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Der Vorhang

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05.02.2008
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Der Vorhang

Er stand einer Statue gleich am Fenster, als die beiden anderen eintraten. Keine Regung war zu sehen, deshalb räusperte sich der junge Mann vernehmlich. Die Schultern bewegten sich unter dem Hemd, und liessen ungeheure Kraft vermuten. Die Geschmeidigkeit, wie die Muskulatur spielte, faszinierte die Begleiterin des jungen Mannes, und liess sie den Mann am Fenster bewundern.
Plötzlich tauchten Sonnenstrahlen den Raum in helles Licht, Staub wirbelte lustig durch die Stille. „Ich hab Euch gehört.“ Die Worte eierten durch die Zeit, als hätten sie nicht gesagt werden gewollt. Langsam drehte er sich vom Fenster weg, sein Blick glitt über die Möbel, Bücher, Sessel – und blieb an ihrem Gesicht hängen. Jetzt löste sich etwas in ihm und kreiste wie die Zeiger einer überdrehten Uhr rückwärts. Er schwieg. Alle drei schwiegen. Der junge Mann nestelte nervös an seiner Jacke, die Frau stand kerzengerade, hielt den Kopf hoch und erwiderte den Blick ihres Gegenübers mühelos. Die Augenbrauen leicht gehoben – das Einzige Zeichen einer Gemütsregung.

Einst stand Abigail an jener Stelle. Sie hatte ihr glattes, schwarzes Haar straff nach hinten gekämmt. Der Ansatz formte aus ihrem Gesicht ein Herz, in dem zwei schwarze Opale glitzerten. Er hatte getobt, sie angeschrien – und sie blieb reglos stehen. Als er ihr drohte, zog sie die linke Augenbraue spöttisch nach oben und kräuselte ihre Lippen, sagte dennoch – nichts.
Am Liebsten wär er um den Tisch gegangen, hätte ihr seine riesigen Hände um ihren weissen Hals gelegt – oder er hätte sie geküsst. Stattdessen blieb er stur am Fenster stehen. Er erkannte nur Hohn und Spott in ihrer Haltung und in ihrem Gesicht. Er hatte verloren. Seufzend ging er zu seinem Schreibtisch, öffnete die kleine Schublade, nahm den Zwischenboden raus, und fühlte das Geld. Seine Fingerspitzen wanderten sacht darüber. Er wollte nicht – aber hatte er eine andere Wahl? Langsam zog er das Bündel aus der Lade, ging um den Tisch. Davor blieb er noch einmal stehen, und suchte ihn ihrem Gesicht nach Verständnis.
Während er seine Entscheidung noch mal überdachte, und angestrengt das Geld in seiner Hand betrachtete, hörte er das leise Klicken der Tür, die ins Schloss fiel. Er stand noch länger da, hörte zu, wie sie ihn verliess. Er wusste, nie wieder würde sie zurück kommen. Stunden später zog er den Vorhang zu und schwor sich – hier sollen keine Sonnenstrahlen mehr hereintanzen können.

17 Jahre und zwei Monate später erhielt er einen Brief. Weisses Papier mit blauer Tinte beschrieben. Sie würde ihn besuchen kommen, stand da. Ihre Mutter sei vor drei Jahren verstorben. Da sie nun heiraten wolle, bräuchte sie das Geld, welches ihr zustünde, und den Segen für die Hochzeit. Er hatte sich allerhand ausgedacht, warum er sie nicht empfangen konnte. Beim Nachdenken lief ihm die Zeit davon, und da stand sie nun. Hannah, die Tochter seiner grossen Liebe, die Tochter, die er nie haben wollte. Wegen ihr hatte Abigail ihn verlassen.

Er ging zu seinem Tisch, öffnete die Schublade, nahm den Zwischenboden raus, erfühlte das Geld. Er hob den Kopf und starrte die junge Frau erneut an. Das Geld lag ihm schwer in der Hand, als er um den Tisch ging. Konnte er noch mal darüber nachdenken? Die Wanduhr tickte leise, der junge Mann schniefte. Hannah stand da, und rührte sich nicht. Sie würde nicht wie Abigail ohne das Geld gehen. Sie würde auch keinen Schritt näher kommen, sich das Geld zu holen.
Seine Gedanken kreisten wie Geier über seinem Kopf – er riss sich zusammen und übergab dieser fremden und doch so schmerzlich vertrauten Frau das Bündel. „Der Segen?“ ihre Stimme liess ihn innehalten. Als hätte sie eine Harfe in seinem Herzen zum Leben erweckt – er wünschte sich, sie würde noch mehr sagen… Unsinn schalt er sich. „Meinen Segen habt ihr.“ Sagte er hölzern. „Danke“ dieses eine Wort zerschnitt alles, was war. Er ging zurück zu seinem Tisch, und hörte zu, wie die zweite Frau in seinem Leben ihn für immer verliess.

 

Hallo shayenne

und herzlich Willkommen auf kg.de :)

Ja, schon viel besser als die andere Geschichte.

Zwar spricht mich diese hier nicht wirklich an, aber hier erkennt man, dass du schreiben kannst und wenn du dir Mühe gibst, es sogar noch besser könntest.
Soweit ich die Geschichte verstanden habe, geht es um einen Mann, der von seiner Frau wegen einen anderen Mann verlassen wird, und nach 17 Jahren ihn auch die Tochter verlässt. Und er bleibt einsam in seinem Büro zurück und schaut tadellos zu, was die Frauen mit ihm machen. Joa. Das wars auch. Viel passiert da nicht in diesem Zimmer, das ich mir aber sehr gut vorstellen konnte - genau wie die Geschehnisse, wie die Frau vor ihm steht, der nervöse Mann, der an seiner Jacke zupft, die schwarzen Opale.

Fazit: interessanter Stil, plotmäßig bin ich noch unbefriedigt, oder ich blicke einfach nicht dahinter und was deine Intention sein soll.

JoBlack

 

Hallo shayenne!

Ich habe die Geschichte ein bisschen anders verstanden. Ein Mann bekommt Besuch von zwei Personen, einer Frau und einem Mann. Die Frau ist seine Tochter und der Mann wahrscheinlich ihr Verlobter. Er erinnert sich an seine Frau, die ihn vor 17 Jahren verlassen hat, weil sie ein Kind von ihm hatte, das er aber nicht wollte. Und 17 Jahre später kommt seine Tochter zu ihm und will sich das Geld, das ihr zusteht, und den Segen des Vaters holen, um zu heiraten. Im Prinzip erlebt der Vater also zwei Mal die selbe Situation.
Es ist mir allerdings nicht ganz plausibel, wieso die Tochter den Segen des Vaters braucht, um zu heiraten, wo sie doch all die Jahre nichts mit ihm zu tun hatte, zumindest wird das im Text nicht deutlich. Aber vielleicht habe ich auch ein anderes Verständnis von diesen Dingen.
An sich hat mir die Geschichte ganz gut gefallen. Du erzählst stimmungsvoll, der Plot ist zwar handlungsarm, aber trotzdem interessant und gut umgesetzt, wie ich finde. Handwerklich sind da aber sehr viele Schnitzer und Unsauberheiten drin:

Er stand einer Statue gleich am Fenster, als die beiden anderen eintraten. Keine Regung war zu sehen, deshalb räusperte sich der junge Mann vernehmlich.
Den ersten Absatz musste ich bestimmt fünf Mal lesen um zu verstehen, wer wer ist und wo steht. Soweit ich das verstanden habe, entspricht das fett markierte "er" nicht dem jungen Mann. Der junge Mann ist der Verlobte und "er" ist der Vater. Das ist allerdings völlig unverständlich, betrifft den ganzen ersten Absatz. Da musst du nochmal drüberschauen.
und liessen ungeheure Kraft
ließen (Schweiz? Das zieht sich durch den ganzen Text, deshalb spare ich mir das mal. ;))
Die Geschmeidigkeit, wie die Muskulatur spielte,
Unglückliche Formulierung. Der ganze Satz klingt ziemlich komisch. Allerdings kann ich grad keinen Vorschlag bringen, den Satz umzustellen, der nicht mindestens genauso blöd klingt. :shy:
Staub wirbelte lustig durch die Stille
Würde ich streichen.
als hätten sie nicht gesagt werden gewollt.
Hm, die Formulierung ist ein bisschen holprig. Vielleicht: als hatten sie nicht gesagt werden wollen oder als wollten sie nicht gesagt werden.
das Einzige Zeichen einer Gemütsregung.
das einzige

Im gesamten zweiten Absatz bringst du die Tempusformen durcheinander. Ich würde im Plusquamperfekt bleiben.

Am Liebsten wär er um den Tisch gegangen
Am liebsten wäre
hätte ihr seine riesigen Hände um ihren weissen Hals gelegt
um den weißen Hals (so vermeidest du auch die Wortdoppelung ihr/ihre)
oder er hätte sie geküsst.
Würde ich streichen.
17 Jahre
Das ist jetzt nicht sooo ein Zahlenmonster, kann man auch ausschreiben. ;)
die er nie haben wollte.
die er nie hatte haben wollen
Wegen ihr hatte Abigail ihn verlassen.
Unschön. Ihretwegen hatte Abigail ihn verlassen.
Unsinn schalt er sich.
'Unsinn', schalt er sich.
„Meinen Segen habt ihr.“ Sagte er hölzern.
... habt ihr", sagte er hölzern.
„Danke“ dieses eine Wort
"Danke." Dieses ...

Hat mir sonst ganz gut gefallen, deine Geschichte.

Liebe Grüße und viel Spaß noch im Forum,
apfelstrudel

 

also, erst mal vielen dank, für die zeit.....

um auf einzelne punkte zurück zu kommen: ja, in der schweiz lernen wir doppel-s, wir führen das auch nicht auf der tastatur... darum bitte ich um nachsicht.

*staub wirbelte lustig durch die stille* möchte ich genau so belassen - auch wenns vielleicht nicht so dolle klingt, aber für mich stimmt es.

mit den zahlen lernen wir es so, bis zwölf schreibt man aus, danach setzt man ziffern.... ich weiss nicht, wie das bei euch ist. falls anders, könnte mir jemand die regel erklären?

ja, mit den zeiten, da muss ich arbeiten dran (obwohl es schon viel schlimmer war ;-))


die geschichte entstand aus einem satz aus einer lieblingsgeschichte (hier musste *Der grosse Gatsby* hinhalten). der satz mit der rückwärtsdrehenden uhr war der stock, um den sich alles andere rankt. vielleicht entdeckt man nun beim lesen einen anderen sinn.

vielen dank nochmal, und einen schönen abend
shayenne


ps. ich hoffe es führt nicht wieder dazu, dass der kommentar von mir gestrichen wird, weil er rechtschreibefehler beinhaltet, oder weil alles klein geschrieben ist. aber ich werde es ja bald sehen.....

 

mit den zahlen lernen wir es so, bis zwölf schreibt man aus, danach setzt man ziffern.... ich weiss nicht, wie das bei euch ist. falls anders, könnte mir jemand die regel erklären?
Ja klar, Zahlen bis zwölf. Aber hier gehts ja nicht um Schulaufsätze sondern um Kurzgeschichten, und solange ich nicht eine Zahl wie 172635 hab, kann ich das ja ausschreiben. Siebzehn ist ja nicht so lang.

 

Hallo Shayenne,
grundsätzlich finde ich die Idee, wie der Mann durch seine Tochter ein Deja vu hat, sehr interessant.
Aber ein paar Dinge finde ich nicht so ganz schlüssig oder zumindest unwahrscheinlich. So bewundert die junge Frau ihren Vater, zeigt aber nicht den Wunsch, einen näheren Kontakt mit ihm herzustellen.
Seine Tochter verlässt ihn für immer. Man halt den Eindruck, er würde das nicht einmal bedauern, da er sie immer schon abgelehnt hat. Hasst er seine Tochter, weil er durch sie seine Frau verloren hat? Wünscht er sich insgeheim eine bessere Beziehung zu ihr?
Als seine Frau ihn verlässt, zieht er die Vorhänge zu und will nie wieder Licht reinlassen. Als seine Tochter da ist, steht er im Sonnenschein, hat es sich also anders überlegt. Warum?

Ich denke, das Hauptproblem mit deiner Geschichte ist, dass du eine Menge Assoziationen mit der Situation hast, die für dich durch kleine Andeutungen anklingen. Der unbedarfte Leser hat die nicht und braucht etwas mehr Erklärungen oder etwas weniger Andeutungen.

Auch wenn einige Fragen offenbleiben, macht es doch Spaß, sich über deine Geschichte Gedanken zu machen.

LG
Franzie

 

hallo Shayenne!
finde die idee auch sehr interessant. Einige Informationen mehr wären sicher nicht schlecht gewesen. Hab den text aber trotzdem, wie ich meine gut verstanden (beim 2. mal lesen). Und was ich immer fürm ich am wichtigsten finde an einem Text, er regt mich an darüber nachzudenken und wenn es nur für ganz kurz ist.
viel spaß noch

Kröte

 

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