Die Knabenunterhosen 1932
Das ist ein schwieriges Thema. Ich beginne einmal mit der damals üblichen Knabenhose, wie ich sie trug, als ich im Frühjahr in die Volksschule kam. In der Hose war viel Platz. Sie war dunkelgrau und auch etwas länger, als heutige Knabenhosen. Sie reichte bis gut in die Kniekehlen. Für das grosse Geschäft auf dem Plumpsklo brauchte die Hose nicht herunter gelassen werden, Die Sitzfläche der Hose hinten wurde mit zwei Knöpfen rechts und links in der Taille gelöst und nach hinten herunter geklappt. Für Knaben bis etwa 14 Jahren gab es noch keine fußlangen Hosen. Ich trug im Winter lange baumwollene Strümpfe, die bis in den Schritt reichten. Der Zeitpunkt im Herbst, an dem diese Strümpfe Pflicht wurden, wurde erbittert ausgekämpft, im Kampf gegen Mutter, Vater, Schwestern und die Haushälterin. Die Strümpfe mussten an ihrem oberen Ende ja auch befestigt werden. Dazu gab es Strumpfhaltergürtel, die meine Mutter in ihrem Arbeitszimmer anfertigte. Es waren schreckliche Dinger, die stramm um den Bauchnabel herum über der Unterhose getragen werden mussten, damit sie die Strümpfe hoch halten konnten. Die Verbindung zu den Strümpfen brachten vier Gummibänder, etwa 2 cm breit mit fabrikmässigen Knopflöchern, sie waren etwa 15 cm lang. Meine Mutter hatte eine ganze Rolle von diesem Band. Die Knöpfe waren im Strumpf am oberen Rand auf der Innenseite angebracht. Die Überlänge des Bandes wurde also unsichtbar im Strumpf getragen. Der Strumpfhaltergürtel selbst war aus einem 10 cm breiten Leinenband angefertigt, er wurde vor dem Bauchnabel mit 4 kleinen Knöpfen zugeknöpft. Das Abrutschen nach unten verhinderten zwei Tragebänder über den Schultern. Damit diese Schulterbänder nicht nach rechts und links über die Arme abglitten, gab es noch eine Bandverbindung auf dem Rücken in Höhe der Schulterblätter. Es war also ein recht intelligentes Prachtstück, das wir, ich und mein Bruder sorgfältig vor den Mitschülern verborgen hielten. Und das, was wir auf der Haut trugen und Unterhose nannten, war eigentlich Hemd und Hose in einem, in etwa vergleichbar mit einem Overall. Dieses Ding war offen von vorne, oben am Hals bis ganz ganz unten und unten herum bis hinten, wo in Höhe der Nieren die Gesäßfurche beginnt. Es gab eine Reihe von kleinen Knöpfen von oben bis etwas unter dem Bauchnabel. Ich glaube nicht dass ein Mensch, der nach dem Kriege geboren wurde, sich so etwas überhaupt vorstellen kann. Jedenfalls sicherlich nicht das Tragegefühl dieses Kleidungsstückes
Wir waren zuhause mit vier Kindern, zwei ältere Schwestern und ein jüngerer Bruder. Trotzdessen wurde ich schon einmal nicht von gebrauchter Kleidung verschont, es gab elf ältere Vetter, sogar solche von vor dem ersten Weltkrieg. Also, als ich in die Schule kam, hatte ich etwa drei von diesen Unterhosen, die für mich gekauft waren und, ich denke fünf die von diesen Vettern kamen. Drei waren passend oder etwas groß gekauft, die andern waren teilweise etwas knapp und das waren die schlimmsten. Dieses Kneifen im Schritt fühle ich noch heute. Das Ganze potenzierte sich auf die Minuten, in denen der Darm entleert werden musste. Ich versuche einmal das mit ruhigen Worten zu beschreiben. Da wirkten oben beschriebene kurze dunkelgraue Knabenhose und diese Unterhose zusammen. Das hintere Teil dieser graue Hose musste man herunterklappen, man löste einfach rechts und links je einen Knopf und dann hing diese Klappe herunter. Der Knabe setzte sich auf die Plumpsbrille, verstaute sorgfältig vorne diese Klappe unter seinen Oberschenkeln und mit einer Hand links und einer Hand rechts hielt er die so schön unten offene Unterhose hinten auseinander. Soweit, so gut, das Drama begann nach dem gehörten Plumps. Rechts an der Wand hing der so hübsch und zweckmäßig gebogene Drahthaken, auf der die zurechtgeschnittenen Blätter der Niederrheinischen Volkszeitung aufgespießt waren. Als die rechte Hand zu dieser papierernen Putzhilfe griff, rutschte zeitgleich der rechte hintere Saum der Unterhose dorthin, wo man ihn eigentlich auf gar keinen Fall haben wollte, nämlich in die Gesäßfurche. Über die Folgen schweige ich, das heißt den Rat meines lustigen Onkel Alberts habe ich natürlich nicht befolgt, er sagte: „Da musst du ein Radiergummi nehmen!“
Später, als ich achtzehn war, lernte ich in Russland das Gedicht über die Unterhose: “Ich hab sie getragen sieben Jahr, sie länger zu tragen, das brächte Gefahr, was tun? Ich glaube ich lege den Wisch, als Karte von Finnland über den Tisch!“
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