Was ist neu

Der Weg der bunten Pillen - das Jahr mit XTC

jbk

Mitglied
Beitritt
17.06.2003
Beiträge
428
Zuletzt bearbeitet:

Der Weg der bunten Pillen - das Jahr mit XTC

Im Strom der bunten Pillen - die Zeit mit XTC

Wenn man anfängt, XTC zu nehmen, erscheint einem die Welt farbenfroh und schön. All die Argumente, es sei eine gefährliche Droge, deren Konsum neurologische, psychische und physische Veränderungen bedinge, sind mit einem Schlag weg, wenn es zu wirken beginnt. Solche Verteufelungen können sich nur Menschen ausgedacht haben, die selbst unfähig sind den Rausch zu erleben – aus Feigheit oder Neid!
Man fühlt sich erfüllt und denjenigen gegenüber erhaben, die nichts von dieser schillernden Welt wissen oder wissen wollen.
Am Ende jedoch ist es immer das Gleiche: Es ist, als sitze man im Haus der Seele und starre auf die Wände, die nichts mehr von der Transparenz des Rausches haben: Wieder allein, zugemauert und einsam mit sich selbst…

Von Anfang an: Die erste dieser kleinen Pillen wurde mir geschenkt. Es war ein rosa Elefant.
Peter, von dem ich seit einiger Zeit Dope holte, drückte mir das kleine Tütchen in die Hand.
Ob ich etwas absolut Neues erleben wolle?
Ich verstand nicht.
Er grinste: „Das Pulver ziehst du dir durch die Nase und die Stückchen schluckst du mit nem Red Bull runter!“
Was passieren würde, fragte ich.
„Etwas ziemlich Geiles! Nimm es, wenn du auf die nächste Party gehst!“

Nun war Peter ein Junge jenes Typus, der seit Jahren die Wochenenden durchfeierte. Dies erzählte er mir kurz zuvor, als wir in seinem Zimmer saßen und Gras rauchten. Aus einer siebzig Zentimeter hohen Eisbong, die immer auf dem gläsernen Tisch stand, um den wiederum drei Sofas hufeisenförmig angeordnet waren.
Seine Eltern wussten nicht nur vom kontinuierlich intensiven Drogenkonsum ihres Sohnes, sondern unterstützten den Verkauf von Haschisch im eigenen Haus insoweit, dass sie regelmäßig um die 10 Kilogramm aus Holland, versteckt im Kofferraum ihres kleinen Opels, über die Grenze holten und in der heimischen Gefriertruhe lagerten.
„Kennst du XTC?“, fragte er mich.
Ich sah ihn da auf dem Sofa sitzen, die Cappie seitlich auf dem Kopf, mit diesem breiten Grinsen, mit diesen strahlenden Augen, in seiner typisch lockeren Art.
Ich überlegte: Kannte ich XTC – und kam prompt zu dem Schluss, dass mein Wissen um diese Droge, durch stete Medienberichte und warnende Zeigefinger gespeist, so gar nicht mit Peters fröhlicher Art übereinstimmen konnte. Ich meine, wenn jemand wie Peter, der immer spontan und niemals schlecht gelaunt war, von den Auswirkungen längeren Drogenkonsums betroffen wäre, so konnten sie gar nicht schlimm sein.
Er gab mir die Bong. Ich kratzte das Chillum aus und füllte das Köpfchen mit Mische, während Peter zu seinem Plattenspieler ging und eine Technoversion von „Maniac“ auflegte.
Ich zog das Köpfchen in einem Zug leer, was einen außen stehenden Beobachter aufgrund der Rauchmenge in der Bong sicherlich in Staunen versetzt hätte.
Tief Luft holend stellte ich die gläserne Bong wieder auf den Tisch.
„Die Welt wird bunt!“, sagte Peter. „Du fühlst dich leicht, wie auf Wolken! Du wirst eins mit der Musik! Du umarmst die ganze Welt! Du liebst die Menschen! Es ist ein unglaubliches Gefühl!“
Wäre Peter ein Vertreter für XTC gewesen, der das Produkt an den Mann bringen sollte, so hätte er durch seinen Enthusiasmus und seine offensichtliche Identifikation vollends überzeugt. Ich jedenfalls hatte das Gefühl, dass er von einer Erfahrung sprach, die man gemacht haben musste, um glücklich zu werden.
Er sprach von absoluter Offenheit, von Redseligkeit bis zum Äußersten, einem ungehemmten Bewegungsdrang und glücklichen Stunden.
Für jemanden, der sonst eher still und nicht der leidenschaftlichste Tänzer war, klangen diese Worte sehr verlockend.
Überhaupt war Peter die Personifikation einer Generation, die gemeinhin als Spaßgesellschaft bezeichnet wurde. Der Beweis, dass ein Leben außerhalb von Schule und Beruf wie eine von der Sonne beschienene Tanzfläche war und XTC die Erfüllung all jener Sehnsüchte und Träume.
„Du verlierst alle Hemmungen und fühlst dich einfach nur frei!“, sagte er und drückte mir das Tütchen in die Hand.
Nun hatte ich also eine jener Pillen, vor der die einen mit Eifer warnten und die anderen sagten, es sei der Schlüssel zu einer Welt voller Glück und Liebe.

Wenn der Leser dieser Zeilen sich in die Person eines sechzehnjährigen Schülers hineinversetzen kann, der von sich glaubt, durchaus experimentierfreudig und für neue Erfahrungen aufgeschlossen zu sein, dann besitzt die Frage, ob er sich einige Tage später für oder gegen die Einnahme entschieden habe, einen rein rhetorischen Charakter.

Ich hatte mich mit Friederich, einem Freund aus der Schule, an diesem Wochenende zur Kirmes verabredet. Kurz bevor wir losfuhren, trank ich ein Red Bull und rollte einen Geldschein zusammen.
Das Gefühl in der Nase war mit das Widerwärtigste, was ich bis dato erfahren hatte – brennend, chemisch und bitter.
Ich erzählte Friederich nichts von meinem Experiment. Er wusste, dass ich nicht wenig kiffe und war schon immer der Meinung gewesen, dass illegale Drogen nur jene konsumieren, die Probleme hatten, mit der Realität klarzukommen. Für solch weise Worte hatte ich in diesem Alter kein Verständnis. Inmitten einer Zeit des Sturm und Dranges ist es einzig das Gefühl, welches sich seine Wege und Pfade bahnt. Bei Friederich waren es die Wege des Alkohol.
Wir tranken das erste Bier und redeten über die Schule: Was für blöde Lehrer wir hatten, wie scheiße doch die letzte Klassenarbeit war.
Beim zweiten Bier ging es um Mädchen und wie süß, geil und eingebildet sie doch waren.
Während der ganzen Zeit wartete ich auf die prophezeite Wirkung – doch scheinbar geschah nichts.
Nach ein paar weiteren Gläsern gingen wir ein wenig umher. Schließlich unterhielten wir uns mit zwei Mädchen am Autoscooter, die Friederich von irgendeiner anderen Party kannte. Er musste sie wohl zu späterer Stunde angesprochen und so ihre Namen nicht mehr im Gedächtnis behalten haben. Sie jedenfalls erinnerten sich noch recht gut an den Jungen, der nicht ohne eigene Komik von sich und seinen Erlebnissen mit Frauen erzählt und immer wieder versucht habe, den körperlichen Kontakt zu intensivieren.
Nach etwa einer Stunde gingen die Mädchen weiter. Friederich fragte mich, warum ich mich so offensichtlich an eine von ihnen rangemacht habe, die seiner Meinung nach nicht die hübschere war. Ich wusste nicht, was er meinte, denn das Gespräch mit ihr war wunderbar und gänzlich ungezwungen gelaufen, wie ich fand.
Wir tranken den restlichen Abend noch mehrere Bier.
Als ich irgendwann zuhause war und mich ins Bett legte, geschah etwas, dass mir noch lange in lebhafter Erinnerung blieb: Als ich die Augen schloss, sah ich ein Meer aus pastellenen Farben, eine Flut aus intensiven Rot und leuchtenden Blau durchströmte mein Bewusstsein! Wellen aus sich bewegenden geometrischen Formen tauchten auf – bunte pulsierende Kreise, wogende Bänder, strudelnde Spiralen! Und ich öffnete die Augen und sah die Farben und Formen im Zimmer tanzen, sich mit dem Halbdunkel vermischen und hörte, versinkend, im Halbtraum die Melodie von "Maniac".
‚Die Welt wird bunt!’ – das also hatte Peter gemeint.

Nach dieser ersten Erfahrung mit XTC folgte eine längere Pause, in der sich allerdings einiges ereignete, das zukunftsweisend war.
Um den Rahmen nicht zu sprengen, sei hier nur skizziert, was und warum es so kam:
Ich spannte einem guten Freund die Freundin aus. Er rächte sich, indem er einigen Jugendlichen erzählte, was ich getan hatte. Sie waren von jener Sorte, die einer handfesten Schlägerei umso weniger abgeneigt waren, je mehr sie tranken. Also habe ich auf einer Zeltparty die volle Schlagseite erfahren – auch Beschwichtigungen seitens Friederichs halfen nichts. Hinzu kam, dass Judith einen Monat später, kurz nach ihrem Geburtstag, entschied, mit mir übers Telefon Schluss zu machen. Freund und Freundin waren weg!
Fortan mied ich öffentliche Partys und tat mich mit zwei Jungen zusammen, die von Natur aus keine Motivation für Zeltpartys hatten, aber umso mehr für extensiven Cannabiskonsum in den eigenen vier Wänden.
Dadurch sollte der Zufall den Weg für weitere Erlebnisse mit XTC ebnen.

Eines Tages saß ich also zusammen mit Alex bei Jens, einem korpulenten Jungen, der sein Zimmer nur dazu verließ, um sich Gras zu besorgen. Seine Eltern ahnten zwar, dass er oft und viel rauchte, konnten ihn aber nicht davon abhalten, weswegen er bei mir und Alex hoch im Kurs stand. So war es nämlich möglich, täglich zu kiffen und dabei Playstation zu spielen. Wie bei Peter stand auch bei Jens inmitten mehrerer Sofas ein Tisch, auf dem zusammengefaltete Mischepapers, Teller mit Essensresten, viele Getränkeflaschen und Chipstüten lagen. Allgemein gesagt war es eine typische Kifferbude, wie sie demjenigen, der schon einmal in einer solchen war, bekannt sein dürfte.
Jedenfalls saßen wir eines Abends wieder zusammen und rauchten gerade Bong, als ein paar Jungen ins Zimmer kamen. Ich erfuhr schnell, dass sie Michel, Ketto und Welzi hießen. Sie schienen gut drauf zu sein, machten viele Späße, die nicht selten auf Jens Kosten gingen. Im Laufe des Abends lernten wir uns bei einigen Bongs kennen.
Michel meinte gegen Ende, ich könnte ihn ja mal besuchen, wenn ich etwas Gras haben wolle. So bekam ich seine Adresse.
Zwar warnte mich Jens vor ihnen und erklärte mir den Grund für ihre, wie er sagte, „seltsame Art“. Doch die Chance für eine weitere Gras-Konnektion wollte ich mir als suchender Geist für neue Erfahrungen nicht entgehen lassen. Außerdem war das Treffen eine erfrischende Abwechslung zu der doch sonst eher ruhigen, bisweilen auch eintönigen Art unseres täglichen Abhängens.

Eine Woche später war ich zuhause bei Michel. Er wohnte noch bei seinen Eltern, „aber nicht mehr lange“, wie er sagte. Zu oft schon habe es „Stress wegen des Kiffens und anderer Dinge“ gegeben.
Schnell kam er auf XTC zu sprechen.
Da war sie wieder, die Droge, mit der ich vor etwa einem halben Jahr die erste Erfahrung gemacht hatte. Da war wieder diese verklärte Erinnerung und Bewunderung für Peter und seine lockere Lebensart. Mit ihr jetzt in einem anderen Umfeld Bekanntschaft zu machen war eine aufregende Sache.
Michel erzählte von seinen Erlebnissen – von nächtelangen Feiern, von dem Gruppengefühl und einer besonderen Freundschaft zwischen all jenen, die in der Welt der kleinen Pillen lebten. Er erzählte von seinen Verbindungen zur Szene, von den besten Pillen, die er hatte und von seinem Interesse, mal mit mir zusammen zu feiern.
Seine Worte klangen verlockend. Anders als Peter, der mir in dieser Beziehung fern und unantastbar blieb, spürte ich zu Michel aufgrund seiner sonst ruhigen Art eine Nähe. Ich konnte mir sofort vorstellen, mit ihm und seinen Freunden einmal zusammen zu feiern, auch wenn meine ursprüngliche Vorstellung letztlich nichts mit der Wirklichkeit zu tun hatte.

So kam es dann auch.
Wir trafen uns eine Woche später bei Welzi. Auch er hatte ein kleines Zimmer mit einem Tisch und mehreren Sofas.
Kurz nach meiner Ankunft wurde mir die erste Bong in die Hand gedrückt. Dann kam Michel und legte die Teile auf den Tisch. Es waren etwa zehn Stück in einer Tüte mit dem Mitsubishi-Zeichen. Er gab mir ein ganzes und sagte, es sei besser, direkt einzutauchen als langsam hineinzuwaten.
Nach einer halben Stunde spürte ich die ersten Wellen. Eine Wärme breitete sich im Körper aus. Es begann mit einem Kribbeln im Bauch, das kreisförmig in den Körper floss. Ich atmete tief und befreit, spürte meine Füße nur noch federleicht. Die Bässe der Musik kamen mir wie der Herzschlag eines Lebewesens vor, das sich in mir mit mir verband und die Melodien klangen wunderschön und beflügelnd. Ich sprang ab und glitt mit der Strömung der Musik, getragen von den Schwingen melodischer Leichtigkeit.
Eine Klarheit entfaltete sich in meinem Kopf und gab mir das Gefühl, alles neu und unverbraucht erleben zu dürfen.
Michel und Welzi kamen mir wie die besten Freunde vor. Als hätte ich in diesem Moment ihr wahres Wesen entdeckt, die Harmonie ihrer Aura, die Reinheit ihres Charakters.
Es zählt nur das Hier und Jetzt. Alles, was war, wird unwichtig. Einzig das umfassende Gefühl des Glücks, die Besonderheit des Augenblicks ist von Bedeutung.
Zum ersten Mal erlebte ich die Sonnenseite von XTC, das scheinbar wie eine Offenbarung die Fähigkeit verleiht, rundum glücklich mit sich selbst und seiner Umwelt zu sein.
Damals fiel mir nur eine Metapher ein, die diesen Zustand treffend beschreibt: Lao-Tses Worte „Alles fließt!“
Nach etwa einer Stunde entschlossen wir einstimmig, eine weitere Pille nachzuschmeißen und danach nach draußen zu gehen. Natürlich rauchten wir zuvor noch jeder eine Bong, damit sich die Wirkung der Substanzen, wie Michel sagte, "verbrüdert".
Wir lachten und lachten. Der sternenklare Himmel war wundervoll anzusehen, wie ein mit strahlenden Lichtern besetztes, im Wind wehendes Tuch. Jeder Baum erschien mir als ein lebendiges Wesen von solcher Schönheit, wie ich es zuvor noch nie beobachtet hatte, und jedes einzelne Blatt schien zu winken. Der laue Wind fühlte sich so unglaublich gut an, dass sich ein Kribbeln über die ganze Haut ausbreitete und ich eine Gänsehaut bekam. Ich hätte am liebsten die ganze Welt umarmt und ihr gedankt, dass sie so wunderschön gemacht ist!
Ich weiß nicht mehr, wann wir die nächste Pille klinkten. Das Zeitgefühl ist unwichtig und geht vollends verloren. Mittlerweile saßen wir in einer alten Destille, einer Ruine, die Welzis Tante gehörte, im Kreis und redeten wirres Zeug. Mit der Zeit verändert sich die Wahrnehmung ein weiteres Mal.
Es kommt schleichend. Man fühlt sich pudelwohl, serotoningeflutet! Sitzt da, sieht alles wie durch ein Raster, das vor die Augen gelegt wurde. In den Gesichtern der anderen schienen sich Brillen zu befinden, die im nächsten Moment wieder verschwanden.
Die Wände flimmerten! Mein Kiefer mahlte, meine Zähne knirschten.
Die Worte der anderen werden unverständlich. Ich höre sie zwar, doch verstehe sie nicht. Sie sind bedeutungslos, sinnentladen. Im nächsten Moment schon vergessen. Alles zittert! Ich schnaufe und schwitze. Schaue die anderen an, sage nichts, sehe sie nur sitzen wie unbekannte Scheinfiguren. Stehe auf, gehe um die Ecke: ein dunkler Raum mit Holzlatten auf dem Boden. Versuche zu pinkeln. Brauche lange dafür. Mein Schwanz ist ziemlich klein. Mir egal. Ich schwimme in meiner Empfindung, uferlos. Gehe wieder zurück. Bemerke Blicke. Will erzählen, finde keine Worte. Zeige nur auf die Bong. Michel macht mir eine fertig. Ich will rauchen, schaffe es aber nicht, das Feuerzeug ans Köpfchen zu halten. Welzi feuert für mich. Alles verschwimmt. Ich rauche. Der Qualm schmeckt trocken. Behalte ihn ohne Probleme schier endlos in der Lunge. Schließe die Augen. Beinahe fällt die Bong auf den Beton. Irgendwer nimmt sie mir ab. Ruhe, Stille. Bilder in mir, wie durch ein Mikroskop betrachtet. Schwimmende Tierchen in einer Flüssigkeit. Ich werde angestoßen. Keine Reaktion. Wieder diese Worte aus der Ferne. Bedeutungslose Laute…
Man erzählte mir einige Tage später, dass ich ziemlich verballert gewesen sei. Einfach nur dagesessen, verkrampfte Kiefer, Zuckungen – Gesichtskirmes deluxe! Verspackt bis in die letzte Windung, unfähig zu sprechen, auf nichts mehr reagiert. Eine klassische Überdosierung.
Noch Tage später hatte ich Kieferschmerzen. Man sagte mir, dass es wichtig sei, immer ein Kaugummi dabei zu haben. Manch einer hätte es so übertrieben, dass er sich den Kiefer ausrenkte.
Von nun an nahm ich immer Kaugummis mit.

Es folgte eine Zeit, in der ich fast jedes Wochenende unterwegs war. Michel, Ketto und Welzi hatten immer etwas am Start. Es war zu Anfang eine Art Zweckbeziehung, die wir unter dem Deckmantel der Freundschaft führten. Sie kamen an die Drogen, ich hatte Geld. Sie machten mir immer faire Preise, aber trotzdem war es eine Geschäftsbeziehung.

Das schien sich eines Tages zu ändern.
Seit einiger Zeit hatten wir unsere Wochenenden in Münster verbracht.
Clubs wie das Fusion, Depot oder die Docklands sind bekannte Treffpunkte der Szene.
Ich war mit Ketto unterwegs. Michel und Welzi hatten keine Lust.
Da wir selbst nur Blender am Start hatten, mussten wir unser Geld für echte Teile zusammenschmeißen. Da man erst beim Ausgang den Eintritt – 30DM- bezahlen musste, haben wir uns etwas einfallen lassen, wie wir das Wochenende finanzieren konnten. Also beschlossen wir, Placebos unter die Leute zu bringen.
Am Clubeingang wurden wir nicht kontrolliert.
Drinnen angekommen, machte sich Ketto auf die Suche nach Typen, die Teile verkauften. Eine Viertelstunde später kam er mit sechs Kronen wieder. Wir schmissen zwei ein und warteten auf die Wirkung.
Sie waren mittelmäßig. Erst, als wir das dritte auch noch nahmen, spürten wir das gesuchte Gefühl. Nun war es an der Zeit, unsere Mission zu erfüllen.
Ketto zeigte mir jemanden, der so aussah, als wolle er etwas kaufen. Man müsse hier sehr vorsichtig sein, sagte er. Es würden nämlich auch zivile Bullen oder welche vom Clubteam hier herumlaufen und nur darauf warten, dass sie angesprochen werden, Drogen zu kaufen oder zu verkaufen.
Ich ging, mittlerweile wieder heftig unterwegs, mit dem Typen aufs Klo und verkaufte ihm dort – das erste und einzige Mal – zwei Teile nach dem Prinzip „Eins zwanzig, zwei dreißig..."
So hatte ich also das Geld für den Eintritt zusammen.
Ketto beglückwünschte mich zur gelungenen Aktion. Er meinte, so etwas sei eine Art Mutprobe. Wer sie bestand, war voll integriert.
Wir gingen tanzen. Eine halbe Stunde schlidderten wir über die Fläche. Auf den Boxen, die überall herumstanden, tanzten schreiende und johlende Leute vor den grauen, kalten Wänden der Fabrikhalle.
Irgendwann hatte ich das Gefühl, noch ein paar Pillen zu brauchen. Also suchte ich nach jemanden, der herumstand und vielleicht etwas haben wollte.
Ich fragte zwei Typen, die seitlich der Tanzfläche standen.
„Was hast du gesagt?“, fragte einer.
Ich wiederholte: „Willst du etwas haben?“
Im nächsten Moment hatte er mich auch schon gepackt!
„Mitkommen! Und keine Tricks!“, brüllte er mir ins Ohr.
Ich war auf einmal hellwach. Ich wurde erwischt! Was passierte jetzt? Ich holte meine Kippenpackung raus und wollte eine rauchen. Der Typ schlug mir die Zigarette aus der Hand. „Keine Tricks!“, wiederholte er zischend.
Er führte mich zum Eingang und übergab mich mit dem Wort „Durchsuchen!“ einem Türsteher.
Automatisch breitete ich die Arme aus und hielt die Handflächen nach oben. Der Türsteher, ein Mann mit Stiernacken und einen Kopf größer als ich, fing an, mich zu durchsuchen.
Ich wusste zwar, dass ich die Teile Ketto gegeben hatte, aber war mir nicht sicher, ob ich die Pappenblender nicht irgendwo in einer Tasche hatte.
Ich glaube heute, es gibt nichts Schlimmeres, als von einem aufgeputschten Türsteher mit Pappen erwischt zu werden. Damals, in diesem Moment, fühlte ich nichts. Ich blieb ruhig stehen und ließ die Prozedur über mich ergehen.
„Wo hast du die Teile?“, fragte mich der Stiernacken.
Ich sah ihn mit großen Pupillen an. „Welche Teile?“
„Du stehst ja wohl nicht umsonst hier!“, sagte er. „Irgendeinen Grund müssen die Leute ja gehabt haben, dich zu mir zu bringen.“
„Die müssen etwas falsch verstanden haben“, sagte ich mit einer solch ruhigen Stimme, dass ich selber überrascht war. „Ich meinte, ob sie etwas hätten – und nicht, ob sie etwas haben wollen!“
Er blickte mich abwägend an. „Okay, du kannst nach Hause gehen.“
„Wollen Sie nicht noch meine Schuhe durchsuchen?“, fragte ich so ruhig und gleichzeitig so abgrundtief dämlich wie es nur ging.
„Lass mal stecken!“, sagte der Stier.
Er ließ meine Jacke holen und ich musste die dreißig DM Austritt zahlen.
Dann streifte ich durch Münster, orientierungslos, den Bahnhof suchend.
In der Tat hatte ich in meinem Socken die Blender versteckt gehabt. Ein Glück, dass er sie nicht richtig durchsucht hatte.
Ein paar Tage später dann erzählte mir Ketto, was für ein Riesenglück ich wirklich gehabt hatte: Der Typ, dem ich die Blender verkaufte, sei schreiend durch den Club gerannt und hätte mich gesucht.
„Mit fünf Leuten wollten sie dir die Fresse polieren!“, sagte Ketto.
Wirklich verdammtes Glück. Andererseits hätte ich einen Akteneintrag wegen Dealerei, ein paar gebrochene Knochen oder beides gehabt.
Ketto, Michel und Welzi gefiel die Geschichte.
Von nun an, so meinten sie, sei ich ein vollwertiges Mitglied der Clique.

Ich traf mich immer seltener mit Jens. Er und sein Zimmer sind mir ob der neuen Erfahrungen langweilig geworden. Ich konnte nicht mehr verstehen, wie man seine Jungend in einem verkifften Zimmer zubringen konnte. Es hatte etwas so Einfältiges und Dummes an sich, dachte ich nicht ohne Arroganz.
All die Erfahrungen, die ich mit Jens zusammen gemacht hatte, waren so unbedeutend geworden. Hatten wir uns früher etwa mehrere Monate über ein Erlebnis mit Zauberpilzen unterhalten können, so war es mir zu diesem Zeitpunkt absolut unwichtig, über das letzte Wochenende und die letzte Pillenerfahrung zu sprechen. Sowieso hätten weder Michel noch Ketto noch Welzi dazu Lust gehabt, außer wenn wir gerade wieder drauf gewesen wären.

Es kam eine Routine in die ganze Sache, die ich anfangs unterschätzte.
Je länger die Feierzeit dauert, desto mehr lernt man die Schattenseiten des Konsums kennen. Nicht nur, dass man unter der Woche mit Depressionen und Lustlosigkeit zu kämpfen hat (mit Auswirkungen auf Schulleistung und Privatleben) und diese zuweilen auch mit einer Pille oder Line unter der Woche zu kompensieren sucht; auch die Clique änderte sich bedrohlich:
In der letzten Phase dieser Zeit feierte ich mit Leuten, die ich normalerweise gemieden hätte: geistigen Wracks mit Realitätsverlust und Paranoia; Dealern mit einem Wochenumsatz von 500 Pillen; Leuten, die Schulden bei aggressiven Koksern hatten; solchen, deren halbe Familie wegen Straftaten im Gefängnis saß.

Eines Abends – es war eine Nacht im Februar – saßen wir bei einem dieser Leute im Zimmer. Ich hatte sie gerade erst kennen gelernt. Michel kannte sie wohl schon länger.
Wir hatten weder Pep noch Teile, wohl aber eine Packung Zauberpilze aus Holland.
Ich teilte sie mit Michel halbe-halbe. Es war nicht genügend für alle da.
Der Trip kam in dem Ambiente seltsam.
Überall schimmerten Schwarzlichtröhren und Schwarzlichtposter, Lavalampen und chillige Dekoration, was eigentlich perfekt für einen psychedelischen Trip ist – aber was absolut schlecht kam, waren die Leute und die Vibrations.
Ich merkte, wie ich mich unwohl fühlte. Einer der Typen, der nichts von den Pilzen bekommen hatte, saß in einer Ecke und starrte mich unentwegt an. Die ganze Zeit, ohne ein Wort zu sagen.
Ein anderer Typ, der neben mir saß, legte die Beine auf den Tisch, sodass ich nicht aus meiner Sitzecke konnte – ich fühlte mich bedrängt. Keine guten Vorraussetzungen für einen Pilztrip.
Was in der Folgezeit geschah, nennt man in diesen Kreisen „jemanden schicken“ oder „auf einen schlechten Trip bringen“.
Die Typen sprachen von „Kameras des Geheimdienstes“, die im Zimmer versteckt wären, "Wanzen" oder auch von „Zivilbullen“, die gleich das Zimmer stürmen würden. Ich wurde böse angeschaut und irgendwann ging der Typ aus der Ecke schnurgerade auf mich zu.
Reflexartig zeigte ich auf ihn und fragte: „Was meinst du dazu?“
Er blieb stehen und sagte, er sei scheiße drauf. Jede Droge würde er jetzt nehmen – Koks, Heroin – egal! Ich solle nicht so blöd gucken, nur weil ich drauf sei. Und so weiter.
Ich blieb ruhig, weil ich durchschaut hatte, was sie vorhatten.
Zehn Minuten später war ich raus aus diesem Zimmer und fuhr auf meinem Roller durch die Nacht nach Hause.

Einige Tage später reflektierte ich meine Vergangenheit. Seit mehr als neun Monaten hatte ich nun Woche für Woche in einer Welt der Drogen gelebt. Ich hatte das ganze Spektrum von Gefühlen erfahren – höchste Highs und tiefste Downs! – und dabei doch immer nur in einer Art Fantasiewelt gelebt. Genauso wie Michel und Ketto und Welzi. Was uns eine zeitlang zusammenhielt waren die Drogen. Was uns trennte war die Zeit außerhalb des Rausches. Da nämlich hatten wir uns nichts zu sagen. Die ganze Wärme, all die Harmonie, war einzig durch die Chemikalien gekommen, die durch unsere Venen rauschten. War nichts als ein Produkt, zusammengepanscht in irgendwelchen Untergrundküchen.
Während des Rausches öffneten wir die Fenster unseres Seelenhauses, machten die Wände transparent.
Dämmerte dann der Morgen, konnten wir uns nicht einmal mehr in die Augen schauen. Wir schotteten die Fenster ab, bauten die Mauern wieder auf, jedesmal ein wenig dicker als beim letzte Mal.
Dann brauchten wir wieder mehr Pillen, um die Fassade einzureißen, um wieder einzutauchen in den Strom der Droge.
Man wird mitgerissen von der Anfangszeit, fühlt sich erhaben, fühlt sich weise, weil man glaubt, eine Welt des Glücks gefunden zu haben.
Am Ende erst entdeckt man, wie sie in Trümmern liegt. All die Freunde, die man einst hatte, sind in weite Ferne gerückt. Sie haben mitbekommen, wie man selbst immer tiefer sank, und sie konnten nicht helfen, weil man keine Hilfe angenommen hätte.
Nicht sie haben mich verlassen, sondern ich sie.
Es dauert eine ganze Zeit, bis wieder Vertrauen wächst. Die Scham jedoch trägt man noch viel länger in sich: verborgen, halbbewusst.

Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, bleibt am Ende die Erkenntnis, dass ich für diese kleinen Pillen nicht nur gute Freunde verloren, sondern eine Zeit der Jugend die Kloschüssel hinuntergespült habe.
Für ein paar Stunden Rausch…

 

Mir fehlen die Worte

Wow. Einfach genial. Ich habe echt keinen Schimmer, wenn's um Drogen geht. Ich trinke ja nur. Aber wenn ich diese Geschichte lese, habe ich wirklich das Gefühl, jemandem zuzuhören, der einmal damit zu tun hatte. Alles stimmt. Die Worte, die Sprache. Es ist die Stimme eines Drogenkonsumenten (oder ehemaligen Drogenkonsumentens).
Bei allen langen Geschichten auf Kg.de hatte ich oftmals mühe, aber deine hat mich völlig in ihren Bann gezogen. Gratuliere! Weiter so!

Gruss, Clyan

 

Hy Clyan,

danke für die Blumen.
Das geht ja schon in die Himalayaregion des Lobes.
Ich freue mich jedenfalls, dass du trotzdem Worte gefunden hast.
Leider gibt es in diesen Zeiten viele Sprachlose, aus welchem Grund auch immer, auch in diesem Thread.

In der Geschichte fließen ganz unterschiedliche Strömungen zusammen, auch einige Aspekte eines ehemaligen Szenekenners... ;)

Lg
Jan

 

Hallo jbk,

Ich habe deine Geschichte mit recht zwiespältigen Gefühlen gelesen. Diese Zwiespältigkeit hat mich in sofern in der Richtung überrascht, dass ich ja eigentlich bedeutend älter bin als du. Deine Geschichte war mir zu moralisch.

Sie ist über weite Strecken gut geschrieben, allerdings erzählst du sie von Beginn an aus einer Haltung, die verrät, dass dein Protagonist, sich ganz am Ende gegen die Droge entscheiden wird. Du streust seine reflektierenden Wertungen und Rechtfertigungen ein. Dadurch bleibt die Spannung lediglich darin, wie er sich dagegen entscheiden wird, welches Erlebnis ihn umdenken lassen könnte.
Die Art der Reflexion deines Prot lässt das Erlebnis zudem wesentlich weiter zurückliegend erscheinen, als es wohl tatsächlich der Fall ist. Beim Lesen hatte ich die ganze Zeit einen Mann um die 30 bis 40 vor meinem geistigen Auge. Die Sprache ist sehr erwachsen und hatte manchmal etwas von dem blöden Spruch, den mir meine Onkel und Tanten immer sagten, wenn sie mit mir über Politik diskutierten. "Wer mit achtzehn kein Kommunist ist, hat kein Herz, wer mit dreißig immer noch Kommunist ist, keinen Verstand."

Ich hoffe, du verstehst, worauf ich mit miener Kritik hinaus möchte.

Thematisch finde ich die Geschichte durchaus gut und sprachlich beweist du, dass du sehr gut schreiben kannst. Ich empfinde nur den Aufbau und die Sprache dem Thema nicht als angemessen.

Einen lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo sim,

beabsichtigt oder nicht: Du fasst mein Dilemma in Worte.
Wie eine Geschichte über die Erfahrungen des Prot. mit XTC schreiben, ohne zu verherrlichen? Soll die Geschichte von Spannung oder von der Suggestion leben? Erlebt der Prot gerade diese Phase oder hat er sie hinter sich und reflektiert? Wenn er reflektiert, welche Sprache soll er dann nutzen? Szenensprache? Oder doch eine, die die Suggestion unterstützt? Wenn aber suggestiv geschrieben wird, ist die Gefahr einer sublimen Verherrlichung gegeben, usw...

Wenn der erste Absatz weggelassen werden würde, entfiele die von dir angesprochene Wertung am Anfang.
Kann man den Leser mit dieser Thematik ohne einleitende Worte alleine lassen? Ist nicht die Gefahr gegeben, dass die über weite Teile der Geschichte positiv beschriebene Wirkung überhand nimmt und der letzte Abschnitt nur mehr als eine Art veraltete Moral gewertet werden könnte?

Sicherlich wäre das der Fall, wenn die Geschichte rein szenensprachlich geschrieben worden wäre (meine ich jedenfalls). Es gibt auch jugendliche Leser, die bei entsprechender Sprache vielleicht die gewisse nötige Distanz verlieren würden, die ja durch eine "erwachsene Sprache" automatisch aufgebaut wird.
Es war und ist ja in der Tat nicht mein Fall, zu verführen. Dann doch eher den implizit den sprachlichen Zeigefinger ein wenig schwingen (wobei ich meine, dass ich mich als Autor doch recht zurückgehalten habe): show and tell.

Ich gebe die Frage gerne weiter: Soll der erste Abschnitt zugunsten der Spannung und zur Konzentration der Wertung auf den letzten Abschnitt weggelassen werden?

2.
Wie kommst du denn auf einen 30-40 Jährigen?
Spielen da vielleicht verborgene Sehnsüchte mit hinein, sim? :D ;)

Lg
Jan

 

Ich glaube, diese Geschichte ist die beste Drogenstory die ich in den letzten Monaten gelesen habe. Es ist schwierig über Drogen zu schreiben, besonders deshalb, weil immer die Gefahr besteht, platt zu wirken. Das hast du vermieden. Ehrlich erzählst du die Empfindungen des Protagonisten, sehr gut wirken auch die letzten Sätze auf den Leser nach.

Sehr gut hat mir auch die Beschreibung des lockeren Peter gefallen. Solche Typen habe ich auch schon kennen gelernt und die Beschreibung in deinem Text passt wie die Faust aufs Auge.

*******

Nur eine kleine Anmerkung:

Ganz am Anfang als der Prota die XTC-Tablette mit dem Pulver zum Schnupfen konsumiert, hast du nur beschrieben wie er das Pulver schnupft, die Einnahme der Tablette kam in der Geschichte nicht vor.

 

Hi Jingles,

ich hatte schon früher vor, einmal eine solche Geschichte zu schreiben. Doch fehlte mir damals noch "der nötige Abstand"... ;)
Wenn sie jetzt allerdings in die Tiefe geht, dann hat sich das Zögern wohl gelohnt.
Mich würde ja interessieren, wie du die ersten Sätze der Geschichte findest: Ist die Vorwegnahme der Wertung - das "selbstgebaute Haus" - eher förderlich oder eher störend für den weiteren Verlauf der Geschichte?

Zu deiner Anmerkung:
Die Einnamhe der Pille wird nicht direkt benannt. Vergleiche Peters Zitate mit dem Anfang des Kirmes-Abschnittes---> Red Bull trinken...

Lg
Jan

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich finde, du solltest den Anfang unbedingt so belassen. Wäre er nicht vorhanden, fiele dem Leser der Einstieg schwerer, der Beginn dieses Textes mit dem selbstgebauten Haus usw. hat nämlich etwas originelles, spritziges.

Stell dir vor, die Geschichte würde so beginnen:

Die erste dieser kleinen Pillen wurde mir geschenkt. Es war ein rosa Elefant.
Peter, von dem ich seit einiger Zeit Dope holte, drückte mir das kleine Tütchen in die Hand.

Wäre das ein verlockender Anfang? Wohl kaum. Dein Anfang jedoch verleiht deiner Geschichte schon zu Beginn einen gewissen Reiz. Er lässt den Leser in den Strom der Geschichte hineingleiten und schleudert ihn nicht in einer Sekunde von Null auf Hundert. Ich würde ihn so lassen.

Dass die Wertung der Geschichte schon vorweggenommen wird, finde ich auch gar nicht so schlecht. Hätte ich nämlich von Anfang an das Gefühl, der Text wäre eine reine Verherrlichung von Drogen würde ich ihn gar nicht erst lesen. Das wäre mir schlicht und einfach zu stupide und zu primitiv (dasselbe gilt übrigens auch für eine reine Verteufelung).

 

Ok, das überzeugt.
Vielleicht kommt in naher Zukunft eine Erweiterung dazu, so im Stil "Geschichte in der Geschichte".

Mfg
Jan

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo jbk (Johannes B Kerner?),

bin durch zufall auf deine doch schon etwas ältere Geschichte gestoßen und musste mich, ob des für mich doch schon interessanten Themas mal damit auseinandersetzen.

sie erinnert mich an einen alten kollegen, von allen Bullen "Piep" genannt, weil er Polizist beim Bundesgrenzschutz war. Er war im Club immer der fertigste von allen. Stand mit schwärzsten Rändern unter den Augen in der Ecke rum und bekam kein Wort mehr raus, wärend seine Mutter fleißig Koks vertickte.
ein Paar jahre später schaltete ich den Fernseher ein und sah die Premiere einer kurzlebigen Nachmittagstalkshow namens Ricky und da entdeckte ich plötzlich Bullen "Piep" samt seiner Mutter auf den Stuhlreihen für geladene Gäste. und was dann kam, bringt mich zurück zu deiner Geschichte: Moralingesäuerte Reuhegelöbnisse mit Hang zu weinerlichem Pathos.

aber flüssig geschrieben ist sie allemal.

besten Gruß
krilliam Bolderson

 

Hey jbk,

teilweise gute Geschichte, die meiner Ansicht dadurch leidet, dass sie etwas distanziert, mehr wie ein Bericht auf mich wirkt. Zudem ist das Ende etwas zu abrupt und klingt fast so, als ob man nur eine schlechte Erfahrung braeuchte um von Drogen wegzukommen. Wenn das wirklich fuer Deinen Protagonisten so war, dann war er nie richtig drauf, dann hat er sich nur treiben lassen und war nicht getrieben. Vielleicht plaetschert genau deswegen die Geschichte mehr als dass sie vorwaerts kommt. Ich spuere keinen Strudel, keine Unaufhaltsamkeit der Ereignisse, es ist eher zufaellig, fast schon klingt es belanglos bis belehrend, wie die Geschichte sich praesentiert. Mit Drogenkonsum assoziiere ich Zwangslaeufigkeit, Verpflichtung, Selbstaufgabe, Realitaetsverlust, Not, seelisches Elend, etc ...
Ich will Dir damit keineswegs vorschreiben wollen, wie Du Deine Geschichte schreiben sollst. Bitte verstehe meinen Kommentar nur in der Hinsicht, dass ich Dir einen Gedankenanstoss geben will, wie Du an der Geschichte arbeiten koenntest, wenn Du sie veraendern willst.

Gruss,

sarpenta

P.S: Das war Heraklit und nicht Lao-Tse
P.P.S: Heraklit bietet sich wegen seiner Idee der Einheit in den Gegensaetzen noch ein weiteres Mal fuer diese Geschichte an ... by the way.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich jedenfalls hatte das Gefühl, dass er von einer Erfahrung sprach, die man gemacht haben musste, um glücklich zu werden.

Ja, eigentlich ist alles gesagt. Ich erinnerte mich, dass du ´ne gute Schreibe hast und hab ein wenig gestöbert, blieb gleich bei der ersten hängen und hab sie trotz der Länge am Bildschrim gelesen, das ist sehr selten.
Natürlich ist es ein Text, der zum Aufarbeiten eigener Erfahrungen dient und aus dem jetzigen, ablehnenden Standpunkt keinen Hehl macht, die Stärken und Schwächen dieses Ansatzes habt ihr ja schon diskutiert.
Man ahnt, wie´s ausgeht, aber man ist gespannt ob des Vergangenheits-Striptease, der vollzogen wird, und der Stil ist allgemein angenehm geschmeidig, auch wenn mal eine allzu distanzierte Bemerkung oder in meinem Fall auch ein paar Ausrufezeichen zuviel stören, oder aber der Umstand, dass du manchmal allzu deskriptiv über Details hinwegwischt, um voranzukommen (bspw. Freund/Freundin-weg-Abschnitt, da hätte man schon überlegen können ein wenig zu dichten, anstatt es nur wie einen Erfahrungsbericht abzureißen; freilich hätte dies allerdings wiederum "den Rahmen" sprengen können).

...para

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom