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Die Begegnung

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12.08.2005
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Die Begegnung

"Vati, erzähl uns eine Geschichte!“ riefen sie fröhlich. Ich war alleine und stand in der Tür. Vater erzählte die Geschichte und ich hörte zu. Meine Geschwister klatschten und ich neigte den Kopf und stellte mich schlafend. Dann klappte Vater das Buch zu, stand auf und strich mir übers Haar. Er ging hinaus und die Kinder folgten ihm. Ich blieb und hörte die Vögel zwitschern. Der Engel auf der Fensterbank leistete mir Gesellschaft. Er war weiß und hatte die Augen eines Königs.

Ich schaute mich um, doch Leo war nirgends zu entdecken. Der Schweiß floss über meine Stirn und brannte in meinen Augen. Meine Füße schmerzten und meine Hände hingen schlapp Richtung Boden. "Leopold!" rief ich wieder. "Leo, wo steckst Du?" Mein Bruder war ein Halunke, ein dreister Bursche, ein lästiger Schalk. Ich mochte ihn nicht, doch ich hatte Verantwortung. Sollte ich ihn nicht wieder sicher zum Lager zurückbringen, würde Mutter ihn suchen und keine Ruhe finden. Sie war kraftlos und müde und ihre Schuhe trugen sie nicht mehr, wenn sie versuchte zu laufen. Als ich weiterging, kam mir einer entgegen. Er fragte mich nicht, was ich wollte, aber er legte mir eine Hand auf die Schulter. Ich hatte keine Angst, aber ich hasste ihn. Er hatte mein Haus zerstört und mein Geld geraubt. Ich wollte nur meinen Bruder und er ließ mich nicht weiter. Hielt mich nicht stärker zurück, als mit dieser Hand auf meiner Schulter, die bei meinem Widerstand zu Eisen wurde. "Lassen sie mich weiter!" rief ich und sah ihn wütend an. Ich konnte nicht wütend sein, aber ich versuchte, so auszusehen. "Lassen sie mich weiter!" rief ich noch einmal. Aber er sagte nichts. Als er zur Seite trat, immer noch die Hand auf meiner Schulter, konnte ich sehen, was sein großer Körper verborgen hatte. Leo war tot und er lag auf dem Boden und blutete aus allen Seiten. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen und ich schaute, ob er Schuhe anhatte. Er hatte keine mehr an. Er interessierte mich nicht, denn ich hatte schon zwei meiner Brüder tot gesehen. Aber meine Mutter würde hier herkommen wollen. Ich würde nichts sagen. Ich ging zurück ins Lager. Mein Mutter sah mir mit aufgerissenen Augen entgegen. Ich setzte mich auf die grüne Decke und öffnete die Schachtel, die ich zurückgelassen hatte. Sie war leer und das Brot war fort. Ich warf sie ins Feuer und sie verbrannte sogleich. Meine Mutter fragte den einen, wo Leo sei. Doch der eine schüttelte nur den Kopf. Ich sagte: "Leo ist tot" und beobachtete die Funken, die das Feuer umherschoss.

Ich hatte den Jungen noch nie zuvor gesehen. Er stand einfach da und sah mich an. Er war weder schön noch hässlich. Seine Haut glänzte wie Kupfer und er sah mich an, als kannte er mich ewig. Ich wollte mich umdrehen und gehen. Aber sein Blick zog mich zurück. Er hatte grüne Augen, ein Grün, wie das Meer, dass ich nie gesehen hatte. Ich kannte es aus Vaters Geschichten. Der Junge musste gehen. Ich ging auf ihn zu, um ihn zu vertreiben. Aber sein Blick hielt mich an meinem Platz. "Wer bist Du?" rief ich ihm zu. Aber er antwortete nicht. Der Junge lebte. Und keiner in diesem Lager lebte, denn alle starben, wenn heute nicht, dann morgen. Das war der Lauf der Welt und daran hatte ich mich gewöhnt. Er war kein wirklicher Mensch. Er war ein Engel und er hatte die Augen eines Königs.

 

Hallo Kala und herzlich willkommen.

Ehrlich gesagt erscheint mir dein Text, wie ein Ausschnitt aus etwas und dementsprechend unvollständig. Da ist also ein Lager, i dem alle sterben, ein geheimnisvoller fremder Junge, ein toter Bruder, um den nicht wirklich getrauert wird und kein Bezug zu unserer heutigen Gesellschaft.

Der Text ist schön geschrieben, aber anfangen kann ich damit nichts. Dazu fehlen mir zu viele Informationen.

>>Leopold<< rief ich wieder. >>Leo, wo steckst Du<<
Ersetze diese Zeichen bitte durch richtige französische oder konventionelle Anführungszeichen. Siehe dazu die Hilfe im Korrekturcenter:
1.2. Satzzeichen bei der direkten Rede

Üblicherweise verwendet man für die direkte Rede diese Anführungszeichen: „...“ oder diese: »...«
Verwenden Sie bitte in einer Geschichte jeweils nur eine Art. Wer wann spricht, sollte aus dem Text hervorgehen und nicht durch unterschiedliche Anführungszeichen kenntlich gemacht werden.
» wird mit der Tastenkombination „Alt“ (gedrückt halten) und Eingabe von „0187“ erzeugt, « mit Alt+0171 – bitte nicht die Pfeiltasten der Tastatur („>“ bzw. „<“) verwenden.


Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim,

vielen Dank für Deine schnelle und hilfreiche Antwort. Ich war schon sehr gespannt auf die Reaktionen, da es ja meine erste Geschichte ist, die ich hier veröffentliche.
Ich war sehr unsicher, in welche Rubrik der Text passt und ob er rüberbringt, was ich beabsichtigen wollte. :D

Der 1. Abschnitt schildert die sichere geborgene und heile Welt des Elternhauses der Person, noch bevor Krieg und Zerstörung aufkommen. Die erzählende Person scheint jedoch zu ahnen, dass das familiäre Glück nicht von Dauer ist...

Durch den Hauptabschnitt über das Lager soll klar werden, absichtlich ohne Informationen, dass überall und zu jeder Zeit eine solche Situation vorkommen kann.
Ursprünglich hatte ich anstelle von "der Eine" geschrieben "der Soldat" aber das schien mir dann zu eindeutig und daher wollte ich die Anonymität betonen.
Die erzählende Person ist schon so abgestumpft und wie sie selbst sagt an all das Sterben gewöhnt, dass sie der Tod des Bruders nicht weiter stört. Das hört sich grausam an, kommt aber real durchaus oft vor und diese krasse Realität wollte ich hiermit zeigen.

Die Begegnung mit dem geheimnisvollen Jungen gibt der Person dann ein Stück dieser heilen Welt von zu Hause wieder, die ihm zunächst unangenehm ist ("der Junge sollte gehen") aber die er dann zulässt, erinnert er ihn doch an den Engel, der ihm schon zu Hause Gesellschaft leistete und wie ein Hoffnungsschimmer in dem ganzen Chaos und der schrecklichne Situation ist.

Ich will mit den Erklärungen keineswegs meinen Text verteidigen, sondern eher um Ratschläge bitten, wie ich ihn so umgestalten kann, dass das rüberkommt, was ich eigentlich aussagen möchte.
Vielleicht genügen da schon Orts- und Zeitangaben die die Abschnitte deutlicher voneinander unterscheiden oder so?
Ich würde mich über weitere Kritiken und Tipps sehr freuen! :shy:
Viele Grüße
Kala

 

Hallo Kala,

auch von mir willkommen auf KG.de! :)

Es ging mir ähnlich wie Sim: Von deiner Geschichte geht etwas faszinierendes aus, aber sie ist mir insgesamt zu verwirrend.

Unabhängig von der Aussage ist mir zum Beispiel nicht klar, ob der/die Prot Kind oder Erwachsener ist. Einerseits ist von "Vater", "Mutter" und "Geschwistern" die Rede, dann heißt es aber im ersten Absatz: "Er ging hinaus und die Kinder folgten ihm." Das sagt man nicht, wenn man selbst ein Kind ist.

Und im Hauptteil: "Er hatte mein Haus zerstört und mein Geld geraubt." Sagt man auch nicht als Kind. Darum kriege ich das nicht auf die Reihe.

Der erste Absatz ist sehr schön geschrieben. Als Beschreibung einer Idylle erschien er mir nur teilweise. Ich hatte eher den Eindruck, der Prot wird zwar gut behandelt, aber während Vater und Geschwister eine Einheit sind, ist der Prot allein und etwas abseits. Der Engel erscheint einem als Leser erstmal seltsam. Man fragt sich, welche Rolle er im Leben des Prot spielt. Botschafter, Zeichen, dass der Prot sich geistig nicht nur dieser Welt verbunden fühlt, oder Ersatz für Gesellschaft? Es wurde mir nicht klar, dass er wohl eher ein Symbol für die Idylle darstellte.

Die Idylle wäre mE klarer, wenn der Prot stärker in die Familie integriert wäre und der Engel, so schön er auch beschrieben ist, wegfiele. Er lenkt zu stark ab, jedenfalls bei der Kürze des Textes. Du könntest - als Beispiel - statt dessen die warmen, leuchtenden Augen des Vaters beschreiben und im 3. Absatz dem Jungen auch solche Augen geben. Dann wird die Verbindung auch klar.


Ich war alleine und stand in der Tür. ... und ich neigte den Kopf und stellte mich schlafend

Stellt sich schlafend .. stehend in der Tür?

Sie war kraftlos und müde und ihre Schuhe trugen sie nicht mehr

Schuhe können einen nicht tragen, nur die Füße oder Beine.


Leo war tot und er lag auf dem Boden und blutete aus allen Seiten

Klingt sehr seltsam. Wie viele Seiten hat ein Mensch? Ich würde eher so was schreiben wie: "blutete aus vielen Stellen" oder "war voller Blut".


Der Junge musste gehen.

Beim ersten Lesen dachte ich, es ist der Junge selbst, der meint, er müsse gehen. Vielleicht wäre "der Junge sollte gehen" deutlicher. Aber ich würde noch einen erhellenden Satz dazu schreiben, dass sich der Prot bedrängt fühlt.


Der Junge lebte. Und keiner in diesem Lager lebte, denn alle starben, wenn heute nicht, dann morgen. Das war der Lauf der Welt und daran hatte ich mich gewöhnt. Er war kein wirklicher Mensch. Er war ein Engel und er hatte die Augen eines Königs.

Toll geschrieben. Aber diese Stelle vermittelt mir wenig Hoffnung, eher totale Resignation. Der Engel im ersten Absatz erscheint nun eher als Vorankündigung eines Schicksals, in dem Abstumpfung herrscht (auch im Hauptteil: Der Prot ist gegenüber dem Tod der eigenen Geschwister abgestumpft. Er hat keine Angst mehr, kein Mitgefühl, ist höchstens genervt oder hasserfüllt). Menschen können im Bestfall Engel sein, aber keine lebendigen Menschen in einem wirklichen Leben. Der Prot ist abseits von allem.

Jedenfalls habe ich es so empfunden. Wenn du auch darstellen willst, dass es jederzeit passieren kann, dass so ein Schicksalsschlag über einen hereinbricht, wäre es vielleicht besser, den Prot etwas betroffener darzustellen (ohne ins Melodramatische abzugleiten - nicht einfach ...), oder zumindest betäubt von den Ereignissen, ängstlich, wieder verletzt zu werden, wenn er sich noch einmal z.B. dem Jungen öffnet.

Ist natürlich nur mein persönlicher Eindruck.
Auf jeden Fall hat die Geschichte Potenzial.

Viele Grüße
Pischa

 

Hallo Pischa,

vielen Dank für Deine Mühe und die guten Vorschläge, ich werde den Text noch einmal überarbeiten und etwas verändern. Vor allem die verwirrenden und unklaren Sätze, die du zitiert hast werden mir jetzt auch bewusst geworden. ;)

Viele Grüße
Kala

 

Hallo Kala,

ich finde in etwa nur die gleichen Worte. Deine kg macht den Anschein, als sei sie "aus etwas größerem" herausgerissen worden. Mir fällt es schwer die Textteile in einem Zusammenhang zu sehen.
Der erste Abschnitt wirkt zudem auf mich auch etwas holprig.
Dennoch: Da dies deine erste Geschichte ist, kann man nicht wirklich sagen, sie sei nicht gelungen. Dein Stil passt und lässt sich gut lesen. Wie gesagt hapert es lediglich in den Zusammenhängen.

Einen lieben Gruß...
morti

 

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