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Die Entscheidung

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02.02.2004
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Die Entscheidung

Silbern gerahmt, gleich neben Schreibzeug und der Kaffeetasse, steht das stumme Zeugnis glücklicher Tage. Vater, Mutter, Kind, hübsch arrangiert, abgestuft auf weissen Stühlen sitzend, vor samtblauem Hintergrund. Drei Abzüge zum Preis von zwei, ein Eröffnungsangebot des Fotogeschäfts Baumann, das letzte Woche Insolvenz anmelden musste.

Inzwischen hat Jochen sein Studium beendet, ist ausgezogen, und geht seinen eigenen Weg. Katrin und ich leben seither mehr nebeneinander, als miteinander. Wir funktionieren im Alltag, jeder erfüllt seinen Part, wortlos, ausser wenn wir streiten, dann sind wir erfinderisch. Das Bild im silbernen Rahmen verblasst zunehmend, ist zum Inventar des Büros der Firma Balmer & Borer mutiert, ein Staubfänger neben dem PC. Ich sehe aus dem Fenster, Schneeflocken wirbeln unschlüssig umher. Der Winter zeigt sich von seiner garstigen Seite, eisige Zeiten, nicht nur jahreszeitbedingt, denke ich und stosse die Luft geräuschvoll aus. Die Akte Huber liegt offen auf meinem Tisch. Ob auf seinem Schreibtisch auch ein Bild steht?
Ich setze mich wieder hin und studiere die Akte. Kind in Ausbildung, Frau eine geborene Zumoberhasli. Aus Grindelwald, eine von den Bergen also. Naja, dann ist sie sicher bodenständig, wird die Entscheidung wohl besser verkraften und ihrem Mann Halt geben. Diesem loyalen Duckmäuser, nie laut, immer fleissig, selten krank.

"Barbara? Bitte schick mir doch den Huber rein." Mein Blick fällt auf das Eintrittsdatum und ich rechne zurück, vierunddreissig Dienstjahre, eine verdammt lange Zeit. Ein leises Klopfen, dann erscheint Huber zögernd im Türspalt. Der Ausdruck auf seinem eingefallenen Gesicht zeigt eine Mischung aus Neugier und Angst, irgendwie das Unausgesprochene bereits ahnend. In der einen Hand hält er nutzlos einen leeren Schreibblock. Warum läuft hier nur jeder mit so einem Schreibblock herum und täuscht so Geschäftigkeit vor?
'Schaut her, ich habe zu tun, keine Zeit, ich werde gebraucht.'
"Nehmen Sie Platz, Herr Huber", sage ich förmlich und zeige auf den Besucherstuhl.
Er kommt mit hängenden Schultern näher, starrt auf den Aktenordner auf meinem Tisch und schiebt sich rasch auf den angebotenen Stuhl. Den Schreibblock hält er nun wie einen Schild an seinen Körper gepresst. Ich öffne die Akte, atme leise durch und spule, wie schon bei den anderen beklagenswerten Mitarbeitern zuvor, die ganze verschissene Entlassungsrhetorik herunter.

Leise schliesst sich die Tür, Huber geht, wie er gekommen ist. Nur der Schreibblock liegt noch stumm auf dem Stuhl, ich lasse ihn liegen, lasse Herrn Huber ziehen, was soll er auch noch damit. Ich gehe zum Schrank, hole die kleine Flasche vom letzten Firmen-Jubiläum aus der untersten Schublade hervor. Der Verschluss knackt jungfräulich beim Öffnen und ich fülle eine grössere Menge des rauchigen Islay-Whisky in meine Kaffeetasse. In einem Zug, ohne gross zu kosten, fliesst die teure Flüssigkeit wie Medizin in meinen Magen. Das wohlige Brennen ist von kurzer Dauer, der Alkohol riecht falsch und wirkt plötzlich fehl am Platz. Ich reisse das Fenster auf, wenigstens kann man das noch in diesem Teil des Gebäudes und atme tief die kalte Winterluft ein. Was ist nur aus mir geworden? Ein Lagerarbeiter menschlicher Ressourcen, degradiert zum legalen Menschenhändler, es geht schon lange nicht mehr darum, Mitarbeiter zu motivieren, ihre Stärken gewinnbringend einzusetzen. Nein, es geht nur noch um Stellenprozente, Marktanteile, Shareholdervalues, es ist zum Kotzen.

Ich schliesse das Fenster, stelle die Tasse wieder neben das Baumann-Foto. Das macht doch schon lange keinen Spass mehr. Wie oft war ich schon kurz davor ... und habe dann doch die Entscheidung hinausgeschoben? Aber wieviele Schreibblöcke auf leeren Besucherstühlen brauchst du noch, Kurt? Himmel, ich werde endlich Katrins Wunschtraum erfüllen, mit ihr nach Hinterfultigen ziehen und dort den kleinen Buchladen des Schwiegervaters übernehmen. Ich greife nach dem Handy und wähle Katrins Nummer. Während die Verbindung aufgebaut wird, betrachte ich ihr lachendes Gesicht im Silberrahmen. Dieses Mal sollte mein Anruf gegen Abend sie nicht enttäuschen.

"Hast du getrunken?", schnarrt es aus dem Lautsprecher.
Ich blicke kurz auf die Kaffeetasse und verneine energisch.
"Du willst also Balmer & Borer verlassen. Das wievielte Mal wäre das dann?", höre ich Katrin ungläubig fragen.
"Hör zu, diesmal meine ich es wirklich ernst. Mein Entschluss steht fest."
Ein langes Seufzen und plötzlich fängt sie an zu schluchzen. Ich lasse ihr Zeit. Ein lauter Schneuzer prallt an mein Ohr, dann hat sie sich wieder gefangen.
"Und du bist dir wirklich sicher, dass du in diesen - wie nanntest du es: Zukunftslosen Trödelladen - investieren willst?"
"Stell den Schampus kalt, wir fangen noch mal ganz von vorne an", ignoriere ich ihre Frage und zerstreue damit auch rasch meine eigenen Zweifel. Es ist, als würde eine grosse Last von mir genommen. Plötzlich ist das einzig richtige in diesem Raum der silberne Rahmen mit den glücklichen Gesichtern darauf. Ja, ich werde Katrin zurückerobern und wenn ich in diesen Trödelladen investieren muss. Ich blende dabei aus, dass es vor allem um mich geht, habe ich doch die ewigen Streitereien wegen der Überstunden satt, es gibt keine gemeinsamen Abende mehr, keinen guten Sex, wenn überhaupt mal Sex. Das soll sich ab morgen ändern. Und heute will ich feiern, mit Katrin.

Ich schliesse die Türe hinter mir ab, die Bewegungsmelder im Gang lassen die Deckenbeleuchtung aufflackern. Fahles Neonlicht begleitet mich zum Fahrstuhl. Die meisten Angestellten sind bereits gegangen, aus einem Büro ist noch Tastaturgeklapper und gedämpftes Lachen zu hören, sicher die Herrenvögel Burgisser und Galli. Klar, diese Erbsenzähler haben gut Lachen, ihnen wird die Arbeit nicht ausgehen und dafür gibt's auch noch richtig Kohle. Wie die Heuschrecken sind sie über Balmer & Borer hereingeflogen, haben das Klima vergiftet. Ich drücke den Liftknopf und ein weiteres rauhes Lachen ertönt. Ich denke an den leeren Schreibblock in meinem Büro und flüchte mich in die Liftkabine. Auf der Fahrt in die Tiefgarage überlege ich mir schon mal meine Kündigungsrede für morgen.
Ich verlasse den Lift und die kalte Einstellhallenluft schlägt mir entgegen.
"Mein Entschluss steht fest, Heinz." Meine Worte hallen zwischen den Säulen.
"Ich kann und will so nicht weitermachen. Ich kündige."
Kurz und schmerzlos, genau, ja nicht zu pathetisch, der Heinz Balmer soll gar nicht erst versuchen ...

Der Schmerz im Rücken überrascht, reisst mich aus meinen Gedanken. Jemand drückt mir von hinten ein dünnes Rohr gegen die Rippen.
"Ganz ruhig, Meissner, dann passiert ihnen nichts!"
"Huber? Aber was ..."
"Still, ich will, dass Sie mir zuhören."
Ein Stoss und ich stolpere nach vorne in die Tiefgaragenhalle. Als ich mich umdrehe, sehe ich direkt in den Lauf einer Armeepistole. Die Akte Huber taucht vor meinem inneren Auge auf, die Seite mit den Personalien, darin wird Huber als Gefreiter der Schweizer Armee geführt. Wieder ein Vorfall mit einer Dienstwaffe, was letzthin ja fast täglich in den Nachrichten zu hören ist. Was sind das nur für Zeiten.
"Machen Sie doch keinen Fehler, Huber."
"Wer macht denn hier die Fehler? Ich sicher nicht!" Er blickt sich hektisch um, doch sie sind die einzigen Besucher der Einstellhalle.
"Los, zu ihrem Auto." Kein unterwürfiges Rumdrucksen mehr, seine aufeinandergepressten Lippen, sein eindringlicher Blick zeigen Entschlossenheit. Ich schaute wieder nach vorne, betätigte den automatischen Funköffner. Im hinteren Teil der Halle blinken die Scheinwerfer einer Limousine mit Firmenlogo auf. Absurd, am besten lasse ich Huber noch ein paar Löcher reinschiessen. In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken. Erst mal nachgeben, tu, was er sagt, so gewinnst du Zeit.

"Halt nein, wir gehen besser wieder nach oben!", krächzt Huber.
Ich stutze, anscheinend hat er keinen Plan, handelt instinktiv, mir dreht sich der Magen und mir wird kurz schwindlig. Ich stolpere zurück zum Lift. In der Kabine ist es nun stickig und heiss, der Duft von Angstschweiss breitet sich aus.
"Wissen Sie, dass ich einen Sohn hatte?"
"Steht in ihrer Akte, ja." Moment mal, warum hatte?
"Steht da auch, dass er abhängig war?"
"Ich weiss wirklich nicht ..."
"Und steht da auch, dass ich seit einem Jahr meine Frau jeden Mittwoch in der Psychiatrie besuche?"
"Nein, Herr Huber, das ist Privatsache und geht ..."
"Scheisse ist das, ganz grosse Scheisse. Wie soll ich denn ohne Job meine Frau unterstützen? Die Krankenkasse zahlt schon lange nicht mehr, und für die IV-Rente reicht anscheinend ein Selbstmordversuch noch nicht aus. Und wer stellt heute einen alten Sack wie mich noch ein?"
Ein Ruck und die Fahrstuhltür schiebt sich zur Seite. In der Türöffnung taucht wie ein genialer Regieeinfall Burgissers gedrungene Gestalt auf.

"Oha, die Herren Meissner und Huber. So spät noch unterwegs?"
Sein aufgesetztes Grinsen fällt in sich zusammen, als er Hubers Pistole sieht.
"Was wollen Sie denn mit der Waffe, Huber? Das ist doch wohl nicht ihr Ernst."
'Nicht jetzt Burgisser', denke ich, 'spiel jetzt nur nicht den Helden.'
"Los, nach vorne, alle beide."
Huber gab mir einen Stoss und ich prallte mit Burgisser zusammen.
"Machen Sie, was er sagt, das ist im Moment das Beste für alle."
Burgisser erkennt erstaunlich schnell den Ernst der Lage und wir marschieren beide los. Aus Gallis Büro sind immer noch die klappernden Tastaturgeräusche zu hören.
"Los, da rein", zischt Huber und fuchtelt mit der Pistole. Die Geräusche verstummen.
Ich öffne die Türe und blicke in das Gesicht eines verdutzten Mittvierzigers, wirres, schütteres Haar, spitzes Kinn, fliehende Stirn. Galli sitzt hinter seinem Laptop und blickt uns verdutzt an, als seien wir die drei Weisen aus dem Morgenland. Nur bringen wir leider keine teuren Geschenke, sondern wir haben den Tod im Schlepptau.
Huber stösst uns in den Raum und schliesst die Tür hinter sich ab.
"Huber? Was soll denn das Theater?", Galli ist aufgesprungen und klappt in Ermangelung an Handlungsspielraum seinen Laptop zu.
"Ruhe - auf den Boden, alle drei, los!"
Wir setzen uns sofort hin und drücken uns zwischen einen ziemlich verstaubten Gummibaum und einen modernen Laserdruckerturm an die Wand.
"Und was jetzt, Huber? Wollen Sie uns etwa alle drei erschiessen?"
"Ruhe, ich muss nachdenken." Er läuft hin und her, sein Gesicht nimmt zunehmend die Farbe des Gummibaumes an, ich befürchte, so hält er nicht lange durch. Und das beängstigt mich enorm.

Ich denke plötzlich an Katrin, noch könnte ich im Stau stecken, oder ich machte vielleicht ein paar Besorgungen für unsere kleine Feier, aber bald wird sie unruhig werden. Habe ich sie doch schon so oft versetzt, spät abends dann nur einen Zettel vorgefunden: "Bin bei Mama, Essen ist in der Tonne, Mikrowelle ist ja eh IMMER NOCH kaputt."
"Was wollen Sie denn damit erreichen?", fragt Burgisser leise.
"Brauchen Sie Geld? Für Ihre Frau?" Etwas Dämlicheres hätte mir nicht einfallen können.
Huber blickt mich sogleich strafend an und richtete den Lauf langsam auf meinen Kopf.
"Das holt meinen Sohn auch nicht mehr zurück, Meissner. Ihr wisst ja gar nicht, was ihr mir angetan habt!"
Seine Hand zittert, und in dem Moment scheint etwas in Huber zu zerbrechen, ich sehe in das schwarze Mündungsloch und meine Blase gibt nach. Ich schliesse die Augen, lieber Gott, lass es schnell vorbei gehen, vielleicht werde ich ja vorher ohnmächtig.

Der Knall zerreisst die Luft, prallt von den Wänden ab und schlägt schmerzhaft auf mein Trommelfell. Ein spitzer Schrei erfüllt den Raum. Burgisser stöhnt, dann kippt Huber wie ein nasser Sack auf Gallis Schreibtisch. Unnatürlich gekrümmt rutscht er seitlich weg, reisst Laptop, Akten und Telefon mit sich auf den grauen Linoleumboden. Ein holzgerahmtes Foto landet in meinem Schoss, darauf grinst mich Galli mit vollem Haar an, wie er seine Hände besitzergreifend auf die Schultern zweier Teenager mit Fussballtrikots drückt. Ich fühle die erkaltende Nässe zwischen meinen Beinen, spüre etwas Warmes auf meiner linken Wange und sehe die klaffende Wunde auf Hubers Hinterkopf. Dann kotze ich in den Gummibaumkübel.

Nachdem die Beamten meine Aussage endlich in ihrem Computer speichern konnten und ich der Frau vom psychologischen Dienst versichert habe, dass ich alleine klar komme, fahre ich um drei Uhr morgens nach Hause. Im Taxi fällt mir ein, dass ich in all der Aufregung vergessen habe, Katrin anzurufen. So wirkt die Wohnung peinlich aufgeräumt und an der defekten Mikrowelle klebt ein gelber Zettel:
"Ich will nicht mehr, mach's gut!"

 

Hallo dot

Ein Krimidrama, das verschiedene Facetten der modernen Gesellschaft einbezieht und auch das typisch Schweizerische mit der Armeewaffe nicht unterschlägt. Von der Handlung her durchaus realistisch, nur an zwei Stellen meinte ich Überzeichnungen in der Wortwahl gestreift zu haben, einmal war es das Blattgrün im Gesicht. Es war mir angenehm, spannend und unterhaltsam zu lesen. Nur in den ersten Absätzen stutzte ich ob der vielen Namen, die da auftreten, an einer Stelle nochmals zurückscrollend, mich überzeugend die Figuren auseinanderhalten zu können. Nachher nahm es dann aber volle Fahrt auf und war mir flüssig zu lesen.

Ber eben, Restrukturierung, Abbau von Stellenprozenten, ein Kahlschlag durch alle Abteilungen

Das verstehe ich nun nicht, der Bärner Dialekt ist mir zwar nicht ganz fremd, doch da gelingt mir keine Transkription.

Ich fühle die erkaltende Nässe zwischen meinen Beinen, spühre etwas warmes auf meiner linken Wange und sehe die klaffende Wunde auf Hubers Hinterkopf.

spüre / Warmes

Insgesamt hat die Geschichte mir gut gefallen, in ihren Verwicklungen von privaten und beruflichen Dilemmas, auf Kosten von Meissner. ;) Stil und Thematik erinnerte mich ein wenig an den Suter, na eben denjenigen mit dem Koch.

Schöne Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Himmel nochmal, war das spannend.

Salü dotslash,
ich sollte schon längst in der Küche sein und nun das! Da muss ich mir was einfallen lassen, warum die Röschti noch nicht fertig sind...
Also toll. Alle Personen sehe ich vor mir, der erste Satz zieht, der Spannungsbogen ist prächtig aufgebaut, Huber geht unter die Haut vom Anfang bis zum Schluss und, ja da kann ich auch nur noch heulen. Eine ganz prächtig geschriebene, ungemein stimmungsvolle Geschichte. Das muss ich loben bis zum geht nicht mehr.

Nur bringen wir leider keine teuren Geschenke, sondern wir hatten den Tod im Schlepptau.
Hier > bringen und hatten. Würde ich haben schreiben.
Und dann war da noch was, wenn ich das finde melde ich mich nochmal.

Das war eine Lesegenuss. Danke dafür und
lieben Gruss,
Gisanne

Ja, hier

immer fleissig. Ber eben, Restrukturierung,
Aber eben, gelle?

 

Hallo Anakreon

Schön, dass dir das kleine Schweizer Bürodrama gefallen hat.

Nur in den ersten Absätzen stutzte ich ob der vielen Namen, die da auftreten, an einer Stelle nochmals zurückscrollend, mich überzeugend die Figuren auseinanderhalten zu können. Nachher nahm es dann aber volle Fahrt auf und war mir flüssig zu lesen.
JA, ich verwechselte sogar selber kurzzeitig den Galli mit dem Burgisser, jetzt steht aber der richtige am Fahrstuhl. (Dank auch an bernadette, die per PM darauf hingewiesen hat.) ;)

"Ber eben"
Keine Angst Anakreon, nix mit Bärndütsch, ein klassischer Fipptehler.

Stil und Thematik erinnerte mich ein wenig an den Suter, na eben denjenigen mit dem Koch.
Wow, Danke für dieses Lob.
Aber Martin Suter ist dann doch eine andere Liga, so quasi der Meister in Sachen Bürostudien. Trotzdem freut mich der Vergleich. :D

***

Hallo Gisanne

schön von dir zu lesen und dass dir die Kurze so gut gefallen hat.

Himmel nochmal, war das spannend.
Ui, das geht runter wie Öl, hatte da schon Zweifel.

"Ber eben"
Ja, eben, was habe ich mir dabei wohl gedacht? Hrhr.

Vielen Dank für die umwerfende Kritik, die druck ich mir gleich aus und häng sie übers Bett.

***

Hallo Carduela

Es tut mir wirklich leid, dass meine nachlässigen Orthographieschnitzer dir das Lesevergnügen vermiest haben. Ich habe deine Fundstücke alle ausgemerzt, Danke fürs Raussuchen. Die Szene mit Jegerlehner war ursprünglich eine Verwaltungsratssitzung und daurte auch viel länger, schrumpfte dann aber beim Kürzen auf die Rangelei mit Entlassung. Ich wollte sie aber nicht ganz wegschmeissen, da ich damit das aufgeheizte Klima in der Firma aufzuzeigen wollte.

Und tote Hose im Bett ändere ich auf
"... kein guter Sex, wenn überhaupt mal Sex, ..."

azu gleich die Frage: Tastaturgeräusche können eigentlich nur von einer Schreibmaschine hörbar sein, du erzählst andererseits aber von Laptops. In welchem Jahrzehnt siedelst Du denn Deine Geschichte an?
Das ganze spielt schon heute. Stell dich mal ins Wohnzimmer und bitte eine/n MitbewohnerIn einen Brief mit Zehnfingersystem im Nebenraum auf einem Laptop zu Tippen. Das Klickediklick hörst du, garantiert.
Und Galli kann sowieso nur das Zweifinger-Adlersystem, der haut da schon ganz mächtig auf die Tasten mit seinen Pranken.
;)

Ich hoffe, Du nimmst mir diese Verbesserungen nicht übel.
Nö, im Gegenteil, ich bin froh.
Ber eben, das SZ fehlt auf meiner Schweizer Tastatur.
:D

***

Danke euch Dreien fürs Lesen, Kritteln, und das Aufzeigen der (zum Teil wirklich peinlichen) Fehler.

Gruss dot

 

hey dotslash,

ich geb dir einfach mal mein feedback, was mir so bei deinem text aufgefallen ist.
vorweg: hat mir eigentlich echt gut gefallen, deine geschichte. nimmt ihren anlauf in der büroszene und überrascht dann doch, ab dem huber mit der pistole den prot in der tiefgarage auflauert.
besonders hat mir der charakter vom huber gefallen, auch wie du ihn beschrieben hast, loyaler duckmäuser, herunterhängende schultern, den block als schutzschild, das konnte ich mir schon gut vorstellen :D und dann später, mit der waffe in der hand, mehr selbstvertrauen, aber doch irgendwie unsicher, das fand ich gut.

was mir so aufgefallen ist:

steht das stumm anklagende Zeugnis glücklicher Tage auf der Tischplatte.
Die geöffnete Akte Huber liegt anklagend auf meinem Tisch.
Nur der Schreibblock liegt noch stumm anklagend auf dem Stuhl, ich lasse ihn liegen,
keine ahnung, ist jetzt nichts großes, aber dass da ständig sachen anklagend herumliegen ist mir irgendwie aufgefallen.

Als ich mich umdrehe, sehe ich direkt in den Lauf einer Armeepistole.
also, dass du auf gesellschaftliche probleme in der geschichte hinweist, ist mir aufgefallen, aber das mit der armeepistole fand ich dann doch ein bisschen aufgesetzt. kann man das wirklich auf den ersten blick unterscheiden, was eine armeepistole ist und was nicht? v.a. wenn man direkt in den lauf schaut? ich finde, das bräuchtest du gar nicht erwähnen, pistole reicht. das mit der akte kommt ja danach.

Ein holzgerahmtes Foto landet in meinem Schoss, darauf grinst mich Galli mit vollem Haar an, wie er seine fleischigen Pranken besitzergreifend auf die Schultern zweier Teenager mit Fussballtrikots drückt.
okay, das ist jetzt vielleicht echt spitzfindig, aber wenn sich einer vor mir erschießt und das halbe zeug vom tisch reißt, auf mich drauf schmeißt, dann schaue ich glaube ich instinktiv erstmal denjenigen an, der sich gerade erschossen hat, ich glaube ich würde nicht dasitzen und mir das foto anschauen können, das da gerade auf mich gefallen ist. die szene wirkt, finde ich, etwas aufgesetzt.

ansonsten fällt mir gerade nichts mehr ein, was ich zu beanstanden hätte. ich fühlte mich gut unterhalten, die charaktere fühlten sich echt an, man konnte richtig mit dem prot mitfühlen, denn ich als leser bin genauso in der tiefgaragenszene erschreckt, wie der prot, wir beide hatten wohl nicht damit gerechnet. da steckt viel soziale, gesellschaftliche kritik drinnen, vom eheleben über waffengesetze bis hin zu heuschreckenkapitalisten, aber irgendwie passt das hier alles gut zusammen, an diesem tag scheint sich alles im büro getroffen zu haben.

wie auch immer, ich wünsche dir was,
grüße,
zigga

 

Lieber ./,

der Titel war es nicht, der mich in diese Geschichte gelockt hat. Er mag vielleicht zutreffen und stimmen auch, aber kommt recht einfallslos daher. Schließlich verbirgt sich hinter deiner Erzählung ein Ausrufezeichen, du willst uns schon etwas sagen damit und das tust du auch. Doch die Szene, als dein Protagonist am Fenster steht und über seinen Job und seinen Gemütszustand sinniert, wie nahe er doch dem Burnout ist, wie fern sein Job doch der Menschlichkeit ist, das sind mir ein paar Zeigefinger zu viel, das würde ich viel subtiler verarbeiten. So ist das nicht schön und alles in deinem Text ist „anklagend“ und „schlecht“ und „unmenschlich“, nicht so krass wie in der einen Szene, aber doch immer präsent, an vielen Stellen in deinem Text hast du das rein gestreut und mir war das ein wenig überwürzt.

Ein paar Anmerkungen:

Silbern gerahmt, gleich neben Schreibzeug und der Kaffeetasse, steht das stumm anklagende Zeugnis glücklicher Tage auf der Tischplatte. Vater, Mutter, Kind, hübsch arrangiert, abgestuft auf weissen Stühlen sitzend, vor samtblauem Hintergrund. Drei Abzüge zum Preis von zwei, ein Eröffnungsangebot des Fotogeschäfts Baumann, das letzte Woche Insolvenz anmelden musste. Der neue Medienmarkt am Stadtrand fordert bereits seine Opfer.
Die Sprache hat mir bei dieser Geschichte nicht so gut gefallen. Ist solide geschrieben, die meisten Kleinigkeiten wurden ja schon besprochen. An den ersten zwei Absätzen möchte ich dir zeigen, was mir missfallen hat. Das Wort „anklagend“, das uns in diesem Text noch ein paar Mal begegnen wird. Die Beschreibungen, die manchmal ausufern, wie hier die Tischplatte. Schreibzeug und Kaffeetasse sind gute Details, aber wo liegt bzw. steht das denn, wenn nicht auf der Tischplatte. Das ist unnötig. Auch der letzte Satz hier, das ist zu deutlich. Würde ich streichen. Aber es ist ja nicht so, dass mir alles missfällt, ich fand die Beschreibung des Familienfotos schon gut, weil man sich das genau vorstellen kann, so pseudoglückliche Familie vor samtblauem Hintergrund, das ist gut, auch wie das Glück im Rahmen versinkt und das ganze Bild, das auch für diese glückliche Zeit steht, in der Arbeit verstaubt, das Glück verstaubt und das Bild hört auf Erinnerung zu sein – wird Inventar. Das hat mir gut gefallen.

Inzwischen hat unser Jochen das Studium beendet, ist ausgezogen, um sein eigenes Leben zu gestalten. Durch den Wegfall dieser familiensinngebenden Komponente lebten Katrin und ich fortan mehr nebeneinander, als miteinander. Wir funktionieren im Alltag, jeder erfüllt seinen Part, ohne grosse Worte zu verlieren, ausser wenn wir streiten. Dann sind wir jeweils erfinderisch.
Ich kann mich an deine früheren Geschichten erinnern, die waren knackig und frisch geschrieben, die hier verliert sich an manchen (!) Stellen in ziemlich umständlichen und seltsam ordentlichen Formulierungen. Wenn man sein Studium beendet hat und auszieht (hat er das ganze Studium über bei seinen Eltern gewohnt – sad story!?), dann gestaltet man doch nicht sein Leben, und die familiensinngebende Komponente fällt auch nicht weg, und wenn sie weg fällt, dann doch schon früher. Also: Jochen hat sein Studium beendet, ist ausgezogen, lebt jetzt sein eigenes Leben. Seit der Protagonist und seine Frau nicht mehr hauptsächlich Vater und Mutter spielen müssen, fehlt etwas, fällt etwas weg und das führt zu einer Umstrukturierung ihres Alltags, aber die familiensinngebende Komponente – ah, das liest sich fürchterlich, das liest sich wie eine Datei, ohne die das Programm Beziehung nicht funktioniert. Sie funktionieren ja, das stimmt. Aber dann kommt das nächste: Du setzt „ohne große Worte zu verlieren“ gegen „außer beim Streit, da sind wir jeweils erfinderisch“ – und ich verstehe den Widerspruch nicht und überhaupt.

Im Laufe der Geschichte wird das weniger, „fleischige Pranken“ gegen Ende mochte ich nicht, aber größtenteils mochte ich die Darstellung und die Beschreibungen. Ich hoffe, es kommt jetzt nicht so rüber, dass ich deinen Stil Scheiße finde. Das stimmt nicht. Ich mag ihn, hier überrascht mich nur an manchen Stellen der ungewohnt sachliche und komplizierte Ton.

"Barbara? Bitte schick mir doch den Herrn Huber rein."
Nur Herr Huber, oder?

Kurt, du stehst am Rand eines Burnouts.
Oh, so viel Selbstwahrnehmung in diesem Moment. Das würde ich streichen.

verschissene Entlassungsrethorik
Das H umpflanzen: Entlassungsrhetorik.

Ich zerknülle den Zettel und lasse den Tränen ihren Lauf. Was für ein beschissener Tag.

Bitte streiche den letzten Satz. Das „Ich will nicht mehr, mach’s gut.“ hat mich voll erwischt, da wirkt der letzte Satz so nachgeschoben und vermiest das ein bisschen. Jedenfalls ein gelungenes Ende, wie er aus dieser falschen Welt ausbrechen will, zurück ins Heimische, zurück zu Katrin, und es dann doch wieder nicht klappt.

Mir gefällt die Thematik, dass da jemand in einem Zimmer sitzt, der nichts arbeitet, nichts für die Firma tut, außer langjährige, teure und treue, fleißige Mitarbeiter kündigt – oder besser: streicht. Diese Jemands haben eine Akte, in der alles über den jeweiligen Mitarbeiter steht, wie viel er kostet und wie wenig er tatsächlich bringt. Schicksale bekommen Bearbeitungsnummern und wenn sich diese Ziffern bewaffnen und sich rächen, ist das nicht verwunderlich. Dass es eine Armeepistole war, hat mich nicht gestört. Ich mochte die Entscheidung, die ja eigentlich alles ändert, dein Kurt spaziert in die Dunkelheit und schreit die Kündigung in die Tiefgarage und was zurückhallt ist der Vorgeschmack auf das Happy End mit Katrin, wie sie das verstaubte Familienbild abwischt, vielleicht sieht er seine Familie schon ein neues Bild machen, vielleicht mit Jochens Freundin sogar. Aber dann kommt der Huber und führt ihn wieder zurück in die Büroräume und das hat auch etwas Metaphorisches, weil dieser Zwischenfall dazu führt, dass Kurt da bleibt, woraus er fliehen wollte. Das fand ich echt gut, auch lustig dargestellt irgendwie, wie verzweifelt und verplant der Huber ist. Wunderbar auch eingefangen – der Schreibblock als Kündigungsschutz am Anfang. Der Selbstmord ist durchaus nachvollziehbar. Die Geschichte an und für sich gefällt mir, auch das Ende (ohne letzten Satz). Mein Problem ist, dass deine Hände zehn Zeigefinger haben, mach das ein bisschen subtiler, diese Anklage und lass nicht alle Gegenstände anklagend sein, das macht mich als Leser verrückt.

Hat mir gefallen, aber ich bin mir sicher, dass mir deine Geschichte noch besser gefallen würde, wenn sie nicht derart anklagend wäre.

Beste Grüße
markus.

 

He dotslash,

Das ist ja eine starke Geschichte, die du hier auftischst. Stark, weil ich wirklich nicht geahnt habe, in welche Richtung das alles verläuft. Da hast Du genug Raum gelassen, damit alles möglich erscheint. Also diese Entwicklung, das finde ich wirklich gelungen. Wenn das mal kein gesellschaftlich relevantes Thema ist, welches dann. Man muss natürlich echt Pech haben, um genau an einen solchen Huber zu geraten, aber unrealistisch finde ich es nicht in deine Geschichte gepflanzt. Netter Trick, das mit der Akte, da kann man dann auch den Waffenbesitz glaubwürdi unterjubeln.
Raffiniert finde ich auch die Anspielung auf die Privatsphäre. Das mit der Frau steht nicht in der Akte, aber genau wegen solcher Ausklink-Szenarien erhärtet sich die Meinung, das auch solch privaten Aspekte aufgenommen werden sollten. Erschreckend, wenn man das weiterdenkt.

Inhaltlich gibt's also von mir den Daumen hoch, aber im Text verstecken sich noch so ein paar Schwachstellen. Habe mal einige rausgepickt, die mich angepickt haben ;)

Der neue Medienmarkt am Stadtrand fordert bereits seine Opfer.
Willst du hier um den MediAmarkt Bewusst einen Bogen schlagen, oder nennt man das bei euch so? In meinen Ohren klingt das seltsam unbeholfen

Dann sind wir jeweils erfinderisch

Das jeweils kann raus, bremst nur und ist inhaltlich kein Zugewinn, das wir sagt ja bereits alles

Aber eben, Restrukturierung, Abbau von Stellenprozenten, ein Kahlschlag durch alle Abteilungen.
Das finde ich blöd formuliert alt Begründung. Aber eben?

Schichtleiter Jegerlehner nahm letzte Woche das Schlagen zu wörtlich, zog den Produktionsleiter Habermann zu Boden und knallte ihm eine mitten ins Gesicht. Daraufhin wurde Jegerlehner mit sofortiger Wirkung entlassen, Habermann verzichtete auf eine Anzeige. Ich glaube, der hätte bei einem Verfahren wegen Körperverletzung wohl mehr zu verlieren, als diesen einen Zahn. Mann, hat der geblutet. Und alles nur wegen diesen unsäglichen Schlipsträgern in ihren Massanzügen. Aber das ist jetzt nicht meine Baustelle, noch nicht. Und so klappe ich die Akte zu, nehme den Hörer in die Hand und schicke mich an, meine zugewiesene Rolle als Human Resource Assistent zu spielen.
Was der Absatz soll, verstehe ich nicht. Willst bestimmt die atmo besser beleuchten, aber die Personen sind fremd und neu und werfen mich beim lesen raus, verwirrt. Streichen, der Text verliert nichts dadurch

"Huber? Was soll denn das Theater?", Galli ist aufgesprungen und klappt in Ermangelung an Handlungsspielraum seinen Laptop zu.
"Klappe jetzt, auf den Boden, alle drei, los!"

Klapp- Klapp ;)
Wir setzen uns sofort hin und drücken uns zwischen einen ziemlich verstaubten Gummibaum und einen modernen Laserdruckerturm an die Wand.
Verstaubt und modern, letzteres kann weg, finde ich zu penetrant

ich vermute, so hält er nicht lange durch. Und das beängstigt mich enorm
Halte vermuten nicht das richtige Verb in einer solchen Situation, das hat was nachdenkliches, bedächtiges, aber hier rattert das Gehirn...

Dann kotze ich in den Gummibaum.
In den Gummibaum? Will ich sehn :D

Nachdem die Beamten meine Aussage endlich in ihrem Computer speichern konnten und ich dem Careteam eindringlich versichert habe, dass ich alleine klar komme, fahre ich um drei Uhr morgens nach Hause
Versichern ist eindringlich, kann weg

Ich zerknülle den Zettel und lasse den Tränen ihren Lauf. Was für ein beschissener Tag.

Der vorletzte Satz,,das ist der Schlusssatz. Was soll der Nachklapp danach? Hier ist doch nicht ein Tag Mies gelaufen, sondern ein Leben in Trümmern ...

Gern gelesen
Grüßlicht
Weltenläufer

 

Hi, dot!

Schöne Geschichte, mit sehr viel Kritik an der „sozialen“ Marktwirtschaft.
Und spannend. Obwohl, gerade der spannende Schluss gehört nicht mehr zur eigentlichen Geschichte. Die ist zu Ende, als Kurt denkt: „Das soll sich ab morgen ändern. Und heute will ich feiern, mit Katrin“, jedenfalls, was die Entwicklung der Hauptfigur betrifft.
Alles danach kommt mir vor wie eine angehängte Anekdote.

Auch wandelt sich der Erzählton. Der erste Teil folgt anfangs einem Desillusionierungsschema, ernst, düster und tragisch, darauf hin folgt ein Lichtstreif am Horizont, die Konfliktlösung (Ausstieg und Buchladen).
Der krimihafte zweite Teil wird dann eher, und seltsamer Weise, fast beinahe humorig und mit leichtem Spott erzählt. So Sachen lassen mich beim Lesen aufglucksen:
Im hinteren Teil der Halle blinken die Scheinwerfer einer Limousine mit Firmenlogo auf. Absurd, am besten lasse ich Huber noch ein paar Löcher reinschiessen.

In der Türöffnung taucht wie ein genialer Regieeinfall Burgissers gedrungene Gestalt auf.

Galli sitzt hinter seinem Laptop und blickt uns verdutzt an, als seien wir die drei Weisen aus dem Morgenland. Nur bringen wir leider keine teuren Geschenke, sondern wir haben den Tod im Schlepptau.

Er läuft hin und her, sein Gesicht nimmt zunehmend die Farbe des Gummibaumes an,

Dann kotze ich in den Gummibaum.

Nachdem die Beamten meine Aussage endlich in ihrem Computer speichern konnten

Was für ein beschissener Tag

Tja, davon abgesehen, wie könnte ich zu einer anderen Lesart finden? Vielleicht ist mein erster Eindruck falsch.
Wenn ich nun über das Thema nachdenke, komme ich zu dem Schluss, hier kämpfen zwei Wertesysteme gegeneinander, die Mächtigen (im Hintergrund) gegen die Ohnmächtigen (im Vordergrund – auch Kurt zählt dazu). Das Motiv ist in der freien Wirtschaft im mittleren Management angesiedelt. Dort agieren die Figuren.
So gesehen ist die Entwicklung der Handlung von Anfang bis Ende annehmbar.

Dennoch, ich komme nicht davon ab, dass die Entwicklung der Hauptfigur vorzeitig beendet ist. Sie hat ihren Konflikt mit den Mächtigen bereits gelöst, als das Krimi-Drama in der Tiefgarage seinen Lauf nimmt. Und so bleibt ihr am Ende auch nur der phlegmatische Schlusssatz: „Was für ein beschissener Tag.“

So entlässt mich die Geschichte mit gemischten Gefühlen.

Lieben Gruß

Asterix

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo dot

Hat mir ingesamt sehr gut gefallen, wobei ich sagen muss, dass die Geschichte mit zunehmender Länge besser wird.

Der Anfang gefällt mir nicht. Das mit dem ständigen "anklagend" ist mir auch aufgefallen, das solltest du unbedingt streichen.

Mir hat es Mühe bereitet, in die Geschichte reinzukommen. Ich finde, du solltest schneller zum Kern der Sache vorstossen. Also bis zu dieser Stelle hier:

"Barbara? Bitte schick mir doch den Herrn Huber rein."

hab ich nicht so recht verstanden, worum es geht und worauf du hinauswillst. Das kann zum einen an der inzwischen fortgeschrittenen Uhrzeit liegen, aber vielleicht auch daran, dass du gleich in den ersten Absätzen viele Themen zusammenwürfelst: Da wird bemängelt, dass grosse Ladenketten den kleinen Händler um die Ecke "schlucken", da ist von einem Familienkonflikt die Rede, von einem Sohn, der die Familie zusammengehalten hat und jetzt nicht mehr da ist, dann von einer Schlägerei zwischen einem Schicht- und Produktionsleiter. Da frage ich mich als Leser schon, hm, worauf will er jetzt eigentlich hinaus? Ich fände es besser, du würdest einen direkteren Einstieg wählen (bspw. beginnen mit dem oben zitierten Abschnitt) und die anderen Dinge später einstreuen, wenn sich die Geschichte schon auf der richtigen Spur befindet.

Ab dem Teil wirds dann aber richtig gut.
Kleiner Kritikpunkt an der Stelle: Ein solches Gespräch wird in einem Unternehmen idR nicht allein mit jemandem vom HR geführt. So jemand ist zwar anwesend, aber normalerweise sollte der Linienvorgesetzte von Hr. Huber auch dabei sein.
Und ein Vorschlag: Ich finde es schade, dass du das Gespräch selbst ausblendest. Das hätte mich interessiert, vor allem wäre es eine Gelegenheit gewesen, die Figur Huber dem Leser vorzustellen. So bleibt er lange Zeit ja sehr im Hintergrund. Versteh mich nicht falsch, die Figur kommt glaubwürdig rüber und ich finde sie gelungen. Aber ich denke, es lohnt sich, mal zu überlegen, welche Möglichkeiten du durch die Darstellung des Gesprächs zusätzlich hättest, die Figur dem Leser näherzubringen. War es für dich von Anfang an klar, das Gespräch auszublenden, oder steckt da eine bestimmte Absicht dahinter? Das würde mich interessieren.

Dann verknüpfst du sehr schön die tragischen Schicksale des Erzählers und von Huber. Beide scheitern auf ihre Art im Leben, und bei beiden hängt es eng mit der Arbeit zusammen. Auch wenn es bei Huber "nur" der Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen bringt - man erkennt, welches zentrale Fundament der Arbeitsalltag im Leben vieler Menschen bildet, wie sehr er ihr Leben ausfüllt. Das gilt für beide. Bei Huber bricht dieses Fundament weg, was ihn entgültig verzweifeln lässt. Beim Erzähler macht es sich auf zwei Arten bemerkbar: Zum einen vernachlässigt er die Familie, zum anderen fällt ihm aber auch auf, wie sehr er seine Arbeit eigentlich verabscheut - und er fragt sich, lohnt sich das, was ich tue, zu dem Preis, den ich dafür zahle?

Das sind verschiedene Aspekte, die du wirklich schön zusammenfügst zu einer runden Geschichte, und dabei auch nicht zu aus- oder abschweifend wirst. Auch der Erzähler wirkt auf mich glaubwürdig, auch was seinen spontanen Entschluss mit dem Bücherladen angeht. Ich kann das verstehen, dass es anfangs nur eine Idee ist, die man vielleicht immer wieder kopfschüttelnd verwirft - aber sie reift in einem, kommt immer wieder, und irgendwann fasst man dann diesen Entschluss - wenn der passende Auslöser kommt.

Und dieser Auslöser ist das Gespräch mit Huber. Und für Huber ist dieses Gespräch ebenfalls ein Auslöser, für das, was er dann tut. Also die Schicksale von beiden sind sehr ähnlich, das gefällt mir an der Geschichte, dass du anhand von Huber und dem Erzähler eigentlich dieselbe Thematik in verschiedenen Facetten beschreibst. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, sind sich beide doch sehr ähnlich.

Mit Hubers Selbstmord endet die Geschichte dann so, wie es in der Realität auch am wahrscheinlichsten wäre. Es gibt keinen Amoklauf, keine stundenlange Geiselnahme - das wäre auch zu effekthascherisch gewesen. Auf sowas verzichtest du komplett, und trotzdem hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen. Gut hat mir auch das Ende gefallen, dieser letzte Tiefschlag für den Erzähler. Jemand hat angeregt, den letzten Satz zu streichen und die Geschichte damit enden zu lassen:

"Ich will nicht mehr, mach's gut!"

Ich unterstütze die Idee, finde das auch einen besseren Abschluss. Der Leser kann dann selbst überlegen, wie der Erzähler darauf reagiert, und dass es ein beschissener Tag war - ja, wer würde das bestreiten?

Also zusammenfassend, der Anfang überzeugt mich nicht, aber nach den ersten drei Absätzen entwickelt sich eine interessante Geschichte mit lebendigen Figuren, die letzten Endes aus demselben Grund aber auf verschiedene Art und Weise im Leben scheitern. Und das bei glaubhafter, aktueller Thematik. Ingesamt hats mir sehr gut gefallen.

Kleinigkeiten noch am Text:

nicht nur Jahreszeitbedingt

würde ich klein schreiben, bin aber auch nicht ganz sicher, ist das nicht ein Adjektiv hier?

"Nehmen sie Platz, Herr Huber",

Sie - in der Anrede immer (ist auch an anderen Stellen klein geschrieben)

"Halt nein, wir gehen besser wieder nach oben!", krächzte Huber.

Da verfällst du kurz in die Vergangenheit.

als seien wir die drei Weisen aus dem Morgenland. Nur bringen wir leider keine teuren Geschenke, sondern wir haben den Tod im Schlepptau.

Ist mir hier zu aufgesetzt, zu pathetisch, passt auch nicht zum sonst eher nüchternen Stil.

Bis zum nächsten Mal,
viele Grüsse Schwups

 

Hallo zigga

Schön, dass der Plot auch für dich funktioniert hat.

keine ahnung, ist jetzt nichts großes, aber dass da ständig sachen anklagend herumliegen ist mir irgendwie aufgefallen.
Ja, dass ist wahr. Jetzt, wo das du (und andere) mir das so augenfällig aufzeigen, trenne ich mich von zwei Anklagen.
Den Schreibblock lasse ich aber so liegen. ;)

... aber das mit der armeepistole fand ich dann doch ein bisschen aufgesetzt. kann man das wirklich auf den ersten blick unterscheiden, was eine armeepistole ist und was nicht? ...
Jaha, wir Schweizer können so was. hehe.

... wenn sich einer vor mir erschießt und das halbe zeug vom tisch reißt, auf mich drauf schmeißt, dann schaue ich glaube ich instinktiv erstmal denjenigen an, der sich gerade erschossen hat, ich glaube ich würde nicht dasitzen und mir das foto anschauen können, das da gerade auf mich gefallen ist.
Kann man so sehen, aber ich finde, das eine schliesst das andere nicht aus. Im Film wäre es eine kurze (2s) Nahaufnahme, wenn das Bild im Schoss landet, dann schwenkt die Kamera auf das Opfer.

an diesem tag scheint sich alles im büro getroffen zu haben.
Genau so. :D

Danke für deine wertvolle Rückmeldung.

******************************

Hallo markus

der Titel war es nicht, der mich in diese Geschichte gelockt hat.
Oha, da hatte ich Glück, dass du sie trotzdem gelesen hast.
Vielleicht hätte ich den Arbeitstitel ("Die Akte Huber") übernehmen sollen, was meinst du?
:D

So ist das nicht schön und alles in deinem Text ist „anklagend“ und „schlecht“ und „unmenschlich“, nicht so krass wie in der einen Szene, aber doch immer präsent, an vielen Stellen in deinem Text hast du das rein gestreut und mir war das ein wenig überwürzt.
Ich sehe, was du meinst, dieses überdosierte "anklagend" ist tatsächlich zuviel des Guten. Da muss ich noch einmal drüber und etwas Gewürz herausnehmen. Den Medienmarkt, die familiensinngebende Komponente und zwei "anklagend" nehm ich raus.

Die fleischigen Pranken reduzier ich einfach auf zwei Hände, man muss ja nicht immer gleich übertreiben. ;)

Deine anderen Bemerkungen habe ich übernommen, und ja der überflüssige Schlusssatz, das haben noch andere als Überflüssig empfunden, also weg damit.

Ich hoffe, jetzt kommt es weniger anprangernd daher.
Danke auch dir fürs Lesen und Besprechen.


Lieben Gruss
dot

****************************************
P.S.: Ich freu mich so über die zahlreichen und fundierten Rückmeldungen, komme einfach nur nicht nach mit Antworten, aber ich arbeite daran ...
;)

 

Vielleicht hätte ich den Arbeitstitel ("Die Akte Huber") übernehmen sollen, was meinst du?
Gefällt mir jetzt auch nicht sonderlich. Ich sage ja nicht, dass ich den Titel "Die Entscheidung" schlecht finde. Ich finde, er wirkt sehr einfallslos, und das bist du nun wirklich nicht. Man kann ihn schon so stehen lassen, denke ich.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey dotslash,

schön dich mal wieder zu lesen!

Thema gefällt mir gut. Habe ich auch schon mal versucht, also, wie fühlt es sich an, jemanden zu entlassen, wurde aber nicht so doll. Ich muss sagen, dass ich echt froh war, dass die Geschichte nicht da abgebrochen ist, wo er nach Hause fährt und seine Welt wieder in Ordnung ist. So in rosa und alles wird gut Optik. Ich fand den Huber mit seiner Pistole in der Tiefgarage echt wichtig für die Geschichte.

Ich habe zwei Dinge, die ich nicht so toll fand. Die kommen aber daher, dass ich, wenn mich ein Thema selbst in den Fingern kribbelt, daran denke, wie ich die Geschichte aufgebaut und angelegt hätte. Und dass ist dann schon ein Unterschied, ob ich es eben nur anders anpacken würde, oder ob ich da wirklich Kritik an dem Text übe. Ich will es trotzdem aufschreiben, und dir dann denken, ja, ist aber meine Geschichte! Recht hast Du ;).

Zum ersten hat mich gestört, dass die Wandlung da von ihm so schnell kam. Er entlässt da Haufen von Leute und dann kommt der Tropfen Huber, der das Fass zum überlaufen bringt. Auf einmal stört es ihn und du entlässt ihn dann nach der Entscheidung auch noch in so in romantische Zukunft. Denn so klingt es für ich. Ein Buchlädchen, Landleben, eine Chance für die Ehe. Im Prinzip tauscht er nur schlecht für nur gut. Klar ist das finanzielle für viele etwas, was sie hält und Dinge machen lässt, die ihnen nicht gefallen, keine Frage und von daher hier auch berechtigt, aber du machst es deinem Prot. mit dieser Zukunftsaussicht auch recht leicht diesen Entschluss zu fassen. Also, da bewegt mich sein Entschluss kaum, weil ich nicht das Gefühl habe, dass er tatsächlich etwas opfert, sondern eigentlich nur gewinnt. Ich denke, da verspielt man ein wenig die Möglichkeit, dem Prot. wirklich nahe zu kommen.

Was ich auch anders machen würde, ist die Dramatik um die Ehe. Das sie am Ende weg ist. Die Geschichte bereitet das schon vor und es läuft auch folgerichtig darauf hinaus, aber eigentlich läuft das ja im Hintergrund mit. Und mir persönlich ist das zu viel Tragik für einen Tag. Das wirkt auf mich sehr überladen. Weil es ja auch so laute Dinge sind, die ihm da passieren. Entscheidung, dass Leben umzukrempeln, Bedrohung mit einer Waffe, zusehen müssen, wie sich wer erschießt und dann noch Frau weg. Das sind vier (!) heftige Erlebnisse auf so kurzem Text. Weiß nicht, ob man sich damit einen Gefallen tut. Auf mich wirkt es überladen. Aber ich bin eh mehr der Typ für das Leise und Stille.

Noch ein bisschen Text:

Wir funktionieren im Alltag, jeder erfüllt seinen Part, wortlos, ausser wenn wir streiten, dann sind wir erfinderisch.

Mag ich gern.

Aus Grindelwald, eine von den Bergen also.

So was steht in den Akten? Echt? Und warum dann nicht, dass sie in der Psychiatrie ist?

In der einen Hand hält er nutzlos einen leeren Schreibblock.

Das fand ich auch hübsch. Hab ich so aufgefasst, wie die letzte Hoffnung, etwas, woran man sich klammern kann. Wie so ein Teddy für Kinder.

Den Schreibblock hält er nun wie einen Schild an seinen Körper gepresst, so, als wolle er sich vor den zu erwartenden Worten schützen.

Das dicke würde ich rausnehmen und dem Leser überlassen.

Nur der Schreibblock liegt noch stumm anklagend auf dem Stuhl, ich lasse ihn liegen, lasse Herrn Huber ziehen, was soll er auch noch damit.

dito

Ich gehe zum Schrank, hole die kleine Flasche vom letzten Firmen-Jubiläum aus der untersten Schublade hervor. Der Verschluss knackt jungfräulich beim Öffnen und ich fülle eine grössere Menge des rauchigen Islay-Whisky in meine Kaffeetasse. In einem Zug, ohne gross zu kosten, fliesst die teure Flüssigkeit wie Medizin in meinen Magen. Das wohlige Brennen ist von kurzer Dauer, der Alkohol riecht falsch und wirkt plötzlich fehl am Platz.

Ja klar, was auch sonst. Das erwartet man als Leser so und es kommt auch :). Hätte mich wirklich gefreut, hier mal eine Variation des "Bekämpfens" zu lesen. Keine Ahnung, Liegestütze oder so.

Ich schliesse das Fenster, stelle die Tasse wieder neben das Baumann-Foto und fasse einen Entschluss.

Ja, und der kommt für mich so ein bisschen wie Kasper aus der Box daher. Sorry.

aus einem Büro ist noch Tastaturgeklapper und gedämpftes Lachen zu hören, sicher die Herrenvögel Burgisser und Galli. Klar, diese Erbsenzähler haben gut Lachen, ihnen wird die Arbeit nicht ausgehen und dafür gibt's auch (noch) richtig Kohle.

Herrenvögel hat mich rausgehauen

"Halt nein, wir gehen besser wieder nach oben!", krächzt Huber.
Ich stutze, anscheinend hat er keinen Plan, handelt instinktiv, mir dreht sich der Magen und mir wird kurz schwindlig.

Mochte ich auch sehr.

Was will er nur damit erreichen? Klar, ich bin in seinen Augen der Urteilsvollstrecker, und somit direkt Schuld an seinem Rauswurf. Aber was will er von mir konkret? Ich kann ihm den Job nicht zurückgeben.

Für mich ein Rotstiftkandidat.

Galli ist aufgesprungen und klappt in Ermangelung an Handlungsspielraum seinen Laptop zu.

Genau! Kauf ich, mag ich.

"Bin bei Mama, Essen ist in der Tonne, Mikrowelle ist ja eh IMMER NOCH kaputt."

Essen ist in der Tonne - da war sie mir so unglaublich sympathisch auf einmal :)

So wirkt die Wohnung peinlich aufgeräumt und an der defekten Mikrowelle klebt ein gelber Zettel:
"Ich will nicht mehr, mach's gut!"

Ja ein: So wirkt die Wohnung peinlich aufgeräumt und an der defekten Mikrowelle klebt ein gelber Zettel: Essen ist in der Tonne - hätte mir persönlich auch gereicht. Aber ich gebe zu, das ist Vorliebensache.

Trotz meiner Punkte da, habe ich die Geschichte gern gelesen und ich fand das auch spannend, ab Fahrstuhl. Zum Teil sind da echt schöne Momente im Text.

Beste Grüße Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo weltenläufer

Also diese Entwicklung, das finde ich wirklich gelungen. Wenn das mal kein gesellschaftlich relevantes Thema ist, welches dann.
Schön, dass ich deinen Nerv treffen konnte.

Raffiniert finde ich auch die Anspielung auf die Privatsphäre. Das mit der Frau steht nicht in der Akte, aber genau wegen solcher Ausklink-Szenarien erhärtet sich die Meinung, das auch solch privaten Aspekte aufgenommen werden sollten.
Ja, der Datenschutz hat auch so seine Schattenseite.;)

Erschreckend, wenn man das weiterdenkt.
Genau, denn hätte es etwas am Verhalten Hubers oder Meissners geändert, wenn die tragischen Ereignisse in Hubers privatem Umfeld aktenkundig gewesen wären? Ich glaube nicht, ok, Meissner hätte sich vielleicht noch etwas schwerer getan, Huber die schlechte Nachricht zu eröffnen, aber schlussendlich ist das sein Bussiness und darin hat er zu funktionieren, kann sich hinter der Rolle des HR-Assistenten verstecken. Und möglicherweise hätte das seinen Entschluss auszusteigen eher noch bekräftigt.

Willst du hier um den MediAmarkt Bewusst einen Bogen schlagen, oder nennt man das bei euch so? In meinen Ohren klingt das seltsam unbeholfen
Heisst auch bei uns MediaMarkt, wollte tatsächlich einen Rechtsstreit vermeiden, was sich nun durchs Wegkürzen sowieso erledigt hat.

Was der Absatz soll, verstehe ich nicht. Willst bestimmt die atmo besser beleuchten, aber die Personen sind fremd und neu und werfen mich beim lesen raus, verwirrt. Streichen, der Text verliert nichts dadurch
Genau so isses, also weg mit dem Intermezzo (who the fuck is) Jegerlehner.

Dann kotze ich in den Gummibaum.
In den Gummibaum? Will ich sehn
Ok, ich spendier ihm 'nen Kübel. :D

Die anderen Bemerkungen habe ich auch umgesetzt, und die Geschichte endet jetzt genau da, wo's weh tut.
;)

Danke dir fürs Lesen und Kritteln!

***

Hallo Asterix

Schöne Geschichte, mit sehr viel Kritik an der „sozialen“ Marktwirtschaft.
Und spannend.
Danke schööööön.

Obwohl, gerade der spannende Schluss gehört nicht mehr zur eigentlichen Geschichte. Die ist zu Ende, als Kurt denkt: „Das soll sich ab morgen ändern. Und heute will ich feiern, mit Katrin“, jedenfalls, was die Entwicklung der Hauptfigur betrifft.
Alles danach kommt mir vor wie eine angehängte Anekdote.
Das ist ein interessanter Aspekt. Du identifizierst dich mehr mit Kurt Meissner als mit Huber, der in deiner Lesart nur eine Nebenrolle hat. Und ja, du hast schon recht. Was ändert das an Meissners weiterem Leben? Gut, am Ende landen Kurts Pläne in der Tonne, und das wollte ich schon im Zusammenhang mit der "Anekdote" verstanden haben, Ursache und Wirkung. Aber schon cool, wie der Text unterschiedlich wahrgenommen wird.

Der krimihafte zweite Teil wird dann eher, und seltsamer Weise, fast beinahe humorig und mit leichtem Spott erzählt.
Volle Absicht, ich wollte damit das Phänomen des Galgenhumors reflektieren, der bei unerträglichen Konfliktsituationen oft als Schutz vor dem Überschnappen zum Einsatz kommt.

Dennoch, ich komme nicht davon ab, dass die Entwicklung der Hauptfigur vorzeitig beendet ist.
Möglicherweise ist der kurze Text, wie Fliege später auch anmerkte, tatsächlich etwas überladen. Eigentlich habe ich hier zwei Hauptfiguren erzeugt, einerseits den Erzähler mit seiner kaputten Beziehungskiste und andererseits Huber, der durch die Hölle geht und am Ende un einen Ausweg sieht. Du hast dir den Erzähler herausgepickt, und damit war für dich die Geschichte in der Mitte bereits beendet, obwohl durch die Anekdote sein weiterer Werdegang eine entscheidende Wendung erfährt. Denn was wäre gewesen, wenn er ungehindert, unterwegs eine neue Mikrowelle kaufend, rechtzeitig zu Hause angekommen wäre? ;)

So entlässt mich die Geschichte mit gemischten Gefühlen.
Das kann man jetzt auch positiv werten. Schliesslich ist am Ende der Geschichte für die Protagonisten ziemlich viel Aufräumarbeit vorhanden, andererseits wächst wohl auch Gras über die Sache, ich meine, wen kümmert jetzt noch Hubers Frau oder Meissners kaputte Mikrowelle. :(

Danke dir fürs Lesen und Kritiksen!

***

Hallo Schwups

Hat mir ingesamt sehr gut gefallen, wobei ich sagen muss, dass die Geschichte mit zunehmender Länge besser wird.
Merci!

Der Anfang gefällt mir nicht. Das mit dem ständigen "anklagend" ist mir auch aufgefallen, das solltest du unbedingt streichen.
Passé!

Ich fände es besser, du würdest einen direkteren Einstieg wählen (bspw. beginnen mit dem oben zitierten Abschnitt) und die anderen Dinge später einstreuen, wenn sich die Geschichte schon auf der richtigen Spur befindet.
Ich habe den Eingang etwas gerafft, aber das Ganze noch umzustellen, das trau ich mich im Moment nicht. Später, mit etwas Abstand, vielleicht ...

Ein solches Gespräch wird in einem Unternehmen idR nicht allein mit jemandem vom HR geführt. So jemand ist zwar anwesend, aber normalerweise sollte der Linienvorgesetzte von Hr. Huber auch dabei sein.
Stimmt, das ist normalerweise so. Muss ich nun entweder unter künstlerische Freiheit abbuchen, oder später, mit etwas Abstand, vielleicht ... :D

War es für dich von Anfang an klar, das Gespräch auszublenden, oder steckt da eine bestimmte Absicht dahinter? Das würde mich interessieren.
Das ist tatsächlich so. Ich wollte zeigen, dass solche Gespräche an der Situation nichts mehr verändern, die Entscheidung ist gefallen, Huber verliert seinen Job, basta. Was soll dann noch das ganze "Wir waren immer zufrieden mit Ihnen, aber leider zwingen uns die Umstände..." - Blabla. Das wollte ich damit ausdrücken.

Das sind verschiedene Aspekte, die du wirklich schön zusammenfügst zu einer runden Geschichte, und dabei auch nicht zu aus- oder abschweifend wirst. Auch der Erzähler wirkt auf mich glaubwürdig, auch was seinen spontanen Entschluss mit dem Bücherladen angeht. Ich kann das verstehen, dass es anfangs nur eine Idee ist, die man vielleicht immer wieder kopfschüttelnd verwirft - aber sie reift in einem, kommt immer wieder, und irgendwann fasst man dann diesen Entschluss - wenn der passende Auslöser kommt.
Das ist eine gute Zusammenfassung gegen Flieges Unbehagen, die Entscheidung käme so plötzlich. Schön, wie du das zwischen den Zeilen gelesen hast.

Jemand hat angeregt, den letzten Satz zu streichen
Yep, endet jetzt da, wo's weh tut.

als seien wir die drei Weisen aus dem Morgenland. Nur bringen wir leider keine teuren Geschenke, sondern wir haben den Tod im Schlepptau.
Ist mir hier zu aufgesetzt, zu pathetisch, passt auch nicht zum sonst eher nüchternen Stil.
Den überlege ich mir noch, (kill your darlings), vielleicht mit etwas Abstand ...
;)

Ich danke dir fürs Lesen und deine Rückmeldung.

***************

P.S. Für Fliege gibts später auch noch Antwort, jetzt muss ich aber erstmal los ...

Liebe Grüsse an alle,
dot

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus dotslash,

mir hat diese Geschichte ausnehmend gut gefallen, jetzt beim zweiten Lesen noch besser als beim ersten.
Stilistisch, thematisch, inhaltlich, dramaturgisch finde ich sie wirklich gelungen, nicht gerade ein hirnwegfetzendes, aber doch ein sehr angenehmes, erfreuliches Leseerlebnis.
Alles, was mir während der ersten Lektüre an Schwächen und kleinen Fehlern aufgefallen ist, hast du mittlerweile offenbar überarbeitet oder beseitigt. Ich komme sozusagen in den Genuss der Gnade des späten Kommentierens, und muss mich nicht mehr mit dem elenden Kleinkram beschäftigen.
Den Anfang scheinst du gehörig gestrafft zu haben, die für mich ursprünglich etwas missverständlich geschriebene Szene zwischen dem Schichtleiter und dem äh, Dingsbums, ist rausgeflogen, und noch ein paar Sachen, glaub ich. Aber für mein Gefühl verliert die Geschichte dadurch nichts an gesellschaftskritischer Relevanz, dafür gewinnt sie an Tempo, sie bleibt nun näher beim Protagonisten und führt mich unmittelbarer zum wesentlichen Geschehen.

Sehr gut gelingt es dir auch, mir den Icherzähler nahezubringen, in all seiner Ambivalenz. Alleine die Art, wie Meissner sich nur aus dem Akt ein Bild des Hubers macht und sich den vorstellt als

… loyalen Duckmäuser, nie laut, immer fleissig, selten krank

zeigt seine zynische Menschenverachtung, ohne die er den - sicherlich obszön hoch dotierten und mit zusätzlichen Boni (Abschussprämien?) belohnten - Job nicht jahrelang hätte ausüben können. Die eigentlich positive Eigenschaft der Loyalität verkehrt er in ihr Gegenteil („loyaler Duckmäuser, immer fleißig, ein richtiger Scheißlooser halt …“) Das klingt schon sehr bitterböse, aber gleichzeitig scheint er sich trotz des seelenlosen Jobs einen Rest von Gewissen bewahrt zu haben.

Ich öffne die Akte, atme leise durch und spule, wie schon bei den anderen beklagenswerten Mitarbeitern zuvor, die ganze verschissene Entlassungsrhetorik herunter.

Nun ja, und wenn er nicht die letzte Selbstachtung verlieren will und sofern er keinen Amboss in der Brust hat, muss er seine eigene Situation schleunigst ändern.

Ich schliesse das Fenster, stelle die Tasse wieder neben das Baumann-Foto und fasse einen Entschluss. Ich werde Katrins Wunschtraum erfüllen,

Mir ist natürlich klar, dass dieser Entschluss offenbar schon lange in ihm reift, aber irgendwie wirkt mir dieser Satz hier so hingeknallt, als träfe Meissner die Einsicht so plötzlich und überraschend wie der Blitz aus heiterem Himmel.
Hier bedürfte es für mein Gefühl noch einer klitzekleinen Einstimmung, Vorbereitung für den Leser, ein, zwei Sätze, was weiß ich, irgendeine Erwähnung nebenbei, dass er schon lange mit dieser Entscheidung ringt.
Also das ist die einzige Stelle, mit der ich nicht ganz zufrieden bin.

Den ganzen Rest dann finde ich klasse, trotz oder vielleicht gerade wegen der zeitweiligen Situationskomik, die sich wie beiläufig einschleicht, aber überhaupt nicht absurd oder aufgesetzt wirkt.
Sowie die ganze Geschichte auf mich nicht konstruiert wirkt, sondern folgerichtig alltäglich irgendwie. Vollkommen realistische, mögliche und plausible Umstände und Geschehnisse treffen zufällig aufeinander, eskalieren und lassen letztendlich das Leben zweier Menschen implodieren, auf die eine und die andere Art halt.

War mir ein echtes Vergnügen, dotslash!

offshore

 

Lieber dot,
vielleicht schaff ichs ja noch vor dem Abend, dass du den Kommentar liest.
Mit hat deine Geschichte sehr gut gefallen.
Es ist einfach das Thema, das mich anzieht. Hab vor einger Zeit von ein paar Gewaltattacken in Jobcentern und so gelesen, auch die Massenentlassungen, die es ja über- und überall gibt, die geben eine heftige Brisanz ab. Ich hab mich einfach eh schon gewundert, dass nicht schon jemand was über einen soclhen Zusammenhang geschreiben hat.
Und du hast es schön gemacht. Ich finde auch deine Überarbeitung gut, die Stellen, die auch ich moniert hätte, sind nun draußen.
Der Anfang, wie er jetzt ist, gefällt mir, weil da das verlorene Familienidyll gezeigt wird, das er durch seine Arbeit verloren hat. Er ist ja in gewisser Weise auch ein Opfer dieser Entlassungspolitik, auch wenn er gleichzeitig der Exekutor dieser Politik ist. Ein übler Job muss das sein, wenn man sich da mal reinversetzt. Es wundert einen, dass er so lange überhaupt durchgehalten hat.

Diesem loyalen Duckmäuser, nie laut, immer fleissig, selten krank.
Boah, da hab ich den Icherzähler mal kurz gehasst. Erst setzt man die Leute mit volkswirtschaftlichem Knowhow unter Druck, so dass sie um ihres Jobs willen gehorchen, und dann fällt man ein geschmäcklerisches Urteil über sie. Das passt zusammen, macht ihn aber nicht angenehm.

Der Ausdruck auf seinem eingefallenen Gesicht zeigt eine Mischung aus Neugier und Angst, irgendwie das Unausgesprochene bereits ahnend. In der einen Hand hält er nutzlos einen leeren Schreibblock. Warum läuft hier nur jeder mit so einem Schreibblock herum und täuscht so Geschäftigkeit vor?
'Schaut her, ich habe zu tun, keine Zeit, ich werde gebraucht.'
Ich fand das toll, wie du ihn da beschreibst. Das macht seine Angst so deutlich. Und auch die folgende Stelle:
Er kommt mit hängenden Schultern näher, starrt auf den Aktenordner auf meinem Tisch und schiebt sich rasch auf den angebotenen Stuhl. Den Schreibblock hält er nun wie einen Schild an seinen Körper gepresst, so, als wolle er sich vor den zu erwartenden Worten schützen.
Das hast du echt schön gemacht über die Körpersprache und so und über eine so einfach Sache wie den Schreibblock. Ich glaube, es gab Kommentatoren, die den Schreibblock nicht so gut fanden. Vielleicht hab ich mich da aber auch verlesen. Ich jedenfalls finde diesen Block genial. Für mich zeigt das wunderbar, wie der Huber sich entwickel. Und dann lässt er ihn auch liegen.

Was mich aber gewundert hat, bei einer über dreißigjährigen Firmenzugehörigkeit bekäme er doch eine Abfindung.
Mich verblüfft es einfach, dass da so gar nichts erwähnt wird.
Wurscht. Die Geschichte geht ja trotzdem.

Auch der weitere Verlauf der Geschichte war spannend, die Wendungen fand ich gut. Ich hatte eigentlich erwartet, nachdem Huber auftauchte und ihn bedrohte, dass jetzt die Polizei kommt und ein Riesendrama sich entspinnt mit Geiselnahme usw. Ich fand es so stimmiger und besser. Und vor allem, dass es passiert, nachdem er sich aus dieser schlimmen Mühle, in der er nur der Überbringer von Existenzvernichtung ist, befreien will.

Ja, alles sehr spannend und bedrückend. Auch dass er letztendlich zu spät kommt, das gefiel mir.
Ich fürchte aber, ich bin die einzige, die das Ende immer noch moniert.
Und zwar aus zwei Gründen:
1. Ich habe es nicht bemerkt, dass die Ehe der beiden so kaputt ist, dass sie kurz vor dem Weglaufen ist. Und die Tatsache, dass er neu anfangen will und das ihr auch sagt, das spricht doch total gegen das Weglaufen. Das passt für mich logisch überhaupt nicht. Ich hab mich auch gewundert, dass das gar keiner moniert hat außer mir. Muss an deinem guten Namen liegen, der macht betriebsblind hihi. :lol:
Und 2. Mir gefällt der Zettel nicht, der ist so naja, albern dahingeschrieben und gehängt. Also das kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Frau ihren Mann so verlässt. Es ist ein beliebtes Bild in Filmen und Büchern, ich weiß, ich finde es trotzdem unrealistisch. Die Frauen, die ich kenne, die ihre Männer verlassen haben, die haben ihnen das entweder gesagt oder sie haben einen ausführlichen Brief geschreiben oder bei großem Zorn - gar nichts hinterlassen außer zertrümmerten Klavieren u.ä. Naja, so oft hab ich das auch noch nicht erlebt/gehört. Es kommt mir halt ein bisschen abgenudelt vor. Ich fände das Ende stimmiger, wenn die Wohnung einfach leer wäre und er an irgendwas merkt, dass sie weg ist für immer. Und ich fände es auch stimmiger, wenn in dem Telefonat noch irgendein winziges Indiz vorkäme für ihre genervte Stimmung. Das Schnarren im Telefon war ja ein vielversprechender Beginn.
Wie auch immer, du wirst es nicht schon wieder ändern wollen, nachdem du ja bereits geändert hast. Ich kann auch so leben mit dieser wunderschönen, beklemmenden Geschichte.
Hat Spaß gemacht, sie zu lesen.
Ich wünsch dir was im Schnee.
Novak

 

So, zurück vom Schneeschippen ...

Hallo Fliege
schön, dass dir die Geschichte im grossen Ganzen gefällt.

Zum ersten hat mich gestört, dass die Wandlung da von ihm so schnell kam. Er entlässt da Haufen von Leute und dann kommt der Tropfen Huber, der das Fass zum überlaufen bringt. Auf einmal stört es ihn und du entlässt ihn dann nach der Entscheidung auch noch in so in romantische Zukunft.
Ich gebe zu, die Entscheidung Meissners ist ziemlich zwischen den Zeilen gereift, ich hoffte allerdings, die Einschübe bezüglich VorgeschichteBeziehungsknatsch reichten aus:
Katrin und ich leben seither mehr nebeneinander, als miteinander. Wir funktionieren im Alltag, jeder erfüllt seinen Part, wortlos, ausser wenn wir streiten, dann sind wir erfinderisch.
:
Habe ich sie doch schon so oft versetzt, spät abends dann nur einen Zettel vorgefunden: "Bin bei Mama, Essen ist in der Tonne, Mikrowelle ist ja eh IMMER NOCH kaputt."​
Leider hat es bei dir nicht funktioniert, das ist schade.

Was ich auch anders machen würde, ist die Dramatik um die Ehe. Das sie am Ende weg ist. Die Geschichte bereitet das schon vor und es läuft auch folgerichtig darauf hinaus, aber eigentlich läuft das ja im Hintergrund mit.
Nein, ich wollte eigentlich die Dramatik reinbringen, dass er ja endlich mal Nägel mit Köpfen macht, sogar heim zum Feiern kommen will und dann ist doch alles wie immer, er erscheint wieder nicht, und so läuft das Fass endgültig über - für sie!

Und mir persönlich ist das zu viel Tragik für einen Tag. Das wirkt auf mich sehr überladen.
Dazu muss ich erwähnen, dass ich mir hier mal was von der Seele geschrieben habe. Möglicherweise ist es etwas zu überladen, allerdings braucht es für mich die Dramatik am Schluss, ansonsten wäre es eben in Friede Freude Eierkuchen ausgeartet.
Was mich freut ist, dass dir die Wendung am Ende ja eigentlich zusagte:
Ich muss sagen, dass ich echt froh war, dass die Geschichte nicht da abgebrochen ist, wo er nach Hause fährt und seine Welt wieder in Ordnung ist.

Aus Grindelwald, eine von den Bergen also.
So was steht in den Akten? Echt? Und warum dann nicht, dass sie in der Psychiatrie ist?
Meiner Meinung nach sind Angaben bis hin zum Heimatort der Ehefrau nicht unüblich in Personalakten. (Ansonsten findet man's raus über moneyhouse.ch ;) )

Den Schreibblock hält er nun wie einen Schild an seinen Körper gepresst, so, als wolle er sich vor den zu erwartenden Worten schützen.
Das dicke würde ich rausnehmen und dem Leser überlassen.
Stimmt, der Schild drückt es bereits aus, kann weg.

Ich gehe zum Schrank, hole die kleine Flasche ...
Ja klar, was auch sonst. Das erwartet man als Leser so und es kommt auch . Hätte mich wirklich gefreut, hier mal eine Variation des "Bekämpfens" zu lesen. Keine Ahnung, Liegestütze oder so.
Sorry, stehe auf dem Schlauch. Was meinst du mit "Bekämpfen" und - ähm, Liegestütze?

Ich schliesse das Fenster, stelle die Tasse wieder neben das Baumann-Foto und fasse einen Entschluss.
Ja, und der kommt für mich so ein bisschen wie Kasper aus der Box daher. Sorry.
Ok, touché!
Ich hatte Meissners jahrelanges Unbehagen halt schon im Hinterkopf, aber für den unbelasteten Leser kommt das wohl wie aus dem Nichts, auch offshore erwähnte diesen unvorbereiteten Entschluss.
Also, ich packe da noch ein, zwei Sätze davor, hoffentlich wirkt es nicht all zu erklärend.

Herrenvögel hat mich rausgehauen
;)
Elstern. Wurden auch auch Herrenvögel genannt. Ich weiss, ziemlich weit hergeholt, aber ich mochte den Einfall. Zwei räuberische Elstern, stürzen sich auf alles Glänzende. ;)

Was will er nur damit erreichen? Klar, ich bin in seinen Augen der Urteilsvollstrecker, und somit direkt Schuld an seinem Rauswurf. Aber was will er von mir konkret? Ich kann ihm den Job nicht zurückgeben.
Für mich ein Rotstiftkandidat.
Überzeugt, kommt raus.

Trotz meiner Punkte da, habe ich die Geschichte gern gelesen und ich fand das auch spannend, ab Fahrstuhl. Zum Teil sind da echt schöne Momente im Text.
Freut mich. Schön, dass ich dich trotz "Überlast" etwas unterhalten konnte.

***

Hallo offshore

mir hat diese Geschichte ausnehmend gut gefallen, jetzt beim zweiten Lesen noch besser als beim ersten.
Prima, so hat das Kürzen also was genutzt, danke.

Mir ist natürlich klar, dass dieser Entschluss offenbar schon lange in ihm reift, aber irgendwie wirkt mir dieser Satz hier so hingeknallt, als träfe Meissner die Einsicht so plötzlich und überraschend wie der Blitz aus heiterem Himmel.
Hier bedürfte es für mein Gefühl noch einer klitzekleinen Einstimmung,
Wurde bereits breit angemeckert, deshalb habe ich da mit zwei einleitenden Sätzen den Entschluss quasi implizit beschrieben. Hoffe, es wirkt nun weniger abrupt.

War mir ein echtes Vergnügen, dotslash!
Schön, das freut mich ungemein.

Danke euch beiden fürs Lesen und die fundierten Anmerkungen,
Gruss dot

 

Hallo Novak

Hab deinen Kommentar kurz vor dem Schneeschippen noch gelesen und es freut mich, dass dir die Thematik zusagt.

Es war mir halt wichtig, bei all der Diskussion über Bonis, und aktuell bei uns in der Schweiz über die Abzockerinitiative, auch mal der Situation des kleinen Mannes, den "kleinen" Tragödien, die durch Entscheidungen in der Teppichetage ausgelöst werden, Ausdruck zu verleihen.

Boah, da hab ich den Icherzähler mal kurz gehasst.
Stimmt, hehe, so soll es sein. Diese Ambivalenz des Icherzählers, wie es offshore so treffend formulierte, hat schon was Übelkeit erregendes.;)

Ich glaube, es gab Kommentatoren, die den Schreibblock nicht so gut fanden. Vielleicht hab ich mich da aber auch verlesen. Ich jedenfalls finde diesen Block genial. Für mich zeigt das wunderbar, wie der Huber sich entwickel. Und dann lässt er ihn auch liegen.
Nee, ich glaube, es war nur der erklärende Nachsatz und den habe ich gestrichen, der Schreibblock als Schild funktioniert für sich alleine schon ganz gut.

Was mich aber gewundert hat, bei einer über dreißigjährigen Firmenzugehörigkeit bekäme er doch eine Abfindung.
Mich verblüfft es einfach, dass da so gar nichts erwähnt wird.
Nur wenn du Vasella heisst, und 20 Jahre bei Novartis den Chef spielen durftest, dann kannst du dir 72 Mio (Abfindung) für ein Konkurenzverbot gutschreiben. Wenn du Huber heisst und ein kleiner Angestellter bist, dann darfst du noch drei Monate weiter arbeiten, danach gibts eine beurteilende Arbeitsbescheinigung und vielleicht noch einen feuchten Händedruck.

Ich habe es nicht bemerkt, dass die Ehe der beiden so kaputt ist, dass sie kurz vor dem Weglaufen ist. Und die Tatsache, dass er neu anfangen will und das ihr auch sagt, das spricht doch total gegen das Weglaufen.
Na hör mal, wie würdest du reagieren, wenn er immer zu spät nach Hause kommt, sie sich eigentlich nichts mehr zu sagen haben und nun, nachdem er heilig versprochen hat, sein Leben zu ändern, sie den Champagner kalt gestellt hat, da bleibt er schon wieder weg, wie immer, nichts hat sich geändert! Also würdest du da einfach den Champagner wieder in den Keller stellen? :D

Muss an deinem guten Namen liegen, der macht betriebsblind hihi.
Autsch, das tut weh.

Mir gefällt der Zettel nicht, der ist so naja, albern dahingeschrieben und gehängt. Also das kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Frau ihren Mann so verlässt.
Novak, denk dir das metaphorisch. Der Zettel ist nur der Katalysator für die ganze kaputte Beziehungskiste. Und doch, ich kann mir das vorstellen. Genug ist genug.

Und ich fände es auch stimmiger, wenn in dem Telefonat noch irgendein winziges Indiz vorkäme für ihre genervte Stimmung.
Wieso denn das? Er will doch sein Leben ändern, endlich ihr entgegenkommen und sie freut sich darüber, endlich schöpft sie Hoffnung (sie weint und schneuzt sich ja vor Freude.) Oder habe ich dich falsch verstanden?

Hat Spaß gemacht, sie zu lesen.
und das freut mich natürlich.

Danke auf dir fürs Lesen und Kritisieren.
Gruss dot

 

Autsch, das tut weh.
Oh, da muss ich jetzt ein bisschen pusten: freundlich blickender Pustesmiley.
Wollt dich nur ein bisschen ärgern!

Nur kurz noch eine Anmerkung:

Auf diese Abfindungsgeschichte hatte mich die Menge an Entlassungen gebracht. Und dass es viele gegeben hat, darauf bin ich deshalb gekommen:

Was ist nur aus mir geworden? Ein Lagerarbeiter menschlicher Ressourcen, degradiert zum legalen Menschenhändler, es geht schon lange nicht mehr darum, Mitarbeiter zu motivieren, ihre Stärken gewinnbringend einzusetzen. Nein, es geht nur noch um Stellenprozente, Marktanteile, Shareholdervalues, es ist zum Kotzen.
(...)
Aber wieviele Schreibblöcke auf leeren Besucherstühlen brauchst du noch, Kurt?
Aber hast schon Recht, so direkt steht da keine Anzahl oder Menge an Entlassungen. Interessant, dass sich in meinem Kopf das Bild einer Massenentlassung (eine best. Menge Entlassungen innerhalb von 30 Tagen) hergestellt hat.
In Deutschland muss dann die Entlassung angezeigt werden bei der Bundesagentur für Arbeit und in der Regel muss ein Interessenausgleich bis hin zum Sozialplan mit Betriebsrat etc vereinbart werden. In dem Zus. werden dann auch Abfindungen vereinbart. Beim normalen Arbeitnehmer ist das nicht besonders viel. Es ist halt eine Verrechtlichung der Enlassungen im Hinblick auf arbeitsmarktpolitische Auswirkungen und keine Serviceleistung für den Entlassenen, auch wenn es sotut, als wollte es Schaden ausgleichen für den betroffenen Arbeitnehmer.
Hat mich einfach gewundert, dass es das in der Schweiz nicht gibt. Aber du hast natürlich auch Recht, deine Geschichte braucht da keine zusätzlichen Verkomplizierungen, zumal da von einer größeren Entlassungsmenge gar nichts steht. Für Kurt warns einfach nur zu viele.

Bei der anderen Sache (das Weglaufen der Frau) bin ich wirklich nicht deiner Meinung, wills auch noch mal aufschreiben, weil ich meinen Einwand schon zutreffend fand:

"Hast du getrunken?", schnarrt es aus dem Lautsprecher.
Ich blicke kurz auf die Kaffeetasse und verneine energisch.
"Du willst Balmer&Borer wirklich verlassen?", höre ich Katrin ungläubig fragen, dann ein langes Seufzen und plötzlich fängt sie an zu schluchzen. Ich lasse ihr Zeit. Ein lauter Schneuzer prallt an mein Ohr, dann hat sie sich wieder gefangen.
"Und du bist dir wirklich sicher, dass du in diesen - wie nanntest du es: Zukunftslosen Trödelladen - investieren willst?"
"Stell den Schampus kalt, wir fangen noch mal ganz von vorne an", ignoriere ich ihre Frage und zerstreue damit auch rasch meine eigenen Zweifel. (...)
Erst mal ist sie stinkig auf ihn (es schnarrt aus dem Lautsprecher), dann fängt sie an, ihm zu glauben: schluchzt ungläubig, schnief, fängt sich.
Wenn da dann nichts mehr kommt, dann glaubte ich als Leserin, dass sie ihm die Entscheidung abnimmt.
Dann Blende auf seine Zukunftsvorstellungen.
Wenn die Frau dem Mann den guten Vorsatz abnimmt, dann geht sie doch an demselben Abend nicht gleich aus dem Haus für immer. Das sehe ich völlig anders als du. Sie weiß doch, dass er da in dem Moment immer noch in dem Job drin ist mit all seinen Sachzwängen. Wichtig ist ihr da doch seine Absicht. Ich frage mich also ernsthaft, warum schreibt sie den Zettel.
Die Sache kriegt für mich nur dann einen Sinn, wenn sie eben nicht restlos überzeugt ist, oder wenn er auch vorher schon mal gute Vorsätze gehabt hätte, die er gebrochen hat. Davon ist aber keine Rede in dem Telefonat zwischen ihr und ihm. Daher meine Idee, dass du sie ein wenig misstrauisch sein lässt
Und ich fände es auch stimmiger, wenn in dem Telefonat noch irgendein winziges Indiz vorkäme für ihre genervte Stimmung.
Wieso denn das? Er will doch sein Leben ändern, endlich ihr entgegenkommen und sie freut sich darüber, endlich schöpft sie Hoffnung (sie weint und schneuzt sich ja vor Freude.) Oder habe ich dich falsch verstanden?
Ja du hast mich falsch verstanden. Eben weil sie sich freut, und ihm glaubt, haut sie in der Sit. nicht einfach ab. Das würde sie nur dann tun, wenn sie ihm nicht glaubt. Und das hätte man am Telefonat merken müssen.
Sowas in die Richtung: "Aber keine leeren Versprechungen mehr" oder sowas.
So, das war mir noch mal wichtig.
Den Zettel selbst, also die Art ihres Gehens, Peanuts, das ist einfah Geschmackssache. Aber ihr Abhauen, das muss für mich schon Hand und Fuß haben, mir kommts sonst einfach zu viel vor an tragischen Umständen an einem und demselben Tag. Das hat ja was Konstruiertes, was keine Kritik sein soll, sondern nur ein Hinweis darauf, dass man in Geschichten oft Ereignisse bündelt und komprimiert. Ich finde es nur immer wichtig, dass man es als Leser für sich stimmig findet.
Aber wie schon in meinem ersten Post angedeutet:
Jeder setzt da andere Schwerpunkte und ich kanns auch verstehen, wenn du genug an deiner Geschichte geändert hast.
Wollts nur mal noch erklären, wie ich das gemeint hatte.
Schöne Woche dir, machs gut
Novak

 

Hallo Novak

@Massenentlassung
Wir kennen auch in der Schweiz Bestimmungen über Massenentlassungen, die sind im Obligationenrecht (OR) geregelt. Ich ging für mein Setting von einer KMU aus, also einer Betriebsgrösse zwischen 100 und 300 Leuten, da wäre dann bei 10% der Beegschaft innerhalb 30 Tagen die Rede von Massenentlassung.

Meine Inspirationsquelle:
Leider griff unser Betrieb kürzlich auch auf diese unpopuläre Massnahme zurück, und so mussten auch in unserer Abteilung Leute "dran glauben", alles in allem wurde die Entlassungswelle durch "natürliche Abgänge"(sic!) aufgefangen, so dass unser Betrieb knapp unter der Meldepflicht blieb.

Wie du selber sagst, erwähne ich keine bestimmten Grössenkennzahlen, das erschien mir für den Plot auch nicht so wichtig.

@Frau verlässt Mann

Erst mal ist sie stinkig auf ihn (es schnarrt aus dem Lautsprecher), dann fängt sie an, ihm zu glauben: schluchzt ungläubig, schnief, fängt sich.
Wenn da dann nichts mehr kommt, dann glaubte ich als Leserin, dass sie ihm die Entscheidung abnimmt.
Genau das war auch so gedacht! Zuerst ist sie skeptisch (nicht dasselbe, wie stinkig) und dann nimmt sie ihm die Entscheidung in diesem Moment ab. Ich finde nun, ein "Aber keine leeren Versprechungen mehr" käme da so mit dem Zaunpfahlholzhammer daher, ich wollte das einfach subtil halten, damit eben der Twist am Ende funktioniert. Wie auch immer, ich will jetzt keinen Grabenkampf ausfechten, du liest das halt etwas anders, und hättest gerne etwas mehr Klarheit bezüglich Misstrauen seitens Ehefrau, das habe ich glaub ich verstanden. Fliege sah die Eheproblematik im Hintergrund von Anfang an darauf hinauslaufen, dass die Frau ihn verlässt und fand es dadurch schon beinahe zu überladen. Hm, schwierig, aber allen kann man es nicht bis ins letzte Detail recht machen, wäre wohl auch vermessen ...
:D

Trotzdem, danke fürs Nachhaken,
Gruss dot

 

Hey dot,

Fliege sah die Eheproblematik im Hintergrund von Anfang an darauf hinauslaufen, dass die Frau ihn verlässt und fand es dadurch schon beinahe zu überladen.

Wo habe ich das gesagt? Ah, ich glaube, Du meinst das hier:

Was ich auch anders machen würde, ist die Dramatik um die Ehe. Das sie am Ende weg ist. Die Geschichte bereitet das schon vor und es läuft auch folgerichtig darauf hinaus, aber eigentlich läuft das ja im Hintergrund mit. Und mir persönlich ist das zu viel Tragik für einen Tag.

Aber ich habe auch gesagt, dass es mir am Ende zu viel war, dass sie weg ist. Ich wollte einen Zettel, auf dem steht: Essen in der Tonne, erinnere Dich ;).
Also, ja, die Geschichte deutet es an, aber am Ende ist ihr Verschwinden auch für mich zu dick gewesen.
Ich habe jetzt überlegt, und bin dem Schluss gekommen, wenn sie im Telefonat sagt, ja dass hast Du schon so oft gesagt und so weiter, sie das also schon kennt von ihm, und ihm dann doch immer wieder Gründe einfielen, warum sie es noch ein bisschen hinauszögern sollten, also das wären dann zwei Fliegen mit einer Klappe.
Zum einen kommt sein Entschluss nicht so plötzlich, den hatte er ja schon, nur meint er es diesmal wirklich Ernst und sie würde am Telefon nicht "Hoffnung" schöpfen, sondern es wäre für sie tatsächlich das eine mal zu viel. Wäre jetzt möglich. Nur so als Vorschlag.

Meiner Meinung nach sind Angaben bis hin zum Heimatort der Ehefrau nicht unüblich in Personalakten. (Ansonsten findet man's raus über moneyhouse.ch ;) )

Okay :). Wenn für irgendwelche Personaler so was wichtig ist, von mir aus. Andere stellen nach Sternzeichen ein, habe ich in einer Vorlesung zu Personalauswahl als schlechtes Beispiel gehört :D. Von mir aus können die auch Leute nach dem Geburtsort der Partner einstellen :). (Ich weiß, so hast Du es nicht gemeint.)

Sorry, stehe auf dem Schlauch. Was meinst du mit "Bekämpfen" und - ähm, Liegestütze?

Naja. Er hat da was getan, was ihn doch emotional erregt. Und in gefühlten 90% aller Fälle wird das dann gern mit einem Schluck Alkohol runtergespült oder besänftigt. In der Literatur, wie im wahren Leben vielleicht auch. Also, dass liest man oft - unangenehme Situation - überstanden - erst mal einen Schluck trinken. Ich will das nicht ankreiden, ich will nur sagen, dass ich zur Abwechselung gern mal einen anderen "Neutralisator" hätte, als eben den üblichen Griff zur Flasche. Sport, Atemübungen, ein Stück Sahnetorte ... was Menschen eben so tun um sich zu beruhigen oder zu belohnen, je nach Sichtweise. Ist aber subjektiv von mir empfunden und eigentlich auch keine Kritik gewesen.
Elstern. Wurden auch auch Herrenvögel genannt.

Aha. Wieder was gelernt.

Und jetzt bin ich still.
LG Fliege

 

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