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Der Zug der Tränen
Ich sah dich - Synapsen wurden verlinkt, kleine biochemische Teilchen verbanden sich. Gerüche und Eindrücke wurden mit deinem Namen versehen und in kleinen Gläschen in eine endlose Regalreihe aufgenommen.
Mein Ich verstand nicht und baute drauf los.
Mit jedem Blick, in jeder verdammten göttlichen Sekunde wuchs der Anteil- Beton auf Stein- Fundament, Mauern und irgendwann, wie aus dem Nichts, befand ich mich in einem Gebäude, gebaut aus kleinen biochemischen Teilchen.
Es fühlte sich gut an, fast schon wie an einem Ort, an dem man längere Zeit bleiben will, aber schon bald blätterte die Farbe ab und ich erkannte, dass der Zement mit fremdem Blut angerührt war. Ich hatte hier also nichts zu suchen, kleine Gläschen vielen von ihrem Platz und zersprangen in tausend Scherben.
So nahm ich meine Wut und verschmolz sie mit Metall und Scherben zu einer Maschine.
Ein Ungeheuer aus Stahl, riesig und stark.
Einen letzten Blick zurück werfend legte ich den ersten Scheit ins Feuer des Herzens der Maschine und jagte der Dunkelheit entgegen.
Steig ein, verlier dich auf dem Zug der Tränen.
Mit jedem Schritt, den ich tat, warf ich einen Scheit ins Feuer und meine Furcht und Verzweiflung verschwanden in der Glut. Mit jedem Scheit, den ich warf, brachte ich mehr Strecke zwischen mich und den Ort deiner Erinnerung.
Mit jedem Wort, das ich sprach, und mit jeder Bewegung floh ich ein Stück aus dem Licht der Bahnstation.
Doch mit jedem Schritt, der mich von dir entfernte, weinte ich eine Träne der Trauer.
Ich kenne keine Endstation, weiß nicht wo ich halte, irgendwann werden Frust und Verzweiflung und Hass aufgebraucht sein und ich blind- meine Augen ausgetrocknet und zu Staub zerfallen.
Mein Gehör wird taub sein, abgestumpft durch die kühle Nachtluft des Fahrtwindes.
Steig ein, spring auf, auf den Zug der Tränen.
Geschmiedet aus Trauer und Wut, getrieben durch Verzweiflung vor Unwissen trägt er dich fort, hinaus ins Unbekannte.