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Der Tanz der Vampire
Der Tanz der Vampire
Wenn Vampire tagsüber in ihren Sarg steigen und sich zur Ruh legen, träumen sie dann auch? Wenn der Graf sich von einer anstrengenden Nacht erholt, kann er dann auch so träumen wie wir? Vielleicht. Denkbar wäre aber auch, dass ER eine andere Art des Träumens erfährt. Möglicherweise kann ER sich in die Träume anderer schleichen und manipulieren oder gar selbst kreieren. Wer weiß?
Es war dunkel. Ein tiefes Schwarz umgab sie, als wären schwere Vorhänge gefallen. Sie sah sich um. Von überall her drang die Dunkelheit auf sie ein. Hilfesuchend streckte sie ihre Arme aus, und ER ergriff ihre Hand.
„Meine Liebe!“ Seine Stimme war überirdisch, sinnlich, verführerisch, perfekt. Ihr verlorenes herz schloss diesen Klang ein und verwahrte ihn an einem schönen Platz.
ER führte sie zielstrebig. Sie ließ sich leiten wo immer es IHN hin verlangte. Mit einem knarrenden Geräusch öffnete sich ein übergroßer Saal vor ihren Augen. Ein gewaltiger Kronleuchter und viele Kerzen an den kreisrunden Wänden sorgten für ein romantisches, aber auch etwas schauerliches Licht. Diese Mischung gefiel ihr sehr und ihre Augen sogen gierig jedes Detail auf.
Die Wände waren mit rotem Satin überzogen und verliehen dem Saal etwas Erotisches. Unter ihrer Oberfläche brodelte es. In der Mitte stand ein langer Tisch, welcher mit allen nur denkbaren Köstlichkeiten gedeckt war.
Ihr Begleiter nahm sie mit in den Saal und setzte sie behutsam auf einen schwarzen Stuhl mit hoher Lehne. ER war ein großer, schlanker Mann und in seinem schwarzen Anzug mit dem roten Cape, erinnerte ER sie an das Phantom der Oper. Sein graziöser Gang war umwerfend. Es gelüstete ihr nach diesem Körper. Ihre Adern pulsierten. ER setzte sich an das andere Ende des Tisches.
Ihre Blicke schweiften von IHM und seinen langen schwarzen Haaren auf das Bankett ab. Die Flammen der Kerzen schimmerten in dem glänzenden Fett des hergerichteten Schweins. Im Maul lag ein Apfel, dessen Rot ihre Sinne verwirrte. Weiteres Obst, auch einiges an Gemüse und Fleisch in allen Variation sowie Fisch. All dieser Gaumenschmaus wollte verzehrt und gepriesen werden. Die Verlockung war groß.
„Maestro, Musik!“ Noch während ER das sagte, erschien hinter IHM ein kleines Orchester aus dem Nichts und fing an zu spielen. Sie kannte das Stück nicht. Es war klassisch und wunderschön. Sie schwelgte in den zarten Klängen der Streicher. Es wurde nicht aufdringlich gespielt. Das Essen sollte nur musikalisch untermalt werden. Es gelang perfekt.
„Möchtest du nicht etwas essen, meine Liebe?“ Sie vernahm seine Stimme und verschlang IHN schon innerlich. Aber an das Essen war nicht zu denken. ER, diese Musik, die Kerzen, die Wände berauschten sie. Ihr war heiß.
Sie fuhr mit ihrer Hand an ihrem Körper entlang und bemerkte, dass sich ein rotes Ballkleid um sie schmiegte. Ihre Problemzonen waren verschwunden und auch ihre Füße hatten eine normale Größe. Sie konnte ihr Gesicht zwar nicht sehen, war sich jedoch sicher, dass es umwerfend aussah. Es gab nur eine mögliche Erklärung dafür: Dies war ein Traum. Und in einem Traum, vor allem in ihrem, konnte sie alles bekommen. Alles und jeden.
ER klatschte zweimal schnell hintereinander in die Hände und augenblicklich füllte sich der Saal mit elegant gekleideten, tanzenden Paaren. Sie wirbelten um den Tisch. Die Musik wurde lauter. Das Essen wurde unwichtig und das tanzen kam in den Vordergrund. Wie viele es waren, konnte sie nicht sagen. Alle bewegten sich zur Musik oder wurden von ihr bewegt wie Marionetten. Ihre Gesichter waren unter kunstvollen Masken verborgen. Ihre Gewänder und Kleider bestanden aus leuchtenden Farben und waren schön anzusehen.
Die Krönung des ganzen waren zwei Reiter auf ihren weißen Rössern. Sie kamen von links und rechts durch die Menge und sprangen gleichzeitig über den Tisch. Sie bestaunte das Schauspiel mit geweiteten Augen, in denen die Schimmel langsamer flogen und ihr zublinzelten. Dann landeten beide sicher. Sie ritten unbeirrt an den tanzenden vorbei, machten einen Bogen und kamen wieder zurück.
Ihr Gegenüber stand auf:„Darf ich um diesen Tanz bitten?“
Alle Paare drehten sich in der Bewegung zu ihr und erstarrten. Auch die Pferde, die gerade wieder zum Sprung ansetzten, wurden zu Stein. Das Orchester spielte weiter, jedoch ruhiger. Sie blickten sich verwirrt um. Die Gesichter der erstarrten waren ausdruckslos, sahen aber eindeutig zu ihr.
„Darf ich?“ ER stand neben ihr. Sie sah auf. Seine Gestalt, so umwerfend und perfekt sie auch war, flößte ihr nun, zum ersten Mal, Angst ein. Zögernd gab sie IHM ihre Hand. Sie tanzten. ER bewegte sich anmutig und sehr nah an ihrem Körper. Zwischen den Statuen hindurch wurden sie von der Musik geleitet. Seine Augen paralysierten sie. Er war ein guter Tänzer.
Plötzlich wurde das Orchester wieder lauter und alle zu Stein erstarrten bewegten sich mit gewohnter Anmut. Die Pferde sprangen und sausten an ihr vorbei. Nun schien der ganze Saal in Bewegung geraten zu sein. Der Schein der Kerzen lag über allem und ließ es lebendiger erscheinen.
Sie fühlte sich wie im Paradies. Hier war es wunderschön. Noch nie war einer ihrer Träume so schön gewesen. Doch das war jetzt auch egal. Sie wollte nur, dass es nie endete.
ER kam näher. Sein Traumkörper presste sich an den Ihrigen. Ihr Blut geriet in Wallung. Ihr Atem brannte vor Lust. Ihre Lippen bebten. Fest umschlungen wurden sie von den Klängen der Leidenschaft geführt. Die Angst war vergessen. Sie sprachen nicht miteinander. Es waren keine Worte nötig.
Nach einer galant ausgeführten Drehung stand sie mit dem rücken zu IHM. ER strich ihr über die Brust und die Hüfte. Sinnlich hauchte ER ihr in den Nacken. Sie stöhnte und schloss die Lider.
„Komm zu mir!“, sprach ER leise. Ja, sie wollte zu IHM. Mehr als alles andere auf der Welt. Sie konnte es nicht mehr erwarten. Ihr Körper sehnte sich nach IHM. Ihr Verstand spürte IHN schon. Die Hitze nahm die Überhand.
Zwei kleine Stiche spürte sie im Hals. Erregt musste sie aufstöhnen. Dann kam die Erfüllung. In jeder Ader und jeder Vene war er. Sie fühlte ihn überall zur gleichen Zeit. Er liebkoste ihr Geschlecht. Sie war ihm verfallen. Auf ewig sein. Dieser Moment war der schönste ihres Lebens. Alles war perfekt. Sie und ER.
Die Paare standen um sie herum. Ohne eine Miene zu verziehen. Die Rösser samt nutzloser Reiter bäumten sich auf. Das Orchester gab einen Tusch. Dann ließ er sie langsam zu Boden gleiten. Stille!
„Komm zu mir, meine Königin!“ Sie öffnete die Augen „Ja!“
ER kniete sich zu ihr und nahm sie in den Arm. Die Pferde wieherten.
Es war besiegelt.
Sie erwachte schweißgebadet. Unglaubliches war geschehen und noch nicht vorbei. Sie spürte die Hitze immer noch. Ihre Lenden glühten. Sie rieb ihre Schenkel aneinander. Neben ihr lag ein schnarchender Mann. Ihr Mann. Sonst eher ein Sexmuffel, doch heute sollte es keine Chance auf Entkommen für ihn geben. Sie fiel über ihn her. Morgen würde sie verreisen.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Erde erwachte der Graf. ER hatte einen Traum-erschaffen-. Nun musste ER Vorkehrungen für seinen Gast treffen. Alles sollte nach ihren Belieben gestaltet werden. Nach ihren Träumen. Aber nun hatte er erst einmal Hunger Der Tanz der Vampire war anstrengend.