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Der Tod und das Mädchen

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15.10.2015
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Der Tod und das Mädchen

Ein kleines Mädchen steht im düsteren Zwielicht hinter einem dicken Baumstamm, halb verdeckt vom Schatten, die Hand unschlüssig auf die Rinde gelegt, so als könne es sich nicht entscheiden, ob es sich verstecken oder lieber zeigen solle. Es beobachtet fünf Gestalten, von denen vier verunsichert zwischen den dunklen Bäume hindurchstolpern. Von ihren Silhouetten geht ein merkwürdig heller, flüchtiger Schimmer aus, so als lösten sie sich jede Sekunde auf.
Die fünfte Gestalt ist hochgewachsen und vermutlich sehr schlank, doch das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, denn ihr gesamter Körper ist von einem Mantel verhüllt, der noch schwärzer ist als die Baumstämme, und die Kapuze ist tief ins Gesicht gezogen. Langsam und angemessen schreitet diese Gestalt als Schlusslicht dahin und scheint die anderen zu behüten, vor den Schatten dieser Welt und der Angst. Von ihr geht kein Schimmern aus, im Gegenteil, sie scheint alles Licht in sich aufzusaugen und in schwarzer Dunkelheit zu bannen und doch wirkt sie nicht bedrohlich. Diese Gestalt ist nur eine stumme Gewissheit, ein allgegenwärtiger Begleiter, ein dunkler Wächter.
Ein tiefer, monotoner Klang erfüllt die Luft, eine Art Summen, ist überall und nirgendwo und doch kann es nur vom Wächter kommen.
Das kleine Mädchen lehnt seine Wange an den dunklen Stamm und sieht die grauen Silhouetten vorbeiziehen. Es hält nach jemandem Ausschau. Es weiß nicht, nach wem, doch es weiß, dass es jemanden sucht, eine bestimmte Seele. Jeden Tag steht es hier und beobachtet, doch nie ist dieser jemand dabei. Und nie löst es sich von dem Baum, um sich zu zeigen und der Kolonne zu folgen.
Die vier Seelen und ihr Wächter verlassen sein Blickfeld und es weiß, dass die Schimmernden auch diese Welt bald verlassen werden. Der Wächter hingegen bleibt. Er bleibt immer, genau wie es. Sie sind dazu verdammt zu verweilen, niemals weiterzugehen, niemals etwas anderes zu sehen als das Grau dieser Welt.
Die Kleine weiß, dass sie nicht immer hier gewesen ist. Sie weiß auch, dass sie nicht hierher gehört. Aber egal, wie sehr sie sich anstrengt, egal, wie weit sie zurückdenkt, sie kann sich nur an diese farblose, graue Welt erinnern. Und an ihn, den Wächter. Manchmal sieht sie ihn lange Zeit nur aus der Ferne, doch manchmal kommt er auch zu ihr. Dann müssen die Schimmernden warten, denn seine Aufmerksamkeit gilt in solchen Momenten nur ihr. Stets schaut er sie an und sagt kein Wort, rührt sich nicht, summt nicht. Manchmal streckt er den Arm nach ihr aus, so als wolle er sie berühren, doch niemals streift der schwarze Stoff ihre Haut. Manchmal greift er lautlos in einen der beiden weiten Ärmel seines Mantels und zieht ein kleines, graues Spielzeug für sie heraus und gibt es ihr. Dabei blitzt seine weiße Knochenhand im grauen Licht auf, doch sie hat keine Angst vor ihm. Manchmal zeigt er mit einem Knochenfinger stumm in die schwarzen Wälder, doch niemals weiß sie, was er ihr zeigen will. Und manchmal legt er den Kopf schief und schaut sie einfach nur an.
Das kleine Mädchen steht noch lange so da und starrt auf den Punkt, an dem die fünf Gestalten vorübergezogen sind. Er sieht aus wie jeder andere, unterscheidet sich nicht von den vielen grauen Stellen dieser Welt und doch geht der Wächter immer wieder diesen Weg. Jede schimmernde Seele, die die Schattenwelt durchquert, passiert diese Stelle zwischen den schwarzen Bäumen in grauem Licht.
Nur das kleine Mädchen bleibt. Sein Schimmern ist schon lange verloschen.
Sie kann nicht sagen, wie lange sie noch hinter dem Baum steht und versunkenen Blickes die Umgebung betrachtet, ohne sich zu rühren, ohne zu atmen oder zu blinzeln. Doch nach einiger Zeit spürt sie die Präsenz hinter sich, die ihr nun schon so vertraut ist und die ihr Sicherheit und Wärme gibt, auch wenn sie weiß, dass die Schimmernden oft Angst vor dem Wächter haben. Aber es ist ihr Wächter. Und er hat auch einen Namen, selbst wenn er ihn niemals laut ausgesprochen hat.
Manchmal wünscht sich das Mädchen, er hätte eine Stimme. Es hat selbst seit langer Zeit nicht mehr gesprochen, aber es stellt sich gern vor, wie seine Stimme klingen könnte. In der Kleinen Gedanken hat sie einen samtenen, dunklen Ton, beruhigend und sanft. Wenn sie es sich recht überlegt, wünscht sie sich nichts mehr, als ihm eine Stimme verleihen zu können. Er könnte ihr Geschichten erzählen und von den Schimmernden berichten, die er Tag für Tag durch die Schattenwelt führt. Er könnte sie mit seiner schönen Stimme in den Schlaf singen oder einfach nur seinen Namen sagen. Natürlich weiß sie seinen Namen, auch wenn sie nicht sagen kann, woher. Sie weiß ihn einfach, so wie sie viele Dinge einfach weiß, wenn er sie anschaut. Doch mit dieser dunklen Stimme, die er in ihren Träumen besitzt, muss sich sein Name wunderschön anhören. Ewig und mächtig und tröstlich. Sein Name ist Tod.
Das kleine Mädchen dreht sich um und da steht er, schaut es stumm an, rührt sich nicht, summt nicht. Es erwidert seinen Blick, wobei es den Kopf in den Nacken legen muss, weil er es um einiges überragt. Sie stehen Minuten so da, Stunden, vielleicht auch Tage. Es kann es nicht sagen, aber es spielt auch keine Rolle.
Es sucht die leeren Augenhöhlen, die in den Schatten der Kapuze verborgen liegen, stöbert in der Schwärze nach dem knochigen Weiß eines Schädels, doch wie immer sieht es nichts. Jedoch spürt es seine Nachdenklichkeit, erkennt, wie er den Kopf schief legt und es mustert, als sähe er es zum ersten Mal. Es fühlt etwas Neues, das von ihm ausgeht, etwas, das es nicht gleich einordnen kann. Ist es Trauer? Die Gewissheit, dass manche Dinge unaufhaltbar sind?
Die Kleine öffnet den Mund, um etwas zu sagen, ihren Wächter zu trösten, doch kein Ton kommt über ihre Lippen. Sie will nicht, dass er traurig ist. Aber sie weiß nicht, wie sie ihm helfen kann. Also schließt sie den Mund wieder und erwidert stumm seinen Blick.
Er hebt langsam den Arm, sein weiter Ärmel rutscht etwas zurück und für einige Momente schwebt seine Hand vor ihrem Gesicht. Dann, ganz langsam, streckt er die Fingerspitzen nach ihr aus und kalter Knochen streift ihre Wange. Sie verweilen für einige Momente so, keiner von beiden rührt sich, doch nach einiger Zeit dreht er sich um und verschwindet lautlos im Wald. Sie fragt sich, warum es sich so sehr nach Abschied anfühlt. Die Schattenwelt währt ewig, ebenso wie der Tod und das kleine Mädchen. Niemals wird er das Grau verlassen.
Sie dreht sich wieder um und lehnt den Kopf gegen den schwarzen Baumstamm. Vielleicht kann sie ihm irgendwie eine Freude machen. Vielleicht macht es ihn glücklich, wenn sie ihm eines ihrer Spielzeuge überlässt. Er soll nicht traurig sein.
Undeutlich spürt sie die Präsenzen, als der Wächter neue Schimmernde über den Pfad führt und sie hebt den Kopf, halb verdeckt vom Schatten, die Hand unschlüssig auf die Rinde gelegt, so als könne sie sich nicht entscheiden, ob sie sich verstecken oder lieber zeigen solle. Sie beobachtet fünf Gestalten, von denen vier verunsichert durch die dunklen Bäume hindurchstolpern. Von ihren Silhouetten geht ein merkwürdig heller, flüchtiger Schimmer aus, so als lösten sie sich jede Sekunde auf.
Die fünfte Gestalt ist hochgewachsen und vermutlich sehr schlank, doch das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, denn ihr gesamter Körper ist von einem Mantel verhüllt, der noch schwärzer ist als die Baumstämme, und die Kapuze ist tief ins Gesicht gezogen. Langsam und angemessen schreitet diese Gestalt als Schlusslicht dahin und scheint die anderen zu behüten, vor den Schatten dieser Welt und der Angst. Von ihr geht kein Schimmern aus, im Gegenteil, sie scheint alles Licht in sich aufzusaugen und in schwarzer Dunkelheit zu bannen und doch wirkt sie nicht bedrohlich. Diese Gestalt ist nur eine stumme Gewissheit, ein allgegenwärtiger Begleiter, ein dunkler Wächter.
Ein tiefer, monotoner Klang erfüllt die Luft, eine Art Summen, ist überall und nirgendwo und doch kann es nur vom Wächter kommen.
Das kleine Mädchen lehnt seine Wange an den dunklen Stamm und sieht die grauen Silhouetten vorbeiziehen. Es hält nach jemandem Ausschau. Es weiß nicht, nach wem, doch es weiß, dass es jemanden sucht, eine bestimmte Seele. Und es spürt, dass es endlich gefunden hat, wonach es sucht.
Einen Augenblick lang ist es wie erstarrt. Dann löst sich seine kleine Hand langsam von dem schwarzen Baum und es macht einen zögerlichen Schritt auf die Kolonne zu. Dann noch einen und noch einen. Sein Schritt beschleunigt sich, Äste zerbrechen lautlos unter seinen Füßen und schließlich rennt es. Keine der fünf Gestalten bleibt stehen, doch der Wächter dreht langsam den Kopf und sein leises, monotones Summen verstummt. Atemlos stoppt es vor den vier Schimmernden, die es verblüfft anschauen, doch seine Aufmerksamkeit gilt nur einer der Seelen. Es ist eine Frau, gebeugt von Alter und Trauer, gezeichnet von tiefen Falten jahrelanger Qual. Und doch leuchtet ihr Schimmer am hellsten und als ihr Blick das kleine Mädchen streift, weiten sich ihre Augen ungläubig und nach nur wenigen Momenten geht ihr wunderschöner Seelenschimmer auch auf ihre Augen über.
'Schwester?', formt sie mit den Lippen und ein sehnsüchtiges Lächeln stiehlt sich auf ihr faltiges Gesicht.
Langsam streckt sie die altersfleckige Hand aus und das kleine Mädchen ergreift sie, spürt zum ersten Mal seit seinem Tod die Wärme eines Menschen. Es weiß nun, wohin es gehört und sein Schimmer glimmt von Neuem auf, als es zusammen mit den anderen Seelen den Pfad durch die Schattenwelt nimmt. Sie passieren all die schwarzen Bäume, laufen durch das graue Licht dieser Welt, doch sie werden begleitet von Stille. Der Wächter bleibt stumm, während er sie sicher den Pfad entlang zum Portal führt. Sie versteht jetzt, dass er sich tatsächlich von ihr verabschiedet hat. Denn er kann ihr nicht folgen, dahin, wohin sie jetzt geht. Er ist auf ewig in der Schattenwelt gefangen. Eine einsame Welt, die verstorbene Seelen nur als Übergang benutzen.
Bevor es durch das Portal schreitet, dreht sich das kleine Mädchen noch einmal um. Der Wächter legt den Kopf schief und schaut es einfach nur an. Langsam greift es in seine Tasche und holt ein kleines, graues Spielzeug hervor. Bedächtig hockt es sich hin und legt es auf den Boden, lässt ihn dabei nicht aus den Augen. Dann dreht es sich um und geht mit seiner Schwester Hand in Hand durch das Portal.
Was sie nicht sieht, ist, dass Trauer seinen Kopf nach unten zu drücken scheint. Er ist wieder allein. Er hat gewusst, dass sie nicht ewig bei ihm bleiben kann. Er hat gewusst, dass er einer Seele nicht so lang ihre ewige Ruhe verweigern, dass er sie nicht so lang in der Zwischenwelt behalten darf. Und doch sind sie wie füreinander bestimmt gewesen.
Der Tod und das Mädchen.

 
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Hola Krizzle,

Und doch sind sie wie füreinander bestimmt gewesen.
Der Tod und das Mädchen.

Ich hoffe, Du bist gut drauf, ich habe nämlich keine Lust, auf diesen weinerlichen Text präzise einzugehen. Bis zur Hälfte habe ich eisern durchgehalten, aber dann reichte es. Diese nicht enden wollende Larmoyanz ließ den letzten Rest von Leseinteresse den Bach runter gehen. Das ist ja furchtbar. Das dreht sich im Kreis und hört nicht auf. Deinen Lesern kannst Du das mMn nicht anbieten. Die werden alle schwermütig.
Es fehlt Abwechslung, Schmackes, der Leser muss wach sein und nicht einschlafen!
Aber:
Ich habe Dein Profil gelesen – 17 Jahre. Toll geschrieben, fehlerfrei, sehr beeindruckend für meine Wenigkeit. Da bist Du gut ausgestattet für die Zukunft.
Vielleicht überfliegst Du in wie vielen Jahren auch immer diesen Text, bist immer noch stolz darauf oder erinnerst Dich, wie alles angefangen hat.

Ich wünsche Dir aufrichtig für die Zukunft alles Gute! Ich meine: Schreiben kannst Du jetzt schon, ohne Frage.

José

 

Hallo, José,

Vielen Dank für die Kritik. Hart, aber dafür bin ich ja hier - so lieb Familie und Freunde auch sind, deren Kritik nützt mir eben leider nicht so viel :D
Ich muss zugeben, ich habe eine Schwäche für schwermütige Texte und Themen, aber ich werde zusehen, demnächst auf mehr "Action" zu achten.
Danke noch einmal für deine ehrliche Meinung und das Lob am Ende, ich werde deine Punkte berücksichtigen.

LG Krizzle

 

Hallo Krizzle,

um das harte Urteil von José ein wenig abzumildern: Gegen Schwermut ist m.E. überhaupt nichts einzuwenden (schon gar nicht, wenn man 17 ist). Ich denke, so etwas findet auch seine Leserschaft. Nicht jede Geschichte muss actionreich sein, wenn sie dafür stimmungsvoll ist, und da hast Du eine Menge Potential, auch wenn es hier und da ein bisschen zu viel des Guten ist.

Leider passt die Geschichte rein inhaltlich auch nicht ganz in mein Beuteschema, deshalb nur noch ein paar formale Anmerkungen:

Mir ist die Perspektive nicht klar, aus der Du erzählst. Am Anfang wird das Mädchen offenbar von außen beobachtet: "... so als könne sie sich nicht entscheiden..." - Du kannst nicht in die Gefühlswelt des Mädchens hineinschauen und stellst von außen Mutmaßungen an. Später wird aber meistens auch die Innenwelt geschildert: "Sie fragt sich, warum es sich so sehr nach Abschied anfühlt." Das ist inkonsequent, oder aber der Perspektivwechsel müsste klar aufgezeigt und nachvollziehbar gemacht werden.

Und dann hast Du leider einen meiner Knöpfe gedrückt, der mich fuchsteufelswild macht: Das Mädchen ist - grammatikalisch gesehen - sächlich, d.h. es steht im Wald, lehnt seine Wange an den Baum usw. Mit "sie" und "ihre" ist es einfach sprachlich falsch, egal wie häufig man das irgendwo liest. Und jeder, dem das wie mir wichtig ist, wird Deine Geschichte schon allein deshalb nicht lieben können.

Nichtsdestotrotz hat José recht: Da ist einiges Talent zu erkennen. Also lass Dich nicht entmutigen und mach weiter!

Grüße vom Holg...

 

Hallo, Holg,

Vielen lieben Dank auch für deine Kritik.
Ich freue mich gerade wie Bolle, dass ihr beide der Meinung seid, dass da etwas Potential bei mir ist. Klar, ich muss noch viel lernen, aber es tut trotzdem gut zu hören, dass meine Grundlagen, die ich mitbringe, nicht zum Davonrennen sind :D

Dass mit der Perspektive war mir überhaupt nicht so klar, aber jetzt sehe ich es natürlich auch. Ich werde schauen, ob ich daran noch etwas ändern kann.

Und der Grammatikfehler ist mir ja beinahe schon peinlich, dass mir so was als Deutsch-LKler passiert... Mein Lehrer würde wohl weinen :D Vielen Dank für den Hinweis, ich werd das Dokument auf meinem Laptop sofort dahingehend korrigieren.

Ich habe definitiv vor weiterzumachen und bin auch froh, dass ich den Schritt gewagt habe, mich der dem Ruf nach doch sehr harten Kritik hier zu stellen - nur so kann ich mich schließlich entwickeln und verbessern. Danke noch einmal!

LG Krizzle

 

Hallo Krizzle

Vom Schreibstil her finde ich deinen Text sehr gut. Schon vom ersten Moment an lässt du den Leser in deine Geschichte eintauchen. Und im Gegensatz zu meinen Vorrednern finde ich den Text auch inhaltlich nicht schlecht. Natürlich, es ist ein sehr schwermütiger und deprimierender Text, ich würde das jedoch nicht unbedingt als Kritikpunkt sehen. Ich kenne das von mir selbst sehr gut: Man fängt an, einen Text zu schreiben, und steigert sich dann immer mehr in diese düstere Stimmung hinein. The Incredible Holt hat zwar schon Recht damit, dass es ab und zu ein wenig übertrieben wirkt. Aber ich glaube es ist auch sehr schwierig, zu deinem gewählten Thema einen leichten Text zu verfassen.

Die fünfte Gestalt ist hochgewachsen und vermutlich sehr schlank, doch das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, denn ihr gesamter Körper ist von einem Mantel verhüllt, der noch schwärzer ist als die Baumstämme, und die Kapuze ist tief ins Gesicht gezogen.

Dieser Satz kommt ein wenig wuchtig daher, ich würde ihn auf zwei Sätze aufteilen.

Gruss, lenk

 

Hallo Lenk,

das freut mich, dass dir meine Geschichte gefällt.
Ja, das Reinsteigern in die düstere Stimmung trifft es wirklich genau :D Dummerweise liegt mir so eine Atmosphäre mehr als alles andere oder zumindest sind die meisten Ideen, die ich habe, doch sehr düster und/oder dramatisch eingefärbt. Ich weiß, dass das für viele nicht so das Wahre ist, zumal Texte oft durch diese Melancholie auch sehr schleppend und langwierig zu lesen sind, aber was soll man machen. Jeder hat seinen eigenen Geschmack, aber dass Geschichten immer noch zu verbessern sind, steht ja außer Frage. Und genau deshalb bin ich ja hier, um mich zu verbessern.

Und danke für den Hinweis, ich werd schauen, ob ich das gut in zwei Sätze teilen kann.

Vielen Dank für den Kommentar!

LG Krizzle

 

Hallo Krizzle,

und noch ein Herzliches Willkommen im Forum!

Ich finde die Geschichte auch flüssig geschrieben und angenehm zu lesen, und ich denke, du bist erfolgreich damit, die Stimmung zu erzeugen, auf die du beim Schreiben abgezielt hast . Ein paar kleine Kritikpunkte habe ich auch, aber im Großen und Ganzen: Weiter so! :)

Für mich persönlich drückt die Geschichte ein bisschen zu sehr auf die Tränendrüse. Ich fand sie nicht zu schwermütig, ich könnte mir vorstellen, dass sie für Leute, die einen Verlust verarbeiten müssen, sogar eher tröstlich ist.
Das ist auch nicht die erste Geschichte, die den personifizierten Tod als sympathische Figur darstellt, die notwendigerweise immer einsam bleibt und Mitgefühl verdient. Aber manche Stellen - besonders der Schluss, wo das Mädchen ihm ein kleines graues Spielzeug in die Hand drückt ... die sind mir persönlich ein bisschen zu sehr auf Rührung aus. So - na Leser, holst du schon dein Taschentuch raus, oder muss ich noch einen drauf setzen und den Tod traurig den Kopf hängen lassen?
Ich will aber betonen, dass nicht jeder Leser so zynisch drauf ist und dass die Stelle bei anderen womöglich ganz anders ankommt - also lass dich da nicht unnötig verunsichern. :)

Ein paar Textstellen, wo du beim Feinschliff noch mal ansetzen könntest:

Ein kleines Mädchen steht im düsteren Zwielicht hinter einem dicken Baumstamm, halb verdeckt vom Schatten, die Hand unschlüssig auf die Rinde gelegt, so als könne es sich nicht entscheiden, ob es sich verstecken oder lieber zeigen solle.
Ziemlich viele Adjektive, sind alle davon wirklich nötig? Das "düster" zum Beispiel würde ich weglassen, "Zwielicht" reicht schon, um dem Leser eine Vorstellung von der Szene zu geben. Darauf solltest du auch im Rest der Geschichte achten und vielleicht das eine oder andere Adjektiv streichen.
Generell sind ziemlich viele Literaturnerds der Meinung, dass guter Stil mit eher wenigen Adjektiven und Adverbien auskommt - mit wie wenigen, ist Geschmackssache. Aber wenn man sehr viele Adjektive in einen Satz packt, wirkt das leicht unsicher, als ob man dem Leser nicht zutraut, sich die Szene vorzustellen, wenn man sie nicht jede Einzelheit beschreibt.

Die fünfte Gestalt ist hochgewachsen und vermutlich sehr schlank, doch das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, denn ihr gesamter Körper ist von einem Mantel verhüllt, der noch schwärzer ist als die Baumstämme, und die Kapuze ist tief ins Gesicht gezogen.
Ich wäre dafür, die Perspektive des Mädchens in der gesamten Geschichte beizubehalten. Hier ist ein auktorialer Erzähler am Werk, der die Szene für den Leser praktisch so beschreibt, wie eine Kamera sie aufnehmen würde. Aus der Sicht des Mädchens kann es eigentlich keine Unsicherheit geben, sie weiß ja schon, wer die fünfte Gestalt ist. Falls du versuchst, den Leser im Ungewissen zu lassen, glaube ich, das funktioniert nicht - die Beschreibung entspricht so sehr der klassischen westlichen Vorstellung vom Tod, dass die meisten Leser das sehr schnell erkennen dürften - zumal man durch den Titel schon darauf vorbereitet ist, dass er in der Geschichte vorkommen wird.

Langsam und angemessen schreitet diese Gestalt als Schlusslicht dahin und scheint die anderen zu behüten, vor den Schatten dieser Welt und der Angst.
angemessen wofür? Ich denke, das soll eigentlich "gemessen" sein - also würdevolles, langsames Gehen beschreiben.

Die Zierliche kann nicht sagen, wie lange sie noch hinter dem Baum steht und versunkenen Blickes die Umgebung betrachtet, ohne sich zu rühren, ohne zu atmen oder zu blinzeln.
Das wirkt auf mich ein bisschen gezwungen, da noch ein Synonym für "die Kleine" zu nehmen. Das könnte ruhig einfach "Sie" sein.

Sie beobachtet fünf Gestalten, von denen vier verunsichert durch die dunklen Bäume hindurchstolpern. Von ihren Silhouetten geht ein merkwürdig heller, flüchtiger Schimmer aus, so als lösten sie sich jede Sekunde auf.
Die fünfte Gestalt ist hochgewachsen und vermutlich sehr schlank, doch das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, denn ihr gesamter Körper ist von einem Mantel verhüllt, der noch schwärzer ist als die Baumstämme, und die Kapuze ist tief ins Gesicht gezogen.
Warum die wortwörtliche Wiederholung der ersten Absätze? Das hat mich ein bisschen irritiert. Und beim zweiten Mal ist das "vermutlich" ja erst recht nicht so passend, weil da nicht nur das Mädchen, sondern auch der Leser weiß, wer die fünfte Gestalt ist.

Es versteht jetzt, dass er sich tatsächlich von ihm verabschiedet hat. Denn er kann ihm nicht folgen, dahin, wohin es jetzt geht.
Es stimmt zwar, dass Mädchen grammatisch sächlich ist - aber ansonsten eben weiblich. Es gab zu dem Thema schon viiieeel Diskussion im Forum, und es gibt unterschiedliche Meinungen, wie streng man da sein muss. :)

Wenn das Wort "Mädchen" direkt im Satz steht, dann kommt man nicht drum herum, "es" zu verwenden. Aber je weiter entfernt von dem Substantiv, desto "akzeptabler" ist es, "sie" zu sagen. In manchen Fällen finde ich persönlich das auch besser - hier zum Beispiel macht die Verwendung von "es" das Lesen eigentlich mühsamer, weil die Dativform von "es" und "er" gleich ist, und das Gehirn des Lesers beim "ihm" dann halt erst mal überlegen muss, auf wen sich das bezieht. Ich will dich nicht verwirren, nur darauf hinweisen - es gibt da durchaus unterschiedliche Meinungen und keine ganz feste Regel, und wenn dir an solchen Stellen ein "sie" auch besser gefällt, dann ist es durchaus legitim, es dort zu verwenden.

Grüße von Perdita

 

Hallo Perdita,

danke für das nette Willkommenheißen!

Mir ist durch die Kritik hier auch schon aufgefallen, dass ich sehr zu Adjektiven neige - ich fürchte, das trägt auch nochmal gewaltig zu einem kitschigen Feeling bei. Ich werd den Text sowieso nochmal gründlich überarbeiten und das dann beachten, danke!

Der Kritikpunkt mit der Perspektive ist mir schlüssig, ich bezweifle nur, dass ich das zu meiner Zufriedenheit ändern kann. Ich muss zugeben, ich schreib sozusagen frei nach Schnauze, ohne irgendwelchen Grundsätzen zu folgen (die ich sowieso noch nicht kenne, da ich nie einen Schreibkurs oder ähnliches belegt habe), daher kommt mir sowas, glaub ich, öfter unter. Aber auch das habe ich mir in meinem Dokument vermerkt und werde es versuchen zu überarbeiten.

Die Wiederholung des Anfangsabsatzes war auch so ein Gefühlsding, ich finde einfach, es passt. Es zeigt (oder soll zeigen), dass sich der Ablauf in der Schattenwelt niemals wirklich ändert, dass das Mädchen jedes Mal, wenn die Seelen hindurchgeführt werden, nach jemandem sucht, aber niemals jemanden findet (bzw in diesem Fall ja schon). Sie hofft, sucht, wird enttäuscht. Sie hofft, sucht, wird enttäuscht. Dieser Kreislauf wird höchstens mal durch Gevatter Tod durchbrochen.

So jetzt zu der Pronomenproblematik: Nach einem Kommentar hier habe ich den Text erst einmal schnell überarbeitet, da ich überall "sie" geschrieben hatte (peinlich, peinlich, ich hab das echt nicht gerafft :lol:), und händeringend nach einem weiblichen Ersatz für "das kleine Mädchen" gesucht. Überall "es" zu schreiben hat nämlich selbst bei mir teils für Verwirrung gesorgt. Ich hab jetzt akribisch darauf geachtet, die richtigen Pronomen zu nutzen, aber ich finde auch, dass im letzten Teil das "sie" verständlicher ist. Danke für den Tipp, ich werd's einfach nochmal ändern :)

LG Krizzle

 

Ein kleines Mädchen steht im düsteren Zwielicht hinter einem dicken Baumstamm, halb verdeckt vom Schatten, die Hand unschlüssig auf die Rinde gelegt, so als könne es sich nicht entscheiden, ob es sich verstecken oder lieber zeigen solle.

Hallo,

"zeigen", solltest du dich auf jeden Fall, bzw deine Figuren solltest du zeigen lassen, was sie empfinden.

Man merkt richtig, wie du dir die Sätze zusammengebastelt hast, so dass sie möglichst toll klingen, viel sagen, aber das macht keinen guten Text aus. Du bist zum Beispiel in vielen Sätzen unpräzise. Du stellst Behauptungen auf, die du dann wieder relativierst. Außerdem gebrauchst du wirklich viele Adjektive, zu viele, ist dir ja schon gesagt worden. Du wechselst auch die Perspektive, das geht nicht, bei einem so kurzen Text verwirrt das.

Konstruktiv: Show, don't tell. Zeige dem Leser anhand konkreter Empfindungen und Handlungen, was deine Figuren durchmachen. Sage nicht: Sie hat Angst. Zeige diese Angst. Sage nicht: Er liebt sie. Entpacke das. Ein kurzer Absatz, in dem du eine Handlung entwirfst, eine kleine Geste, die dem Leser klar werden lässt, "der liebt die ja!"

Fürs Erste. Schreiben kannst du sicherlich. Erzählen, das muss man lernen, das ist ein langer Prozess, da musst du auch dranbleiben für. Bist ja jung. Also, hau rein.

Gruss, Jimmy

 

Hallo, Jimmy,

danke auch für deine Kritik :)

Ja, ich muss definitiv noch viel lernen, das ist mir klar. Das war ja auch einer meiner Gründe, mich hier anzumelden.
Mit dem 'Show, don't tell' hab ich noch so meine Probleme, das merk ich selbst. Ich hab's mir aufgeschrieben, damit ich beim Überarbeiten drauf achte.

Dankeschön!

LG Krizzle

 

Ein riesiges Dankeschön für den Link, der ist echt hilfreich!
Wie du schon sagst, geht der Autor da sehr radikal vor, aber ich denke, ich werde für meine nächsten Texte (völlig egal, ob ich sie online stelle oder nicht) mal akribisch darauf achten, ist bestimmt 'ne super Übung und schärft die Wahrnehmung. So extrem muss ich es ja dann im Endeffekt nicht anwenden, aber wissen und können ist da sicherlich nicht schlecht.

Danke nochmal für den super Tipp!

LG Krizzle

 

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