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Der Utilisator

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13.03.2022
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Der Utilisator

Die Türen zum Utilisatorraum öffneten sich. Zwei Wächter führten einen Mann durch den mit Metall ausgekleideten Raum, vor die weiß gleißende Öffnung, die sich beinahe über die gesamte gegenüberliegende Wand erstreckte. Ascher verspürte leichten Schwindel, wie immer, wenn er den Utilisator bediente. Seine vor Schweiß feuchten Fingerkuppen hasteten über die abgewetzten Knöpfe der Bedienapparatur, er blickte durch das Fenster des kleinen Kontrollraums in den Utilisatorraum. Der Mann trug Fußfesseln und blickte in Richtung des hell erleuchteten Schlunds, seine Augen waren weit aufgerissen, seine Fersen schienen sich regelrecht in den Bodens zu graben. Ascher passte die Parametrierung an und gab das Lichtsignal, das die Wächter dazu anließ, den Mann, der nun zu zappeln begann und sich gegen die Wächter zu stemmen versuchte, voran zu zerren. Die Füße über den kühlen glatten Boden schleifend zogen sie den Mann an die Öffnung, blickten sich kurz an und sprachen einstimmig: „Zum Wohle aller“, bevor sie ihn in die Öffnung stießen. Düstere kreischende Umrisse im gleißenden Licht. Das Weiß geweiteter Augen, ein aufgerissener Mund. Eine sich windende Gestalt, die im strahlend weißen Licht verging. Utilisiert zum Wohle aller.

Ascher fuhr die Leistung herunter und stellte die Abkühlvorrichtung ein. Er packte die Bedienapparatur und das Scangerät weg, das die Identität des Bedieners vor jedem Vorgang prüfte und schob die Tür des Tresors wieder zu. Abschließend trug er den Namen in das Utilisatorbuch ein. Joel Jema, ein ehemaliger Navigator. Ungewöhnlich, dachte Ascher, Leute aus der oberen Führungsebene werden nur in äußerst seltenen Fällen dem Utilisator überführt, weder durch Verurteilung noch bei Erreichen der Altersgrenze. Das musste ein gravierendes Vergehen gewesen sein, wenn so einer verurteilt wurde. Als die Tür zum Kontrollraum hinter Ascher zukrachte, löste sich das enge Band um seine Brust, das ihn bei jeder Ultilisierung begleitete und ihm die Luft abzuschnüren drohte.
Utilisatormeister. Eine Profession, die schon sein Vater, dessen Vater und dessen Vater innehatten, und die er bald an seinen Sohn weitergeben würde. Sein Vater hatte ihn schon im Kindesalter auf diese Aufgabe vorbereitet. Er erinnerte sich an unzählige Stunden, in denen er das Utilisierungsprotokoll durchgehen musste, an unendliche Trockenübungen an den Apparaturen. Er bildete sich ein, heute annähernd alles über die Funktionsweise und vor allem über den lebensnotwendigen Zweck des Utilisators zu wissen. Er war sich der hohen Verantwortung, die er hatte, bewusst, denn der Antrieb und damit die Zukunft des ganzen Schiffs und seiner Bevölkerung hingen davon ab. Als er sich von der Tür abwandte, piepste sein Intercom. Er sah auf das verkratzte Display des Geräts und entzifferte den kaum lesbaren Befehl des Oberen Maats. Operationsraum 2, in 5 Minuten stand darauf. Er bestätigte mit einer Taste, deren Beschriftung kaum mehr leserlich war. Als er am Operationsraum ankam, bat ihn der Obere Maat Platz zu nehmen.
„Das Alter muss herabgesetzt werden, wir benötigen einen weiteren Energieschub“, kam er zum Thema, kaum, dass Ascher auf einem der unbequemen Blechstühle Platz genommen hatte. Das Band um seine Brust zog sich wieder zu. Erneut? In den letzten zwei Monaten waren bereits zwei Herabsetzungen der Altersstufen angeordnet worden. In all den Jahren, die sein Vater Utilisatormeister war, hatte es von der oberen Führung nicht eine einzige Herabsetzung der Altersstufe gegeben. Waren sie in Schwierigkeiten? Er gab sich alle Mühe ein unbewegtes Gesicht aufzusetzen, Kritik an der oberen Führung war nicht gern gesehen. Zwar hatte er als Utilisatormeister keine Bedrohung für Leib und Leben zu befürchten, zumindest nicht, bis er das entsprechende Alter erreichen würde, aber er erinnerte sich mit Schaudern an die unzureichenden Nährstoffzuweisungen, nachdem er es einmal gewagt hatte, die monatliche Utilisatorzuweisung in Frage zu stellen. Wochenlang hatten er und seine Familie nur noch farblose, gallertartigen Klöße gegessen.
„Wir setzen das Alter auf 62 Jahre herab, morgen wird es bekanntgegeben. Die Herabsetzung tritt ab dem darauffolgenden Tag in Kraft. Alle Bürger 62 oder älter werden dem Utilisator überantwortet und leisten ihren Beitrag.“
Von 75 Jahre auf 62 Jahre, ein Sprung von dreizehn Jahren! Aschers Eingeweide zogen sich zusammen und ein kalter Schweißfilm legte sich über seine Haut, durchfeuchteten seine Strümpfe in den Schuhen, deren Sohlen sich langsam begannen abzulösen. Die Abstände wurden größer, erst drei, dann fünf und nun schon dreizehn Jahre. Ascher dachte an seinen Vater, der ab morgen die Altersgrenze um neun Jahre überschreiten würde. Er würde seiner Pflicht nachkommen müssen. Auf dem Schiff gab es kein Reißaus, kein Verstecken. Die Ordnung war stärker, war sie immer gewesen. Ihm blieben dann noch neun Jahre und seiner Frau noch zwölf. Neun Jahre, genug Zeit, um seinen Sohn auf diese Aufgabe vorzubereiten. Mehr als genug.

Er holte tief Luft und setzte ein Lächeln auf, bevor er die große stählerne Tür zur Seite schob, um den kleinen Kabinenkomplex zu betreten, der schon vor Generationen seiner Familie zugewiesen worden war. Er würde seiner Familie noch nichts berichten, wollte seinem Vater noch einen weiteren unbeschwerten Tag gönnen. Seine Frau Tabea würde mittlerweile auch von der Farm zu Hause sein. Sie war dort für Wartungsarbeiten zuständig. Die Farm war ein Komplex, in dem ein Großteil der Nährstoffe für die Besatzung der Libera gezüchtet und verarbeitet wurde. Das dazu notwendige Wasserwiederverwertungssystem hatte schon seit einigen Jahren immer wieder Fehlfunktionen, während die Ersatzteile knapp zu werden drohten. Kreative Köpfe, wie die seiner Frau waren daher sehr gefragt. Sie fand in den mittlerweile unbewohnten Bereichen des Raumschiffs immer wieder Teile, die sie für neue Zwecke umfunktionierte, um so das System am Leben zu erhalten.
Seit mehr als 190 Jahren rauschten sie nun schon auf der Suche nach einem bewohnbaren Planeten durch den Raum. Als ihr Heimatplanet, aufgrund der Sonnenstürme unbewohnbar zu werden begann, startete die wohl größte Rettungsaktion in der Geschichte ihrer Spezies. Sie hatten ein großes Raumschiff gebaut, groß genug, um eine Kleinstadt an Bevölkerung zu fassen. Bisher war es ihnen nicht gelungen einen Planeten ausfindig zu machen, der die entsprechenden Umgebungsbedingungen bot. Aber irgendwann würde es gelingen, da war er sicher!
Er ging in die kleine Küche, die nichts weiter als einen kleinen F-Printer enthielt. Die Printer konnten alle Nahrungsmittel nachbilden, vorausgesetzt sie wurden mit der richtigen Nährstoffzusammensetzung befüllt. Er küsste seine Frau auf die Wange, die gerade die heute zugewiesenen Nährstoffbeutel in den Printer schob und das heutige Abendessen programmierte. Sein Sohn Veit saß wie so häufig am Tableau und las im Grundbuch der Physik.
„Hallo Sohn, ich sehe du bist wieder fleißig am Werk?“
„Hallo Vater“, ahmte er den tiefen ernsten Ton seines Vaters nach, nur um im nächsten Moment laut hinauszuprusten.
Schon als Kind war er durch die schmalen Gänge des Schiffs gelaufen und hatte jeden lachend begrüßt, um ihn anschließend zu befragen. Über ihre Aufgaben an Schiff, ihre Familien und Freunde, was sie über den Weltraum wussten, über die einzelnen Module an Bord, und, und, und. Er würde später sicher ein sehr angesehener Utilisatormeister werden, und das, obwohl die Position viele an Bord mit Furcht erfüllte. Aber auch diese Arbeit musste gemacht werden, zum Wohle aller. Wie er wohl auf die Utilisierung seines Großvaters reagieren würde? Seit seiner Amtsabtretung hatten sie sehr viel Zeit miteinander verbracht. Ich sollte ihn zur Utilisierung seines Großvaters mitnehmen. Das wird ihn emotional abhärten, eine wichtige Vorbereitung auf die Tätigkeit, die in Zukunft auf ihn zukam. Er musste vor allem lernen seine Emotionen und seinen Gesichtsausdruck während der Utilisierung in Schach zu halten. Die obere Führungsriege musste immer sicher sein können, dass die Besatzung hinter ihnen stand.

Die Türen zum Utilisatorraum öffneten sich und diesmal war es sein eigener Vater, der durch die Tür trat. Ascher wendete den Blick zu seinem Sohn, dessen Mine sich nicht veränderte, kein Muskel zuckte, er blickte gerade aus durch das Fenster auf den Utilisator. Gut so, Sohn, dachte Ascher. Er regelte den Utilisator hoch und zögerte ein wenig, den Hebel zu betätigen, der das Signal an die Wächter gab, aber nur eine Sekunde später ruckte seine Hand nach oben. „Zum Wohle aller“, murmelte er und legte den Schalter um. Gleißendes Licht glacierte den Utilisatorraum und tauchte ihn für einige Sekunden in eine Schicht, so weiß wie Puderzucker, dann Halbdunkel und Stille. Veit war nah an das Fenster herangetreten, sein Atem beschlug die Scheibe, seine Haut hatte einen bleichen Ton angenommen, der Blick war nach wie vor starr nach vorne gerichtet. Ascher ging hinüber und legte ihm die Hand auf die Schulter.
Nach einigen Minuten blickte Veit ihn an. „Werden Sie die Altersgrenze noch einmal nach unten setzen?“
„Ich weiß es nicht, ich hoffe nicht.“

In der darauffolgenden Nacht schrak Ascher dank des kreischenden Alarms hoch, der durch den Kabinenkomplex hallte. Das konnte nur eines bedeuten! Jemand hatte sich unerlaubt Zutritt zum Utilisatorraum verschafft und die Bedienapparatur in Gang gesetzt. Bisher kannte Ascher den Alarmton nur von der jährlichen Übung, er sprang schnell von seiner Pritsche hoch, murmelte seiner Frau zu, dass sie sich keine Sorgen machen solle und schlüpfte in seine Arbeitskleidung. Er lief zu dem Überwachungsdisplay, das im Kabinenkomplex untergebracht war und schaltete es ein. Sofort erschien der Kontrollraum. Über die Bedienelemente gebeugt war eine dunkle Gestalt in der spärlichen Beleuchtung zu erkennen. Wie war der bloß reingekommen? Außer Ascher hatte nur noch der obere Maat und die Führung eine Berechtigung. Er tastete nach der Zugangskarte, die er normalerweise in seiner Arbeitsjacke trug, aber seine Finger griffen in eine leere fusselige Tasche. Da dämmerte es ihm. Er blickte wieder auf die schemenhafte Gestalt, die gerade zum Schrank ging, vermutlich um das Bedienprotokoll herauszuholen. Wie eine Faust fuhr es ihm in den Magen, das Band zog sich diesmal gnadenlos eng um seinen Brustkorb, Übelkeit stieg auf. Den charakteristischen Gang seines Sohnes hätte er überall wiedererkannt. Er stolperte aus der Kabine und lief durch die schmalen Gänge in Richtung des Utilisatorraums. Vor der Tür angekommen rief er: „Veit! Mach auf!“
“Nein“, rief sein Sohn mit hoher schriller Stimme, „ich lasse nicht zu, dass sie dich als nächstes umbringen!“
„Verdammt Veit, damit bringst du uns doch erst recht alle um. Wir brauchen die Energie für den Antrieb. Was sollen wir denn ohne den Antrieb machen?“
„Wir sollen uns zum Wohle aller opfern, aber sie opfern sich nie, sie lassen sich nicht mal hier blicken! Ich lasse nicht zu, dass sie dich und dann meine Moma umbringen…“
Seine Stimme klang plötzlich kratzig. Moma, seit mehr als 10 Jahren hatte er seine Mutter nicht mehr so genannt.
„Veit! Mach die Tür auf. Lass uns darüber reden, ich…“
Im nächsten Moment wurde er grob zur Seite gestoßen. Die Sicherheitskräfte waren da und öffneten die Tür mit einer Schlüsselkarte, vermutlich die des Oberen Maats. Er stürzte hinter den schwer bewaffneten Wachen in den Raum und sah wie sein Sohn auf den Boden gedrückt wurde. Er stürzte auf eine Wache zu, die das Knie auf den Hals seines Sohns presste und packte ihn an der Schulter, um ihn von Veit wegzureißen. Die Wache stieß ihn mit dem anderen Arm nach hinten. Im nächsten Moment lag Ascher selbst am Boden und kostete das kalte Metall des Bodens, nur um dann direkt wieder nach oben gerissen zu werden. Etwas wurde ihm über den Kopf gestülpt, er sah nichts mehr. Lautes Rauschen aus dem Intercom. „Bringt sie hierher.“ Fußgetrappel, jemand zerrte an ihm, er fiel vorwärts.

Er wurde auf einer Bank platziert. Summen, Klacken, Rauschen. Maschinen flüsterten und raunten. Rechenmaschinen? Belüftung? Jemand nahm ihm den Sack vom Kopf. Ascher sah sich um. Sein Sohn saß neben ihm auf einer Bank, die in einem gewaltig großen halbrunden Raum stand. Der Boden war mit Gittern ausgelegt, darunter befanden sich dicke Kabelkanäle und Schläuche, die mit starken Kabelschellen an einer Metallunterkonstruktion angebracht waren. Die Wände des runden Raumsegments waren homogen nach außen gewölbt und mit einer milchig matten Oberfläche überzogen. Die lotrechten Wände waren gesäumt mit Kontrollboards und zugehörigen Sitzplätzen. Die gealterten Gesichter des Bedienpersonals, das dahinter saß, waren durch grünes Bildschirmlicht ausgeleuchtet. An beiden Enden der senkrechten Wände begannen Treppen, die in beide Richtungen im Halbkreis nach oben zu einer Art Galerie führten. Im Zentrum der Galerie konnte er auf einem Plateau fünf Kontrollplätze ausmachen. Mehrere sehr alte Personen saßen in den Sesseln, ihre faltigen Hälse warfen halbgrüne Schatten auf die Kontrollpanels.
Der oberste Kontrollraum, schoss es Ascher durch den Kopf. Hier wurden die Entscheidungen über das Schiff und deren Besatzung getroffen. Er bemerkte, wie einer der alten Männer von der Galerie die Treppe nach unten auf sie zukam.
„Da haben sie uns aber ganz schön in die Bredouille gebracht“, sagte er, als er vor ihnen stand, „der amtierende Utilisatormeister steht nur wenige Jahre vor der eigenen Utilisierung und sein Nachfolger versucht den Utilisator zu zerstören. Was sollen wir jetzt mit euch machen?“
Ascher brachte kein Wort heraus, seine Kehle war so trocken wie Ödland.
“Wozu der Energieschub?“ Veit sah den alten Mann herausfordernd an. „Warum haben sie das Alter herabgesetzt, wozu wird der Energieschub benötigt?“
„Veit, sei still“, sagte Ascher verzweifelt, verstummte aber sofort wieder als der Alte mit einer unwirschen Handbewegung in seine Richtung wedelte.
“Lasst mich Euch etwas zeigen.“ Der Alte drehte sich um und nickte in Richtung der Kontrollplattform. Einer der Bediener betätigte einen Schiebeschalter. Die milchige Oberfläche verlor ihr mattes Äußeres und wurde nach und nach transparent. Vor ihnen erstreckte sich das Segment einer Kugel, das aus stumpfen Felsmassiven zu bestehen schien. Grau über grau, eine steinerne Wüste, eingebettet in einem unendlichen Meer von Sternen. Hinter den Felsen, ganz weit in der Ferne ließ ein blaues Schimmern Wasservorkommen erahnen.
„Was ist das, ein Planet? Sind wir in der Umlaufbahn eines Planeten?“ Veit blickte den Alten mit stechendem Blick an.
„Das ist Altain-3, er ähnelt unserem Heimatplaneten. Wir haben ihn angesteuert, um die Atmosphäre auf ihre Zusammensetzung zu prüfen. Leider hat sich herausgestellt, dass er für uns nicht bewohnbar ist. Die Stickstoffkonzentration in der Atmosphäre ist zu hoch. Es ist nicht der erste Planet, der seit Beginn unserer Reise angesteuert wurde, aber…“
„Aber es ist der erste, der uns in seiner Umlaufbahn gefangen hält, oder? Dafür braucht ihr den Energieschub, um genug Geschwindigkeit aufzunehmen, um aus seiner Umlaufbahn zu entkommen, richtig?“ Veit blickte den Alten mit bohrenden Blick an.
„Richtig. Unsere Reserven sind aufgebraucht, wir sitzen in der Falle. Deswegen mussten wir nun die Statuten nach mehr als 190 Jahren ändern und das Alter heruntersetzen.“
Veits Augenbrauen zogen sich zusammen, die Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Aber das gilt nicht für euch, oder? Wie alt seid ihr? 80 oder vielleicht schon 85?“
Er dachte an seinen Großvater. Zum Wohle aller. Sein Mund verzog sich. Sicher, eher zum Wohle des oberen Kommandos.
„Wir haben einfach zu wenige Kinder, die wir ausbilden können, so, dass wir uns zur gegebenen Zeit nicht dem Utilisator überantworten können. Wir müssen sicherstellen, dass das Kommando erhalten bleiben kann, bis wir einen passenden Planeten gefunden haben, zum Wohle aller.“
„Ihre Position ist also wichtiger, als die der Leute, die unsere Nahrung züchten oder die der Mechaniker, die das Schiff am Laufen halten?“ Veit sprang auf.
„Veit, setz dich wieder hin, lass ihn aussprechen!“
Veit sah seinen Vater mit erhobenen Kinn und zog den Mund ein wenig nach oben, seine Brust hob und senkte sich, nach kurzem Zögern setzte er sich langsam wieder hin.
„Aufgrund ihrer wichtigen Position an Bord können wir ihnen etwas Ähnliches anbieten. Wir bieten Ihnen und ihrem Sohn vollständige Amnestie, wenn sie sich kooperativ zeigen und weiter ihrer Tätigkeit nachgehen und ihren Sohn ausbilden. Zusätzlich wird zukünftig niemand aus ihrer Familie aufgrund der Altersgrenze dem Utilisator überantwortet werden. Ihr Wissen über die Lage müssen sie natürlich für sich behalten.“


Einige Monate nach den Ereignissen im Kontrollraum blickte Veit vom Tableau auf und bedachte seinen Vater mit einem Lächeln. Ascher lächelte zurück. Er fühlte sich wohl im neuen Kabinenkomplex, genau wie der Rest der Familie. Die Nahrungszuweisungen waren umfangreicher und abwechslungsreicher geworden, sein Sohn bekam Zugriff auf die Datenbanken und hatte so die Möglichkeit seinen Wissensdurst zu stillen. Vielleicht war es seine Generation, die den konvenierenden Planeten finden würde. Er hoffte es wirklich sehr.

Auszug aus dem Logbuch

1.288.312.6 Eintrag seit Start der Libera_____

Der Navigator Joel Jema bestätigt, dass Altain-3 ein bewohnbarer Planet sei und empfiehlt die Gründung einer Kolonie. Er empfiehlt, die verbliebene Energie zu nutzen, um die Libera in Position, zum Abwurf der Land-Seeker-Einheiten zu bringen.

1.288.312.7 Eintrag seit Start der Libera_____

Die obere Führung spricht sich einstimmig gegen die Gründung einer Kolonie aus, um die seit Generationen andauernde Gesellschaftsordnung der Libera nicht zu gefährden.

1.288.312.8 Eintrag seit Start der Libera_____

Die obere Führung spricht sich im Schnellverfahren einstimmig für die Überantwortung des Navigators Joel Jema an den Utilisator aus.

1.288.312.9 Eintrag seit Start der Libera_____

Die Schiffsoffiziere haben einstimmig entschieden, dass die Umlaufbahn von Altain-3 in Kürze verlassen werden soll. Die notwendige Energie soll durch das Herabsetzen des Alters gewonnen werden.

 

Die theoretische Mathematik und theoretische Physik wie Teile der Astrophysik können ggfs. auch noch nicht durch Beobachtungen nachgewiesen werden, sie sind damit aber keine Phantasie ohne jede Basis.

Also, da muss ich dann doch einhaken:

Theorien sind erst einmal nur Theorien, solange sie nicht bewiesen sind, und können daher natürlich auch völlig ohne Basis existieren. In der Mathematik gibt es sehr viel, das in der Natur nicht vorkommt und von daher gar nicht beobachtet werden kann.

Es gibt auch Theorien, die nie bewiesen werden können, z. B. solche, die sich auf Dinge beziehen, die außerhalb unseres möglichen Beobachtungshorizonts liegen (vor dem Urknall, außerhalb des Universums).

Oder Theorien, bei denen auf absehbare Zeit nicht klar ist, wie man sie beweisen soll, wie z. B. Superstringtheorie (supersymmetrische Teilchen hat man bisher nämlich auch nicht gefunden).

In der Wissenschaft beruhen Theorien aber (ich hatte das heute schon einmal an ganz anderer Stelle geschrieben) auf nachprüfbaren Annahmen und in sich logischen Schlussfolgerungen.

Das unterscheidet sie eben von reinen Spinnereien, was Du wahrscheinlich mit reiner Phantasie ohne Basis meinst.

Gruß Geschichtenwerker

 

In der Wissenschaft beruhen Theorien aber (ich hatte das heute schon einmal an ganz anderer Stelle geschrieben) auf nachprüfbaren Annahmen und in sich logischen Schlussfolgerungen.
Genau das meine ich.

Dazu würde ich nur nicht unbedingt sagen "ohne Basis". Das passiert ja immer noch mit den Methoden der Wissenschaft, selbst wenn die Theorien ggfs. Phänomene infrage stellen, die wir im Alltag als gegeben ansehen (z.B. Zeit im Zusammenhang mit Raum).

Liebe Grüße,
Katla

 

Da musste ich jetzt doch schmunzeln. Wenn Du wissenschaftliche "Glaubwürdigkeit oder Korrektheit" als Maßstab in der Literatur einsetzen möchtest, dann kannst Du wahrscheinlich sehr viel Literatur "einstampfen". Hier geht es aber nicht um die Glaubwürdigkeit oder Korrektheit im Sinne auf "5 Sigma genau", sondern um eine Glaubwürdigkeit/Korrektheit, die sich an den Leser richtet. Das meinte ich auch in meinem Kommentar mit "Bullshitdetektor". Ich formuliere das mal um: Es sollte für den angesprochenen LESER wissenschaftlich so einleuchtend und nachprüfbar sein, dass er es "schluckt", also sein "Bullshitdetektor" nicht anspringt.
Bin ich vollkommen bei dir, ich würde das sicher nicht als Maßstab einsetzen wollen, weil das kein Autor leisten könnte. Ich verstehe auch, dass es bei meiner Geschichte eben nicht glaubwürdig rüber kam, alles gut und akzeptiert.

 

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