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Die Frau, die mir durch ihre bloße Anwesenheit den Tag verschönerte

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14.07.2003
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Die Frau, die mir durch ihre bloße Anwesenheit den Tag verschönerte

Ich konnte mit Fug und Recht behaupten noch nie in meinem Leben etwas Schöneres gesehen zu haben. Sie erschien mir in dieser tristen Umgebung als heller Strahl inmitten von dunklen Geistern, die an mir vorbeizischten. Unsere Blicke berührten sich. Es fühlte sich so an, als besäßen unsere Blicke Arme, die sich gegenseitig liebevoll umschlangen.

Ich sah sie in Gedanken zusammen mit mir frühstücken, konnte hören, wie ich hunderte Male wiederholte, dass sie die schönste Frau dieser Welt sei. Vier Meter lagen noch zwischen mir und dieser unbekannten Schönheit, sie kam direkt auf mich zu.

Sie war einer dieser Frauen, die sich nicht zu schminken brauchten, ihr Naturell verlieh ihr so viel Zauber, sodass es eine Schande gewesen wäre, dieses mit Make-up zu verdecken. Ihr Haar schmiegte sich an ihre Schultern wie eine Katze, die entspannt auf dem Schoß liegt. Drei Meter.

Plötzlich konnte ich ein Lächeln auf ihren Lippen vernehmen. In diesem Augenblick bekam die gesamte Umwelt um sie herum ein Stück mehr Glanz, die Sonne schien intensiver und die Luft roch frischer und angenehmer als bei einem Grillfest am ersten Sommertag des Jahres. Zwei Meter.

Seltsamerweise war ich noch nie in meinem Leben ruhiger und entspannter als in diesem Augenblick. Das Schicksal hatte vorausbestimmt, das wir zu diesem Zeitpunkt aufeinandertreffen würden. Ich konnte den Geist ihres Wesens bereits spüren, der mit offenen Armen auf mich zuzugehen schien. Ein Meter.

Nachdem sie an mir ganz einfach vorbeigegangen war, wie an einer Straßenlaterne, die ihr zufällig im Weg stand, blickte ich ihr noch einmal sehnsuchtsvoll nach, bevor ich enttäuscht meinen Weg fortsetzte.

 

Hi Jingles!

Die Situation, ganz plötzlich und unerwartet den Weg des Traummannes oder der Traumfrau zu kreuzen, ist sicher intensiv genug, um darüber eine Skizze zu schreiben. Schon mit dem ersten Satz gehst du von null auf hundert, das gefällt mir. Aber ein paar Dinge würde ich anders machen:

Sie erschien mir in dieser tristen Umgebung als heller Strahl inmitten von dunklen Geistern die an mir vorbeizischten.

Obwohl mir so aus der Lamäng keine bessere Formulierung einfällt, finde ich den "Strahl" und die "vorbeizischenden" Geister etwas ungelenk.

Es fühlte sich an wie eine visuelle Streicheleinheit,

Die Sprache des Textes ist eher blumig, romantisierend, da würde ich lieber schreiben "ein Streicheln mit den Augen" oder so.

Ihr Haar schmiegte sich an ihre Schultern wie eine Katze, die entspannt auf dem Schoß ihres Herrchens liegt.

Das Sprachbild ist wunderschön, obwohl mir "Herrchen" zu denken gibt; das Wort drückt für mich die dominant-devote Beziehung zwischen Herr und Hund aus, Katzen sind da unabhängig und eigenständig. Schreib doch einfach nur "... die entspannt auf dem Schoß liegt".

Statt "frustriert" im letzten Satz würde ich "enttäuscht" schreiben und außerdem die Meterangaben in Zahlen wörtlich ausschreiben.

Vielleicht kannst du etwas mit meinen Ideen anfangen.

LG, Chica

 

Danke Chika für deine Kritik!

Ich habe einige deiner Ideen bereits umgesetzt, die Meterangabe ausgeschrieben (diesen Fehler mache ich auch immer wieder) und das Wort "enttäuscht" am Schluss eingebaut.

Was die Katze betrifft, gebe ich dir vollkommen Recht. Anfangs wollte ich "Besitzer" schreiben, doch das klingt noch härter. Allerdings finde ich, dass "...die entspannt auf dem Schoß liegt" zu gegenstandslos klingt, es vermittelt einfach kein klares Bild. Der Leser würde sich fragen: "Auf wessen Schoß?" Verstehst du?

Gruß,
jingles

 

Holla Jingles,

Geistern die an mir
Geistern, die

Es fühlte sich an wie eine visuelle Streicheleinheit, als besäßen unsere Blicke Arme, die sich gegenseitig liebevoll umschlangen.
Dieses "visuelle Streicheleinheit" gefällt mir nicht so. Wie wärs mit:
"Es fühlte sich, als besäßen unsere Blicke Arme, die sich gegenseitig liebevoll umschlangen."

Eine gut geschilderte Träumerei hast du hier skizziert. Mir würde es noch besser gefallen, würdest du den Traum intensiver und das Aufwachen noch brutaler beschreiben. So bleibt es leider für mich eher ein Entwurf einer Idee.

Eike

 

Wow, danke Sternensegler, dass du diesen alten Text von mir ausgegraben hast. Erfreut mein Herz.

Den Vorschlag bzgl der visuellen Streicheleinheit habe ich angenommen, klingt wirklich zu sehr nach Beamtendeutsch. Für diesen Text wirkt dieser Ausdruck auf jeden Fall zu lieblos.

Ich habe den Schluss bewusst unspektakulär gestaltet, da ich eine Alltagssituation schildern wollte, die von unzähligen Menschen bereits durchlebt wurde. Ein fulminantes Ende mit einem Knalleffekt würde diesen Hintergrund zerstören.

Danke fürs Lesen, hat mich echt gefreut!

Ciao,
jingles

 

Vielen Dank

Hallo Jingles,

Vielen Dank für das Stück prosaische Zartbitterschokolade. :)


Aber noch etwas Feinschliff:

Ich konnte mit Fug und Recht behaupten noch nie in meinem Leben etwas Schöneres gesehen zu haben.
  • Kommas vor Infinitivkonstruktionen mit zu mag man zwar laut der NDR auslassen dürfen, es spricht aber auch nichts dagegen, sie der Lesbarkeit halber einzusetzen >> behaupten, noch nie

Sie erschien mir in dieser tristen Umgebung als heller Strahl inmitten von dunklen Geistern die an mir vorbeizischten.
  • hier muss aber eines sein >> inmitten von dunklen Geistern, die

konnte hören wie ich hunderte Male wiederholte,
  • hier ebenso >> konnte hören, wie

Sie war einer dieser Frauen,
  • falsch >> eine der Frauen

die sich nicht zu schminken brauchten, ihr Naturell
  • würde einen neuen Satz beginnen >> brauchten. Ihr Naturell...

Plötzlich konnte ich ein Lächeln auf ihren Lippen vernehmen.
  • vernehmen ist ein Synonym zu hören, nicht zu wahrnehmen oder sehen >> Plötzlich konnte ich ein Lächeln auf ihren Lippen wahrnehmen. | besser: Plötzlich sah ich ein Lächeln über ihre Lippen huschen.

Gern gelesen,
FLoH.

 

Hallo Jingles,
Mir hat diese kurze Momentaufnahme gefallen! Meine liebe Schwester hat hier eine vor einiger Zeit eine ganz ähnliche Geschichte gepostet- im selben Forum mit dem Titel "Faszination".
Vielleicht liest Du sie mal- die beiden Geschichten sind sich meiner Meinug nach überraschend ähnlich (aber unter uns...Deine ist besser ;-))!
Liebe Grüße
Amelie

 

Danke für die vielen Rückmeldungen!

Habe bereits einen Teil der Verbesserungsvorschläge umgesetzt, bei manchen fällt es mir allerdings schwer, von meiner eigenen Formulierung abzuweichen...

Obwohl ich beispielsweise den Gedanken des Lächelns, welches über die Lippen huscht, wunderschön finde und der Ausdruck "vernehmen" in diesem Zusammenhang möglicherweise genau genommen unpassend ist, werde ich trotzdem daran festhalten, da das Wort "vernehmen" sinngemäß für mich eine vorausgehende genauere Beobachtung der Dame impliziert. Dieser Effekt fehlt mir beim Wort "huschen" leider.

Trotzdem danke für die vielen Antworten!

Ciao,
jingles

 

Hi jingles

Ich bin ja kein Fan von schönen, rührseeligen Geschichten. Aber die hier gefällt mir soweit ganz gut. Das erleb ich pro Tag mindestens 3 mal. hättest du auch in Alltag posten können. ich muss sagen, heute an meinem Geburtstag hät ich ein happy end sogar besser gefunden. Der Countdown ist klasse!
"Es fühlte sich so an, als hätten unsere Blicke Arme..." den kannst du streichen, da du vorher ja schon schreibst "unsere Blicke berührten sich" das ist Metapher genug.
Und wie geht es dann weiter? Schaut sie weg? Wie schaut sie weg? Wie reagiert sie überhaupt? Außer zu lachen, und Menschen wie Straßenlaternen zu behandeln? Was war es für ein lachen? Hat sie sich schlicht begehrt gefühlt, oder war sie interessiert? Da könntest du vermuten. Die KG ist nur aus der Sicht des Prots geschrieben, was man natürlich machen kann, aber ihre Reaktion wäre doch auch interessant.

Gruß

 

hi ariel!

Danke für deine Gedanken zu dieser KG, aber das Lächeln der Dame als auch ihre Blicke werden in dieser Geschichte "unbestimmt" bleiben, ich möchte die Handlung nicht zu sehr an eine einzelne Begebenheit festnageln, sie soll vielseutig deutbar bleiben.

ciao,
jingles

 

Das Problem mit dieser Geschichte ist, dass du sie zwar so schildern möchtest, als hätten viele das schon einmal so erlebt, dazu aber Ausdrücke und Beschreibungen wählst, die völlig übertrieben ausformuliert sind. Man denkt doch nicht in Metaphern! Niemand hat das Gefühl, diese eine Frau wäre an einem vorübergegangen, wie "an einer Straßenlaterne". Diese Art von Momentaufnahme erfordert meiner Meinung nach eine so weit wie möglich vereinfachte Sprache - aus dem simplen Grund, um dem Leser soviel Gefühlsspielraum beim Lesen zu geben, wie es möglich ist. Mit jedem Vergleich und jeder überflüssigen Beschreibung machst du das, was die Romantik in deinem Text ausmachen soll, kaputt.

Übrigens:

Ich sah sie in Gedanken zusammen mit mir frühstücken, konnte hören, wie ich hunderte Male wiederholte, dass sie die schönste Frau dieser Welt sei.
Mit dieser Aussicht wäre ich auch am Prot vorbeigegangen ;). Man kann einer Frau ja sagen, dass sie schön ist, aber sie permanent die schönste Frau der Welt zu nennen, wäre eine offenkundige Lüge und sicher nichts, was sie hören wollen würde.

 

Hallo Jingles,

zum Teil gefällt mir deine Geschichte: die Idee mit der Traumfrau, die dann doch nichts wissen will vom Prot, auch das Abzählen der Meter.
Teilweise finde ich auch die Bilder stimmig

Nachdem sie an mir ganz einfach vorbeigegangen war, wie an einer Straßenlaterne, die ihr zufällig im Weg stand,...

Andere Bilder hinken:

Unsere Blicke berührten sich. Es fühlte sich so an, als besäßen unsere Blicke Arme, die sich gegenseitig liebevoll umschlangen.
Blicke mit Armen? Nö, Blicke wie Arme vielleicht.
Ihr Haar schmiegte sich an ihre Schultern wie eine Katze, die entspannt auf dem Schoß liegt.
Das Bild der entspannten Katze ist schön (allerdings auch schon verbraucht), Schultern<-> Schoß passt nicht

die Sonne schien intensiver und die Luft roch frischer und angenehmer als bei einem Grillfest am ersten Sommertag des Jahres. Zwei Meter.
nach Spiritus und Bratwürstchen?

Gruß, Elisha

 

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