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Der Zoobesuch

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23.10.2004
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Der Zoobesuch

Der Zoobesuch

Ein Mensch wusste nicht recht, was er mit der ihm gegebenen Zeit anfangen sollte. Einzig die Idee eines Zoobesuches kam ihm in den Sinn.
Zu seinem großen Erstaunen waren dort einige Tiere in der Lage, sich mit ihm zu verständigen.
„Du, Mensch !“, sprach ein Löwe, „Glaubt ihr etwa, wertvoller als wir Tiere zu sein ? Und mehr Recht auf Freiheit zu besitzen ? Oder warum sonst sperrt ihr uns hier ein ?“
Nach langem, überlegtem Zögern antwortete der Mensch überheblich : „Wir sind schließlich viel stärker als ihr.“
„Stimmt gar nicht.“, widersprach ihm eine Ameise, die gerade den Löwen besuchte, „Ich ziehe mit meinen Zähnen schwere Lasten, oft sind sie sogar um ein Zigfaches schwerer als mein eigenes Körpergewicht. Um meine Kraft zu erreichen, müsstet ihr schon einen Güterzug mit euren Zähnen bewegen können.“
„Wie sprichst du denn mit mir !“, schrie der Mensch das Bodentier an, „Du lächerliche Ameise, kriechst da auf dem Boden herum. Wir Menschen bereisen den ganzen Erdball und den Himmel noch dazu.“
„Das konnte ich schon als kleines Kind.“, zwitscherte eine Amsel, die zufällig vorbei flog.
„So ? Dann sieh dir doch gleich unsere prächtigen Bauwerke an !“ , konnte der Mensch dem eilig davonfliegenden Vogel gerade noch hinterher rufen.
Da mischte sich eine Biene in diesen Disput ein: „Eure Bauwerke ? Pah ! Schau dir einmal unsere Stöcke an: Das sind großartige Bauwerke. Wohlgeformt, farblich modern , und sie erfüllen ihren Zweck.“
„Die Baukunst ist aber nicht die einzige Kunstform, die wir beherrschen.“, sagte der Mensch, „Wir haben zum Beispiel auch die Kunstmalerei.“
„Die Kunst ?“ , fragte ein Affe spöttisch, „Ja, früher war eure Kunst mal wunderbar. Aber sieh ! Ich kann genauso gut malen wie ihr heute. Und ich werde dafür auch noch bezahlt.“
Der Affe zeigte dem Menschen sein neuestes Werk. „Siehst du, genau wie ihr. Ich nenne es Chaos.“
„Trotzdem sind wir Menschen natürlich viel intelligenter als ihr.“ ,entgegnete der Mensch.
„Tatsächlich ?“, fragte ein Elefant, „Kein Mensch kann sich mit meinem Gedächtnis messen. Und außerdem: Eure Intelligenz wird doch ständig von chemischen Reaktionen außer Kraft gesetzt, wie nennt ihr das noch ?
Liebe, glaube ich.“
Der Mensch stand fassungslos da. Er konnte nichts mehr antworten. Resignierend setzte er sich in einen bereits bereitgestellten Käfig.
Auf einem Erklärungsschild für die Zoobesucher stand : „Mensch. Lat. :Homo sapiens sapiens. Säugetier. Überwiegend Fleischfresser. Lebt in Rudeln, die er Familien nennt.“

 

Erinnert mich ein wenig an den SF-Streifen "Planet der Affen" aus den späten 60er Jahren. In diesem waren ja auch die Verhältnisse zwischen Tier und Mensch auf den Kopf gestellt - Menschen wurden in Käfige gesperrt und als eine Art Haustier angesehen. Währenddessen teilte sich die Zivilisation in Gorillas, Orang-Utahs und Schimpansen ein, die nicht nur Englisch sprachen, sondern auch so einiges an Kultur, Infrastruktur, Bauwerke usf. auf die Beine stellten.

Damals passte das haargenau in die gegen ihre Eltern aufbegehrende 68'er-Generation und lieferte ein Art Spiegelbild dieses sehr weitreichenden Umbruchs. Heute wirkt eine kurze Erzählung wie diese hier dagegen doch sehr gegenstandslos und verloren auf mich. Es fehlt mir gerade das, wogegen diese zu revoltieren vorgibt, nämlich die vermeintliche Arroganz des Menschen gegenüber den Tieren.

Im Gegenteil ist es sogar gar nicht so selten anzutreffen, dass das Wohl von Tieren über das der Menschen gestellt wird. Ein Zoo besitzt außerdem u.a. auch eine Schutzfunktion für die Tiere.

 

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