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Der Wildschaden

Beitritt
22.11.2005
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Der Wildschaden

Es ist ein grüner VW Golf 2. Scherben malträtieren mein Gesäß. Ich hätte die Beifahrerscheibe einschlagen sollen. Den Fehler mache ich öfter. Ich höre die Martinshörner, sie kommen näher, sehe die Blaulichter auf der Spitze der Serpentine im inneren Rückspiegel, breche ihn ab und bestreue ihn mit Koks aus dem Zellophanbeutel aus meiner Hosentasche. Es kommt viel zu viel daneben. Der Blick auf die Straße, der Blick auf den Spiegel, und noch mal, immer wieder, jetzt schnell. Besser. Aber ich schien zu langsam gewesen zu sein, muss die Kontrolle in der Kurve verloren haben, hatte gerade die Leitpranke durchbrochen, sause zwischen zwei Bäumen durch und verliere trotzdem kaum merklich an Geschwindigkeit, während mich ein Elch martialisch anstarrt und meine Fahrt interessiert verfolgt.
Ich vermute Wild gesehen zu haben. Sika - Wild zu hoher Wahrscheinlichkeit. Alles andere würde mich überraschen. Die Augen von Eulen in den Wipfeln, Luchse, Marder und Wildkatzen auf Grasnarbenhöhe. Äste schlagen gegen die Windschutzscheibe, Tannenzapfen poltern aufs Dach, der Matsch spritzt, Baumreihen ziehen vorbei, schlecht für die Federung diese Schlaglöcher.
Ich werde langsamer, Äste knacken. Vorbei am Hochsitz des Försters. Die Reifen schliddern, mein Heck schwankt. Ich versuche zu kuppeln und beobachte eine Radkappe in die Dunkelheit verschwinden. Ich glaube einen Fuchs hinter einem Baum gesehen zu haben. Der starke Beerlauchwuchs fällt mir ins Auge. Die Rückspiegel einstellen hätte jetzt wohl nicht viel Sinn. Anschnallen vielleicht. Oder Musik einschalten. Die Antenne knickt ab, die Bremsen sind machtlos. Erste Risse in der Scheibe. 10 – 15% Gefälle würde ich schätzen. Mein linker Rumpf schlägt gegen einen Baum. Eine Fichte würde ich sagen, aber das ist schwer zu erkennen. Ich passiere einen Baumstumpf zu meiner Rechten nur knapp und erkenne Konturen einer Wildschweinorgie. Die Brunftgeräusche übertönen den Motor. Die Sauen suhlen sich weiter lasziv im Morast während die Eber einen Mitkonkurrenten fürchten.
Wenn ich das Licht einschalte, könnte ich zumindest versuchen auszuweichen.

 
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Ich habe eher das Gefühl, einige wenige haben etwas angefangen, dessen Fehlen mir kg.de immer sympathisch gemacht hat: Das "schreibst du mir eine positive Kritik, schreib ich dir auch eine"-Phänomen. Erkennbar an den fehlenden oder schlicht fantasierten Begründungen für das Lob.

Ach S.H. ...
Lies doch genau und verallgemeinere nicht. Ich kritisiere Aris sehr wohl auch sachlich und vor allem inhaltlich lasse ich mich auf seine Geschichten ein und hier aus wie kein Zweiter. Mir gefallen seine Thematiken und sein Stil. Deswegen lese ich ihn, deswegen kritisiere ich ihn, deswegen bin ich ihm aber auch im Grunde eher positiv gesinnt. Das Aris sich dann auch mal die Sachen seiner Rezensenten anschaut und sie ebenfalls kritisiert ist nur natürlich und soll so sein. Und ist es dann etwa unmöglich, daß Aris auch gefallen an meinem Text oder Golios Geschichten findet? Zieht da wirklich schon bei "kg.de" ein böser, schleimiger Dämon ein? Überdenke was du sagst.

TWP

 

Hallo

Ich finde es interessant wie diese KG Diskussionen nach sich zieht und sehr schade, dass sich S.H. auf keine Debatte mit Jemandem unter 50 Postings einläßt. Das zeugt nicht von Stärke. Diese, hier praktizierte Art zu schreiben findet an germanistischen Universitäten Resonanz. Negative sowie positive. Aber sie wird diskutiert! Wie hier.
Und ich habe allerlei Kritik an all meinen KG´s zu schätzen gewusst und bedacht bzw ich bedenke sie noch.

Gruß

 
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Also ich habe die Geschichte als Teil einer Reihe von Geschichten wahrgenommen, oder zumindest einem Thema zuordbar, unter das auch "Jäger und Sammler" fällt. Aus der Kenntnis dieser Geschichte und ihrer vorangegangenen Diskussion, nahm ich bereits etwas Verständnis mit, für das, was Aris umzusetzen versucht, deshalb sind meine Interpretationen wirklich nicht haarsträubend, sondern fundiert und eine letztendliche, die eigentliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt.

Wenn es eine Regelung gibt, die besagt, daß alle Geschichten alleinstehend verständlich sein müssen, ist "Der Wildschaden" natürlich ein Dorn im Auge. Unter dem Thema des "regressiven Menschen" aber berechtigt.

 

hallo S.H.

Schon viele unvoreingenommene Leser haben diese oder andere Intentionen aus der GEschichte filtern können. Aber ich will euch auch nicht weiter hiermit stressen. Es gibt nun mal eine Leserschaft, die diese Art interessant findet. Dass du das nicht bist, weiß ich ja schon. Mich fasziniert nur diese massive Aufmerksamkeit, die diese KG verursacht hat. Das haben hier nicht viele Geschichten geschafft.

 

hi lukas

Ich rede von einer hitzigen Diskussion im Nachklang. Bei meinen "normalen" KG´s stehen vielleicht 10 Kommentare, und ich bin kein Stück weiter gekommen.

Gruß

 

Hallo Aris,

mit Verlaub, wenn ich in den Diskussionen zu deinen Geschichten lese, was du vorhast und das mit dem vergleiche, was du schreibst, dann fehlt es dir schlicht an Handwerkszeug.
Dazu gehören grammtikalische Regeln, dazu gehört eine Vorstellung von Satzgliederung, von Wortwahl, von Atmosphärenerzeugung und dazu gehört vor allem Nachdenken. Bei so kurzen Geschichten nachdenken über die Aussage jedes einzelnen Satzes.
Von Wildschaden könnte man hier reden, wenn nicht der grüne Golf, sondern der Fahrer, der wie eine Wildsau durchs Unterholz fährt, zu Schaden kommen würde. Dann hätte der Titel eine ironische Komponente.
Verhalten lässt jedenfalls so viel Umweltbewusstsein vermissen, dass die Kenntnis über Flora und Fauna eher merkwürdig anmutet. Aber vielleicht ist es ja das, was die Geschichte für dich seltsam macht.
Seltsam ist auch, dass dein Prot lauter Dinge sieht, die er selbst, wenn er Licht in der Dunkelheit eingeschaltet hätte, nicht sehen kann.
Unlogiken, wie etwa, sich bei einem geklauten Fahrzeug Gedanken darüber zu machen, ob die Versicherung die Schäden anerkennt, runden das Bild schlampiger Arbeit ab.
Nichts gegen Miniaturen, aber um so akurater musst du formulieren. Der gute Wille reicht beim Schreiben nicht, selbst, wenn er von einigen hier anerkannt wird.

So sagt dein Text nichts aus, außer dem unmotivierten Inhalt. Jemand klaut, aus welchen Gründen auch immer, ein Auto mit dem er ein Stück Wald zerstört, warum auch immer. Kein Interpretationsspielraum.

Lieben Gruß, sim

 

hallo sim

Um an meinem Handwerkszeug zu arbeiten, bin ich ja hier! Eure Reaktionen helfen da ja auch. Seltsam war für mich bei dieser KG, dass der Prot in dieser hitzigen Situation die Wahrnehmung für die Tiere und die Umgebung gewinnt, die er so natürlich nie erkennen könnte. Es geht um die Stille in der Hektik, um den kleinen Moment Stillstand vor der Katastrophe. ich arbeite daran, dass so rüberzubringen. Was stört, ist die zeitweilige Unlogik und das wieso und warum. Ich überlege, den Prot Drogen nehmen zu lassen, um die Fragen nach dem Warum überflüssig zu machen.

Gruß
Aris

 

Noch ein paar Anmerkungen zu den Erneuerungen.

breche ihn ab und bestreue ihn mit Koks aus dem Zellophanbeutel in meiner Hosentasche.
Klingt komisch, als ob der Beutel noch in der Hosentasche wäre.

Der Blick auf die Straße, der Blick auf den Spiegel
Ein unbestimmter Artikel würde mir besser gefallen und statt "auf" vielleicht "in"?

Das hab ich gebraucht.
Da muss ich grinsen. Vielleicht wäre ein Einwortsatz wie "Besser." besser.

durchbrach jetzt die Leitpranke
Die Gegenwart, "durchbreche", ist hier wieder angebrachter. Wieso eigentlich nicht den ganzen Text im Präsens?

 

hallo TWP

Danke für die Hinweise.
Es sollte so sein, dass der Beutel noch in der Tasche ist. Klingt aber komisch und die Stelle hakt im Lesefluss.
Aber er blickt ja auch auf den Spiegel und nicht in ihn! Um sein Spiegelbild geht es ihm ja nicht.
Warum musstest du grinsen? Aber du könntest recht haben.
Und in dem Fall ist Präsens angesagt. Danke. Ich wollte Bewegung reinbringen, und den Moment, den er verpasst, in welchem das Auto aus der Spur gerät, in der Vergangenheit erzählen. Denn aus seiner Sicht ist zu dieser Zeit der Präsens nicht präsent (hoho)

Gruß
Aris

 

Hi Aris,
so sehen also deine Anfänge aus. ;) Jetzt verstehe ich auch, wieso du einem KG-Neuling angeraten hast, unter Seltsam zu posten. In meiner Auffassung erwarte ich nämlich etwas Un-/Übernatürliches in dieser Rubrik.

Also, dein Spiel mit Sprache deutet sich hier ja schon an; deine Inhalte heutzutage sind allerdings wesentlich besser. Tolle Entwicklung!

Gruß, Elisha

 

Hallo Elisha

Ja, so sehen meine Anfänge aus. Ich schäme mich ja schon fast. Eigendlich wollte ich diese und die anderen Anfangsgeschichten löschen lassen. Aber so kann man meine Entwicklung sehen.

Ich habs grad auch noch mal gelesen. Grausam. Einfach grausam.

Ich rate KG Neulingen an, in Seltsam zu posten, weil man gerade am Anfang Geschichten hat, die noch keine wirkliche Richtung erkennen lassen.
Sollte so eine Geschichte vorliegen, rate ich es an. Außerdem wird hier noch nicht so hard mit den Geschichten umgegangen, finde ich.

besten Gruß

 

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