Der Sumpf
Süßlich stieg der Geruch des grauen Sumpfes in die Nase des Trolls, als er sich an der Leiche einer einstmals hübschen Frau labte. Ihr blasses Gesicht war bespritzt mit braunen und roten Flecken und aus ihrer tiefen, braunen Wunde, aus der sich der Troll genüsslich immer wieder ein Stück riss, dampfte die Wärme als würde aus ihr das letzte Leben entweichen. Das Schnattern eines aufgeschreckten Vogelschwarms weckte plötzlich die Aufmerksamkeit des Trolls. Er hob seinen hässlichen Kopf und schnupperte, fletschte dabei die gelben, schiefen Zähne, zwischen denen noch Stücke des Fleisches der Toten hingen. Sichtlich ungern entfernte er sich von der Leiche, aber er hatte etwas fremdes gewittert und stapfte etwas unbeholfen durch das kniehohe, brackige Wasser. Neugierig, aber doch vorsichtig spähte er in die Richtung der Gebüsche wo sich der Baum mit den Vögeln befand, seine kleinen, wässrigen Augen formten sich zu engen Schlitzen, dann riss er sie erschrocken auf. Aus dem Gebüsch brach eine Gruppe von Männern, bewaffnet mit Äxten und Speeren, einige von ihnen trugen Helme. Brüllend stürmten sie auf den einsamen Troll zu, der so schnell er konnte die Flucht ergriff. Sein Glück war, dass die Männer im Sumpf ebenso langsam wie er mit seinen krummen, aber muskulösen Beinen voran kamen. Sein Blick glitt zur Leiche und sein Hunger ließ ihn kurz darüber nachdenken ob er sie nun mit sich schleppen solle oder nicht, aber das rasseln der Waffen und das laute, hasserfüllte Brüllen hinter ihm überzeugten ihn schnell davon, weiterzulaufen. Eine zweite Meute Kämpfer überraschte ihn, als sie vor ihm aus dem Dickicht brach. Ein Pfeil traf ihn an der Schulter und er grunzte als er den Schmerz spürte. Wut stieg in ihm auf, vergessen war seine Flucht und lärmend griff er nach dem nächstbesten Ast. Das Holz brach als sei es morsch und der Troll schwang seine neue Keule nach den Angreifern. Er traf einen Unvorbereiteten und man hörte Knochen brechen. Stöhnend sank dieser ins kalte Wasser. Leicht eingeschüchtert von der plötzlichen Wehrhaftigkeit des Trolls wichen die Kämpfer wieder zurück, umkreisten den Troll, der wie wild um sich schlug. Grunzend und brüllend wehrte er einige Speerhiebe ab, doch dann packte etwas den Ast und der Troll starrte denjenigen an, der es vermochte seiner Kraft zu trotzen. Ein kahlköpfiger Mann, der die anderen um einiges überragte hatte mit beiden Händen nach dem Ast gegriffen, seine stahlblauen Augen trafen die roten des Trolls, dann war es auch vorbei. Speere durchbohrten den Körper des Trolls und Blut regnete auf den Sumpf, bespritzte die Leiber der Kämpfer. Im Todeskampf taumelte der Troll noch umher, kreischte sein Wehklagen in den Himmel, zitternd und blutend sank er schließlich zu Boden, nur noch sein schuppiger Rücken ragte aus dem schlammigen Wasser hervor. Einige der Männer wollten sicher sein, dass das Monster auch tot war und ließen ihre Äxte in das Fleisch der toten Kreatur schnellen. Schmatzend durchtrennten sie Haut, Fleisch und Knochen. Es übertönte das leise Weinen des kahlen Mannes, der bei der Leiche im Schlamm kniete und ihr nasses Haar streichelte, fürsorglich den Dreck und das Blut aus ihrem Gesicht wischte. Ein anderer legte sein Hand auf die Schulter des Trauernden und dieser senkte seinen Kopf auf die Brust der toten Schönheit.
„Tut mir leid Flamen...“ flüsterte er. Schluchzend versuchte der Trauernde die Frau aufzuheben, doch schockiert wich er zurück, als ihr Leib auseinander zufallen schien. An der Stelle der klaffenden Wunde riss das restliche Fleisch und der Unterleib fiel wieder ins Wasser. Einer der Männer übergab sich und auch der Kahle schluckte das Ekelgefühl hinunter.
„Der Troll muss ja einen Hunger gehabt haben...“
„Nein... es ist erst einige Stunden her seit Enya verschwunden war, er kann nicht soviel Fleisch gefressen haben.“
„Aber was dann?“ Einige Männer blickten sich um, fest umklammerten sie wieder ihre Waffen.
„Vielleicht waren es ja mehr Trolle?“
„Siehst du einen? Eine Mahlzeit lässt sich keines der Biester entrinnen!“
Und noch während die Männer hastige Blicke um sich warfen, erhob sich hinter dem Troll der Sumpf. Schlamm und Wasser flossen herab und das spärliche Licht der Sonne verschwand für die Männer. Für immer.