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Die Entschuldigung
Entschuldigung
Sehr geehrte Lehrerschaft der Berufsmittelschule Heringsberg in Kleinkleckersdorf
Ich möchte in nachfolgendem Schreiben die Gründe und Ursachen für mein Abwesen am Montagmorgen dem 04.04.2005 erläutern und aufklären.
Der Wecker sollte wie jeden Tag um genau 6 Uhr klingeln. Diesmal ging er aus unerklärlichen Gründen allerdings eine Minute zu früh (und zwar um 5:59 Uhr) los, woraufhin ich beschloss, mir den einminütigen versäumten Schlaf noch zu gönnen. Nach einer Weile klingelte mein Wecker wieder und ich stellte ihn fünf Minuten vor, da ich beschloss, die fünf Minuten die ich üblicherweise fürs Haare waschen gebrauche, diesmal für weitere fünf Minuten Schlaf zu verwenden.
Kurz darauf klingelte der Wecker nochmals und ich überlegte mir, dass ich ganze 10 Minuten für Schlaf beanspruchen kann, wenn ich mich heute ausnahmsweise nicht dusche und schlief wieder ein. Zum dritten Mal riss mich der Wecker aus meinen angenehmen Träumen, die sich um Heidi Klum und ein Stück Schwarzwäldertorte drehten. Ich dachte nach. Die Schwarzwäldertorte brachte mich darauf, dass ich normalerweise ca. fünf Minuten fürs Zähneputzen brauche. Wenn ich aber statt meine Zähne zu putzen, fünf Minuten weiterschlafen würde, tut das sicherlich niemandem weh. Bald darauf liess der Wecker erneut sein unverkennbares "Biep-Biep" erschallen. Ich starrte an die Decke und überlegte. Normalerweise, bräuchte ich weitere fünf Minuten, um mich anzuziehen. Wenn ich aber ausnahmsweise nackt in die Schule gehen würde, könnte ich diese fünf Minuten in weitere Nachtruhe investieren. Mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht schlummerte ich weiter. Kaum die Augen zu, schon machte sich das Ding erneut bemerkbar. Ich ging meinen Schulweg nochmal vor dem geistigen Auge durch. Üblicherweise, verwendete ich jeden Morgen etwa 15 Minuten darauf, mir Fusel aus dem Bauchnabel zu fischen. Wenn ich aber mit Fusel im Bauchnabel in die Schule gehen würde, könnte ich volle 15 Minuten für weiteren Schlaf auskosten! "Vorschlag angenommen!", sagte ich mir und liess mich zurück ins Kopfkissen fallen. Wie ein Signalhorn eines Luxusdampfers kam mir der nächste Piepton des Weckers vor, der mich aufschreckte. Langsam ging mir dieser Wecker auf die Nerven. Ich rieb mir die Augen und strengte meinen Kopf an, um noch irgendetwas zu finden, dass ich am Morgen tun muss. Um mit dem Fahrrad von meinem Haus aus bis zur Schule zu fahren, benötige ich zehn Minuten. Wenn ich aber statt mit dem Fahrrad mit einem Heissluftballon in die Schule gehen würde, könnte ich es in fünf Minuten schaffen! Das hiesse fünf Minuten weiter schlafen! Würde zwar ein wenig kalt werden, so ganz nackt in 300 Meter Höhe aber ich wollte schon immer mal mit 'nem Ballon fliegen. Nur, woher sollte ich so einen herbekommen? "Ach, das schauen wir, wenn es soweit ist" sagte ich mir und kuschelte mich wieder ein. Die Wut begann in mir zu kochen als diese Geissel der Menschheit, die sich Wecker nennt schon wieder diesen ohrenbetäubenden Ton von sich gab. Ich schlug mir den Kopf gegen den Bettpfosten um noch irgendetwas zu finden, bei dem ich Zeit sparen könnte. Dann bekam ich einen Geistesblitz: Friedrich! Der dicke Nachbarsjunge. Jeden Morgen verprügelte er mich vor meiner eigenen Haustüre und das nahm ca. 10 Minuten in Anspruch. Wenn ich meine falschen Zähne eingesteckt hatte und so tat als würde ich sie ausspucken, vielleicht nur fünf, weil er dann schneller zum Ziel kam. Aber nehmen wir an, ich hätte sie NICHT eingesteckt. Ich melde mich ab für zehn Minuten. Mit diesem Gedanken schlief ich wieder ein. Kaum die Augen zu, flog ich vor Schreck fast an die Decke, wegen diesem verdammten... sie wissen schon was. "Das reicht" sagte ich mir "lieber gehe ich in die Schule als noch einmal von diesem verfluchten Gerät so erschreckt zu werden. Ich ging in die Küche, um wenigstens noch einen Schluck Milch zu nehmen, bevor ich ging. Dann fiel mein Blick auf die Küchenuhr. Ich stockte. 5:59? Immer noch? Wie kann denn das sein? Ich ging zurück in mein Zimmer und sah auf den Wecker. Der grosse Zeiger sprang just in diesem Moment auf die zwölf. Sechs Uhr morgens... Ich kramte meine Armbanduhr, die mir meine Tante Agnes zum 17ten Geburtstag geschenkt hatte aus meinem Kleiderhaufen hervor. Auch diese zeigte sechs Uhr an. Dann blickte ich auf die Datumsanzeige, die per Satellitenfunk gesteuert wurde. Mein Herz schien einmal auszusetzen. Das war unmöglich! Ich musste Gewissheit haben! Irgendjemand! Irgendwer sollte mir das bestätigen. Zuerst wollte ich die Polizei rufen, aber dann kam mir eine bessere Idee. Ich ging zum Fenster und blickte hinaus in den Vorgarten. Dachte ich es mir doch. Der dicke Friedrich stand wie immer pünktlich vor meiner Haustür. "Hey, dicker Friedrich!" rief ich. Friedrich sah auf. "Auch noch frech heute morgen, was? Warte nur, bis ich dich in die Finger kriege!" schrie er zurück und sein Tomatenkopf lief rot an wie eine.... nun eine Tomate eben. "Was ist heute für ein Datum?!" fragte ich und ignorierte seine Drohung. "Der elfte April du kleines Muttersöhnchen!".
Konnte das wirklich sein? Hatte ich tatsächlich eine Woche verschlafen? "Also, kommst du jetzt runter oder lässt du mich noch 'ne Woche warten?" rief Friedrich. Ich schloss das Fenster und hörte sein Wutgeschrei schon gar nicht mehr. Ich hatte eine volle Woche verschlafen. Der Wecker klingelte immer um 5:59 Uhr! Ich hatte ihn ja auch gar nie verstellt. Ich wusste nicht, was ich denken soll... Sicher war mein Briefkasten völlig überfüllt. Die Milch die ich getrunken hatte, war bestimmt schon sauer. Die Katze ist vermutlich verhungert und die Goldfische trieben wahrscheinlich nur noch an der Oberfläche. Meine Grossmutter wunderte sich, warum ich sie nicht mehr besuchen kam und meine Freundin dachte wohl, dass ich sie sitzen gelassen habe. Ich sah um mich. Wahrscheinlich hatte ich in diesem Moment den dämlichsten Gesichtsausdruck, den ein Mensch nur haben kann. Ich merkte, dass ich noch immer den Wecker in der Hand hielt. Zwei Minuten nach Sechs. "Es lohnt sich fast nicht mehr, jetzt noch in die Schule zu gehen." Dachte ich. Ich müsste schliesslich noch unter anderem meine Zähne putzen, mich duschen, mich anziehen, meine Fusel aus dem BAuchnabel fischen, was essen, das Fahrrad pumpen, mir von Friedrich das Gebiss raushauen lassen... "Nein, das hat kaum noch Sinn, es ist viel zu spät". Mit diesem Gedanken schlurfte ich zurück in mein Bett und hatte die angenehmsten Träume.
Hochachtungsvoll
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