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Die Babysitter

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13.03.2007
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Die Babysitter

In einer Zeit, als die Babysitter noch große Macht besaßen, warteten sie den Eltern mit allerlei Vorschriften auf. So durften zum Beispiel Babys bis zu einem Jahr nicht größer als 88 cm sein, andernfalls mußten die Eltern für den Lebensunterhalt des Babysitters aufkommen, der aber als Strafe nicht mehr zum Kinderhüten kam.
Auf diese Art lebten viele Babysitter im Land auf Kosten der Eltern und hatten ein vergnügliches Leben.
Die Eltern hingegen, die nun jeden Morgen verzweifelt das Wachstum ihrer Sprößlinge kontrollierten, besuchten am Nachmittag Kurse über Ernährungsberatung für kleinen Wuchs und am Abend Selbsthilfegruppen für zu groß gewachsene Kinder.
So saßen am Abend des 5.Mai Frau Leinwand und Herr Bachmann zusammen in der Kleinbürgerstrasse 15, wo die Selbsthilfegruppe mit dem bemerkenswerten Namen "Lebensgröße" ihren Sitz hatte.
Gegenüber befand sich die Kneipe "Großkotz", die erst seit kurzem eröffnet hatte und wo sich im allgemeinen nur kleinwüchsige Bürger zum Stammtisch trafen.
Schon manches Mal hatte es auf der Strasse handgreifliche Auseinandersetzungen gegeben, aber an diesem Abend war es erstaunlich ruhig geblieben.
Frau Leinwand gab soeben ihrer Verzweiflung über die Größe ihrer Tochter Ausdruck: "Heute morgen hab ich sie gemessen, sie ist jetzt 89 cm groß, dabei hat sie übermorgen ihren ersten Geburtstag!"
Sie war das erste Mal hier, wo nach dem 12-Schritte-Programm - wie es in Selbsthilfegruppen üblich ist - erst die Kapitulation der Teilnehmer gefordert wurde, um sich hernach gegenseitig zu unterstützen und wieder auf zu bauen.
Herr Bachmann wandte sich an sie: "Unsere beiden, Jens und Albert, haben auch die KGG (Körpergrößengrenze, Anmerkung des Autors) überschritten. Es ist wirklich diskriminierend! Ich habe aber vor kurzem die Bürgerinitiative "Große-Bürger-Liga" ins Leben gerufen. Wir freuen uns über jedes neue Mitglied. Kommen Sie doch morgen zu unserer wöchentlichen Vollversammlung. Wir überlegen uns, wie wir in die Politik einsteigen können und ins Fernsehen kommen mit unseren Anliegen."
"Aber ab morgen kommt mein Babysitter nicht mehr, dann bin ich für immer in meine Wohnung verbannt!" Frau Leinwands Verzweiflung steigerte sich zu Hysterie.
"Kein Problem, Frau Leinwand, bringen sie ihre Tochter mit. Wir bieten parallel zur Vollversammlung einen Wortfindungskurs für Einjährige an, ihr erstes Wort soll `Widerstand´ und nicht `Mama´sein, das wird dort eingeübt. Eine Demonstration ist auch in Planung, nächsten Samstag soll sie stattfinden und das Motto wird sein: Groß ist schön!"
Stolz schwellte Herr Bachmann seine Brust.
Er hatte sich den Slogan ausgedacht und fand ihn ausgesprochen genial.
Jawohl, mit Schönheit wollte er werben. Was bedeutete schon Intelligenz?
Ein ästhetischer Körper war viel mehr wert, und darauf bildete sich Herr Bachmann eine Menge ein, trainierte er doch jeden Tag mit viel Ehrgeiz, um eine ansprechende Figur abzugeben.
Seine "Große-Bürger-Liga" sollte in der Öffentlichkeit bekannt werden.
Er hielt nichts von Widerstandsgruppen, die im Hintergrund arbeiteten.
Denn natürlich gab es auch welche, die sich zu Untergrundbewegungen zusammenschlossen, die sich sterilisieren ließen, um auf diese Art ihre Auflehnung gegen die obskuren Gesetze der Babysitter zu zeigen, oder die versuchten, einzelne Babysitter mit kleinen Geschenken oder großen Versprechungen auf ihre Seite zu ziehen.
Einige Politiker meinten, man müsse ein Förderprogramm für Großeltern auflegen, um der Machtbesessenheit der Babysitter zu entkommen. Allerdings hatten die Politiker keine wirklichen Chancen, seit die führenden Wissenschaftler in der Welt bekannt gemacht hatten, daß kleinwüchsige Menschen erfolgreicher, intelligenter, treuer und fleißiger seien als großgewachsene Leute und auch sonst noch vielerlei Vorteile mit sich brächten.
Jedenfalls wurden seither nur noch Politiker von kleinem Wuchs in die Regierung gewählt. Das wiederum hinderte diese natürlich daran, effektiv gegen die Repressalien der Babysitter vorzugehen.
Die Spezies der Großeltern war tatsächlich vom Aussterben bedroht. War doch die Neuheit der Wissenschaftler erst seit einer Generation bekannt und nun lebte genau noch diese Generation von Großeltern, die faul und egoistisch auf ihrem breiten Hintern saß und im Großen und Ganzen unwillig war, ihre Enkelkinder zu betreuen.
"Wir haben genug geleistet", hieß es im Kreis der Älteren, und: "Jetzt ist Feierabend!"
Sie kümmerten sich nicht um ihre Nachkommen, sondern nur noch um ihr eigenes Leben.
Die Frisöre, Nagelstudios und Cafes wurden den ganzen Tag von den Großmüttern belagert, die Großväter hingegen trafen sich in speziellen Seniorenkneipen.
"Werner, noch ein Bier!", rief soeben Opa Bachmann, dessen dicker Bauch ausladend über seinen Hosenbund quoll.
Dann wandte er sich an seinen Nachbarn, Herrn Köseling. "Was für ein schönes Leben, nicht wahr, Herbert? Fernsehen, Bier und gutes Essen, was will der Mensch mehr!"
Der Angesprochene nickte, wobei sein Doppelkinn wackelte: "Ja, ja, das nenn ich R u h e s t a n d."
Er buchstabierte das letzte Wort langsam und bedächtig.
"Aber was ihr Sohn in der letzten Zeit für eine Unruhe verbreitet!"
"Soll er doch machen", grölte Opa Bachmann, "mich geht das alles nichts mehr an. Hinter mir die Sintflut, sag ich immer."
Jetzt mischte sich vom Nachbartisch Herr Leinwand senior ein, der mit seinen grau gefärbten Haaren und dem vollen Bart offensichtlich älter wirken wollte: "Und man braucht kein schlechtes Gewissen haben?"
Entrüstet drehte sich Herr Köseling zu ihm: "Sie haben es doch gehört! Gesetz ist Gesetz, das muß man einhalten, das war doch schon immer so!"
Aus allen Richtungen des Lokals erschollen nun Sprüche wie: "Nie mehr zurück!", "Kinder sind Schreihälse!", "Wir müssen endlich an uns denken!", "Wir haben es uns verdient!"
Soviel Wortgewalt erstickte augenblicklich den leisen Zweifel des Herrn Leinwand, der sich sofort entspannte und ein weiteres großes Stück Schnitzel von seinem Teller zum Mund führte.

So hatte diese Geschichte ihren Anfang genommen und konnte nun auch nicht mehr zurückgedreht werden. Das Rad war am Laufen, ein Teufelskreis ohne Ende, der nur noch die Hoffnung zuließ, daß sowohl Babysitter als auch Großeltern und Politiker zur Vernunft kommen würden und so die Menschheit aus dieser Zwickmühle gerettet werden könne.

 

Hallo akira,
das war kurz und schmerzlos,was Du geschrieben hast. Zu Anfang dachte ich: "Was?" ... hm ... Babysitter und gleich soviele, gegen welche dann auch noch Untergrundorganisationen auf den Plan gerufen werden ... also echt, der Hammer!

Ha, Ernährungsberatung für kleinen Wuchs, das war schon lustig, irgendwie satirisch vielleicht, könnte sein.

Das müssen ganz schöne Monster sein,diese Babysitter, gottseidank sind meine Kinder schon aus dem Gröbsten heraus, sonst könnte ihnen ganz schön was blühen ... :D

Liebe Grüße
KaLima

 

Hallo akira,

das Positive zuerst, mir sind beim ersten Durchlesen keine Fehler aufgefallen. Sprachlich ist der Text voll OK.
Als nächstes ein Tipp: Mach ein paar Absätze.
Jetzt das Negative. Die Geschichte fand ich nicht witzig. Plätschert halt bisschen dahin. Ne nette Idee halt, aber du machst nichts draus.
Ich könnte das hier als Grundgerüst verstehen, in dem z.B. die Situation von zwei entnervten Eltern dargestellt wird (diese Eltern verfolgen auch am Fernsehen die politischen Diskussionen um die Babysitter-Gewerkschaftsbildung, oder so).

Meine Empfehlung also: Mach was draus. Potential wär vorhanden, denk ich mal.

Bie dez

Frenutzer

 

Moin akira,

Ja, ich fand den Text leider auch nicht witzig.
Das liest sich eher wie eine Ideenskizze oder das grobe Gerüst zu einer Geschichte. Die Idee gefällt mir in ihrer leichten Absurdität allerdings ziemlich gut und da könnte man sicherlich echt was draus machen.
Jetzt musst du eigentlich nur noch die Geschchte zu dieser Idee erzählen :D

 

Vielen Dank für die Anregungen!!!
Ich werd mein Glück versuchen, den passenden Kuchen zu den Zutaten herzustellen. :D
Wird aber ein bißchen dauern...
lg, akira.

 

Sodele,
ob es jetzt mehr plätschert, weiß ich auch nicht...:D
auf jeden Fall ist es eine ausführlichere Version.
viel Spaß, akira.

 

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