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Der Todes-Pfeil

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08.08.2004
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Der Todes-Pfeil

Die tief liegende Wolkendecke gab der Sonne keine Chance mehr auf einen farbenprächtigen Sonnenuntergang. Nur der Wind bog die Baumgipfel, ansonsten war es mucksmäuschenstill. Bis ein befremdendes Geräusch die Stille zerschnitt.
Ein Pfeil löste sich von einer gespannten Sehne. Fast geräuschlos, nur mit einem leisen Zischen, sauste er in einem leichten Bogen durch die Luft. Es folgte ein kurzer dumpfer Aufschlag und Laubgeraschel.

***
Wie so oft wurde Maris Vita von ihrem Kollegen Sebastian Lobis telefonisch aus dem Bett gescheucht. Bereits wenige Minuten später hockte sie im Einsatzfahrzeug. Sie versuchte mit einem Kajalstift eine dünne Linie um die Augen zu ziehen, diese Malerei wurde heute jedoch zur Meisterleistung, denn erstens waren ihre Augen nach der abgebrochenen Nacht besonders klein und zweitens manövrierte Sebastian Lobis den Wagen über einen Waldweg und durch jedes Schlagloch. Er bremste scharf, aber sie war bereits fertig mit dem Schminken. Ein uniformierter Beamter begrüßte sie und hielt das als Absperrung dienende Flatterband hoch, damit sie den angeleuchteten Tatort betreten konnten.
„Was ist passiert?“ fragte Sebastian Lobis.
„Morgen. Der Förster, genauer gesagt sein Hund, hat eine Leiche gefunden. Die Leiche ist männlich.“
„Wurden Papiere gefunden?“
„Nein.“
„Also wissen wir nicht wer der Tote ist?“
„Eventuell doch“ der Polizist durchblätterte seinen Notizblock. Maris und Sebastian tauschen einen müden Blick.
„Und ? Erzählen sie es uns?“ Maris unterdrückte ein Gähnen.
„Mein Kollege und ich wurden gestern Abend zum Bogensportgelände gerufen, weil ein Turnierteilnehmer vermisst wurde. Ich habe ein Foto des Vermissten mit den Toten verglichen.“
„Gut - und ist der Tote der vermisste Bogenschützen?“ fragte Sebastian nach.
„Ich würde sagen, ja.“
„Wie ist sein Name?“
„Thomas Waslak.“

Maris schaute Sebastian an und nickte mit ihrem Kopf in Richtung Förster. Und Sebastian wusste sofort, dass er diesen befragen sollte. Den sie war ein Morgenmuffel und folglich noch nicht in der Stimmung für eine Zeugenbefragung.
Dafür ging sie, die Kommissarin zum Fundort der Leiche und schaute als erstes die Umgebung genau an, so weit die Scheinwerfer diesen erhellten. Der mit Laub bedeckte Waldboden wirkte aufgewühlt. Aber sie entdeckte keine waldfremden Sachen. Danach widmete sie sich dem Toten. Ein Mann etwa 30 Jahre alt. In seiner rechten Hand hielt er einen länglichen Gegenstand. Mit einer umgekrempelten Plastiktüte, um keine Spuren zu zerstören, griff Maris diesen Gegenstand und betrachtete ihn genau. Es war eine kleine Gaspatrone mit einem Kunststoffmundstück. Auf Reste eines Etiketts entzifferte sie die Worte „Bero…“ und „…vor jeder Anwendung gut schütteln“. Maris stülpte die Plastiktüte über das offensichtliche Medikament und steckte es ein.
Schlagartig stand sie im Dunkeln, sämtliche Scheinwerfer waren aus.
„Hey, was soll das? Macht das Licht an. Ich bin hier noch nicht fertig“ brüllte Maris.
„Gleich, wir müssen erst Benzin für den Generator holen“ antwortete eine männliche Stimme aus der Dunkelheit.
Maris fluchte leise und suchte in ihrer Handtasche nach einem Feuerzeug.
Plötzlich raschelte etwas im Laub. Sie stoppte die Suche, verhaarte regungslos und lauschte in die Dunkelheit, vernahm aber keinen weiteren Laut. Also setzte sie ihre Suche in der Handtasche fort. Seit sie nicht mehr rauchte, nahm sie aus Restaurants keine Streichholzheftchen mehr mit. Jetzt knackte ein Zweig ganz in ihrer Nähe.
„Wer ist da?“ fragte Maris. Es blieb aber still und dunkel. Sie breitete die Arme aus und drehte sich langsam im Kreis, berührte aber kein Hindernis. Danach ging sie langsam vorwärts, dabei hob sie ihre Füße bei jedem Schritt sehr hoch, um nicht zu stolpern. Trotzdem fiel sie über ein großes Hindernis, landete bäuchlings im Laub und schrie auf. In diesen Moment gingen die Scheinwerfer wieder an.
Sie blickte in ein Gesicht mit glasigen weit aufgerissen Augen und bläulich gefärbte Lippen. Sie war über die Leiche gestolpert und lag direkt neben dieser.
Sie sprang auf und rieb mit ihrer Hand über ihren schmerzenden Oberarm. Durch die Wollfäden ihrer Jacke sah sie, dass sie leicht blutete. Sie atmete einige Male tief durch. Und suchte dann den Gegenstand, an den sie sich verletzt hatte. Sie sah ein kleines rotes Gebilde. Als sie daran zerrte, zog sie einen Pfeil aus dem Laub. Sie hüllte ihn vorsichtig in mehrere Plastiktüren für die Spurensicherung und begann anschließend die Leiche genauer zu untersuchen. Die Kleidung des Toten war rundum mit Laub und Moos beschmutzt, vermutlich ist er den Abhang hinunter gestürzt. Im Bereich seiner linken Brust hatte die Fleecejacke ein kleines Loch. Vorsichtig öffnete Maris Vita den Reißverschluss der Jacke und schaute jede Kleidungsschicht genau an, bis sie seinen Brustkorb entblößt hatte. Sie fand ein Eintrittsloch zwischen den Rippen, aber kein Austrittsloch am Rücken.

Zwischenzeitlich war der, im Revier als „Puzzler“ berühmte Kollege Rodger Bierstein eingetroffen.
„Hi, und was sagt uns das Loch?“ fragte Rodger erwartungsvoll seine Kollegin.
„Hallo Rodger, ich weiß nicht“, Maris zuckte mit den Schultern.
„Ich würde sagen das war kein übliches Geschoss“ dozierte Rodger „und da zurzeit auf diesem Gelände ein Bogensportturnier ausgetragen wird, vermute ich, dass ein Pfeil in seiner Brust steckte.“
„Hier“ sagte Maris kurz und hielt Rodger den Pfeil vor die Nase.
„Sehr schön und Blut klebt auch dran“ Rodger schaute den Pfeil kurz an und stellte fest: „Und die Pfeile sind sogar mit dem Namenskürzel des Schützens beschriftet.“
„Das ist aber mein Blut“ äußerte Maris.
„Was? Wie konnte das passieren?“ Rodger bekam einen roten Kopf und biss die Zähne zusammen: „wie oft hatten seine Kollegen ihn die Spurensuche erschwert?“
Maris berichtete in Stichworten Rodger die Geschehnisse und er entspannte sich.

***
Alle Turnierteilnehmer hatten sich, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, auf dem Bogensportgelände vor dem Sporthäuschen versammelt. Sie lauschten den Instruktionen der Turnierkampfrichter und warteten ungeduldig auf den Start des zweiten Turniertages. Bis plötzlich einige Dienstfahrzeuge der Polizei vorfuhren.
Sebastian und Maris stiegen aus und gingen direkt zur Turnierleitung. Neugierig beobachteten die Bogenschützen das Gespräch, konnten jedoch nichts verstehen. Kurze Zeit später wurde das Turnier ausgesetzt, ohne weitere Erklärungen für die Turnierteilnehmer. Dafür musste jeder Bogenschütze einen seiner Pfeile der Polizei aushändigen, für die polizeiliche Untersuchung.

„Wir müssen jeden Bogenschützen befragen.“
„Aber das sind 108 Teilnehmer. Das dauert bestimmt Stunden“ gab der Veranstalter zu bedenken.
„Mag sein“, entgegnete Maris.
„Wir müssen aber jetzt starten, das ist hier schließlich ein deutsches Ranglistenturnier. Es geht darum wer im nächsten Jahr im deutschen Bundeskader Mitglied wird“ mischte sich einer der Kampfrichter ein.
„Ich verstehe. Trotzdem wir haben hier einen Toten und eventuell einen Mord aufzuklären. Sorry, da interessiert es mich wenig, wer der Herrschaften im nächsten Jahr für Deutschland startet. Ich erwarte umgehend eine Teilnehmerliste und das sich jeder, damit meine ich alle Bogenschützen, Helfer und Schiedsrichter, bereit hält für die Befragung“ knurrte Maris, rieb ihre Schulter und unterdrückte wieder ein Gähnen.

Als erstes ließen sie sich über die Art des Turniers informieren. Es war ein Feldturnier. Die Bogenschützen folgten, eingeteilt in kleinen Gruppen, einen abgesteckten Parcour durch den Wald und schossen jeweils von markierten Abschusspflöcken drei Pfeile auf die Scheiben. Die zu schiessenden Distanzen waren unterschiedlich weit entfernt, zwischen 5 und 60 Metern.

Beginnend wurden die gestrigen Gruppenmitglieder von Thomas Waslak befragt.
„Sie haben ja Recht, wahrscheinlich haben wir Thomas zuletzt lebend gesehen. Aber wir mit unseren Blankbögen ...einen erwachsenen Mann erschießen? Das ist unwahrscheinlich. Das würde mit einem Compoundbogen viel besser funktionieren.“
„Was ist bitte der Unterschied zwischen einen Blank- und einen Compoundbogen?“ wollte Maris wissen.
„Wir, Blankschützen, schießen einen Bogen ohne Visier und Stabilisation. Die Compoundbögen haben eine Stabilisation, Visiere mit Lupe und Wasserwaage am Bogen. Und sie verfügen über mehr Kraft, Power, deshalb wird die Auszugskraft des Bogens nach dem Flaschenzugprinzip reduziert. Das sind die reinsten Hightech Bögen, fast schon Maschinen.“
„Also sind ihre Blankbögen weniger kräftig im Abschuss?“
„Richtig und unsere Treffer sind weiniger präzise, eben ohne Visier.“

***
Rodger fuhr währenddessen mit den Pfeilen der Bogenschützen in sein Labor.
Bis heute hatte er noch keinen vergleichbaren Fall bearbeitet, deshalb beschaute er sich die Pfeile sehr genau, um ein Gespür für Auffälligkeiten zu bekommen. Blutspuren fand er auf den ersten Blick keine. Die Pfeile waren sehr unterschiedlich, nicht nur in der Länge, Dicke und Material des Schaftes, sondern auch in den Farben der Befiederung. Er schmiss seine Kiste, einen Computer, an und recherchierte im Internet nach Pfeilen, es gab Pfeilschäfte aus Holz, Aluminium, Karbon und aus Aluminium mit Karbonummantelung. Natürlich gab es mehrere Hersteller von Pfeilschäften und selbstverständlich waren die Schäfte der einzelnen Fabrikate unterschiedlich. Zusätzlich gab es für die Schäfte unterschiedlich geformte und schwere Spitzen.
Rodger sortierte die Pfeile der Bogenschützen, nach Art und Fabrikat.

Ohne eine Verzögerung mit Anklopfen stürmte Maris in Rodgers Labor.
„Passt der von mir gefundene Pfeil zur Wunde des Opfers?“
„Nö.“
„Kannst du mir den sagen, welcher Pfeil passt?“
„Nö, wo denkste hin. Es gibt sehr viele unterschiedliche Pfeilausführungen. Zusätzlich gibt es unterschiedliche Bögen und je nach dem, mit welchen Bogen welcher Pfeil geschossen wird, fällt das Loch anders aus“ berichtete Rodger.
„Das klingt fast komplizierter als die Ballistik von Kugeln“ stellte Maris Vita fest und ließ die Schultern hängen.
„Komplizierter ist das nicht, nur mit Pfeilen und Bögen kannte ich mich bis jetzt kaum aus“ erläuterte Rodger „abgesehen von meinem Versuch im Cluburlaub Bogen zuschießen.“
„Gut, dann kennst du dich besser aus als ich. Und wann können wir erste Ergebnisse erwarten?“
„Also morgen beginne ich die Pfeile mit dem Rasterelektronenmikroskop auf Schleifspuren und Beschädigungen zu untersuchen. Und danach folgt, nach dem Abschießen der Pfeile, die Analyse der unterschiedlichen Einschläge, dafür muss ich mit noch ein Verfahren überlegen, um festzustellen wie tief welcher Pfeil eindringt, oder eventuell sogar durch schlägt, sowie die Analyse der Form der Einschlusslöcher, Einschlagwinkel und Auswertung ...“
„Schon gut“ unterbrach Maris den Bericht ihres Kollegen.

***
Maris hatte die vorläufige Ergebnisliste des Bogenturniers studiert und mit älteren Ergebnislisten aus dem Internet verglichen. Thomas Waslak hatte von 10 Turnieren 8 gewonnen. Offensichtlich gab es nur zwei weitere Schützen, in ganz Deutschland, die eine vergleichbare Leistungsstärke hatten. Mit diesen beiden konkurrierenden Schützen wollte Maris Vita sprechen.
Mit Hilfe der Ergebnisliste und den Initialen hatte sie ebenfalls den Besitzer des gefundenen Pfeils ermittelt und diesen Schützen wollte sie als erstes befragen. Deshalb fuhr sie zum Turniergelände.

Maris fand nur einen Bogenschützen, mit einem Compoundbogen, beim Training an den Einschießscheiben.
„Tag. Ich suche Herrn Michael Donti!“
Der Schütze reagierte auf die Anwesenheit, sowie die Frage von Maris nicht. Er stand völlig bewegungslos mit gespannten Bogen, in voller Konzentration vor der Zielscheibe. Mit dem bloßen Auge war keine Bewegung des Schützens zu beobachten, trotzdem löste sich plötzlich der Pfeil aus dem Bogen und schnellte durch die Luft. Genau im Zentrum der Zielscheibe schlug der Pfeil ein.
„Tag, sagte ich. Wo finde ich Herrn Michael Donti?“ fragte Maris Vita mit etwas lauterer Stimme.
„Sie haben ihn gefunden. Schuldigung, aber wenn ich voll im Auszug stehe, gibt es für mich keine Umwelt. Deshalb habe ich sie nicht sofort bemerkt.“
„Ich bin Maris Vita von der Polizei. Ist das ihr Pfeil?“ Maris kam sofort zur Sache und zeigte den gefundenen Pfeil.
Schweigend studierte Michael Donti die Initialen:“Ja. Schön, dass ich ihn wieder habe, der kostet schließlich 23 Euro.“ Michael griff nach dem Pfeil, aber Maris hielt ihn fest.
„Moment, der Pfeil lag neben dem Opfer. Können sie mir das erklären?“
„Sie wollen doch nicht sagen … das ich …?“
„Und haben sie …?“
„Nein, warum sollte ich?“
„Sagen sie es mir? Oder wie ist sonst der Pfeil neben das Opfer gekommen?“
„Ich, ja wissen sie ….Ich hatte einen kleinen Zucker, ein Zittern in der Bogenhand und weg war der Pfeil.“
„Und diese Geschichte soll ich ihnen glauben?“
„Ja, sie können die anderen Compoundschützen fragen.“
„Passiert das öfter?“
„Gott sei dank nicht. Ein verschossener Pfeil kostet Geld und Ringe in der Wertung.“
Michael Donti spielte während der Befragung mit seinem Release, der Auslösehilfe. Maris beobachtete ihn aufmerksam und fuhr fort:
„Wie gut kannten sie Thomas Waslak?“
„Wir waren einige Jahre im deutschen Kader, haben mehrere Lehrgänge zusammen besucht und natürlich an vielen Turnieren gemeinsam teilgenommen.“
„Dann kannten sie ihn ja recht gut.“
„Er war Spitze mit dem Blankbogen und ich mit dem Compound.“
„Wer war der größte Konkurrent von Herrn Waslak?“
„Ich glaube, der Rolf Meier.“
„Könnten sie mir sagen, wo ich den finde?“
Michael Donti nickte seitlich mit dem Kopf: „Dort kommt er gerade.“

Maris ging Rolf Meier entgegen.
„Tag, ich habe einige Fragen, hinsichtlich Thomas Waslak. Wie war ihr Verhältnis zu Herrn Waslak?“
„Wir verstanden uns.
„Obwohl sie in Konkurrenz standen?“
„Ja.“
„Wussten sie, dass Thomas Waslak vermögend war?“
„Klar, warum?“
„Es könnte ein Tatmotiv sein. Herr Waslak konnte sich den ganzen Tag auf das Bogenschiessen konzentrieren und musste sich nicht mit Arbeit für den Lebensunterhalt beschäftigen, wie andere Sportler?“
„Natürlich konnte er optimaler trainieren, als alle anderen Bogenschützen, das hatte er aber auch nötig. Ich trainiere viel weniger und liege in der gleichen Leistungsklasse, weil ich mental ausgeglichener bin und mehr Talent habe, als die meisten Bogenschützen. Trotzdem mochten wir uns.“
„Von welcher Scheibe sind sie gestern gestartet?“
„Von Nummer fünf.“
„Also eine Scheiben hinter Thomas Waslak. Haben sie während des Turniers ihn gesehen?“
„Ja, natürlich. Thomas benötigt viel Zeit für seine Schüsse. Folglich sind wir öfter aufgelaufen und mussten warten, bis er mit seiner Gruppe, mit dem Schiessen, fertig war.“
„Ist das normal in einem Turnier?“
„Wenn Thomas teilnimmt, Ja.“


***
Bekleidet mit fleckigem T-Shirt, zu enger Hose, heller Plastikschürze und Gummistiefeln schob ein Mann eine Karre mit Schweinehälften in das Polizeirevier, ohne den Pförtner eines Blickes zu würdigen. Dieser stürmte mit hoch rotem Kopf aus seiner Pförtnerloge.
„Stop. Bleiben sie sofort stehen. Was wollen sie hier, mit den Schweinen?“ fragte der Pförtner streng.
„Ich soll die Schweine in zweiten Stock abliefern.“ Ohne die Karre abzustellen steuerte der Mann, der offensichtlich ein Fleischer war, mit kräftigen Schritten den Aufzug an.
„Stop, sagte ich“ der Pförtner stellte sich den Fleischer in den Weg „haben sie einen Termin?“
„Die warten auf die Schweine. Wird wohl eine riesige Party?“
„Das ist mir egal. Sie müssen sich zuerst bei mir anmelden. Füllen sie als erstes diesen Fragebogen aus“ der Pförtner reichte ein Klemmbrett dem Fleischer.
„Oh Mann, diese Bürokraten“ meckerte der Fleischer und begann den Fragebogen auszufüllen.
Zufrieden setzte sich der Pförtner hinter sein Pult, wippte mit dem Stuhl und betrachtete den schreibenden Fleischer.
Nachdem der Fragebogen, mit zwei Korrekturen, zufrieden stellend ausgefüllt war, durfte der Fleischer passieren und die Schweinehälften in den zweiten Stock bringen. Eine junge Frau wartete bereits und hielt die Tür für den Fleischer auf.
„Hey Puzzler, deine Schweinelieferung“ rief die junge Frau.
„Klasse, bitte gleich nach hinten bringen“ ordnete Rodger an.
„Soll ich die Schweine auch noch Grillen? Davon hat mein Chef mir nichts gesagt“ meinte der Fleischer.
„Nein, um Gotteswillen. Ich will auf die Schweine schießen.“
Mit weit aufgerissenen Augen starte der Fleischer Rodger an und sagte schließlich: „Die Schweine sind schon tot!“
„Ich will Einschusslöcher analysieren. Weil die Haut und Gewebeschichten der Menschen den der Schweine sehr ähnlich sind, nehme ich Schweine für meine Versuche."
„Na ja. Sie werden schon wissen was sie tun“ Kopfschütteln ging der Fleischer und murmelte vor sich hin „Und das alles wird von unseren Steuergeldern bezahlt.“

Rodger hatte über den Schützenbund einen Bogenschützen ausfindig gemacht, der viele unterschiedliche Bogenarten schießen konnte. Und vom ortsansässigen Bogenhändler hatte Rodger die unterschiedlichsten Sportbögen; wie Longbow, Recurve- und Compoundbögen ausgeliehen.

Der Testbogenschütze, Peter Klawond, nahm als erstes den einfachen traditionellen Longbow in die Hand, wie Robin Hood. Er griff einen Holzpfeil mit Naturfedern und nockte den Pfeil auf die Sehne des Bogens. Jetzt folgte der Kraftaufwand um den Bogen mit einem Zuggewicht von 70 Fund auseinander ziehen. Er schaute konzentriert auf die Schweinehälfte und ließ den Pfeil los. Der Pfeil flog in einer gebogenen Flugbahn, trat die Schweinehälfte und blieb stecken.
Danach griff er einen Recurvebogen ohne Visier und Stabilisation, also einen Blankbogen und wählte einen Aluminiumpfeil mit Kabonummantelung aus. Und schoss einen Pfeil auf die Schweinehälfte.
Schnell montierte Peter an den Recurvebogen ein Visier und eine mehrteilige Stabilisation. Erneut zog er die 40 Pfund auseinander und schoss einen weiteren Pfeil auf die Schweinehälfte.
Zum Abschluss der Herren Bogenschussserie schoss Peter Klawond Karbonpfeile mit einem Compoundbogen, der das Zuggewicht vom 60 Pfund hatte. Jedoch wurde das Zuggewicht nach dem Flaschenzugprinzip auf nur noch 30 Pfund reduziert. Der Pfeil flog schnurgerade auf die Schweinehälfte zu. Auch dieser Pfeil blieb stecken, drang aber tiefer in das Fleisch ein.

Für die Analyse der Damenbögen nahm Peter Bögen der gleichen Bauart, aber mit weniger Zuggewichten. Die Damen schossen, in der Regel, einen Longbow mit 45, einen Recurve mit 30 und einen Compound mit 40 Pfund.

Mit einem Geschwindigkeitsmeßgerät wurde die Fluggeschwindigkeit der Pfeile gemessen. Der Hartholzschaft, der mit einem Longbow abgeschossen wurde, flog 219,6 Kilometer pro Stunde und der Compoundbogen brachte den Karbonfeile auf die doppelte Geschwindigkeit.

***
Maris marschierte indessen das Turniergelände ab. Der Fundort der Leiche befand sich nicht direkt auf dem Parcour, sondern in einem nahe gelegenen Tal. Folglich muss Thomas Waslak den abgesteckten Kurs verlassen haben.
„Hallo, hallo! Sind sie die Kommissarin?“ Eine junge Frau stampfte schnellen Schrittes querfeldein durch den Wald auf Maris Vita zu.
Maris drehte sich um und nickte „Ja.“
„Haben sie schon den Mörder gefunden?“
„Wir ermitteln noch. Aber wer sind sie?“
„Ich bin Sabine, Thomas ist, war mein Mann“ das letzte Wort war kaum zu verstehen, weil Sabine Waslak zu schluchzen begann.
Maris drehte schweigend eine Haarsträhne um ihren Finger, während sie die junge Frau beobachtet. Nach einiger Zeit fragte sie:
„Können sie mir vielleicht einige Fragen beantworten?“
„Ja.“ Sabine Waslak wischte sich mit einem bereits feuchten Taschentuch die Tränen vom Gesicht.
„Warum hat ihr Man den abgesteckten Parcour verlassen?“
„Er war, Asthmatiker. Wenn er schwer Luft bekam, entfernte er sich einige Schritte von der Gruppe.“
„Warum?“
„Er benutzte dann ein Inhaliergerät und das sollte keiner sehen.“
„Wieso, ist das verboten?“
„Das Medikament, was er nahm, ist zugelassen. Aber bevor Gerede über Doping entsteht, verbarg Thomas seine Krankheit.“
„Hatte ihr Mann Feinde, privat oder beruflich?“
„Nein.“

***
Rodger fuhr mit dem Aufzug in den Keller, zur Pathologie. Er wollte vom zuständigen Gerichtsmediziner Auskünfte über das Loch in Thomas Waslaks Brust haben. Anhand des Durchmessers und des Winkels des Loches wollte er die Pfeilart und Bogenklasse ermitteln. Ein Holz- oder Aluminiumpfeil würde ein Loch mit einem Durchmesser von ca. acht Millimeter hinterlassen. Ein Karbonpfeil hinterlässt meistens kleinere Löcher. Am Winkelverhältnis zwischen Loch und Brust konnte die Flugbahn bestimmt werden. Pfeile die mit Bögen einer optimalen physikalischen Energieausbeutung, wie die Compoundbögen, abgeschossen werden, haben eine fast gerade Flugbahn. Während die Flugbahn von Pfeilen die eine geringere Beschleunigung erhalten eine gebogene Kurve fliegen und folglich einen anderen Einschusswinkel hinterlassen.

***
Auf den Tod von Thomas Waslak reagierten die Bogenschützen sehr unterschiedlich. Einige schwiegen und konzentrierten sich auf das Training, während andere das Gespräch suchten.
„Welch ein Verlust für den deutschen National-Kader“ meine Michael Donti und grinste.
„Stimmt, Thomas hinterlässt eine Lücke. Noch gibt es keinen Nachwuchsschützen mit seinen Fähigkeiten.“
„Welche Fähigkeiten meinst du? Die das Geld zu jonglieren?“
„Quatsch. Er schoss doch gut.“
„Andererseits haben jetzt auch andere Schützen mal die Chance Mitglied im Kader zu werden. Immerhin war Thomas fast 10 Jahre ständiges Mitglied“ Rolf kämpfte seit Jahren um einen Kaderplatz.
„Haste auch recht. Sein Schießstil und seine Art des Bogentunings waren auch nicht mehr auf den neuesten Stand der Technik.“
„Jetzt kann der Kadertrainer aufatmen.“
„Ändern wollte er auch nichts. Da war Thomas stur.“
„Na ja und der große Gesellschafter war er auch nicht.“
„Er lebte nur für und mit dem Bogensport.“
„Ich war damals auch verwundert als seine Verlobung bekannt gegeben wurde“ ergänzte Michael Donti und unterdrückte ein Grinsen.
„Stimmt. Ich habe ihn nie von etwas anderen außer Bogenschiessen reden hören.“
„Er war ein sehr erfolg- und finanziell reicher Bogenschütze.“
„Hört auf. Wie sprecht ihr nur über Thomas. Er ist tot. Und noch nicht einmal beerdigt“ meine Rolf Meier.
„Was ist dir denn? Dein größter Konkurrent ist weg. Du willst doch nicht behaupten, dass dich das stört?“
„Willst du mir etwas unterstellen?“
„Nein, obwohl die größten Freunde ward ihr auch nicht.“
„Wer war das schon?“ meinte Rolf Meier und schaute jedem in der Gesprächsrunde direkt in die Augen. Keiner sagte mehr ein Wort.

***
Maris saß an ihrem Schreibtisch und studierte die vorliegenden Aussagen zum wiederholten Male. Sie ließ den Kopf hängen und stellte ihren linken Arm stützend unter das Kinn. Mit der rechten Hand spielte sie mit einem Kugelschreiber. Sie schob immer und immer wieder ihren Daumen unter den Klipp.
Erstens war das Opfer ungesellig, dafür aber reich. Wer erbt das Vermögen?
Zweitens war er sehr ehrgeizig und seit Jahren Inhaber eines der beliebten Kaderplätze, wurden die Konkurrenten aktiv?
Er verbrachte seine ganze Zeit mit dem Bogenschiessen, wie passte in dieses Leben eine Ehefrau?
Jeder und keiner konnte der Täter sein, es gab viele Gründen das Opfer nicht zu mögen, aber waren das schon ausreichende Tatmotive?

Der Puzzler nahm sich nicht die Zeit lange an die Tür zu klopfen, sondern stürzte in Maris Büro. Dabei flog das Türblatt mit Schwung gegen den Metallaktenschrank. Maris Kopf schnellte hoch und der Klipp vom Kugelschreiber sprang ab.
„Na meine Schöne. Habe ich dicht geweckt beim Büroschlaf?“
„Nö. Ich habe über mögliche Tatmotive nachgedacht.“
„Na, denn will ich dich nicht weiter stören“ mit diesen Worte drehte sich Rodger zur Tür.
„Stop. Spann mich nicht auf die Folter. Sag schon, was hast du raus bekommen?“
„Ein dünner Vollkarbonpfeil flog mit einer leichten parabolischen Flugbahn durch die Luft und blieb zwischen den Rippen stecken.“ Rodger griff schnell in seine linke vordere Hosentasche, dann in die rechte. Ohne ein Wort eilte Rodger aus dem Büro.
Maris schüttete den Kopf und montierte den abgesprungenen Klip wieder am Kugelschreiber.
Wenig später kehrte Rodger zurück.
„Sorry, Heuschnupfen, ich musste niesen. Wo war ich stehen geblieben?“
„Dünner Pfeil - zwischen den Rippen“
„Ach ja. Der Pfeil wurde mit einem mittel kräftigen Bogen abgeschossen.“
„Kannst du das nicht etwas konkretisieren?“
„Das ist schwierig.“
„Passt denn keiner der vorliegenden Pfeile zum Loch?“
„Leider nicht. Der Täter, ich meine die Verdächtige Person war schlau und hat offensichtlich andere Pfeile abgegeben.“
„Sortieren wir mal die Fakten. Die konkurrierenden Herren Blankschützen, die Herren Compounder und die Longbowschützen müssten als Täter ausscheiden, oder?“
„Ja. Sowie die Damen Recurveschützinnen“ ergänzte Rodger.
„Also suchen wir eine Dame, mit Compoundbogen. Aber mit welchem Motiv?“
„Vielleicht das älteste der Menschheit. Aber das ist jetzt dein Job. Ich muss zurück in mein Labor. Um die Schweinerei zu beseitigen.“

***
Maris Vita fuhr mit einem Kollegen zum Sporthäuschen, sie wollte erneut mir der Witwe sprechen. Maris ging ohne anzuklopfen in das Zimmer der Waslaks. Michael Donti hielt die Witwe Sabine Waslak im Arm. Für eine tröstende Umarmung war seine Hand an Sabines Rücken zu tief hinunter gerutscht. Als das Paar die Polizisten bemerkten wurde die Umarmung ruckartig gelöst.
„Entschuldigung, dass wir sie noch einmal stören, Frau Waslak.“
„Was wollen sie noch von mir. Ich bin in Trauer, wie sie sehen.“
„Könnten wir sie bitte unter vier, ich meine sechs Augen sprechen?“
„Wenn es unbedingt sein muss.“
Zuerst wurde von Maris die Standardbefragung durchgeführt: wie sich das Ehepaar kennen gelernt habe und wie lange sie sich kennen, ob es Probleme in der Ehe gab und ähnliche Fragen.
„Das Bogenschiessen war seine große Liebe, nicht meine. Ich kann zwar auch einigermaßen mit den Bogen umgehen, aber ich hatte wenig Spaß am schießen, ich spiele lieber Tennis.“
„Nach Aussagen einiger Bogenschützen trainierte ihr Mann sehr viel.“
„Oh, ja. Er trainierte täglich.“
„Fuhren sie auf alle Turniere mit.“
„Früher ja, kurz nachdem wir uns kennen lernten. In den letzten Jahren eigentlich nicht mehr.“
„Warum nicht?“ wollte Maris wissen und beobachtete besonders die Augen von Sabine Waslak. Den das gesprochene Wort kann gelogen sein, die Mimik kann imitiert werden, aber die Augen lügen nie.
„Wenn er auf einem Turnier war, sprach er fast nur über Bogenschiessen. Und er trainierte in jeder freien Minuten. Manchmal schoss er schon vor dem Frühstück die ersten Pfeile. Ich war dann nur störend.“
„Also war sein Leben der Bogensport?“
„Ja und seine Liebe“ ergänzte Sabine Waslak.
„Ich verstehe. Wollten sie Kinder?“
„Ich schon, aber Thomas wollte seine Liebe nicht weiter teilen, Bogenschiessen und ich - waren ihm genug“ Sabine Waslak schluckte und bekam feuchte Augen.
„Hat es sie nicht gestört, die Liebe ihres Mannes mit dem Sport zu teilen?“
„Doch schon. Ich hatte auch gehofft, dass es nach der Hochzeit sich entspannt. Und das ein Baby unsere Liebe festigt.“
„Aber es änderte sich nicht?“
„Nein. Er war in einem Goldrausch. Wenn er nicht den ersten Platz belegte, trainierte er noch mehr und war bis zum nächsten Sieg nicht ansprechbar. Und dabei hat er schon mehrere Hundert Siegestrophäen, das ganze Haus ist voll von diesem Zeug.“
„Ich könnte mir vorstellen, das sie auf das Bogenschiessen eifersüchtig waren, oder?“
„Sagen wir, ich bin kein Fan vom Bogensport.“
Schweigend beobachtete Maris die Witwe, die zappelig auf ihren Stuhl saß.
„Hatte ihr Mann eine Lebensversicherung abgeschlossen?“
„Ja“
„Zu ihren Gunsten“ bohrte Maris weiter.
„Ja“ antwortete die Witwe zögernd.
„Wie verbrachten Sie die Zeit, die Wochenenden und Wochen, wenn ihr Man auf Turniere fuhr?“
„Oh, ich spielte Tennis und traf mich mit Freunden.“
„Auch mit einem speziellen Freund?“
„Wie meinen sie das?“
„Na ja. Sie lagen eben in den Armen eines Mannes. Und es sah nicht nach einer tröstenden Umarmung eines platonischen Freundes aus.“
„Es ist eben ein sehr guter Freund.“
„Ist es ihr Liebhaber?“
„Er ist, wie soll ich sagen…“ Sabine Waslak begann zu weinen und nickte leicht.
„Und wusste ihr Man von dieser Beziehung?“
Sabine Waslak zuckte nur mit den Schultern.
„Sie wollten Kinder, mit diesem Mann?“
Sabine Waslak schniefte ins Taschentuch und nickte erneut.
„Warum haben sie nicht die Scheidung gefordert?“
„Wir hatten einen Ehevertrag.“
„Sie wären also leer ausgegangen?“
„Ja, ich wäre mittellos. Schließlich wollte Thomas nach unserer Heirat, dass ich mein Studium aufgab, also habe ich mein Studium abgebrochen und keinen Beruf erlernt.“
„Das Schicksal vieler Frauen. Aber sie wollten es nicht hinnehmen, oder?“
„Er war egoistisch, nur was er wollte war wichtig.“
„Ihr Ehemann ist tot. Sie wollten einen Haufen Geld von der Lebensversicherung kassieren. Und der Weg für eine neue Beziehung wäre geebnet“ stellte Maris fest.
„Jetzt brauche ich wohl einen Anwalt.“
„Richtig. Aber bitte verraten sie mir noch, wie haben sie es geschafft?“
„Es war eine Fügung, ein Zufall.“
„Sie hatten nicht die Qualifikation an diesem Ranglistenturnier teilzunehmen, wenn ich es richtig verstanden habe. Und trotzdem waren sie mit einem Bogen im Wald.“
„Zwei Kaderschützinnen hatten Probleme mit ihren Bögen und benötigten ihre Ersatzausrüstung. Weil der Trainer nicht zwei Schützen gleichzeitig die Sachen bringen konnte, bat er mich der einen Schützin ihren Ersatzbogen mit Pfeilen zu bringen. Dann sah ich Thomas, alleine zwischen zwei großen Bäumen stehen. Er hatte einen Asthmaanfall, nahm seine Medikamente und sah mich nicht. Niemand anders war zu sehen. Also nahm ich den Bogen, zog ihn aus und schoss.“
Schweigend sahen sich die Frauen an.
„Es hätte ….“ flüsterte Sabine Waslak und ließ den Tränen freien Lauf.

 
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Hallo Sylvia,

Neben witzigen Kurzgeschichten ist es meiner Meinung nach am schwersten, eine spannende oder eine Kurzgeschichte, die sich mit Ermittlungen auseinandersetzt, zu schreiben. Ich persönlich wollte auch schon immer solche eine Geschichte schreiben oder habe es schon, bin aber daran so gescheitert, dass es nie zu einer Veröffentlichung kam.

Auch dir gelingt es nur bedingt.
Du fängst gut an und beschreibst sehr gut die Tat und lieferst auch später eine tolle Beschreibung des Tatorts. Ich kann mir richtig vorstellen, wie er von Polizisten wimmelte, darunter auch die beiden oder auch später, die drei Ermittler. Ich konnte mir auch schön vorstellen, wie die Kathrin müde und erschöpft da steht und eigentlich nur ins Bett will und nicht diesem Mord am Hals haben will.
Auch gut gefällt mir die Beschreibung von der dunklen Szene mit Kathrin, wie sie versucht eine Orientierung zu finden. Schade, dass das für die Geschichte keine weitere Bedeutung hat.
Die Bogenschützenszene war mir bisher gänzlich unbekannt, deswegen danke für diese kleine Einführung in die Szene und vor allem auch die Aufklärung über die verschiedenen Bögen. Du scheinst dich da ja gut auszukennen.
Dein Schreibstil ist solide - ohne viel drum herum beschreibt er direkt, was geschieht.

Jetzt zu dem, was mir nicht so gefiel:
Nun ja, auch mir fällt es immer schwer Namen zu finden, aber auch wenn es sie in Deutschland gibt, klingen solche wir Klaus Kraut, Heinz Bierstein unter anderem nicht gerade nach Krimi, sondern eher nach Comedy.
Weiterhin fehlt mir in der Geschichte eine Spannung, damit sie es verdient hätte, hier in der Kategorie zu stehen. Du beschreibst zwar sehr schön die Ermittlungen und auch ich habe nebenher Gedanken darüber gemacht, doch gezittert vor Spannung habe ich nie.
Leider kommen bei dir die Figuren zu kurz. Meiner Meinung nach sollte in Geschichten der Mensch im Vordergrund stehen - nicht die Tat. Bei dir ist es - außer am Anfang bei Kathrin und am Ende bei der Täterin - leider anders herum.
Du erzählst mit zu linear und zu beschreibend. So bleibt dem Leser eigentlich keine Möglichkeit den Fall selbst aufzulösen, da es keine versteckten Hinweise gibt, die vielleicht den Täter hinweisen könnten.
Die Auflösung gefällt mir aber auch nicht wirklich. Das liegt aber vielleicht auch darn (und das überschneidet sich jetzt mit dem letzten Kritikpunkt), dass die Figuren einfach zu blass sind. Vielleicht würde es helfen, mehrere Tatverdächtige zu kreieren, damit man als Leser schon eine Auswahl hat und sich ein wenig Gedanken darüber zu machen. Das Ende ist übrigens auch mein Hauptkritikpunkt. Es erinnert mich ein wenig an solche Romane, die man bis zum Ende hin verschlungt und am dann stellt sich heraus, dass der Gärtner der Mörder ist, obwohl der nur einmal in den 350 Seiten vorher kurz erwähnt wurde und eigentlich durch gar nichts mit dem Mord in Verbindung gebracht werden kann.

So, noch einige Anmerkungen/Fragen zum Text mit Zitaten:

Zwischenzeitlich war der, im Revier als „Puzzler“ berühmte, Kollege Heinz Bierstein eingetroffen

"Zwischenzeitlich war der im Revier als "Puzzler" bekannte Kollege Heinz Bierstein eingetroffen." (ohne Kommata)

auf dem Bogensportgelände, vor dem Sporthäuschen versammelt.

auch hier ohne Komma

„Wir haben hier einen Toten und eventuell einen Mord aufzuklären. Da interessiert es mich wenig, wer der Herrschaften im nächsten Jahr für Deutschland startet. Ich erwarte umgehend eine Teilnehmerliste und das sich jeder, damit meine ich alle Bogenschützen, Helfer und Schiedsrichter, bereit hält für die Befragung.“

Das hört sich für mich zu machthaberisch an. Ich weiß aber leider auch nicht, wie ich es besser formuliert hätte, deswegen keine gute Kritik. Fakt ist aber, dass in den Turnierpausen ja die Befragungen stattfinden könnten. Schließlich geht es ja um einen Toten.
Vielleicht so:
"Ich weiß, dass Sie hier eigentlich ein Turnier organisieren. Trotzdem wäre ich glücklich darüber, wenn sich die Bogenschützen, Helfer und Schiedsrichter für eine Befragung bereithalten könnten."
Auf eine freundliche Anfrage reagiert man vielleicht eher gesprächsbereit, ansonsten hat man mit Sicherheit in Mordfällen immer noch ein Mittel in der Hand, oder? (irgendeine Verfügung oder dergleichen)

„Hallo, und schon den passenden Pfeil zum Loch des Opfers gefunden?“

Würde ich das Hallo weglassen und statt Loch Wunde schreiben.

Das klingt fast komplizierter als die Ballistik von Kugel

Ballistik von Kugeln

„Ich will Einschusslöcher analysieren. Weil die Haut und Gewebeschichten der Menschen den der Schweine sehr ähnlich sind, nehme ich Schweine für meine Versuche."

Mich würde interessieren, ob das wirklich stimmt und Polizisten das zur Einschussanalyse wirklich benutzen. Nicht, dass ich es nicht gauben würde - es hört sich nur ein... wenig komisch an.

„Hatte ihr Mann Feinde, privat oder beruflich?“
„Aber nein. Er war sehr gütig, hilfsbereit, verständnisvoll und allgemein beliebt.“

ACHTUNG! Klischee...

Zuerst wurde von Kathrin die Standardbefragung durchgeführt: wie sich das Ehepaar kennen gelernt habe und wie lange sie sich kennen, ob es Probleme in der Ehe gab usw.

statt "usw." würde ich schreiben "und ähnliche Fragen"

Ohne die Karre abzustellen steuerte der Man, der offensichtlich ein Fleischer war, mit kräftigen Schritten den Aufzug an.
„Wie verbrachten Sie die Zeit, die Wochenenden und Wochen, wenn ihr Man auf Turniere fuhr?“
„Und wusste ihr Man von dieser Beziehung?“

Mann schreibt man in allen drei Fällen mit zwei "n".

Fazit: Schade, dass du das Potenzial der Geschichte durch einige KLeinigkeiten nicht ausnutzt. Denn interessant war die Geschichte schon, doch leider erzählt die Geschichte zu wenig und beschreibt zu viel.

cu_christoph

 

Hello Sylvia,

ich teile Christophs positive Meinung zur Tatortbeschreibung. Allerdings teile ich auch seine Kritik, Deine Figuren bleiben eigenartig konturenlos, nicht nur wegen der Namen. Die Geschichte ist zwar trotz beschreibender 'Berichthaftigkeit' gut zu lesen, aber richtig spannend finde ich sie nicht.

Dies ist mir noch aufgefallen:

'..weil ein Turnierteilnehmer vermiss...' fehlt ein 't'.

'...Danach widmete sie sich den Toten. Ein Man etwa...' dem Toten und Mann.

'...Als erstes schaute er sich die Pfeile genau an. Blutspuren fand er auf den ersten Blick keine...' - Zweimal 'erste' ist unglücklich.

'...Wir waren einige Jahre im deutschen Kadar..' - Kader?

'...Bekleidet mit heller Plastikschürze und Gummistiefeln schob ein Man eine Karre...' Sonst hatte er gar nichts an? ;-) Und Mann.

'„Könnten wir sie bitte unter vier Augen sprechen?“' - 2 Polizisten plus Witwe haben aber schon 6 Augen.

Viele Grüsse + Schönes Restwochenende vom gox

 

Hallo Christoph und hallo Gox,

Vielen Dank für Eure Anregungen und der konstruktiven Kritik.
Ja Ihr habt Recht, besonders das Ende war und ist mein Problem. Ich schrieb die Geschichte und war vom Geschehen so begeistert, dass ich fast einen Täter vergaß.
Ich habe meine Geschichte überarbeitet und glaube sie ist jetzt schon besser, aber leider noch immer nicht perfekt, das ENDE… und die Namen.
Ich bleibe aber am Ball

Gruß
Sylvia
:shy:

 

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