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Der Ursprung des Bösen
„Verschwindet!“ brüllte jemand.
Sekunden später war der Eingangsbereich der Notaufnahme menschenleer. Nur ein fülliger Mann mit Halbglatze und Hornbrille stand noch mit verkniffenem Gesicht mitten auf dem verlassenen Flur und zitterte. Sein Gesicht lief bereits purpurrot an.
Eine Krankenschwester näherte sich gedankenverloren. Als sie auf den übergewichtigen Mann aufmerksam wurde, hörte ihr Herzmuskel auf zu pochen und ihre Knie wurden weich. Das Gesicht des Mannes glich mittlerweile einer überreifen Aubergine, viel länger würde er es nicht zurückhalten können. Instinktiv machte die Krankenschwester auf dem Absatz kehrt, doch es war bereits zu spät.
Ausgehend vom Rektum des Mannes breitete sich eine eindrucksvolle Druckwelle im Gang aus und erfüllte das gesamte Krankenhaus mit einem ohrenbetäubenden Dröhnen. Tödliche Flatulenzen verbreiteten sich unaufhaltsam und rasend schnell. Der Flur der Notaufnahme wurde vom alarmierten Sicherheitspersonal ohne zu zögern hermetisch abgeriegelt, mit wilder Verzweiflung hämmerte die Krankenschwester gegen den kalten Stahl einer verschlossenen Verbindungstür. Ihre Todesschreie drangen bis auf die andere Seite, doch niemand rührte auch nur einen Finger. Qualvolle Minuten verstrichen während die Schreie der Krankenschwester langsam verstummten.
Doktor Pretorius fühlte sich in diesem Moment, gelinde gesagt, beschissen. Durch ein verglastes, rechteckiges Fenster beobachtete er den Todeskampf der armen Frau.
Erst Minuten nachdem die hausinterne Klimaanlage auch den letzten Rest des todbringenden Gases abgesaugt hatte, wurde die Tür automatisch entriegelt und die entstellte Leiche der Krankenschwester kippte ihm in die Arme. Ihre Gesichtshaut war komplett verdampft, darunter schimmerte rosafarbenes Muskelgewebe und ein bleicher Schädelknochen ragte aus dem Fleisch hervor. Pretorius blieb nichts anderes übrig als die verstorbenen Überreste in Empfang zu nehmen.
Verdammt, so konnte, so durfte es einfach nicht weiter gehen. Wütend trat er gegen einen wehrlosen Feuerlöscher. Die verheerende Seuche hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes in Windeseile verbreitet und jeder, wirklich jeder konnte von ihr infiziert sein. Am schlimmsten war, dass man selbst nicht den leisesten Verdacht hegen konnte, ob sich der eigene Darm mittlerweile in eine Giftgasfabrik verwandelt hatte oder stattdessen nur harmlose Blähungen im Körperinneren rumorten.
Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt war der chemische Prozess noch nicht enträtselt worden, der aus übel riechenden, aber ungefährlichen Darmwinden ein alles vernichtendes Gas erzeugte, gegen das selbst Zyklon B verblasste. Genauer gesagt hatte niemand auch nur den leisesten Hauch einer Ahnung was, wie und warum es geschah.
Pretorius ergriff den Leichnam der Krankenschwester sanft mit beiden Armen und trug ihn schwermütig in Richtung Leichenhalle. Unterwegs schweifte sein Blick über ein zerknittertes Sonderblatt, das einsam über den Boden schwebte.
Die Titelschlagzeile lautete: Fürze aus der Hölle! Regierung ratlos!
Mit grimmiger Ironie stellte Pretorius fest, dass die hirnlosen Aufmacher der Tageszeitungen endlich ihre Entsprechung in der Wirklichkeit gefunden hatten. Man hatte ja insgeheim mit allem gerechnet, Vogelgrippe, Schweinepest, Anthrax-Viren. Aber Fürze?
***
Endlich war er am Eingang zur Leichenhalle angekommen. Als Wachposten war Raymond, ein Farbiger vor der Tür präsent und tat so, als ob sein Job noch irgendeine Bedeutung hatte. Zur Ablenkung kaute er auf einem mickrigen Zigarrenstummel herum.
„N’Abend, Herr Doktor. Hat es also wieder jemanden erwischt, armes Ding.“
Pretorius beachtete ihn nicht weiter, sondern stieß die Tür zur Leichenhalle mit dem Fuß auf und wankte mühsam, unter der Last der toten Frau ins Innere. Er hoffte inständig, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Überrascht stellte er fest, dass er nicht allein war.
Eine OP-Leuchte erhellte einen Seziertisch, um den herum eine kleine Gruppe versammelt war. Doktor Hill, sein Mentor und der Chefarzt des Krankenhauses, seine Freundin Megan und ein vollständig in Schwarz gekleideter Fremder standen um eine aufgebahrte Leiche herum. Der tote Körper lag bäuchlings wie auf dem Präsentierteller. Doktor Hill war gerade dabei, das Seziermesser zwischen die gespreizten Gesäßbacken einzuführen, als sich Pretorius räuspernd Aufmerksamkeit verschaffte.
„Ah, da sind sie ja endlich, Pretorius“ begrüßte ihn Doktor Hill, die grauhaarige Eminenz des Hospitals. „Sie kommen gerade rechtzeitig, um dem Club der Verschwörer beizutreten. Wir sind auf der Suche nach dem Ursprung des Bösen.“
Verwundert runzelte der junge Arzt die Stirn. Der Anblick seines Mentors in dieser Situation und mit dieser Erklärung verschlug ihm kurzeitig die Sprache.
„Was ist? Hat es ihnen die Sprache verschlagen?“ giftete ihn der Fremde in schwarz an, während er ihn von der Seite misstrauisch musterte. Dem Ersteindruck nach schien er irgendein Beamter und nicht gerade ein sympathischer Zeitgenosse zu sein.
„Äh …nein. Entschuldigen sie bitte die Störung, ich wollte eigentlich nur die Leiche …“
„Ist ja schon gut, Pretorius. Legen sie ab und leisten sie uns Gesellschaft. Wir stehen kurz davor, dieses faszinierende Phänomen zu ergründen.“
Doktor Hill sprach zwar zu ihm, schenkte ihm aber darüber hinaus nicht die geringste Beachtung. Seine rechte Hand war mit einem weißen Schutzhandschuh überzogen und hielt eine behaarte Gesäßhälfte des Toten fest umklammert, während er mit dem Skalpell in der anderen Hand prüfend in dessen Anus herumstocherte.
Pretorius wandte sich von dem verstörenden Vorgang ab und tat wie ihm geheißen. Nachdem er den Leichnam der Krankenschwester vorsichtig auf einer freien Bahre abgelegt hatte, trat er an den Seziertisch heran. Mit stechendem Blick sah ihm der Fremde noch immer in die Augen. Er blinzelte nicht. Pretorius fühlte sich in seiner Gegenwart unbehaglich.
Nach einem kurzen Moment absoluter Stille ergriff Doktor Hill das Wort.
„Was wir hier vor uns haben, ist das erste bekannte Opfer der Epidemie, ein Angestellter der städtischen Wasserwerke. Wie man deutlich erkennen kann, hat das Darmgas, nachdem es aus seinem Rektum entwichen ist, zahlreiche Stellen seines Körpers bis zur Unkenntlichkeit verätzt, woran er schlussendlich auch verstorben ist. Der interessante Aspekt ist also, warum zersetzt das Gas den Körper nicht schon bei seiner Entstehung im Darmtrakt? Während ich dieser überaus faszinierenden Frage nachging, habe ich aus purem Zufall eine sensationelle Entdeckung gemacht.“
Mit äußerster Präzision setzte der Chefarzt die Schneide des Messers in der Mitte einer Pobacke an und ritzte kurz unter die Haut, die wie eine zu heiß gekochte Bockwurst aufplatzte. Unter der Oberfläche befand sich etwas, das die Anwesenden, bis auf Doktor Hill, schockierte.
***
Pretorius erinnerte sich nur noch verschwommen an sein Medizinstudium. Seine Zeit an der Universität war in erster Linie von ausschweifenden Drogenexzessen geprägt gewesen. Dennoch waren ihm der Aufbau und die Funktionsweise des menschlichen Hinterteils bekannt. Wenn er richtig aufgepasst hatte, dann müsste das Gesäß hauptsächlich aus subkutanem Fettgewebe bestehen. Außer der aufrechten Haltung erlaubt es dank seiner Fettpolster auch längeres Sitzen und stellt nach dem Bauch das größte Fettdepot des Körpers dar.
Doch die vor ihnen liegende Leiche war anscheinend eine bizarre Ausnahme von der Regel. Unter der aufgeplatzten Hautschicht war etwas zu erkennen, das wie ein unbekanntes Organ aussah. Eine faltige, von dünnen Blutgerinnseln durchzogene graue Substanz, die von einer milchigen Flüssigkeit umgeben war. Für Pretorius sah das Ding eindeutig aus wie ein Gehirn.
„Ja richtig, ich konnte es zuerst auch kaum glauben“ erläuterte Doktor Hill wie zur Bestätigung. „Anscheinend hat sich eine Art Tumor im Gesäß gebildet, der seinerseits wiederum für die tödliche Zusammensetzung des Gases verantwortlich ist.“
Pretorius wandte sich angewidert ab. Megan, seine Freundin, oder besser gesagt Ex-Freundin hatte bis zu diesem Zeitpunkt regungslos auf der Stelle verharrt, doch jetzt lief sie hastig in Richtung eines Waschbeckens, um sich geräuschvoll darin zu übergeben. Verdaute Essensreste klatschten ins Becken.
„Aber nicht doch, meine Liebe“ empörte sich Doktor Hill. „Beherrschen sie sich, sie sind schließlich Assistenzärztin. Wer soll mir denn zur Hand gehen, wenn sie sich die Seele aus dem Leib kotzen?“
Wenn der alte Chefarzt etwas auf den Tod nicht ausstehen konnte, das wusste Pretorius nur zu gut, dann waren es unprofessionelle Mitarbeiter. Pretorius bot seine Hilfe an und nahm Hill das blutverschmierte Skalpell ab. Megans Übelkeit war für ihn nur allzu verständlich, er hatte selbst ein flaues Gefühl in der Magengegend. Mit ihrem Alltag als Ärzte hatte das hier nichts mehr zu tun. Ein Gehirn im Arsch war abstoßend genug, um sich deswegen übergeben zu müssen.
Doktor Hill schien ganz vernarrt in das Ding zu sein, er tätschelte es liebevoll und lächelte verzückt dabei. Ohne erkennbaren Grund drückte er seinen Zeigefinger in die weiche graue Masse, die daraufhin schmatzende Töne von sich gab.
„Wir haben es hier mit der Entdeckung des Jahrhunderts zu tun, verehrte Freunde, ein bis dato unbekannter Organismus mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Der Tumor, oder besser gesagt das neu entstandene Organ ist in zwei etwa gleichgroße Hemisphären aufgespaltet, die über den Mastdarm und den Schließmuskel miteinander verbunden sind. Vergleichbar ist diese Verbindung mit dem Corpus callosum, jenem Nervenstrang, der die beiden Hälften des menschlichen Gehirns verbindet und eine Interaktion zwischen ihnen erlaubt.“
Pretorius war mehr als verwundert. Er wurde den Eindruck nicht los, dass sein alter Freund und Mentor urplötzlich den Verstand verloren hatte.
„Wie ihnen ja hinlänglich bekannt sein dürfte …“ fuhr Hill fort.
„ …entlässt der Darm eines gesunden Mitteleuropäers im Durchschnitt etwa 1,5 Liter an Gasvolumen. Pro Tag wohlgemerkt. Der normale Darmwind besteht aus Stickstoff mit einem geringen Anteil an schwefelhaltigen Aminosäuren, die von Bakterien in Schwefelwasserstoff umgesetzt werden. Andere Bakterien produzieren ausschließlich Wasserstoff und Methan. Die Legende, dass ein Flatus brennbar ist, stimmt übrigens. Das hängt mit dem Methananteil zusammen. Einige Theorien von renommierten Klimaforschern besagen weiterhin, dass die methanreichen Ausdünstungen von Kühen hauptsächlich für die Ausdehnung des so genannten Ozonlochs verantwortlich sind, aber das nur am Rande.“
Megan hatte sich wieder halbwegs unter Kontrolle. Sie wischte sich die letzten Reste von Erbrochenem aus ihrem fahlen Gesicht, das einem Gespenst alle Ehre machen würde und wankte pflichtbewusst zurück zum Seziertisch.
Doktor Hill war mit seinen Ausführungen noch lange nicht am Ende.
***
„Die obligatorischen Geräusche, die gemeinhin mit dem Flatus in Verbindung gebracht werden, entstehen durch die Vibration der Analöffnung. Das Geräusch variiert je nach Spannung des Schließmuskels und der Geschwindigkeit, mit der das Gas ausgestoßen wird, ebenso spielen andere Faktoren wie Feuchtigkeit oder Körperfett eine Rolle.
Der Flatus gelangt durch dieselbe Peristaltik wie die Fäkalien zum Anus, was ein Gefühl von Dringlichkeit und Unwohlsein hervorruft. Im Verlauf der Entwicklung lernen die Nervenenden im Rektum zwischen Flatus und Fäkalien zu unterscheiden, obwohl dünner Stuhl die Nerven, sozusagen „verwirren“ kann, woraufhin gelegentlich etwas Kot austritt. Dies wird umgangssprachlich als Schurz bezeichnet, eine Wortschöpfung aus Scheißen und Furz. Ebenso gebräuchlich ist der umgekehrte Ausdruck Feißen, eine Mixtur aus Furz und Scheißen. Im medizinischen Fachjargon spricht man von einem falschen Freund, der dabei austretende, dünnflüssige Stuhl wird umgangssprachlich Bremsspur genannt und …“
In dem Augenblick unterbrach ihn der geheimnisvolle Fremde lautstark.
„Schluss jetzt mit diesem Unsinn. Ich sehe absolut nicht ein, wohin uns ihre kleine Biologie-Stunde führen soll, Doktor Hill. Während sie hier ihre Fachkompetenz als Proktologe unter Beweis stellen, sterben da draußen Menschen.“
Dem Chefarzt klappte die Kinnlade herunter. Eine solche Unverfrorenheit war ihm als anerkannte Autorität während seiner langjährigen Laufbahn als Mediziner noch nicht untergekommen und er war absolut unfähig, damit umzugehen. Pretorius war dem Mann jedenfalls dankbar. Viel länger hätte er das angeberische Fachgeschwätz seines Mentors nicht ertragen können.
„Ich vergaß, mich bei ihnen vorzustellen.“
Mit einer abrupten Geste steckte der Fremde Pretorius die Hand zur Begrüßung entgegen, welche dieser verwundert ergriff und schüttelte. Der feste Händedruck ließ auf einen entschlossenen und zielstrebigen Charakter schließen.
„Mein Name ist Tillinghast, Herbert Tillinghast. Ich untersuche diesen Fall im Auftrag der Bundesbehörden, da es sich um eine grenzüberschreitende Angelegenheit handelt.“
Tillinghast zückte einen unscheinbaren Plastikausweis aus einer Innentasche seines Mantels, auf dem er in Dreiviertel-Ansicht mit Seitenscheitel abgebildet war. Für Pretorius sah der Beamte auf dem Foto wie eine armselige Karikatur von Adolf Hitler aus, was er allerdings nicht erwähnte, sondern für sich behielt.
„Ich bin kein Mann vieler Worte, also kommen wir gleich zum Punkt. Der Tote war, wie schon erwähnt bei den hiesigen Wasserwerken beschäftigt. Laut meinen Nachforschungen führte ihn sein letzter Auftrag in ein berüchtigtes Anwesen in der Gordon-Avenue, nicht weit von hier.“
„Wieso berüchtigt?“ hakte Pretorius neugierig nach.
Wieder fuhr die linke Hand des Bundesbeamten ins Innere seines Mantels. Diesmal förderte er ein gefaltetes Blatt Papier zu Tage. Nachdem er es umständlich auseinandergefaltet hatte, hielt er das Blatt triumphierend vor den grellen Lichtkegel der OP-Leuchte. Es entpuppte sich als gewöhnlicher Werbeprospekt, auf dem quietschbunte Gegenstände aus Kunststoff in allen Regenbogenfarben abgebildet waren. Eine stilisierte Comic-Sprechblase verkündete einen mehr als platten Werbeslogan.
Original Furzkissen von Funny Farts & Co., einfach furztastisch!
„Verstehen sie jetzt?“
Tillinghast fuchtelte hysterisch mit dem Prospekt vor den Augen der Anwesenden herum. „Das kann doch alles kein Zufall sein. Zuerst wird der Verstorbene zu diesem dubiosen Unternehmen für Scherzartikel bestellt und dann … Exitus.“
„Sie meinen also allen Ernstes, dass der Ursprung der Epidemie ein … äh, Furzkissen ist?“ Pretorius hob ungläubig eine Augenbraue. Sein rationaler Verstand wehrte sich gegen die Vorstellung, dass ausgerechnet ein Allerwelts-Scherzartikel wie ein Furzkissen der Auslöser für diese Katastrophe sein könnte, dennoch hatte der Gedanke eine vereinnahmende Logik. Er selbst verband nur angenehme Kindheitserinnerungen mit Furzkissen.
„Ja sicher, sie Naivling, das liegt doch auf der Hand. Während wir uns hier mit Lappalien aufhalten und diskutieren, werden in dieser Scheinfirma chemische Kampfstoffe am Fließband produziert und in Umlauf gebracht. Es gibt außerdem ein nahe liegendes Motiv.“
„Und das wäre?“
„Na die Weltherrschaft, was sonst.“ Tillinghast hyperventilierte und sein schmales Gesicht war zu einer irren Grimasse verzerrt.
Nicht nur Doktor Hill, auch der eigenwillige Bundesbeamte schien komplett den Verstand verloren zu haben. Nur Megan verhielt sich halbwegs normal und machte einen Gesichtsausdruck, als wäre sie im falschen Film. Doch von einer Sekunde auf die andere stürzte sie erneut zum Waschbecken und würgte statt Essensresten nur noch dünnflüssigen Speichel und Magensäure hervor. Der sonderbare Bundesbeamte beachtete Megan demonstrativ nicht weiter, sondern offenbarte ihnen seinen unglaublichen Plan.
„Um der wachsenden Bedrohung Einhalt zu gebieten, müssen wir zu diesem Anwesen in der Gordon-Avenue aufbrechen und jedes einzelne Exemplar dieser teuflischen Furzkisten ausnahmslos ausrotten. Die verkommenen Subjekte, welche für den Herstellungsprozess verantwortlich sind, müssen ebenfalls verga … äh, vernichtet werden.“
In seiner Erregung hielt Tillinghast seinen rechten Arm in einem verräterischen Winkel vom Körper gestreckt und deutete aus dem Fenster in Richtung Gordon-Avenue. Außerdem bestätigte er damit Pretorius Verdacht, dass es sich bei Tillinghast um einen überzeugten Nazi zu handeln schien. Das Auftreten des Bundesbeamten jagte ihm jedenfalls einen eisigen Schauer über den Rücken.
„Also, ich stelle die Frage nur ein einziges Mal“ verkündete Tillinghast. „Wer von ihnen folgt mir auf meinem Kreuzzug gegen das Böse?“
***
Später in derselben Nacht fand sich eine fünfköpfige Gruppe von Verschwörern vor dem Krankenhaus ein. Außer Pretorius, Tillinghast und Doktor Hill waren noch Megan und Raymond mit von der Partie. Der dunkelhäutige Wachmann hatte aus purer Langeweile an der Tür zur Leichenhalle gelauscht und war ganz versessen darauf gewesen, an dem Abenteuer teilzunehmen. Seine Aufregung war ihm deutlich anzumerken, er kaute noch immer auf demselben Zigarrenstummel herum wie zuvor.
„Es kann nie schaden, einen Neger dabei zu haben“ flüsterte Tillinghast mit einem verschlagenen Grinsen, ohne dass Raymond es bemerkte. „Schließlich sind es in solchen Fällen immer die sympathischen Schwarzen, die zuerst dran glauben müssen.“
Pretorius nickte zögerlich wie zur Bestätigung. Sehr überzeugt war er von dem Gedanken allerdings nicht.
Ein lauer Herbstwind wehte aus nordöstlicher Richtung und sorgte für eine angenehme Frische auf ihren Gesichtern. Vorsorglich hatten sie mehrere Gasmasken im Gepäck, für alle Fälle. Langsam, fast widerwillig setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung und jeder von ihnen war besessen von einem einzigen Gedanken, die Nacht zu überleben.
In der Ferne verhallten die grauenvollen Geräusche von explodierenden Därmen.