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Die große Wut des Himmels

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12.06.2005
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Die große Wut des Himmels

Große dunkelgraue Wolken versammeln sich, um ihr Wasser über die Erde zu gießen. Ihr Grollen ist mächtig und lässt ihre große Wut spüren. Der Wind ist ihr Kumpan und peitscht das Wasser hart und unerbittlich gegen das Leben unter sich, als dächte er zu strafen und zu peinigen. Dunkelheit umklammert den Tag und lässt ihn wimmern im Wind. Menschen beugen sich und fliehen über die Wege und ziehen ihre Jacken über ihre Köpfe als schämten sie sich für etwas. Kalte Wasser kriechen in ihre Kleider, in ihre Haare, fließen an ihnen herunter und lassen sie zittern und frieren.

Gewaltige Tropfen aus Wasser und Zorn klopfen an meine Scheiben als verlangten sie Einlass. Starr und einsam stehe ich in meinem Zimmer. Einen lauten aber sanften Mozart lasse ich schallen gegen diese Wut der Tränen des Himmels. Tropfen prallen gegen symphonische Klänge und fließen bekämpft und müde die Scheibe herab. Ich blicke hinaus und versuche zu überhören die Schreie der Tropfen, die zu mir wollen. Eine heftige Gischt prallt gegen das Glas und lässt mich erneut erzittern vor Angst. Ich weiche zurück und blicke auf das Fenster und ... ist dies nicht ein Gesicht, das mich dort anschaut, eine Tropfenfratze, die grient und mich verhöhnt? Aber das Wasser fließt die Scheibe hinunter und ein Augenzwinkern später ist die Fratze fort und lässt mich alleine und zweifeln an dem, was dort vielleicht war. Als wolle ich es genauer wissen, gehe ich zum Fenster und blicke auf die Straße. Menschen laufen umher und suchen Schutz unter Dächern und Schirmen.

Doch ein junger Mann wandelt scheinbar unbeirrt zwischen den Menschen, denn er geht sehr langsam und schützt sich nicht mit Schirm und Mantel vor dem Nass. Etwas kommt mir sehr bekannt vor, aber ich vermag nicht zu ergründen, was es ist. Der Mann bleibt nun stehen, öffnet seine Handflächen und blickt gen Himmel, als genieße er den nassen Schauer. Er bewegt sich, wie ich mich bewege, schießt es mir durch den Kopf - und in diesem Moment dreht der Mann sich um und blickt lächelnd zu mir nach oben. Es ist mein eigenes Gesicht und ein unwillkürlicher Schrei des Entsetzens entweicht meiner Kehle. Ich möchte diesem Blick entgehen, aber es gelingt mir nicht, mich abzuwenden, denn zu unglaublich ist das, was ich dort sehe. Der Mann hebt nun seinen Arm und bedeutet mir, zu ihm zu kommen. Ich zeige fragend auf mich und er lächelt und es ist mein Lächeln, mein Lächeln, wenn ich sagen möchte ´vertraue mir`.

Ich gehe in den Flur und ziehe Regenmantel und Schuhe an, nehme den Regenschirm und öffne die Tür. Zu aufgeregt und wirr sind meine Empfindungen in dem Moment als ich die Treppen hinuntersteige, als dass ich einen klaren Gedanken fassen könnte. Unten öffne ich die Tür zur Straße und sehe sofort den Mann, mich freundlich anlächelnd und mich erneut zu sich winkend.
„Wer bist Du?”, rufe ich ihm zu während ich auf ihn zuschreite. Doch er antwortet nicht, sondern schaut mich nur freundlich lächelnd an.
Seine Mimik lässt mich erneut erschauern, denn nur zu gut erkenne ich darin meinen eigenen Gesichtsausdruck. Ich schaue mich um, stelle aber fest, dass es offenbar aufgehört hat zu regnen und der Wind seine Wut zu einem lauen warmen Lüftchen werden ließ. Beschämt über meinen Irrtum ziehe ich den Schirm zusammen, grelle Sonnenstrahlen blenden meine Augen und zwingen mich, sie kurz zu schließen. Als ich meine Augen wieder öffne, ist der Mann fort. Ich wundere mich nicht, dass er fort ist, sondern lediglich dass ich ihn nicht vermisse.

Ein strahlend blauer Himmel lässt nur vage vermuten, dass dort jemals zornige Wolken heraufzogen, um sich über den Menschen zu entladen. Wohlige Wärme ergreift meinen Körper und der Wind trägt sanftes Vogelzwitschern an mein Ohr. Ich schließe die Augen, öffne beide Hände und lege meinen Kopf in den Nacken, um zu genießen, was mit meinen Sinnen geschieht. Nun fühle ich mich wieder gut und ruhig und eine tiefe Entspannung ergreift mich. Ich schaue hinauf zum Fenster und lächele über meinen großen Irrtum mit dem Regen.

Als ich wieder in das Haus zurückkehre und die Treppen zu meiner Wohnung emporsteige, ergreift mich ein zufriedenes und selbstsicheres Gefühl. Beim Öffnen der Haustür, höre ich ein prasselndes Geräusch aus dem Zimmer und gehe dort hinein um zu schauen, was es ist. Es ist sehr dunkel, weshalb ich das Licht anschalten muss. Ich schaue aus dem Fenster und erkenne die Ursache des Geräusches. Vom Wind angestachelte Regentropfen peitschen gegen meine Scheiben; große dunkle Wolken lassen die Sonnenstrahlen nicht passieren; Menschen rennen umher und suchen Schutz vor dem Nass. Etwas kitzelt mich im Genick und als ich nachfühle, erkenne ich, dass mein Körper und meine Kleidung völlig durchnässt sind. Regenwasser fließt an mir herab und hat bereits eine kleine Pfütze auf dem Fußboden gebildet.

 

Hallo und herzlich Willkommen Andijo.

Schreibst du Gedichte?
Mir ist aufgefallen, dass deine Beschreibungen sehr viele Metaphern und lyrische Bilder beinhaltet, was häufig in Gedichten der Fall ist. Von dem her eine sehr spezielle Geschichte.
Der vierte Abschnitt ist für meinen Geschmack etwas zu kurz geraten. Versuche ihn etwas zu verlängen, da er eigentlich den wichtigsten Teil der ganzen Geschichte darstellt und damit der Schluss noch etwas besser zur Geltung kommt.
Ansonsten: Den Schluss finde ich toll. Ohne Kommentar. :thumbsup:

 

Hallo Schwarze Seele,

danke für deine konstruktive Kritik! An Gedichte habe ich mich bisher nicht herangewagt, aber dein Hinweis könnte ja derselbige für mich sein, es auch mal damit zu probieren.
Bisher besteht meine Strategie darin, kleine wuselige verrückte Ideen (die ich entweder beim Treppenruntersteigen oder auf Klo habe) zu sammeln und in Geschichten zu verarbeiten.
Dies ist einer der Geschichten, bei denen ich einen, na ja, extravaganten Ausdrucksstil verwendet habe, um der halbwegs surrealen Situation des Plots gerecht werden.
Den vierten Teil dieser Geschichte, möchte ich in dieser Version nicht ändern, weil ich nun eine zweite Version dieser Geschichte fertiggestellt habe, die ich auch sogleich posten werde, und in der ich gerade den vierten Teil etwas erweitert habe.
Bin mal gespannt, wie du und vielleicht auch andere diese 2. Version finden (im Vergleich).
Bis denne und vielen Dank nochmal
Andijo

 

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