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Der zu klein gewordene Pulli
Nichts ist für die Ewigkeit, dachte sie beim Anblick ihres Lieblingspullovers, in den sie sich immer wieder versucht hatte hineinzuzwängen – sich auch nicht des Anblicks gestört hatte, wenn dieser schon nicht einmal mehr ihren Bauchnabel verdeckte.
Der Winter war vorbei und die ersten Sonnenstrahlen zwängten sich durch die Wolken, der Wetterbericht verriet nur gutes, sodass sie mal wieder ihren Pulli rausholte und den Kampf mit dem Anziehen auf sich nahm. Nur heute morgen, heute morgen, war irgendwie alles anders. Sie starrte in ihren großen auf dem Flohmarkt als Schnäppchen ergatterten Spiegel und konnte nicht glauben was sie da sah.
Sie hörte sich innerlich fluchen, fragte sich ob der Spiegel kaputt sei. Sie war fest davon überzeugt sich bald möglichst einen neuen zu kaufen und dieses Ding über den Jordan zu schicken. „So eine Unverschämtheit“, sagte sie. „Und für dich habe ich Geld ausgegeben“, schnaubte sie ihn an.
„Glaubst du mir jetzt, dass der Pulli zu klein ist?“, hörte sie eine Stimme, dessen Spiegelbild sich hinter ihr auftat.
Es war ein Fehler von ihm, so etwas zu äußern, ein noch größerer sie auf ihre Antwort der Spiegel sei kaputt auszulachen. Es dauerte nur fünf Minuten und da war sie auch schon wieder alleine. Man könnte meinen sie hätte das schon hunderte Male geprobt, so schnell waren seine Koffer gepackt und er vor die Tür gesetzt.
Innerlich wusste sie natürlich, dass die leckeren Haferflockenplätzchen von ihrer Oma ihres dazu beigetragen hatten, dass der Pulli nur noch bis unter ihren Busen reichte und sich darunter ein großer Bauch auftat. Aber eingestehen wollte sie sich das nicht.
Sie bemerkte, dass vieles in letzter Zeit eine Wendung in ihrem Leben nahm und sie wusste eigentlich gar nicht, warum sie sich diesen immer und immer wieder aussetzte.
Denn schmerzlich waren sie alle und auch die Sprüche von Lars ließen sie nicht kalt.
Es konnte ja auch schließlich keiner verstehen, warum sie der alten Dame aus der Nachbarschaft nachtrauerte, die vergangene Woche verstorben war. Aber ihr kam es so vor, als hätte diese immer ein freundliches Wort für sie übrig gehabt. Vielleicht auch einfach nur ihre nette Art zu grüßen, die in ihr ein wohliges warmes, heimisches Gefühl auslöste und ihre längst verstorbene Großmutter ein Stück bei ihr sein ließ.
Lars sagte auf ihr Ableben hin, wieder eine alte weniger, gut für die Rentenkasse. Na toll, was sagt man dazu. Warum tat sie sich das nur an?
Sie wurde nicht wirklich verstanden und eigentlich sprach sie mehr mit sich selbst als mit anderen.
Sie dachte daran in ihrem Leben grundlegend etwas zu verändern. Und mit dem Rausschmiss Lars, hatte sie ja schon mal einen guten Anfang gemacht.
Vielleicht wird sie auch ihre Zelte hier abbrechen. Weihnachten gibt es überall, somit muss sie auf ihre Weihnachtsplätzchen auch nicht verzichten.
Und sind wir doch mal ehrlich, Ein Pulli ist ein Pulli, sie ist wie sie ist und das vielleicht nicht für immer, denn wie sie schon sagte, nichts ist für die Ewigkeit.