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Der Test

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18.04.2002
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Der Test

Ich wartete schon fast eine Stunde in dieser dunklen Kneipe auf Luigi. Wir sind Brüder, doch so verschieden, wie Geschwister überhaupt sein können. Er, der kraftvolle Machtmensch, ich, der arme Autor und Verleger. Nie war es mir gelungen, mich gegen ihn durchzusetzen, oder ihm gar meine Meinung über sein Verhalten auch nur in Andeutungen zu sagen. Endlich - Luigi war gekommen und ging geradewegs auf mich zu: „Was willst du?“ Wahrscheinlich dachte er an Geld, schon oft hatte ich bei ihm Schulden gemacht. Nein, diesmal nicht. „Ich habe dir etwas mitzuteilen.“ Mein Bruder runzelte die Stirn, sein linker Mundwinkel zuckte, war es Spott? Schweren Herzens reichte ich ihm ein Blatt Papier. „Hier, bitte, lies.“
Er setzte sich zu mir an den abgenutzten Holztisch, der Stuhl knarrte bedrohlich. Nachdem Luigi die Tischlampe auf seine Seite geschoben hatte, begann er fast lautlos die Lippen zu bewegen:

„Der Raum war lediglich spärlich beleuchtet, deshalb konnte man die wertvolle Renaissanceeinrichtung kaum sehen. Ein Gemälde von Masaccio jedoch war schwach zu erkennen. In einem schweren, reich ornamentierten Sessel saß ein gebrechlich wirkender Mann, mit auffallend selbstbewussten Gesichtszügen.
Der betagte Herr sprach mit rauer Stimme, es blieb verborgen, an wen er seine Rede richtete.
‚Trauert nicht um mich, wenn ich bald sterbe. Mir bleibt dadurch manches erspart. Ob mich meine Krankheit oder das Alter letztlich besiegt, ist egal. Natürlich hätte ich den Nachwuchs unserer Familie gerne weiterhin betreut, ihm vermittelt, was Unrecht und was Recht ist. Unser Recht. Nun - ohne Regeln kommt keine Gesellschaft aus, aber warum bilden sich die Mächtigen ein, dass ausschließlich sie Richtlinien festlegen können? Waren die Führenden nicht trotz allem bereit, mit mir zu kooperieren, wenn es der Stärkung ihrer Stellung diente?
Wer würde wagen, mir Vorwürfe zu machen? Ein Priester vielleicht? Ich habe keine Angst vor dem Tod, werde zu dem Gott beten, an den ich nicht glaube. Muss er mir nicht vergeben? Seht meinen Wohlstand, meine große Macht. Bin ich nicht gesegnet? Ich habe nie getötet. Dafür hatte ich willfährige Leute, die nie ‚Nein’ sagten. Die wussten, was Treue ist. Gut - ich habe meine Frau betrogen, entgegen meinem Gelöbnis. Sie hätte mich nicht ausspionieren sollen, dann wäre sie weiterhin in Unwissenheit glücklich gewesen.
Ich bin so, wie ich bin, hatte nie die Chance, mich der Gesellschaft anzupassen. Muss Gott mir nicht vergeben? Schließlich gebe ich dem Allmächtigen die Möglichkeit, seine Gnade an meiner Person zu beweisen. Wenn alle gehandelt hätten, wie ich, wäre mein Tun gesellschaftliche Norm. Eine Selbstverständlichkeit, und deshalb richtig. Wie wollt ihr festlegen, was gut ist? Ist etwas schon deshalb gut, wenn es alle tun, oder einen Nutzen hat? Mir hat vieles genutzt, weil es anderen geschadet hat. Warum hätte ich mich zurückhalten sollen? Ich habe noch Anweisungen für euch. Auch für dich, Veritano und dich, Justiziano.’
Die Stimme des Mannes wurde immer schwächer. Doch das war unwichtig. Schon sehr lange war niemand mehr in dem dunklen Raum, nur er, allein mit sich selbst.“

Luigi schaute mich drohend an. „Wer ist der Alte?“ Ich versuchte seinem Blick auszuweichen. Er ging zur Tür, ganz ohne Hast. Eine Antwort war nicht nötig.

 

Hallo!
Ich finde deine Geschichte wirklich gut.
Es kann gut besser sein, jemandem seine Meinung über ihn mitzuteilen, wenn man ihn nicht direkt mit "du" anspricht, sondern ihn als neutraler Erzähler beschreibt.
Als ich die Geschichte zum ersten mal gelesen habe, habe ich gedacht, der alte Mann existiert nicht auf dem Zettel, den der Mann liest, sondern er sitzt direkt ihn der Kneipe.Ich dachte, während der Mann den Zettel liest, beobachtet der Ich-erzähler den Alten im Sessel. Ja, ich habe ungenau gelesen, aber es war seltsam...Ich würde dir gerne noch mehr dazu schreiben, hab aber leider nicht viel zeit, und ich kann - zugegeben - auch nicht so ganz ausdrücken was ich mit dem seltsam meine. :-)
Naja...jedenfalls ist mir noch was aufgefallen:
"Wenn alle so gehandelt hätten wie ich, dann wäre es die Norm."
Der Alte spricht viel mit wenns und danns. Ein Zeichen für seine fehlende Weitsicht ( was ist eigentlich das Gegenteil von Weitsicht?). Oh mann...tut mir leid, ich kann nicht so gut ausdrücken, was ich meine, aber wahrscheinlich muss ich einfach noch ein wenig üben.

Tschü, lacrima

 

Hallo lacrima,

danke für Deine freundliche Mail. Bin froh, Dich durch die Geschichte angesprochen zu haben, vielleicht erfahre ich ja noch, über was Du nachgedacht hast.
Der Alte spricht mit so vielen `wenn´ und `danns´ weil er im Angesicht des Todes einen grundlegenden Kurswechsel seiner bisherigen philosophischen Ausrichtung erwägt. Sein grundsätzlicher Charakter ist da aber nicht hilfreich...

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

ich finde die Geschichte gut, weil einige Dinge angesprochen werden, die unseren Alltag bestimmen.

"[...] ich werde zu dem Gott beten, an den ich nicht glaube. Muß er mir nicht vergeben?" und "Gut - ich habe meine Frau betrogen, entgegen meinem Gelöbnis."
zeigt recht deutlich die Haltung unserer - Verzeihung - Sheißegal-Gesellschaft.

"Wenn alle so gehandelt hätten, wie ich, dann wäre es die Norm. [...] Ist etwas schon dann gut, wenn es alle tun, oder einen Nutzen hat?"
Auch hier ein Gedanke, den sich so mancher mal machen sollte.

Die Geschichte zeigt, daß heute wenige über viele bestimmen und der Zusammenhalt des Wirtschaftswunders dem Egoismus weichen musste.

Noch ein Tip:
Der Doppelpunkt nach "begann er fast lautlos die Lippen zu bewegen" ist leicht zu übersehen. Zuerst dachte ich, daß der Erzähler die Leute beobachtet, während sein Bruder den Brief liest. Aus meiner Sicht wäre es hilfreich, den Brief in "..." und das darin gesprochene Wort in '...' zu setzen.

Abschließend noch eine Frage:
Ich bekomme den Titel nicht mit dem Inhalt zusammen. Kannst Du mir bitte dabei helfen?

Gruß
Marcus

 

Hallo Marcus,

ich danke Dir für Dein positives Feedback. Wie Du schon beschrieben hast, der Protagonist wirft halt Fragen auf, die Relevanz für den Alltag haben.
Die Geschichte heißt „Der Test“, weil der Verleger seinen Bruder testet. Besitzt dieser noch so viel Selbsterkenntnis, daß er merkt, in welche Richtung er sich entwickelt? (Er wird wie der alte Mann werden, selbstgerecht und einsam). Außerdem testet der alte Mann Gott, und damit, ob er die Konsequenzen aus seinem lebenslangen Verhalten tragen muß, oder nicht.
Danke für den Tipp, wer`s gleich ändern. Man kennt seine Geschichten zu gut, dann merkt man so etwas nicht mehr.
Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Servus Woltochinon!

Eine interessante Geschichte. Der Luigi scheint einer zu sein, der sich alles so zurecht biegt wie es ihm grad genehm ist.

Sein Egoismus geht so weit, dass er anderen sogar das Recht abspricht um ihn zu trauern - natürlich um es ihm selbst dadurch zu erleichtern.

Er betet bereitwillig zu einem Gott an den er nicht glaubt um Asolution zu erlangen. Wie ein Kleinkind, dass Streicheleinheiten verlangt, wenn es was ausgefressen hat.

Er wäscht seine Hände in Unschuld, hat sich die Hände ja selbst nie dreckig gemacht. Es hat sich recht wenig geändert in den letzten 2000 Jahren.

Sogar das Schuldgefühl für seine Untreue hängt er seiner Frau um. Nur ihre Neugierde hat ihr schließlich Leid gebracht, nicht sein Verhalten.

Und hätten alle immer so gehandelt wie er, wäre es die Norm. Da hat er gar nicht unrecht. Es ist das hochgelobte Jubellied jener die keine Selbstverantwortung tragen wollen.

Seine Reaktion auf den Test bleibt ebenso verborgen wie die tatsächliche Rolle Gottes, denn hier ist diese dem menschlichen Denken unterworfen worden.

Viele Denkansätze hast du uns hier angeboten. Zugeschnitten auf eine Person erzählst du von ein nicht unerheblichen Teil der Menschheit.

Lieben Gruß an dich - Eva

 

Hallo schnee.eule,

Du hast es natürlich gleich gemerkt, es geht nicht um eine einzelne Person, sondern um die moralischen Ansätze der Gesellschaft, bzw. Menscheit.
„und hätten immer alle so gehandelt wie er, wäre es Norm. Da hat er gar nicht unrecht“ - das ist hat das Problem - wie legt man Handlungsmaxime fest, gibt es eine `Wahrheit´ außerhalb der Mehrheit?
„Die Rolle Gottes ist dem menschlichen Denken unterworfen worden“ - ja, er will „Absolution“, doch nicht aus Gnade, sondern er bastelt an einem hinterhältigen `Gottesbeweis´.

Denkst Du, Luigi hat den ihn betreffenden Teil des Tests bestanden?

Jetzt sind mir doch noch einige Gedanken zum Thema gekommen, vielen Dank für die Anregungen.

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Lieber Woltochinon!

Wenn du als "bestanden" ansiehst, dass er sich darin selbst erkennt, seine Handlungen und sein Denkmuster zu hinterfragen anfängt - dann würde ich sagen, er fällt durch.

Seine Reaktion ist nämlich, kurz zornig nachzufragen. Das Schweigen vermittelt ihm, er selbst sei er Alte, sein Abgang folgt. Hätte er Einsicht, wäre er eher durch den Druck der Erkenntnis auf dem Stuhl zusammengesunken, hätte ein Gespräch gesucht.

Aber das würde auch gar nicht passen, er hätte schon viele Erkenntnismöglichkeiten gehabt und sie nach seinen Bedürfnissen verdreht. Also wird er den Bruder eher verspotten und den Ärger über ihn irgendwo auslassen wo er überhaupt nicht hingehört und weiter dem Motto folgen: ich bin ich.

Aber wer weiß, vielleicht ist ein Keim gesetzt, der langsam wurzelt und im Laufe der Zeit noch Blätter trägt. Manche brauchen halt länger zum Wachsen.

Lieben Gruß Eva

 

Hallo Woltochinon!

Diese Geschichte gefällt mir besser als "Die Regenpause". Ich muss zwar zugeben, dass ich anfangs nicht gleich wusste, worauf die Geschichte hinaus will; mittlerweile ist mir ihr Sinn aber klar. Schnee.eule hat es sehr gut beschrieben, die Geschichte bietet dem Leser sehr viele Denkansätze an, und das ist dir mit dem Text wirklich gut gelungen! Besonders das Ende, das ich so nicht erwartet habe, gefällt mir gut.

Viele Grüße,

Michael :)

 

Hallo Michael,

ich habe mich richtig gefreut, daß Du Dir meine zweite Geschichte angeschaut hast. Zum Glück habe ich Dich nicht enttäuscht, nach drei Monaten Philo- Pause wurde es auch Zeit für mich, das regelmäßige Schreiben in diesem Forum wieder aufzunehmen. Mich hat halt in letzter Zeit die Frage nach der herkunft moralischer Standarts beschäftigt, so ein extremer Ich- Mensch schien mir passend als Protagonist.
Vielen Dank für Deine Anmerkung (auch über den Schluß),

tschüß... Woltochinon

 

Hallo schnee.eule,

jetzt bin ich beim antworten unterbrochen worden. Es ist lieb, daß Du Dich nocheinmal gemeldet hast. Wahrscheinlich hätte ihn eine echte Selbsterkenntnis wirklich tief getroffen, er wäre niedergeschlagen auf dem Stuhl „zusammengesunken“. Weil er aus Prinzip andere Personen für alles verantwortlich macht, hat er kaum eine Chance. Doch - vielleicht trägt der Baum irgendwann „Blätter“. (Das ist schon wieder ein neues Thema, ab wann kann man einen Menschen aufgeben...).

Hab´ noch einen guten Tag,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Wotochinon,

glücklicherweise steht dein Luigi für eine Minderheit, eine sehr mächtige allerdings. Er ragt aus der Menge heraus, weil er sich nicht um die Menge schert. Zentrale Figur seines Denken und Handels ist er selbst, allen anderen widmet er sich entsprechend dem Maße ihrer Nützlichkeit. Dass er den ´Untergebenen´ Veritano und Justiziano Anweisungen erteilt will, zeigt, dass diese Begriffe für ihn weiter nichts als Werkzeuge darstellen. Er akzeptiert keine Autorität, weder die der Mächtigen (interessant, dass er sich selbst nicht dazu rechnet) noch die Gottes. Auch von ihm erwartet er eine Kooperation.

Den Test versteht Luigi sicher nicht als Test. Er erkennt wohl, dass er der Alte sein soll, seine Reaktion symbolisiert jedoch, dass er einen kurzen Moment später das ´Problem´ abgehakt hat - er dreht seinem Bruder den Rücken zu, widmet sein Augenmerk anderen Dingen.

Unbelastet von moralischem ´Schnickschnack´ hat er Recht: "wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht!"

Ein guter Anstoß zu interessanten Gedanken.
gruß vom querkopp

 

Hallo querkopp,

Du machst einige interessante Anmerkungen, vielen Dank! „interessant, dass er sich nicht selbst dazu rechnet“ (zu den Mächtigen) - ich habe den Eindruck, daß sich zumindest einige der Mächtigen einbilden, sie seien noch Volksnah. Wenn er sich zu der erwähnten Klientel rechnen würde, dann hätte er keine Entschuldigung mehr für sein Tun, so kann er sich einbilden aus `Notwehr´ zu handeln.
„Problem abgehakt“ - Du hast recht, er macht es sich einfach: Problem vergessen, Problem gelöst (das kommt häufiger vor, als man vielleicht denkt, man braucht nur z.B. an das Ignorieren des Treibhauseffektes denken).
Interessant ist auch der Satz „wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“ - das würde mein Protagonist sicher gerne unterschreiben. Trotzdem - wenn jeder so an sich selbst denkt, daß er die Anderen mit einbezieht, um nicht mit ihnen durch widerstrebende Interessen in Konflikt zu geraten, dann geht`s vielleicht auf. (Doch so ist der Satz wahrscheinlich nicht gemeint?).

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo, Siegbert!

Deine Geschichte behandelt u. A. eine schwierige Grundsatzfrage, die sicherlich nicht zufällig in einen "italienischen Rahmen" gelegt wurde, in eine Gesellschaft, die ihren eigenen Regeln unterliegt.
Wer entscheidet darüber, was Recht ist und was nicht? Die Mehrheit des (welchen?) Volkes? Die Mächtigen, die das Recht bei Bedarf verbiegen? Die Kirche, die selbst Gerechtigkeit (Iustitia) und Wahrheit (Veritas) über Jahrhunderte hinweg beugte? Der Einzelne für sich selbst? Ein Thema, das mich nachdenklich macht.

Was ich sonst noch anmerken wollte, haben die Anderen bereits absolut treffend erwähnt.
Sehr viel Inhalt in kurzem Text. :thumbsup:


Liebe Grüße
Antonia

P.S.: "Wer ist der Alte?" "Der Pate.":cool:

 

Hallo Angelika,

jetzt muß ich wohl meinen Standartsatz an Dich wiederholen: Du merkst ...
Ich dachte, daß beschriebene Umfeld paßt zum Thema, so wie Du es ja auch erklärst. Luigi, Renaissance (beginn der Neuzeit), Masaccio (der viel religiöses gemalt hat) sollen den Hintergrund abgeben, zur Behandlung „einer grundlegenden Frage“, wie Du so schön sagst. Gibt es eine übergeordnete, an sich wahre Moral Universalismus) oder ist Gutes und Schlechtes nur im kulturellem Kontext zu verstehen (Relativismus).Im Angesicht des Todes zieht der Alte immerhin `mal einen externen Maßstab, außerhalb seiner Gedankenwelt in betracht.--

Der Smily passt echt gut zu der pat(h)e- tischen Assoziation...

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Existence,

ganz allgemein sollen am Beispiel von Luigi einige Fragen zum Thema Ethik und moralischer Norm aufgeworfen werden (also nicht nur „auf einen bestimmten Personenkreis zutreffend“).
Wie Du es treffend beschreibst, verleihen „die gesellschaftlichen Maßstäbe“ dem Protagonisten „seinen Status“. Querkopp schrieb: „interessant, daß er sich nicht selbst (zu den Mächtigen) dazu rechnet“ - er gründet gewissermaßen eine Gesellschaft mit eigenen Normen (innerhalb einer anderen Gruppe), tut das Gleiche, was er den anderen Mächtigen vorwirft.
Im Gegensatz dazu mag man wahrscheinlich gerne mit dem besorgten Bruder sympathisieren. Du hast da einen bedeutenden Hinweis gegeben: „Jeder Mensch strebt das ihm am besten Erscheinende an, und das richtet sich oftmals nach gesellschaftlichen Maßstäben aus“. (Also eine behavioristische Sichtweise von moralischem Handeln). „Anderenfalls sind es eben die gleichen Maßstäbe, die eine Person in die entgegengesetzte Richtung treiben“. Man weiß nicht, ob der Bruder Luigis vielleicht nur aus Mangel an Gelegenheit, oder aus Angst vor gesellschaftlichen Sanktionen (Externalismus) einen anderen Weg als Luigi gegangen ist.
Deinen Anmerkungen im vorletzten Absatz kann man z.B. noch die folgende Frage hinzufügen: Wie wird die Geltung der Norm, „die sich losgelöst aus ihrem gesellschaftlichem Kontext beliebig prägen“ läßt, geprüft und begründet, wie allgemeingültig ist sie? (Da kommt wieder der „Personenkreis“ in`s Spiel).
Mir war schon klar, daß ich bei diesem Thema keine `Lösungen´ anbieten kann, doch das Verhältnis Bruder - Luigi; Luigi - Gesellschaft (bzw. Gott) schien mir interessant genug für eine Geschichte.
Oh - jetzt habe ich doch etwas viel geschrieben, sind halt nur so ein paar Gedanken.
Ich danke Dir für Dein Interesse und die vielen Anmerkungen,
bis bald,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

ich fand die Geschichte interessant – vor allem, weil ich länger gerätselt habe, wer denn nun dieser Alte ist, um den es geht. Ich muss allerdings zugeben, dass ich zwar die Lösung in Betracht gezogen habe (vor allem wegen den Schlusssätzen), mir aber absolut nicht sicher war.

Dass Luigi am Ende wortlos davonrauscht, zeigt vielleicht sein schlechtes Gewissen. Zunächst hat er es wohl nicht für möglich gehalten, dass er gemeint ist, aber nach kurzem Nachdenken wird es ihm wohl klar. Wenn er weiter nachdenkt, hat er die Chance, nicht so zu werden wie sein künftiges Alter Ego.

Ein paar Anmerkungen noch:

„Wir sind Brüder, doch so verschieden wie Geschwister überhaupt sein können.“
>>> verschieden, wie Geschwister ...

„Er setze sich zu mir an den abgenutzten Holztisch“
>>> setzte

„die wertvolle Renaissance- Einrichtung“
>>> „Renaissance-Einrichtung“ (ohne Leerzeichen)

Viele Grüße

Christian

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Siegbert,

eine sehr schöne Geschichte, wie die Meisten deiner Beiträge. Mir Bleibt nicht mehr viel hinzuzufügen da die Meisten meiner Voredner bereits alles angesprochen haben. Aber ich frage mich ob Deine Geschichte etwas von "Der Pate" Triologie inspiriert wurde, denn ich hatte bei dem alten Mann im Sessel das Bild von Michael Corleone im Kopf, obwohl es nicht unbedingt zu dem Bild passt das ich von dem Bruder hatte der den Brief liest, als er den Raum betrat.

Eins noch:

Ich habe noch Anweisungen für euch. Auch für dich, Veritano und dich, Justiziano´.
Schöne anspielung auf Veritas und Justizia, Wahrheit und gerechtigkeit. Gefällt mir sehr.

 

Hallo criss,

es ist wirklich ein Problem - hat Luigi noch eine Chance nicht (wie Du es so schön ausdrückst) wie sein „zukünftiges Alter Ego“ zu werden? Ich denke, die `Vorhaltungen´ seines Bruders haben ihn schon getroffen, denn er reagiert nicht wütend, sondern in sich gekehrt. Die Aussicht als einsamer Ignorant zu enden ist auch nicht besonders schön...
Vielen Dank für Dein Interesse (und den Hinweis auf die Fehler!).

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon


Hallo Dorian,

vielen Dank für das besondere Lob mit den „Meisten“ meiner „Beiträge“.
Natürlich kenne ich den `Paten´, der Hauptgrund, warum ich den italienischen Hintergrund gewählt habe, ist der Aspekt der Gesellschaft in der Gesellschaft.
Ja, der Wahrheit und der Gerechtigkeit Anweisungen geben zu wollen, ist schon arg arrogant. Manchmal wird mir gesagt, ich würde zu viel in meine Geschichten packen, um so mehr freut es mich, wenn Dir solche `Zusätze´ gefallen.

Bis dann,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

Lange her, dass ich Dich wieder lese. Aber 's lag an mir. Man kann schon sagen, die Geschichte war fesselnd. Schon durch den Handlungsort (dämriger Raum). Und durch die Charakterisierung Luigis, zumal ich selbst mich in einer ähnlichen Situation wie der Protagonist befand.

Was mich allerdings etwas traurig stimmt ist, dass mir schnee.eule in puncto Analyse ganz schön was voraus hat. Vielleicht sollte sie für mich meine De-Klausur am Mittwoch schreiben. Lyr. Analyse. Bei Analysen habe ich mich bisher immer in den Finger geschnitten.

Wenn alle so gehandelt hätten, wie ich, dann wäre es die Norm.

Das ist ja die krasse Umkehrung zu Kants Leitsatz zur Vernunft: "Handle so, als könnte dein Handeln als Verfassung eines Staates dienen." oder so ähnlich.

War's Kant, von dem Du dich hast inspirieren lassen?

FLoH.

 

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