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Die Alberthöhe

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14.09.2017
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Die Alberthöhe

Die Alberthöhe
Februar 1983

Als Heinz den Teich in den ersten Strahlen der Frühlingssonne glitzern sah, wusste er, dass es Zeit war, die Erlebnisse der Jugendtage niederzuschreiben. Gleich heute Abend würde er beginnen. Nur dafür hatte er im Gasthof seiner ehemaligen Heimat ein Zimmer gebucht.
Heinz war ein genauer Mensch. Er hatte kein Detail vergessen. Er musste die Bilder nur abrufen. Schleppenden Schritts ging er nun durch das kleine Wäldchen neben dem Gasthof hin zum Teich. Mit gesenktem Blick sah er auf das Gewässer. Er fand es immer wieder erstaunlich, dass sich die Natur nicht wandelte, während die Menschen zahlreiche Irrwege beschritten. Die einen lernten daraus und die anderen begingen die gleichen Fehler wieder und wieder, wie Getriebene des Schicksals im Rad der Zeit.
Das Wasser im Teich veränderte nun seine Farbe. In das durchsichtige Glitzern mischten sich Farbtöne: Braun, grau, gelb und weiß. Die Farben vereinten sich zu einem Bild: der alte Gasthof. Jeden Tag hatte damals reges Treiben geherrscht. Die Händler fuhren mit ihren Pferdefuhrwerken vor, um Möhren, Kartoffeln und Kohlköpfe an das Gasthaus zu verkaufen. Der kleine Heinz liebte die Händler, denn sie brachten ihm stets etwas mit: Zinnfiguren, geschnitzte Tiere und Murmeln. Sogar einen richtigen Lederball hatte er geschenkt bekommen. Wenn die Besucher des Gasthauses ihre Kinder mitbrachten, kam oft eine kleine Fußballmannschaft zusammen, die emsig gegen den ledernen Ball trat. Vier Wäschestangen dienten als Tore. Am liebsten aber spielte Heinz mit Peter. Peters Eltern besaßen einen kleinen Bauernhof ganz in der Nähe des Gasthauses. Sie hielten einen ganzen Stall von Hühnern. Außerdem hatten sie zwei Kühe und zwanzig Schweine. Heinz half oft im Stall aus. Dafür bekam er von Heinz Eltern selbst gebackenen Kartoffelkuchen.
Heinz blickte auf. Das Grün der Bäume hatte eine beruhigende Wirkung auf ihn. Der Teich verlor nun seine Farben. Heinz dachte an die große Entfernung, die ihn heute von seiner Heimat trennte. Hatte er die Heimat je vermisst? Nein, sein Leben hat ihm keine Zeit zum vermissen gelassen. Heinz war immer ein Mensch der Tat gewesen. Zum sinnieren, bedauern und bereuen hatte er keine Zeit. Er fühlte sich, als wäre er mit dem Schnellzug durch sein Leben gerast. Bis jetzt, als er die Notbremse zog.
Heinz blickte wieder in den Teich, indem sich nun kleine Farbpunkte zu Peters Gesicht zusammenfügten. Er erkannte die sanften blauen Augen des Jungen, dem einige sandfarbene Haarsträhnen ins Gesicht fielen. Nun vernahm er Peters Worte:
„Hier ist es langweilig. Zu zweit Fußball spielen macht keinen richtigen Spaß.“
Es war ein Tag, an dem nur wenige Gäste das Wirtshaus aufsuchten. So hatten die beiden Jungen keine Mitspieler gefunden.
„Dann lass und am Teich spielen.“
„Oh ja, dann mal los.“
Die beiden Jungen rannten den Waldweg hinunter zum Teich. Sie spielten ihr Lieblingsspiel: Die Mississippi- Expedition. Dafür hatten sie sich ein kleines Floß aus zwei Zinkbadewannen gebaut, dass sie mit Wäschestangen über den Teich bewegten. Fast immer waren sie dabei auf der Flucht vor einem imaginären Feind. Sie mussten immer schneller werden, um ans andere Ufer zu gelangen, denn sie wollten schließlich die ersten sein, die den Fluss überquert hatten und neues Land entdeckten.
Als sie dem Ufer immer näher kamen rief Peter:
„Schau mal, da liegt ein glänzender Gegenstand. Was ist das?“
„Das finden wir raus. Volle Kraft voraus!“
Am Ufer angekommen sprangen sie vom Floß. Heinz hielt den Gegenstand zuerst in den Händen, eine winzige Schatztruhe mit einem verschnörkelten Metallriegel. Schnell hatten sie die Truhe mit einem spitzen Stein aufgehebelt.
Peter fand ein Bündel Papier: „Briefe, das sind Briefe.“
Heinz zog ein Foto aus der Truhe. Es zeigte das Portrait eines blondgelockten Mädchens. Auf der Rückseite des Bildes stand das Datum: 14. Februar 1941.
„Liebesbriefe, sprach Heinz. Das sind Liebesbriefe.“
„Och wie langweilig“, meinte Peter. „Ich dachte wir finden einen Schatz.“
Da hatte Heinz schon einen der Briefe herausgezogen und begann zu lesen:
Liebe Annelie,
nun ist es schon drei Jahre her, als wir uns zum letzen Mal sahen. Mir scheint, als wäre seither eine Ewigkeit vergangen. Hier gleicht jeder Tag dem anderen. Alles ist durchdrungen von einem einzigen Kampf. Jeder möchte einfach nur lebend hier herauskommen. Dabei weiß ich noch nicht einmal an welchem Ort ich bin. Zusammengepfercht in einem Zug war ich Wochen unterwegs. Durch das Fenster durfte ich nicht blicken, denn die Soldaten zwangen uns auf dem Boden zu hocken. Als ich den Zug mit schmerzenden Gliedern verließ, wurde ich fast ohnmächtig vom eisigen Wind. Überall Schnee, wohin das Auge auch blickte: Schnee und Eis. Ganz in der Ferne erhob sich ein Bergmassiv. In dem Moment wusste ich, dass mein Überleben von nun an von meinem Willen abhängt. Hier konnte mir niemand helfen.
In Liebe Horst

„14. Februar 1941. Das ist auch schon fast ein Jahr her“, sagte Peter.
„Die Briefe habe ein Jahr hier gelegen. Komisch, dass wir sie nicht schon eher fanden.“
„Doch was machen wir jetzt?“, wollte Heinz von Peter wissen.
„Die Geschichte klingt spannend. Vielleicht sollten wird das Mädchen suchen? Wir haben das Bild und den Namen. Das hilft uns weiter.“
Gesagt getan. Sogleich machten sich die Jungen mit der Truhe, dem Bild und den Briefen auf den Weg. Sie rannten durch das Wäldchen zum Gasthof. Zuerst fragte Heinz seine Eltern, die gerade das Essen für eine Handvoll Gäste zubereiteten. Die Mutter wischte sich die Hände an der Leinenschürze ab und betrachtete die Fotografie. Dann runzelte sie die Stirn und schüttelte den Kopf:
„Nein, das Gesicht kenne ich nicht… Fritz, schau mal, kennst du das Mädchen?“, fragte sie nun ihren Gatten. Auch Heinz Vater schüttelte den Kopf. Doch er hatte eine Idee:
„Fragt doch mal euren Lehrer, Herr Kaiser. Der weiß sicher, wer das Mädchen ist. Er unterrichtet seit 20 Jahren alle Generationen.“
Schnell rannten die Jungen wieder aus dem Gasthof. Da Sonntag war würden sie den Lehrer daheim antreffen. Das Häuschen stand im Tal, direkt an der Dorfstraße. Kurz nach dem läuten erschien der Lehrer an der Tür. Als er die Jungen sah, schmunzelte er:
„Ihr habt wohl Sehnsucht nach der Schule?“
Heinz antwortete nicht auf die ironische Frage, sondern hielt dem Lehrer direkt Foto vor die Nase:
„Kennen Sie das Mädchen? Sie heißt Annelie?“
Herr Kaiser musterte das Bild kurz. Dann nickte er erstaunt.
„Ja, das ist Annelie aus Hohndorf. Ich habe dort oft unterrichtet, weil viele Lehrer der Schule in den Krieg zogen. Vor einem Jahr hat sie die Schule plötzlich verlassen und ist mit den Eltern weggezogen. Wohin weiß ich nicht. Ich fand das plötzliche Verschwinden schade. Annelie war eine gute Schülerin. Sie hätte die Hochschule besuchen können.“
Damit verlor sich die Spur. Die Jungen waren bei ihrer Suche nicht weiter gekommen. Heinz nahm die Truhe mit den Briefen und den Fotos heim. Irgendwann hatte er den Fund vergessen.
Sommer 1946
Er hatte den Fund vergessen, bis er sie eines Tages im Gasthof sitzen sah. Blonde Haare, sanfte blaue Augen: Er erkannte sie sofort: Annelie. Er hatte die Briefe aufbewahrt, im Schrank seines Zimmers. Im Laufe der Jahre hat er sie wieder und wieder gelesen. Er wusste gleichzeitig, dass kaum Hoffnung bestand, dass Horst zurückkehrte. Alles deutete darauf hin, dass er in eine Gefangenschaft geraten war, die er nicht überleben würde. Annelie war nicht allein in den einzigen Gasthof des Dorfes gekommen. Neben ihr saß ein junger Herr.
„Was darf ich ihnen bringen“, fragte Heinz, der seit seinem Schulabschluss im Gasthof seiner Eltern arbeitete.
„Einen Pfefferminztee“, sagte Annelie und blickte aus scheuen Augen. Ihr Begleiter bestellte ein Bier.
Als Heinz die Getränke brachte fragte er: „Wo kommen die Herrschaften her? Hatten Sie eine weite Reise?“
„Oh, danke der Nachfrage, wir kommen aus Chemnitz. Wir trafen uns im Zug. Die junge Dame möchte ihre Großeltern besuchen und ich suche meinen alten Schulfreund. Ich bin Georg“ Darauf hin reichte er Heinz die Hand. Heinz schlug ein und ergriff die Gelegenheit sich zu den Beiden zu setzen.
Was Heinz nicht sehen konnte war, dass Annelie bereits zwei Stunden bevor sie den Gasthof betrat am Teich war. Vergebens hatte sie nach den Briefen gesucht, welche sie vor 5 Jahren hastig versteckt hatte. Dabei hatte sie sich die Stelle doch genau eingeprägt! Doch es half nichts. Sie blieben verschwunden. Sie hatte gehofft auf den Briefen eine Adresse über den Verbleib ihrer Jugendliebe zu finden. Doch alles war leer, als sie sich durch verrottetes Laub, Erde und Wurzeln grub. Noch jetzt waren die Spuren der Erde unter ihren Fingernägeln zu erkennen.
Die drei jungen Leute unterhielten sich. Heinz erfuhr, dass der Vater von Annelie 1940 die Einberufung für Hitlers Armee erhielt. Für Annelie und ihre Mutter ging damit der Versorger der Familie verloren. Der Vater hatte auf einem benachbarten Hof die Schweineställe ausgemistet, sowie den Hof versorgt. Das kleine Stück Land der Großeltern konnte keine vier Menschen ernähren. Und so blieb Annelies Mutter keine andere Wahl, als mit ihrer Tochter in die Stadt zu gehen. Viele Textilfabriken waren auf Rüstungsindustrie umgestellt worden. Weil alle Männer im Krieg waren, wurden dringend Mitarbeiter gesucht. Annelie besuchte fortan in Chemnitz die Schule und machte dort Volksschulabschluss. Danach arbeitete sie auch in der Rüstungsfabrik. Annelie und ihre Mutter wohnten im Norden der Stadt. Dass sie nicht ausgebombt wurden war einfach Glück. Dennoch stieg die Armut nach dem Ende des Krieges. Wochen- und Monatelang zogen die Menschen durch die Städte, um in den Trümmern nach Nützlichem zu suchen. Glücklich schätzte sich der, der Konserven mit Lebensmitteln fand. Diese wurden dann teilweise gegen andere Dinge, wie Stühle, Bettdecken, Kissen oder Geschirr getauscht. Es fehlte einfach an Allem.
Annelie erzählte, dass sie für immer nach Hohndorf zurückkehren wollte, um hier als Lehrerin zu arbeiten. Ihre ehemalige Schule suchte dringend Personal, jetzt wo alles wieder in eine Ordnung überging.
In diesem Augenblick traf Heinz eine Entscheidung. Er würde Annelie nichts von seinem Fund erzählen. Er wollte ihre Erinnerungen nicht wach halten, denn er hatte einen Plan: Er wollte Annelie heiraten.
Nach einigen Wochen zog Annelie wieder in das Dorf zu ihren Großeltern, um in der Schule zu arbeiten. Annelies Mutter blieb in der Stadt, denn ihr Mann war nicht aus dem Krieg zurück gekehrt.
Fortan bemühte sich Heinz um Annelie, sehr zum Leidwesen ihres Begleiters Georg, der auch ein Auge auf die junge Frau geworfen hatte, seit er sie zum ersten Mal im Zug gesehen hatte. Annelie entschied sich schließlich für Heinz.
Die beiden heirateten 1948 und gingen in den Westteil Deutschlands. Heinz arbeitete in der Kantine eines aufstrebenden Industriebetriebes, während Annelie als Grundschullehrerin tätig war. Bald kamen zwei Kinder: Silvia und Frank.
Die Jahre vergingen ohne besondere Vorfälle. Doch eines Nachts, als Heinz von der Arbeit in der Kantine heimkehrte fand er Annelie tränenüberströmt auf dem Sofa sitzen. Er erstarrte vor Schreck, als er die Briefe in ihrem Schoß liegen sah. Plötzlich stürzten 20 Jahre über ihm zusammen. 20 Jahre in denen er die Briefe versteckt gehalten hatte. Annelie hatte die Briefe gefunden, als sie auf dem Dachboden nach ihrem Bauernhof aus der Kindheit gesucht hatte, um ihn Silvia und Frank zu schenken. Bei dieser Gelegenheit hatte sie nachgesehen, was sich im Laufe der Jahre für Gerümpel angesammelt hatte. Da stieß sie auf die kleine Schatztruhe, ihre Schatztruhe mit den Briefen ihrer Jugendliebe. Sie fühlte sich verraten von dem Mann mit dem sie seit 20 Jahren verheiratet war.
Mit Schrecken erinnerte sich Heinz, der immer noch in den Teich an der Alberthöhe starrte an den Dialog:
„Warum hast du das getan?“
„Wwwwas???“ hatte er gestottert.
„Die Briefe, die Briefe von Horst, meiner Jugendliebe, die Briefe, die ich nie mehr wiederfand.“
„Aber Annelie, ein Schulfreund und ich fanden die Briefe im Gebüsch, direkt neben dem Teich bei der Alberthöhe…Ich konnte doch nicht wissen….“
„Du konntest nicht wissen? Ich habe sie dort versteckt… vergraben.“
„Vergraben? Aber sie lagen einfach da, in der Truhe.“
„Vielleicht sind die Briefe von einem Tier ausgegraben worden. Doch das ändert auch nichts daran, dass du mir die Briefe unterschlagen hast.“
„Annelie, ich habe das doch nicht böse gemeint…“
Aber Annelie hörte gar nicht mehr zu, sondern sprach wie zu sich selbst:
„Jahrelang habe ich mich gefragt, was aus Horst geworden ist. Nie werde ich seinen letzen Brief vom 14. Februar 1941 vergessen, der mich Wochen später erreichte. Es war klar, dass Horst in Gefangenschaft geraten war, irgendwohin, wo es nur Schnee, Kälte und eisigen Wind gab. Tief im Inneren wusste ich, dass es vorbei war. Es war vorbei mit uns und unserer gemeinsamen Zukunft, von der wir so oft geträumt hatten. Und doch hoffte ich insgeheim, dass er überlebt hatte.“
„Aber warum hast du die Briefe dann versteckt?“
„Ich versteckte sie, als Mutter und ich das Dorf verließen. Ich hatte die Hoffnung, dass ich die Vergangenheit mit den Briefen vergessen würde. Deshalb vergrub ich die Briefe wie in einem Ritual. Doch es ist mir nicht gelungen. Als ich nach dem Krieg in den Ort zurückkehrte habe ich nach den Briefen gesucht in der Hoffnung irgendwo eine Adresse über Horsts Verbleib zu finden. Doch der Platz wo ich die Briefe vermutete war leer. Nun würde ich nie erfahren, was aus Horst geworden ist.“
Annelie stöhnte: „Aber dass ausgerechnet du die Briefe vor mir versteckt hast, hätte ich nie gedacht.“
Wortlos zog sich Annelie ihren Mantel über.
Heinz hörte die Wohnungstür zuknallen.
Als Annelie Stunden später zurückkam, war sie verändert. Irgendetwas ihr war gestorben. Sie verlor nie wieder ein Wort über die Briefe. Doch von dem Zeitpunkt an war er da: der Riss, der sich unmerklich durch die Beziehung fraß. Annelie war nicht mehr die Frau, die er einst geheiratet hatte.
Im nächsten Sommer fuhr sie zurück ins Heimatdorf zur Alberhöhe. Sie blieb dort mehrere Wochen mit den Kindern bei den Großeltern.
Nach der Scheidung verlangte sie erst zehn Jahre später, als die Kinder längst ihre eigenen Wege gingen. Annelie kehrte in ihre Heimat zurück, in das kleine Dorf bei der Alberhöhe.
Bei ihrem Besuch im Heimatdorf hatte sie folgenden Brief erhalten. Ein Freund von Horst hatte den Brief den Großeltern übergeben:
Liebe Annelie,
die ist mein letzer Brief an dich. Hier in der Kriegsgefangenschaft werde ich jeden Tag schwächer. Wie zahlreiche meiner Kameraden bin ich an Typhus erkrankt. In den Schützengräben verlor ich meine Abwehrkräfte. Ich denke oft an unseren Sommer. Nicht mal ein Jahr ist es her, doch mir erscheint es als Ewigkeit. Unsere Unbeschwertheit, unsere Träume, unsere Hoffnungen, unsere Liebe, alles verbrannt im Schlachtfeld machthungriger Staaten. Zu spät erkannte ich, dass wir nur Marionetten waren, Marionetten in einem Krieg der nur Verlierer hervorbringen wird. Wir gaben unser Leben für Eitelkeit, Besitzstreben, Ignoranz, Größenwahn und Zerstörungswut. Annelie, du bist meine letzte Erinnerung an die Liebe, die Liebe die hier so fern ist und doch aus der schwarzen Asche wieder neu erblühen wird.
Dein Horst

Horst verstarb nur einen Tag, nachdem er den Brief schrieb.
Heinz erhob sich nun schwer. Der Teich bei der Alberthöhe hatte aufgehört zu glitzern. Die Dämmerung setze ein. Er konnte sich es noch immer nicht erklären, warum alles so enden musste. Er hatte die Briefe doch nur versteckt, weil er Annelie nicht verlieren wollte. Er hatte sie mindestens so geliebt wie Horst. Doch offensichtlich galt das nur für ihn. Annelie hatte Horst nie loslassen können. Er war für immer in ihrem Herzen, über den Tod hinaus. War denn sein ganzes Leben auf einer Lüge erbaut? Morgen würde er sie wieder treffen, Annelie. Die Trennung war nun 10 Jahre her. Würde es eine Versöhnung geben? Einen Neuanfang? Heinz wünschte es sich, als er den kleinen Pfad zum Gasthof hinauf schritt.

 

Hallo @yvonne,


ich steig direkt ein :):

Wenn du dir nach dem Hochladen(deiner 2. Geschichte) das Textbild anschaust, fällt dir auf, dass der Titel doppelt erscheint. Bitte klicke unter deiner Geschichte auf „bearbeiten“ und lösche den Titel aus dem Textfeld.

Februar 1983
Das Fett-Markieren bräuchte es mMn nicht, weil es durch einen neuen Zeilenbeginn vom weiteren Text getrennt ist. Generell würden Absätze deiner Geschichte guttun.


Schleppenden Schritts ging er nun durch das kleine Wäldchen neben dem Gasthof hin zum Teich.
Das Wasser im Teich veränderte nun seine Farbe.
Dieses „nun“ schwächt die Aussagen, zieht sie irgendwie ins Lächerliche. Lese es einmal für dich ohne „nur“ und schau, ob es für dich stärker, klarer wirkt.


Er fand es immer wieder erstaunlich, dass sich die Natur nicht wandelte, während die Menschen zahlreiche Irrwege beschritten.
An sich eine nett konstruierte Aussage. Ich würde vllt das „nicht“ gegen ein „kaum“ austauschen. „Kaum“ ist zu „zahlreich“ noch weit genug entfernt. Die Natur ändert sich schon stetig: Bäume wachsen, Moos und Gestrüpp bedecken umgefallene Stämme, Schilf wuchert den Teich zu, etc. .


Peters Eltern besaßen einen kleinen Bauernhof ganz in der Nähe des Gasthauses. Sie hielten einen ganzen Stall von Hühnern. Außerdem hatten sie zwei Kühe und zwanzig Schweine. Heinz half oft im Stall aus. Dafür bekam er von Heinz Eltern selbst gebackenen Kartoffelkuchen.
Es würde für mich mehr Sinn machen, bekäme Heinz den Kuchen von Peters Eltern.


Nein, sein Leben hat ihm keine Zeit zum vermissen gelassen. Heinz war immer ein Mensch der Tat gewesen. Zum sinnieren, bedauern
Zum Vermissen…, Zum Sinnieren…, weil hier die Verben substantiviert sind.


„Dann lass und[/s] am Teich spielen.“
„Oh ja, dann mal los.“
Die beiden Jungen rannten den Waldweg hinunter zum Teich.
Der Dialog wirkt auf mich nicht authentisch. Vllt ersetzt du den zweiten Satz mit etwas weniger braven, Lehrerlieblingmäßigen: „Wer zuerst da ist!“ / „Der Letzte ist ein faules Ei!“, bevor sie losrennen.


Die Mississippi- Expedition.
Leerzeichen zu viel.


„Och wie langweilig“, meinte Peter.
Hier auch dieses „och“. Das klingt wie „Och, wie entzückend“, sprach die Frau Mama. Ich übertreibe es. Nimmst mir nicht krumm ;) Ganz weg oder vllt „Bäh/Pah, wie langweilig“, meinte Peter.?


Doch was machen wir jetzt?“, wollte Heinz von Peter wissen.
Die Geschichte klingt spannend. Vielleicht sollten wird das Mädchen suchen? Wir haben das Bild und den Namen. Das hilft uns weiter.“

Fett gedrucktes könnte für mich weg.

Warte, ich erweitere um anschließendem:

Gesagt getan.

„Nein, das Gesicht kenne ich nicht…
Leerzeichen vor den Auslassungszeichen, wenn nicht das Wort selbst abgeschnitten ist. Auch weiter unten im Text.


„Oh, danke der Nachfrage, wir kommen aus Chemnitz. Wir trafen uns im Zug. Die junge Dame möchte ihre Großeltern besuchen und ich suche meinen alten Schulfreund.

Was Heinz nicht sehen konnte war, dass Annelie bereits zwei Stunden bevor sie den Gasthof betrat am Teich war.
Annelie war mit Georg im Zug, verschwand mal eben zwei Stunden, um am Teich zu suchen und sitzt jetzt wieder mit der Zugbekanntschaft im Gasthof? Warum geht sie nicht zu ihren Großeltern?


Annelie besuchte fortan in Chemnitz die Schule und machte dort [den] Volksschulabschluss.

Nach einigen Wochen zog Annelie wieder in das Dorf zu ihren Großeltern, um in der Schule zu arbeiten. Annelies Mutter blieb in der Stadt, denn ihr Mann war nicht aus dem Krieg zurück gekehrt[zusammen].
Fortan bemühte sich Heinz um Annelie, sehr zum Leidwesen ihres Begleiters Georg, der auch ein Auge auf die junge Frau geworfen hatte, seit er sie zum ersten Mal im Zug gesehen hatte. Annelie entschied sich schließlich für Heinz.
Die beiden heirateten 1948 und gingen in den Westteil Deutschlands. Heinz arbeitete in der Kantine eines aufstrebenden Industriebetriebes, während Annelie als Grundschullehrerin tätig war. Bald kamen zwei Kinder: Silvia und Frank.
Puh, der Abschnitt ist straff mit Lebenslaufinfos zugepumpt, vom Stil ganz anders, als der übrige Text. Z.B. die Namen der Kinder. Die tauchen nicht noch mal auf.

Im nächsten Sommer fuhr sie zurück ins Heimatdorf zur Alber[t]höhe.

Annelie kehrte in ihre Heimat zurück, in das kleine Dorf bei der Alber[t]höhe.

Irgendetwas [in] ihr war gestorben.

Horst verstarb nur einen Tag, nachdem er den Brief schrieb.
Wer sagt/denkt/weiß das? Den Perspektivwechsel zur allwissenden Autorebene finde ich unschön. Muss das so eindeutig erwähnt werden. Der theatralische Briefinhalt ist mir zu dick aufgetragen.

Heinz erhob sich nun schwer.
You know.


Bevor ich mir jetzt einen Tee kochen gehe, bekommste noch schnell das hier:

nun ist es schon drei Jahre her, als wir uns zum letz[t]en Mal sahen.

Nie werde ich seinen letz[t]en Brief vom 14. Februar 1941 vergessen

die ist mein letz[t]er Brief an dich.

Und damals wurde „Dich“ in der Anrede noch verpflichtend groß geschrieben.

Die Geschichte war nicht so meinst. Dafür passierte schlussendlich zu wenig, während über anderes zu ausschweifend geschluchzt wurde – damit meine ich selbstverständlich nicht generell den Krieg und dessen Folgen für die Menschen. Ich konnte zum Beispiel nicht sehen, was so toll an Annelie ist, dass sich alle Männer in sie verlieben. Und ich fände es schön, wenn Peter nicht auch noch spurlos verschwindet. Er hat doch den Großeltern den letzten Brief gegeben, oder? Vllt. redet er Heinz schon vorher ins Gewissen, als bester Freund. Die Dialoge habe ich schon angesprochen. Da ließe sich entstauben. Auch sonst könnte für mich an einigen Stellen großzügig gestrichen werden.

Viele Grüße
wegen

 
Zuletzt bearbeitet:

Ach Mist,
scheint, als hätte ich mich bei @Friedrichard angesteckt. @Webmaster: :confused:
@yvonne: Bitte ignoriere die Durchstreichung vom letzten Teil. Hoffe, du kannst es dennoch entziffern.

Viele Grüße
wegen

 

Habs mal editiert, @wegen. Wenn das wieder passiert: Text markieren und in der Werkzeugleiste vom Editor auf das durchgestrichene "S" klicken.

 

Hallo @yvonne,

die Geschichte hat mir gefallen und ich habe sie in einem Zug gelesen. Vor allem, weil ich das Ganze sehr charmant fand. Ein paar Mankos hat sie aber schon. Zum Ende hin wird sie etwas langatmig und spannungsarm. Und mir scheinen ein paar Hintergründe zu fehlen, die den Text überzeugender machen würden. Sprachlich und von der Grammatik gibt es auch ein paar Nicklichkeiten.

Als Heinz den Teich in den ersten Strahlen der Frühlingssonne glitzern sah

Ich nehme das mal wörtlich. Er war geanu an dem kalendarisch ersten Tag des Frühlings da und ist vor Sonnenaufgang gekommen, um die allerersten Strahlen der Frühlingssonne zu sehen. Lässt sich aber leicht ausbessern.

wusste er, dass es Zeit war, die Erlebnisse der Jugendtage niederzuschreiben. Gleich heute Abend würde er beginnen. Nur dafür hatte er im Gasthof seiner ehemaligen Heimat ein Zimmer gebucht.

Ich frage mich, woher er das wusste, aber das ist vielleicht gar nicht so wichtig. Er hatte eben so ein Gefühl. Der zweite Satz ist streichungswürdig. Er bringt keine neue Information. Nur dafür hatte er … er hat den Entschluss doch gerade erst gefasst. Ehemalige Heinmat klingt hier etwas vage oder weit. Man bucht ein Zimmer in einem Hotel oder einer Stadt. Klingt irgendwie komisch.

Heinz war ein genauer Mensch. Er hatte kein Detail vergessen.

Ob er genau ist, spielt hier, glaube ich, keine Rolle, eher, ob er ein gutes Gedächtnis hat. Du siehst jetzt schon, dass es um die logischen Kleinigkeiten beim Schreiben geht, und ich kämpfe bei meinen Geschichten bei jedem Satz damit und trotzdem haut es nicht immer hin.

Schleppenden Schritts ging er nun durch das kleine Wäldchen neben dem Gasthof hin zum Teich.

Nun und hin kann man streichen. Man nennt das Füllwörter, weil sie keinen Zweck erfüllen und den Text verlangsamen.

Mit gesenktem Blick sah er auf das Gewässer.

Mit gesenktem Blick schaut er eher auf seine Füße oder er steht direkt an der Wasserlinie.

Er fand es immer wieder erstaunlich, dass sich die Natur nicht wandelte, während die Menschen zahlreiche Irrwege beschritten.

Die Natur wandelt sich schon, es dauert nur etwas, je nachdem, wie man es sehen will. Wir haben viele neue Arten in Europa, zum Beispiel Pflanzen, die andere Pflanzen verdrängen. Der Zusammenhang zwischen Wandel und Irrwege ist auch abwägig. Die passende Aussage wäre, während der Mensch sich ständig wandelt, was so auch nicht stimmt, denn er ist von seinen Anlagen her seit Jahrtausenden der gleiche geblieben.

Die einen lernten daraus und die anderen begingen die gleichen Fehler wieder und wieder

Sie lernten daraus, das der Mensch sich verläuft und die Natur sich nicht wandelt? Oder nicht. Jetz habe ich gerade die Luft geräuschvoll durch die Zähne eingesogen.

Das Wasser im Teich veränderte nun seine Farbe.

Warum sollte sich die Farbe des Wassers so schnell und plötzlich ändern? Das ist nicht logisch. Okay, im nächsten Satz verstehe ich. Durchaus eine Metapher, die man verwenden kann. Ich glaubte erst an Hallus. Besser wäre vielleicht, er meinte etwas im Wasser zu sehen.

der alte Gasthof.

Hiernach wären zwei Sätze der Beschreibung ganz brauchbar, um Atmosphäre aufzubauen. Fensterladen, eine schwere Tür, sowas.

Ich muss jetzt leider abbrechen, weil ich gleich was vorhabe. Schade, denn ich wollte auch noch auf die zweite Hälfte des Textes eingehen. Die erste Hälfte erschein mir wie ein süßes Jugendbuch, mit ein paar Mängeln, wie gesagt. Danach zieht sich der Text etwas hin und ich empfehle Kürzungen. Auch die Hintergründe der Handlungen scheinen mir nicht ausreichend erläutert. Ich hoffe, es hat trotzdem ein klein wenig geholfen.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

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