Grund des Meeres schweifen. Weil die ganze Umgebung so rot leuchtete, war es ihr bisher nicht aufgefallen. Unten, tief im Wasser, schimmerte etwas Grünes.
Gestalten schwammen um steinerne und teils eingefallene Häuser. Grüne Kristalle in Türmen erleuchteten sie. Sie konnte ihren Augen kaum trauen. Vorher hatte es dort nur Felsen gegeben, aber sicher keine Ruinen-Stadt. Woher kam die?
«Kommst du von dort?», wollte sie von ihm wissen und deutete dorthin.
Der Mann nickte.
«Gut, ich sage dir die Wahrheit. Das ist meine Heimat: Atlantis.»
«Atlantis?», lachte die junge Frau. «Erzähl keine Märchen!»
Der Mann schüttelte den Kopf: «Ich habe dir mein Herz gegeben, Liebste. Niemals könnte ich dich anlügen.»
«Unser Volk verliess vor mehr als 10'000 Jahren diese Welt. Wir flohen vor dem Tod durch Hunger, Krieg und Krankheit. Damals war ich noch ein Kind.»
«Ein Kind?», erkundigte sich die junge Frau. Die ganze Geschichte wirkte unglaubwürdig. Und trotzdem, dachte sie sich, konnte sie die Stadt am Grund sehen. Sie war gross, es gab Plätze, Tempel und auch Statuen. Ringförmig erstreckte sie sich über den Meeresgrund. Ihre Ausmasse mussten jede heute existierende Stadt bei weitem übertreffen.
«Ja, in unserem Exil fanden wir die Unsterblichkeit, nach der wir strebten.»
Sie schwieg einen Moment, sagte dann aber: «Bei uns erzählt man sich die Geschichte anders. Man sagt, Atlantis versank im Meer, weil die Götter es für ihre Sünden bestraften.»
Da lachte der Mann auf.
«Bestraften? Unsere Sünde war, dass wir selbst Götter wurden. Sieh her!»
Er hab seine Hand und schloss die Augen. Einige Sekunden später hielt er ein Feuer in der Hand. Im Schein der Flamme flackerten seine Augen schwarz.
«Der Bann der Stadt löst sich alle tausend Jahren für einen Sonnenuntergang, so dass wir Menschen auswählen und zu uns einladen können. Und ich habe dich ausgewählt. Glaub mir, es gibt noch viele Wunde, die ich dir zeigen möchte!»

Die Frau warf nochmal einen Blick auf Atlantis mit seinen Türmen und Plätzen. Da waren bleiche Gestalten, welche in die Stadt schwammen. Aus der Ferne erkannte sie es nicht gut, aber sie wirkten nicht menschlich. Ihre Gliedmassen waren zu lang und manche von ihnen fehlten. Waren Teile dieser unsterblichen Leiber teilweise abgefault?
Schwimmende Leichen, dachte sie sich. Von der Vorstellung angeekelt blickte sie wieder auf den hübschen Mann vor ihr. Als sie ihn ansah, spürte sie wieder die Wärme in ihr.
«Komm jetzt, Liebste», rief er. «Wir müssen uns beeilen.»
Er hob erneut seine Hand und sie die ihre. Sie zögerte, in seine Griffnähe zu gelangen. Wieder blickte sie in seine Augen. Sie waren so überwältigend, aber auch voller Ungeduld. Eigentlich mag ich seine Gegenwart ja, gestand sie sich ein. Wieder begann sie das Rauschen des Meeres zu hören.
«Komm mit mir», hörte sie seine Stimme in Gedanken. «Zusammen werden wir glücklich.»
Sie sah vor ihrem geistigen Auge, wie sie in seine Arme sprang und sie im Wasser schwammen. Engumschlungen küssten sie sich.
«Komm jetzt! Das Zeitfenster schliesst sich, wenn die Sonne untergegangen ist. Ich kann den Sonnenuntergang nicht ewig hinauszögern; das Beschwören des Feuers hat mich zu viel Kraft gekostet.»
Sie schloss die Augen. Wollte sie wirklich nach Atlantis gehen? In die Stadt der Unsterblichen am Grund des Meeres. Sie stellte sich vor, wie sie durch die Stadt schwamm. Schön war sie, schön und verfallen. Jahrhunderte lang würde sie mit ihm, der sie ausgewählt hatte, in den Ruinen leben. Feuer und Blitz würde sie beschwören können. Menschen wie Anette würden es nie wieder wagen über sie zu lästern. Und eines fernen Tages wäre sie eine der schwimmenden Leichen, welche die Menschen alle Tausend Jahre von der Meeresoberfläche aus sehen konnten.
«Nein», erwiderte sie. «Ich will nicht mit dir gehen.»
Der Mann schlug auf die Wasseroberfläche. «Warum nicht? Du kannst ein sorgenfreies Leben haben und dazu noch die Unsterblichkeit. Das ist es doch, wonach sich die Menschen sehnen!»
Die Sonne berührte jetzt die Meeresoberfläche am Horizont.
«Das stimmt», sagte sie, ohne ihren Blick von der Sonne abzuwenden. «Aber was du mir versprichst, das ist nichts anderes als einen Käfig. Ein anderer und ewiger Käfig, der sich wohl nie wieder öffnen lässt.»
«Aber Liebste», schrie er sie an. «Ich habe dich ausgewählt!»
«Nein», erwiderte sie bestimmt. «Mein Mann wird keine Leiche sein. Und ich will kein Vampir sein.»
«Jetzt reicht es! Die Zeit läuft mir davon!», brüllte er und versank im Wasser.
Erleichtert atmete die junge Frau auf. Zum Glück war er weg. Sie blickte auf die Sonne. Seit er gegangen war, hatte sich das Versinken der Sonne normalisiert. Es vergingen einige Minuten und die junge Frau beruhigte sich. Wenn man den Worten des Atlanters glauben schenken konnte, würde der Spuk gleich vorbei sein. Die Sonne war schon fast untergegangen. Das Rot war intensiver geworden und ihr Kopf war angenehm leer.

Ein Plätschern zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Ehe sie reagieren konnte, spürte sie, wie Seile auf sie niederfielen.
«Als ob du jemals eine Wahl gehabt hättest!», rief er und zog das Netz zu. Atmen, schoss es ihr durch den Kopf. Du musst atmen! Als sie sich aus ihrer Starre löste, griff sie sich an einen Felsen, aber er zog so an dem Seil, dass sie sich nicht halten konnte. Sie fiel ins Wasser.
Er stand grinsend neben ihr und zog das Netz weiter zu. «Gehen wir endlich nach Hause.»
Dann tauchte er hinab und zog sie mit sich. Sie wollte schreien, spürte aber nur, wie das Salzwasser ihren Mund füllte. Im Netz war es eng, aber trotzdem versuchte sie daran zu reissen.
Irgendwie musste sie doch entkommen können!
Als sie etwas tiefer waren, hielt er inne. Er schwamm zu ihr und packte sie mit seinen Pranken. Jetzt erkannte sie ihren Entführer. Er war überhaupt nicht mehr hübsch. Teile seiner grauen Haut hatten sich gelöst und waberten in der Strömung. An seinen Zähnen hingen noch Fleischreste und sein Gesicht liess kaum noch menschliche Züge erkennen.
Grässlich wie ein Anglerfisch.
Er näherte sich ihrem Kopf. Sie spürte seine Zunge auf ihren Lippen. Sie wollte sich abwenden, aber er hielt sie fest. Seine Zunge drang ein und er küsste sie. Und wie er das tat, fühlte sie, wie etwas, eine Art flüssige Energie, in ihren Mund tropfte. Er füllte ihren Mund und die Flüssigkeit rann ihre Kehle runter. Einige Augenblicke später rumorte es in ihrem Bauch. Es fühlte sich an, als müsste sie sich gleich übergeben. Dann prickelte es an ihrem ganzen Körper. Sie wollte sich krümmen, aber das liess er nicht zu. Kleine Luftbläschen entwichen ihrer Haut und hüllten sie komplett ein. Sie sah nur noch die Bläschen und seine schwarzen Augen.
Plötzlich konnte sie atmen. Sie wollte ihren Hals berühren um sich zu vergewissern, ob da Kiemen waren, aber er hielt sie noch immer fest umklammert.
Er streichelte ihr Gesicht und löste sich von ihr.
«Jetzt gehörst du mir.»
Er tauchte tiefer, rasch der grün leuchtenden Stadt entgegen und zog sie im Netz mit sich. Stoß um Stoß kam sie Atlantis näher.
Dann war es dunkel. Die Sonne war untergegangen. Die Stadt verschwand in einen Schatten. Nur noch Felsen waren an ihrer Stelle.
«Nein!», rief das Meeresmonster und beugte sich vor Schmerzen.
Es löste sich in Luftbläschen auf. Dort wo er sich befunden hatte, schwamm jetzt Schlamm im Wasser.
Die junge Frau versuchte sich aus dem Netz zu befreien, aber es war zu eng, um zu schwimmen. Ungesehen sank sie hinab, als eine der Unsterblichen, aber nicht an die Stadt gebundenen.

Im Haus der jungen Frau lief seit Stunden unbeachtet ein Fernseher.
«An den Küstenregionen sind in der heutigen Dämmerung tausende Menschen verschwunden. Obwohl der Sprecher der Polizei in erster Linie beruhigen wollte, musste er einräumen, dass es noch keine Erklärung dafür gibt. Er kündigte die grösste Suchaktion in der Geschichte unseres Landes an. In den Innenstädten versammeln sich derzeit Tausende besorgte Familienangehörige, welche um ihre Liebsten bangen.»

 
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Hi @Lazar,
ich finde die Geschichte an sich auch gut und mag die Idee. Allerdings gibt es mE nach noch einige Stellen, an denen du etwas nachjustieren könntest. Vielleicht kannst du ja was mit meinen Eindrücken anfangen :)

Es war alles rot. Die Sonne, kurz bevor sie im Wasser versank und die wenigen Wolken, die sie begleiteten. Selbst der weiße Strand war von dem Abendrot durchdrungen.
Den ersten Satz finde ich zu platt. Eher "die Welt versank im Rot" oder so. Die nachfolgenden Sätze beschreiben die Szenerie besser.
«Iiiih! Seht euch die an!»
Das ist mir immer wieder aufgefallen. Du nutzt für Gedanken dieselbe Schrift wie für den normalen Text. So kann ich als Leser schlechter zwischen beidem unterscheiden. Ich schreibe Gedanken kursiv, aber das ist wahrscheinlich Geschmackssache.
Die junge Frau jedoch wollte sich nicht in den Sand setzen, sondern zur Felseninsel.
Als sie durch das Wasser watete, kreischten die Möwen über ihr.
Da habe ich gar nicht verstanden, was die überhaupt bei der Felseninsel will. Anscheinend ist es ihr Rückzugsort, aber da es vorher um diese Anette und die Vampir-Aussage ging (und du den Tag Fantasy gewählt hast), dachte ich zu Beginn, dass die Prota selbst übernatürlich ist. Aber ist ist wohl ein normaler Mensch und will einfach so zur Insel?
Sie versuchte, sich zu entspannen; vom Strand war sie bereits ein gutes Stück entfernt. Wie herrlich still es war. Sie hörte nur das leise Plätschern ihrer eigenen Bewegungen.
Das stelle ich mir schwierig vor. Eine größere Distanz im Meer trotz Wellen etc. entspannt zu schwimmen.
«Sie hat sich keinen Millimeter bewegt», flüsterte sie, wieder dem Sonnenuntergang zugewandt.
Spannend, das macht Lust auf mehr.
«Magst du diesen Ort», fragte er, als er nahe genug war. Seine Stimme klang sanft und tief.
«Wer bist du?», beharrte sie und verschränkte die Arme.
Bei der ersten Frage hast du das Fragezeichen weggelassen, bei der zweiten ist es da.
Wir beide während diesems Augenblicks
«Ja, ich mag diesen Ort. Hier fühle ich mich frei. Frei von den Zwängen der Anderen.»
Das solltest du auf jeden Fall erklären. Dann könnte ich mich als Leser besser mit der Prota identifizieren.
Sie erwiderte nichts und in der Stille wurde ihr bewusst, wie tonlos es auf der Insel war.
Und wie fühlt sie sich mit dieser Erkenntnis?
Sie setzte, etwas gedankenverloren, zum Sprung ins kühle Nass an. In letzter Sekunde hielt sie aber inne.
Entschieden wandte sie ihren Blick ab und starrte auf ihre Füssße. Auf einmal verstummten die Geräusche.
Wütend schlug er auf die Wasseroberfläche.
«Warum willst du nicht kommen? I-Ich fühle doch, wie du verletzt bist. Du sehnst dich doch nach Gesellschaft, die dich so nimmt, wie du bist.»
Sie antwortete nichts und wich seinem Blick aus. Es fühlte sich erwärmend an, mit ihm zu sprechen. Als sie ihn wieder ansah, versuchte er wieder einen Augenkontakt herzustellen.
«Ich verspreche dir», sagte er, «dass ich dich lieben werde. Genauso, wie du bist. Von diesem Moment bis in alle Ewigkeit. Ich erkenne deine Schönheit! Ich habe dich ausgewählt.»
Das kam irgendwie recht schnell. Der Übergang zwischen Verführung und Wut kann fließender sein. Du könntest aucb mehr erklären, wie sie sich einlullen lässt.
Stattdessen liessß sie
Gestalten schwammen um… grün erhellte Häuser? Noch nie hatte sie bemerkt, dass es dieser Stelle eine Ruine gab.
Sie war schon so oft da und hat die offensichtliche grüne Unterwasserstadt nie gesehen? Vielleicht kurz sagen, dass sie sonst "unsichtbar" ist.
«Kommst du von dort?», wollte sie von ihm wissen und deutete dorthin.
Der Mann nickte.
«Gut, ich sage dir die Wahrheit. Das ist meine Heimat: Atlantis. Vor über 10'000 Jahren verliessen wir diese Welt. Uns schien es in dieser von Krieg, Hunger, Krankheit und Elend zerrütteten Welt keine Zukunft zu geben. In unserem Exil am Meeresgrund fanden wir die Unsterblichkeit, nach der wir strebten. Nur alle tausend Jahre löst sich der Bann, so dass wir… Menschen auswählen und zu uns einladen können. Und dich habe ich dafür ausgewählt.»
Also die Atlantis-Idee ist auf jeden Fall gut. Der Übergang allerdings mE nicht so. Hier haust du einen Absatz rein, in dem du die blanken Fakten erklärst. Das hätten die beiden doch langsamer im Gespräch oder in einer weiteren Szene herausarbeiten können.
Sie hatten bemerkenswert verformte Körper. Waren die Leiber dieser Unsterblichen teilweise abgefault?
Auch hier erfolgt die Erkenntnis etwas platt. Sie könnte die Wesen erst beschreiben und dann erkennen.
Außerdem: wie fühlt sie sich damit? Mindestens dezent erschrocken, oder?
«Komm jetzt! Das Zeitfenster schliesst sich, wenn die Sonne untergegangen ist!»
«Nein», erwiderte sie. «Ich will nicht mit dir gehen.»
Warum auf einmal nicht? Ich stelle es mir schon so vor, dass er sie einlullen kann und in seinen Bann zieht. Wie kommt sie dazu, dem zu widerstehen?
Ein Plätschern zog ihre Aufmerksamkeit auf sich.
Da war er wieder. Und sein einnehmendes Lächeln hatte sich in ein fieses Grinsen verwandelt.
Da musste ich lachen. Das klingt so "hm, okay, er ist weg" eine Sekunde später "ach, da issa ja wieder!"
«Als ob du jemals eine Wahl gehabt hättest!», rief er und warf sein Fangnetz auf die Frau.
Das Netz hatte sie umschlossen und er zog es zu. Sie versuchte, sich zu befreien. Sie klammerte sich an einen Felsen, aber er zog so ruckartig an dem Seil, dass sie sich nicht halten konnte. Er war unglaublich stark.
Auch hier wirkt das Ganze ungewollt komisch. Ich hatte mittlerweile den Eindruck, dass du beim Schreiben die Geduld verloren hast und die Handlung schneller voranbringen wolltest. Dabei hast du auch die Emotionen vergessen. Dabei hat die Geschichte, finde ich, vom Stil her gut angefangen.
Stoß um Stoß kam sie Atlantis näher.
Dann war es dunkel. Die Sonne war untergegangen. Die Stadt verschwand. Nur noch Felsen waren an ihrer Stelle.
«Nein!», rief das Wassermonster und es beugte sich vor Schmerzen.
«Neeeeein!»
Er löste sich in Luftbläschen auf.
Das mit der Sonne verstehe ich nicht ganz. Erst geht sie nicht unter, bleibt sozusagen stehen und jetzt ist sie plötzlich doch weg.

Jaaa, also insgesamt hat die Geschichte gut angefangen und ich habe gemerkt, dass du dir Mühe mit dem Ganzen gegeben hast. Da hat das Lesen Spaß gemacht. Zum Ende hin wurde es aber immer schneller, unemotional und ungewollt komisch. Soweit mein Eindruck, vielleicht konnte ich dir damit ja weiterhelfen :)

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag,
Waldläufer

 

Hallo @Lazar

Schön, dass Du deine Geschichte hier teilst. Ich habe sie gerne gelesen. Leider wurde ich aufgrund der Tags etwas fehlgeleitet, denn eine Horror-Geschichte im klassischen Sinne ist das mit Sicherheit nicht, dafür fehlen ihr sämtliche Horror-Elemente. Fantasy hingegen passt meiner Meinung nach gut.

Ich denke, dein Schreibstil ist grösstenteils relativ einfach gehalten, das muss aber nicht schlecht sein, mir persönlich dürfte er jedoch etwas gehaltvoller ausfallen. Ich konnte die Geschichte an einem Stück lesen und bin nur sehr selten irgendwo gestockt. An gewissen Stellen arbeitest Du mit Tell, da könntest Du noch mehr Richtung Show gehen. Nachfolgend ein paar Beispiele dazu.

Die Idee, die deiner Geschichte zugrunde liegt, finde ich nett. Damit mich die Geschichte überzeugen kann, müsstest Du diese aber intensiver schildern. Ansonsten plätschert die Handlung etwas belanglos vor sich her und steuert ohne nennenswerte Highlights auf das Finale zu. Das Ende hingegen, wo dann alle diese Menschen verschwunden sind, fand ich in Ordnung, aber auch da könntest Du vielleicht noch etwas mehr herausholen und den Impact vergrössern. Ist aber rein persönliches Empfinden.

Textlich noch ein paar Anmerkungen von Dingen, die mir aufgefallen sind. Ich hoffe, Du kannst damit was anfangen.

Es war alles rot.
Der erste Satz gefällt mir nicht. Wie Waldläufer schon angemerkt hat, finde auch ich ihn zu platt formuliert. Vielleicht mit dem zweiten Satz verbinden?

Immer noch hallte Anettes Ruf durch ihren Kopf wider: «Iiiih! Seht euch die an!»
wider würde ich streichen, braucht es meiner Meinung nach nicht.

Sie tauchte, mit ihren seit gestern schwarzen Haaren, ins Wasser ein.
Das sie sich gestern die Haare hat schwarz färben lassen, wirkt hier ungünstig dazwischengeschoben. Vielleicht kannst Du diese Info woanders unterbringen, hier hat es mich irgendwie im Leseflow gestört.

Plötzlich packte die junge Frau ein unangenehmes Gefühl.
Das ist tell. Vielleicht fällt Dir etwas ein, wie Du das unangenehme Gefühl zeigen kannst, sodass der Leser es nicht vorgekaut kriegt, sondern von selbst darauf kommt, wie sie sich im Moment fühlt.

Und doch, ehe sie ihren Gedanken beendet hatte, nahm sie es wieder wahr.
Wie nimmt sie das Starren den wahr? Bohrt sich ein Blick in ihren Nacken o.ä.? Das könntest Du meiner Meinung nach etwas deutlicher schildern.

Sie setzte sich abermals hin und spielte mit ihren Zehen an der Meeresoberfläche.
Ich hätte geschrieben: [...] spielte mit ihren Zehen auf der Meeresoberfläche.

Und dann war er da.
Der Atlanter wird hier zu platt eingeführt. Ich würde mir bei seinem Auftauchen noch etwas anderes überlegen, also zumindest, wie Du ihn in die Geschichte einführen kannst. Lass ihn irgendwie anders erscheinen, vielleicht etwas mystischer und geheimnisvoller.

«Wer bist du?», beharrte sie und verschränkte die Arme.
Das beharrte sie gefällt mir nicht so recht. Sie fragt ja jetzt erst und beharrt nicht auf irgendwas. Würde ich umformulieren bzw. einen passenderen Ausdruck verwenden.

«Und? Magst du diesen Ort?», wiederholte auch der junge Mann seine Frage.
Wer hat sonst noch eine Frage wiederholt? Die Prota hat ja bisher nur eine Frage gestellt und diese nicht wiederholt ...

Sie erwiderte nichts und in der Stille wurde ihr bewusst, wie tonlos es auf der Insel war.
Tonlos? Das passt nicht ganz. Vielleicht geräuschlos?

«Möchtest du nicht ins Wasser kommen?», schlug der Mann vor,[PUNKT statt Komma] «Es ist wirklich sehr angenehm.»

«Ich bleibe noch etwas hier», antwortete sie ein wenig kleinlaut.
Ein wenig weg, das ist nur Füllmaterial.

Als sie ihn wieder ansah, versuchte er wieder einen Augenkontakt herzustellen.

Gestalten schwammen um… grün erhellte Häuser?
Leerzeichen zwischen letzten Wort und den drei Punkten. Hast Du an anderen Stellen auch noch drin. Grün erhellte Häuser finde ich wieder etwas zu platt. Allgemein denke ich, könntest Du Atlantis eingehender und intensiver beschreiben, so kann ich es mir nur schlecht vorstellen.

Noch nie hatte sie bemerkt, dass es dieser Stelle eine Ruine gab.
an oder bei fehlt, Satz ist unvollständig.

Grüne Türme und Gestalten, welche einem Schwarm gleich um die Stadt schwammen.
Das könnte man auch so lesen, dass die Türme ebenfalls um die Stadt schwammen. Würde ich vielleicht anders formulieren.

Sie hatten bemerkenswert verformte Körper. Waren die Leiber dieser Unsterblichen teilweise abgefault?
Eine etwas schwammige Beschreibung. Würde ich genauer ausarbeiten, genau hier könnte doch der fehlende Horror etwas eingearbeitet werden. Unter "bemerkenswert verformten Körpern" kann ich mir nichts vorstellen, da brauchst Du eine genauere Beschreibung, um bei mir Bilder zu generieren.

Eigentlich mag ich seine Gegenwart ja.
Das klingt wie ein Satz, den der Autor sagen würde. Ich denke zwar, es sind die Gedanken der Frau, aber ich bin darüber gestolpert, weil ich erst dachte: Hä, wieso wird jetzt hier die Perspektive geändert?

Wieso bewegt sich die Sonne erst längere Zeit nicht und plötzlich geht sie hier so schnell unter? Das habe ich irgendwie nicht verstanden. Ist es, weil der Atlanter abtaucht und die Sonne bzw. das Licht mit sich nimmt?

Da war er wieder.
Wieder die gleiche Bemerkung, wie als er zum ersten Mal auftaucht: Das liest sich einfach nicht schön.

Sie schmeckte das Salzwasser auf ihrer Zunge und versuchte herumfuchtelnd wieder zur Oberfläche zu schwimmen.
Kann man herumfuchtelnd schwimmen? Kann man unter Wasser überhaupt herumfuchteln? Das Wort passt hier nicht.

Seine spitzen Zähne, an denen Fleischreste hingen, liessen kaum mehr menschliche Züge erkennen.
Sie will also rein an seinen Zähnen menschliche Züge ablesen? Menschliche Züge umfassen doch normalerweise das gesamte Gesicht ...

«Liebste… Ich und auch mein Volk werden dich wirklich gernhaben. Du wirst uns nützlich sein.»
Das fand ich eher belustigend als irgend etwas anderes. Sollte es bedrohlich wirken? Das klappt leider an dieser Stelle nicht.

Danke für diese Geschichte, Lazar. Ich habe sie trotz der Kritikpunkte gerne gelesen.

Atlantische Grüsse
DM

 

Hallo @Sebastian79MS

Vielen Dank für dein Feedback und ebenfalls vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, die Geschichte zu lesen. Es freut mich, dass du sie spannend gefunden hast.

Hallo @Waldläufer

Auch dir möchte ich gerne für dein Feedback danken und dafür, dass du dir die Zeit dafür genommen hast. Ich habe mir heute Nachmittag die Zeit genommen und die Geschichte bereits etwas nach deinem und DMs Feedback überarbeitet und sie auch bereits im ersten Post ausgetauscht. Aber leider ging es mir dann wie dem Atlanter und ich hatte keine Zeit mehr dir zu antworten. Da ich aber im Gegensatz zu ihm den Sonnenuntergang überlebt habe, möchte ich das natürlich jetzt nachholen.
Deine kleineren Anmerkungen habe ich bereits übernommen. Die grösseren auch teilweise. Bei einigen muss ich mir aber noch etwas mehr Gedanken machen. Die jetztige Version ist zwar sicher (oder hoffentlich) besser als die vorherige, aber es wird sicher nicht die letzte sein. Ich werde daher im folgenden nicht auf jeden einzelnen deiner Punkte eingehen, was aber natürlich nicht bedeuten soll, dass ich sie nicht geschätzt habe.

Das ist mir immer wieder aufgefallen. Du nutzt für Gedanken dieselbe Schrift wie für den normalen Text. So kann ich als Leser schlechter zwischen beidem unterscheiden. Ich schreibe Gedanken kursiv, aber das ist wahrscheinlich Geschmackssache.
Ja, ich mag das nicht sonderlich, wenn man Gedanken kursiv schreibt. Ich bin halt von Büchern geprägt worden, wo das nicht gemacht wurde. Jedoch überlege ich es mir noch, wie ich damit verfahren will. DM hatte ja auch geschrieben, dass er von einem Gedanken verwirrt war. Ursprünglich war das auch weniger im Text vorhanden, das hatte ich eigentlich erst relativ spät hinzugefügt, weil ich dachte, dass ich damit das Erlebte noch besser aus der Sicht der Hauptperson ausdrücken kann.

Da habe ich gar nicht verstanden, was die überhaupt bei der Felseninsel will. Anscheinend ist es ihr Rückzugsort, aber da es vorher um diese Anette und die Vampir-Aussage ging (und du den Tag Fantasy gewählt hast), dachte ich zu Beginn, dass die Prota selbst übernatürlich ist. Aber ist ist wohl ein normaler Mensch und will einfach so zur Insel?
Ich habe die Stelle geändert. Hoffentlich ist es jetzt etwas klarer. Ja, sie ist nicht übernatürlich, sie möchte nur zur Insel um dort etwas abzuschalten. Übernatürlich ist nur der Typ.

Also die Atlantis-Idee ist auf jeden Fall gut. Der Übergang allerdings mE nicht so. Hier haust du einen Absatz rein, in dem du die blanken Fakten erklärst. Das hätten die beiden doch langsamer im Gespräch oder in einer weiteren Szene herausarbeiten können.
Ja, das sehe ich ein, dass dieser Monolog zu viel Fakten auf einmal erklärt. Ich habe daher daraus ein Gespräch gemacht sowie noch die Erkärung mit der Sonne damit verwoben. Warum sie sinkt, beantworte ich ansonsten weiter unten bei DM. Dort geht es etwas praktischer. In der nächsten Version werde ich dieses Gespräch aber sicher nochmal überarbeiten.

Auch hier wirkt das Ganze ungewollt komisch. Ich hatte mittlerweile den Eindruck, dass du beim Schreiben die Geduld verloren hast und die Handlung schneller voranbringen wolltest. Dabei hast du auch die Emotionen vergessen. Dabei hat die Geschichte, finde ich, vom Stil her gut angefangen.
Ja, das sollte natürlich nicht ungewollt komisch sein. :) Aber es war nicht so, dass ich die Geduld beim Schreiben verloren hatte. Es war eher so, dass ich Angst hatte, dass die Geschichte zu lang wird, deshalb wollte ich es kürzer halten. Auch beim Anfang, bevor sie ins Wasser geht, hatte ich zig verschiedene Versionen geschrieben und vieles wieder weg gelöscht. Aber das war offensichtlich beim späteren Teil nicht so gut. Ich habe auch diese Stelle neu und ausführlicher geschrieben, sowie auch ansonsten vieles ab dem Einlullen.

Vielen Dank nochmal für deine Anmerkungen, du hast mir damit wirklich geholfen. :)

Hallo @DissoziativesMedium

Auch dir vielen Dank für dein Feedback und dafür, dass du dir die Zeit dafür genommen hast. Wie bei Waldläufer habe ich auch viele deiner Punkte bereits beim Überarbeiten heute Nachmittag berücksichtigt. Daher möchte ich auch dir sagen, dass ich alle deine Punkte gelesen und beim überarbeiten bedacht habe, aber hier nicht auf jeden einzelnen eingehen möchte. Bei einigen Sachen möchte ich mir aber noch mehr Gedanken für die nächste Version machen.

Der Atlanter wird hier zu platt eingeführt. Ich würde mir bei seinem Auftauchen noch etwas anderes überlegen, also zumindest, wie Du ihn in die Geschichte einführen kannst. Lass ihn irgendwie anders erscheinen, vielleicht etwas mystischer und geheimnisvoller.
Wieder die gleiche Bemerkung, wie als er zum ersten Mal auftaucht: Das liest sich einfach nicht schön.

Die beiden Sätze sind eigentlich so kurz, weil er als Antwort auf das zuvor zweimal vorkommende "Aber da war niemand" gedacht sind. Ich möchte ihn schon nicht "platt" einführen, aber schon "plötzlich". Mystisch und geheimnisvoller eigentlich lieber nicht. Man weiss an dieser Stelle ja noch nicht, was es mit dem Mann auf sich hat und das sollte auch nicht bereits allzu klar so früh gezeigt werden. Ich habe die Stelle trotzdem geändert, aber so wirklich zufrieden bin ich damit noch nicht. Vielleicht kommt mir noch eine bessere Idee.

Das beharrte sie gefällt mir nicht so recht. Sie fragt ja jetzt erst und beharrt nicht auf irgendwas. Würde ich umformulieren bzw. einen passenderen Ausdruck verwenden.
Wer hat sonst noch eine Frage wiederholt? Die Prota hat ja bisher nur eine Frage gestellt und diese nicht wiederholt ...

Der Typ taucht auf und sie weicht zurück. Dabei fragt sie "Wer bist du?". Er kommt näher und fragt sie, ob es ihr hier gefällt. Sie beharrt dann auf ihrer Frage. Er weicht der Antwort aus und stellt seine Frage nochmal. Dann lässt sie sich auf das Gespräch ein. Ich habe diese Abschnitt zwar auch etwas geändert, aber eigentlich war das vorher auch bereits in dieser Reihenfolge ;)

Wieso bewegt sich die Sonne erst längere Zeit nicht und plötzlich geht sie hier so schnell unter? Das habe ich irgendwie nicht verstanden. Ist es, weil der Atlanter abtaucht und die Sonne bzw. das Licht mit sich nimmt?

Das wollte ich eben nicht direkt schreiben, damit es "mystisch und geheimnisvoller" ist. Aber da das nur verwirrt, war es wohl keine schlaue Idee. Ich habe es bei der Überarbeitung klarer eingebaut und es noch mit der Hintergrundgeschichte von Atlantis sowie einer "Protzaktion" verwoben. Die Sonne sinkt tatsächlich erst nachdem der Atlanter abtaucht. Er nimmt das Licht aber nicht mit, sondern kann es unterhalb des Wassers nicht mehr beeinflussen. Sie haben die Dämmerung verängert, damit sie mehr Zeit haben Menschen "einzuladen". Er hat wie ein "Wirkungsradius" und er sorgt auch, um sein Opfer besser zu isolieren, für die verstummten Geräusche. Beim Strand selber wirkt es noch nicht, daher hört sie dort noch die Möwen.

Vielen Dank dir auch nochmal für deine hilfreichen Tipps.

Liebe Grüsse,
Lazar

 

Vorneweg: Die Geschichte gefällt mir. Spannend ...

Die Enttäuschung und Frustration aus der Menschenwelt, dann die Verführung in ein anderes Leben und die Wendung zum Schluss. Gut.

Ein paar Anmerkungen / Kritik habe ich auch. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist hier bei den Wortkriegern ehrliche und direkte Kritik gewünscht.

Als eine junge Frau den Strand betrat, versank sie in eine in Rot getauchte Welt. Die Sonne, kurz bevor sie im Wasser tauchte und die wenigen Wolken, die sie begleiteten. Selbst der weiße Strand, wo die sanften Wellen schäumten, war von dem Abendrot durchdrungen.
Da es die konkrete Geschichte der jungen Frau ist, würde es mir hier besser gefallen, wenn du "die junge Frau" schreibst (auch später).

Mit der "in Rot getauchte(n)" Welt kann ich sprachlich nicht so viel anfangen. Vor allem, weil sie darin "versinkt".

... die sanften Wellen schäumten, klingt widersprüchlich.


Die junge Frau ging durch die Menschenmenge. Längst hatten sich die Leute im Anblick verloren.
Sie wollte sich jedoch nicht zu ihnen setzten, sondern sich auf der Felseninsel alleine erholen.
Als sie durch das Wasser watete, kreischten die Möwen über ihr.
Was für ein schrecklicher Tag!
Hier würde ich die Menschen erwähnen, bevor sie durch die Menge geht.
Etwa so: Am Strand tummelten sich viele Menschen, gerade jetzt, zum Sonnenuntergang.

Dann bräuchte es - denke ich - einen Absatz. Der Tag ist ja nicht wegen der Möwen schrecklich.

Was für ein Tag. Immer noch ...

Immer noch hallte Anettes Ruf durch ihren Kopf: «Iiiih! Seht euch die an!»
Das darauffolgende Gelächter über ihre schwarz gefärbten Haare wiederholte sich in ihren Gedanken und jedes Mal fühlte sie sich weniger verstanden.
«Die sieht ja aus wie ein Vampir!»
Ich stolpere immer wieder darüber, wenn Erinnerungen durch den Kopf "hallen". Der Kopf sollte ja nicht hohl sein, also kein Hall. Außerdem ist die Formulierung ziemlich abgegriffen. Wenn, dann so etwas wie "hallte immer noch nach".

Sie versuchte, gedanklich Abstand zu nehmen; vom Strand war sie bereits ein gutes Stück entfernt. Wie herrlich still es war. Sie hörte nur das leise Plätschern ihrer eigenen Bewegungen.
Das gefällt mir.
Falls es ein «Etwas» gab, dass sie beobachtete, dann konnte dieses «Etwas» ja unter der Wasseroberfläche lauern. Ein Lachen entwich ihren Lippen und sie schüttelte ihren Kopf. Was für paranoide Ideen! Selbst ein Hai im Wasser konnte sie ja nicht an Land beobachten.
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber wenn Beschreibung und Gedanken bei einer Erzählung aus der zweiten Person so gemischt sind, dann würde ich es leichter finden, wenn die Gedanken kursiv sind. Bei Ich-Erzählern ist das wohl anders.
«Sie hat sich keinen Millimeter bewegt», flüsterte sie, wieder dem Sonnenuntergang zugewandt.
Den Gedanken, dass die Zeit stehen bleibt, finde ich interessant. Ich glaube aber, es wäre für den Leser leichter, wenn Du sie erst blicken und dann flüstern lässt.

Sie blickte wieder zur Sonne. Dann runzelte sie die Stirn. "Sie hat sich keinen Millimeter bewegt", flüsterte sie.

Dann hörte sie ein Summen.
Hier habe ich an ein technisches Summen gedacht. Mir würde es helfen, wenn Du das umformulierst, z.B. so:

Das war der Moment, in dem sie leise Melodie hinter sich hörte ... oder
das melodische Summen hinter sich hörte.

Ein Mann, mit kurzen Haaren, muskulös und gebräunt, stand vor ihr im Meer. Die junge Frau erschreckte sich und zog ihre Füße aus dem Wasser. Wo war der hergekommen?
Er hörte auf die Melodie zu summen, lächelte und winkte ihr zu.
Das ist gut "stand vor ihr im Meer". Das deutet an, was später klar wird: Er ist ein Wassermensch.

Die Verführung usw. überspringe ich mal, denn ich finde eine Interpretation der Atlanter wirklich gelungen. "Unsterblich", mit der Macht von Göttern, aber verwest, verfault. Nur alle 1000 Jahre sichtbar für die Menschenwelt. Tolles Konzept, wirklich beeindruckend. Es hat ein wenig 'was vom Cthulu-Mythos. Und du könntest Dir bei H.P. Lovecraft Anregungen holen, wie man Grauen und Horrer erzeugt und steigert.

Jahrhunderte lang würde sie mit ihm, der sie ausgewählt hatte, in den Ruinen leben. Feuer und Blitz würde sie beschwören können. Menschen wie Anette würden es nie wieder wagen über sie zu lästern. Und eines fernen Tages wäre sie eine der schwimmenden Leichen, welche die Menschen alle Tausend Jahre von der Meeresoberfläche aus sehen konnten.
Hier wird der Konflikt für mein Gefühl nicht deutlich genug. Statt "Und eines fernen .." müsste mindestens ein "Aber" stehen. Und eine Emotion nach dem Satz spürbar werden.
Er tauchte tiefer, rasch der grün leuchtenden Stadt entgegen und zog sie im Netz mit sich. Stoß um Stoß kam sie Atlantis näher.
Stoß um Stoß? Darüber stolpere ich, das ist noch nicht eindrücklich genug. "Mit jedem Schwimmzug kam Atlantis unaufhaltsam näher ..." Oder so.
Nein!», rief das Meeresmonster und beugte sich vor Schmerzen.
Es löste sich in Luftbläschen auf. Dort wo er sich befunden hatte, schwamm jetzt Schlamm im Wasser.
Die junge Frau versuchte sich aus dem Netz zu befreien, aber es war zu eng, um zu schwimmen. Ungesehen sank sie hinab, als eine der Unsterblichen, aber nicht an die Stadt gebundenen.
Statt "beugte" würde ich hier "krümmte" einsetzen.

Und ich würde ihr Sinken und die damit verbundene Verzweiflung (oder ihre Freiheit, wenn sie es doch schafft) noch deutlicher zeigen.

Im Haus der jungen Frau lief seit Stunden unbeachtet ein Fernseher.
«An den Küstenregionen sind in der heutigen Dämmerung tausende Menschen verschwunden. Obwohl der Sprecher der Polizei in erster Linie beruhigen wollte, musste er einräumen, dass es noch keine Erklärung dafür gibt. Er kündigte die grösste Suchaktion in der Geschichte unseres Landes an. In den Innenstädten versammeln sich derzeit Tausende besorgte Familienangehörige, welche um ihre Liebsten bangen.»
"Im Haus der jungen Frau" ist wieder zu distanziert für mein Gefühl.

"Zuhause, im Wohnzimmer der jungen Frau flackerte seit Stunden unbeachtet das blaue Licht des Fernsehers. Und während sie weiter und weiter in die dunkle Tiefe sank, wechselte das Bild. Eine Sondersendung unterbrach das Abendprogramm. "An den Küstenregionen des Landes sind ...

Die Behörden stehen vor einem Rätsel. "

(Du siehst, ich würde nicht mit dem "bangen" aufhören, sondern mit dem "Rätsel" und der Fassungslosigkeit.)

Aber insgesamt bin ich sehr beeindruckt, vor allem von der Geschichte.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @C. Gerald Gerdsen

Auch dir vielen Dank für deine Antwort und entschuldigung, dass ich mich erst jetzt melde. Ich hatte gerade etwas viel um die Ohren und dein Feedback erst jetzt gesehen. :)

Vielen Dank auch für deine Inputs. Bei einigen Stellen hat mich selber auch etwas gestört, wobei ich nicht sagen konnte, was es genau war. Da hast du es mir jetzt gezeigt. :)

Ich werde die Geschichte nochmal bearbeiten und auch dein Feedback einfliessen lassen. Beim Anfang möchte ich mir generell noch etwas überlegen; so wirklich gefällt mir das noch nicht. Danke auch für die "Vorschläge" oder "Verdeutlichungen". Auch das hilft mir.

Es freut mich auch, dass dir die Atlantis-Interpretation gefällt. Lovecraft kenne ich zwar, aber wirklich viel gelesen habe ich bisher noch nicht. Ich werde das aber wohl ändern. Immerhin habe ich noch ein dickes Buch von ihm, wo die interessanten Geschichten noch auf mich warten. :)

 

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