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Die Liste

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06.07.2007
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Die Liste

Die Liste​

© by Maik​

Dreimal schlug der Hammer hart auf das Richterpult und erzeugte dabei ein dumpfes Grollen, ähnlich wie von einem Donner eines noch weit entferntes Gewitters, und durchdrang den beinahe leeren Saal. Beinahe, bis auf einige wenige Obdachlose, die nur einen Platz zum aufwärmen suchten, und eher desinteressiert der Verhandlung folgten, beinahe, bis auf die 12 Geschworenen, die aus unterschiedlichen Schichten stammten, und letztendlich die Schuldigkeit des Angeklagten in Rekordzeit festlegten, während sie sich zur Beratung zurück zogen, war es gerade 12:00 Uhr am Mittag, und zusammen mit einer ausgiebigen Mahlzeit, auf Kosten der Staatskasse, teilten sie ihre Entscheidung schon um 12:40 Uhr dem Richter mit, beinahe, bis auf seinen Pflichtverteidiger, der mehr Fälle verloren hatte als gewonnen, und ohnehin lieber etwas anderes getan hätte, als einen durchgeknallten Irren zu verteidigen, bis auf den Staatsanwalt, deren Plädoyer nicht einfacher hätte sein können wie: „Sehen sie sich ihn an, sehen sie sich ihn gut an, sie alle Wissen, das er schuldig ist“, und beinahe, bis natürlich auf den Richter, der schließlich das Urteil laut aussprach, und den Angeklagten Robert T. Swanson zum tot durch den elektrischen Stuhl verurteilte.
Der dumpfe Ton hallte noch immer in seinem Kopf wieder, hämmerte sich regelrecht hinein und mit ihm entfachte er wieder diese grausamen Kopfschmerzen, die ihn eigentlich schon sein ganzes Leben lang begleiten, doch mit dem Geräusch, lag noch etwas anderes in der Luft, es war mehr ein unscheinbares Lachen, es kam einem Flüstern gleich, kaum wahrnehmbar, dennoch war es nahezu greifbar, und durchdrang Robert bis aufs Mark, ließ ihn erzittern, und entfachte so etwas wie Furcht in ihm, vielleicht begriff er auch nur das Ausmaß des Urteils, nichts geringeres als seinen Tod forderten die Geschworene, und nicht geringeres als ihn, würde er bekommen.
Doch als erstes würde er wieder inhaftiert werden, wie sie ihn herbrachten, in Fuß -, und Handschellen, würde er abtransportiert, als lebende Fracht, in Ketten gelegen, über die letzte Meile, mehr gezerrt als gehend, im Todestrakt und in seiner persönlichen Todeszelle untergebracht, dann würde er warten, warten und warten, bis schließlich der Tag des Sterbens erreicht sein würde, und durch ihn solange Strom fließt, bis sein Körper leblos zusammen sackt, der Hirntod schließlich eingetroffen ist, und gut durchgebraten, ein letztes Zerren und ziehen, diesmal ohne Ketten, das Fleisch dampfend, doch nun nur noch harmlose Scheiße, in ein Loch geworfen, Erde drauf fertig, ein Problem weniger.
Romantisch, dramatisch, alles war darin enthalten, und er genoss es lächelnd, spürte noch immer die Angst, welche die Wärter vor ihm hatten, doch sie würde bald vergehen, würde nicht mehr lange anhalten, das einzige, das er wohl wirklich bedauerte, und während sie an ihm zerrten, und er surreal das Treiben sogar genoss, fragte er sich, in schon beinahe kindlicher Ekstase, wo nur der Typ mit der Maus gewesen war, sowie der große Schwarze, stattdessen waren die meisten Zellen eher leer, und kaum lange gefüllt, der einzige der regelmäßig kam und ging, war nur der Tod, und der Name Robert, stand ganz oben auf seiner Liste.
Erst im nachhinein realisierte Robert die Worte des Richters, die sich regelrecht in sein Gehirn einbrannten. „Wird Strom durch Sie fließen, bis Sie Tod sind“. „Scheiße Robert“, sagte er laut, es gab niemand der ihn hören konnte, zumindest darin irrte er sich, „Diesmal hast du es echt geschafft“. Er rieb sich die Schläfen, der Kopf schmerzte mal wieder, sein Blick war teilnahmslos und schweifte in der Zelle umher. Sie war zweckmäßig eingerichtet, nicht für einen Daueraufenthalt gedacht, ein Bett, ein Stuhl, Tisch, Waschbecken, Toilette, das Fenster vergittert, zwei Hand breit, und der Raum selbst maß ca. 12 m2 und war, was er war, ein Platz um zu sterben.
Die Luft war modrig, roch alt und wurde von dem widerwärtigen Gestank, von Scheiße, Urin und Kotze begleitet, die Wände waren feucht, rissig, und mit Fäkalien, fast künstlerisch in Szene gesetzt, es war kalt und er fror.
Robert stand auf nur um etwas zu tun, er lief zwei Schritte, dann hielt er inne, drehte um und lief zurück, er wiederholte jenen Bewegungsablauf immer wieder und das fast 3 Tage lang, sinnlos, stupide, doch eine Form der Stressbewältigung, sein Problem blieb jedoch und der Tag des Sterbens rückte näher.
Dreimal am Tag gab es Essen, es schmeckte so abscheulich, das er dachte, das sie ihn damit töten wollten, er aß in der Zelle, Ausgang gab es keinen. Selbst der Hof war Ihnen verwährt worden, „Ihnen“ waren all die Todeskandidaten, jene die vom Staat zum Tode verurteilt wurden, sein Schicksal mit Robert teilten, und hier auf ihn warteten.
Die Zelle links von ihm war leer und die rechts von ihm, glaubte er zumindest leer, bis eines nachts eine Stimme zu ihm Sprach, alt, verraucht, durch die Mauern gedämpft und die schlichte Frage stellte „Ist da wer?“.
Erst dachte Robert seine Sinne hätten ihm einen Streich gespielt, ein Hirngespinst, ein Trugbild aus Worten, aber sie wiederholte sich, stellte ihre Frage und er beantwortete sie mit „Ja, ich“. Die Stimme lachte, „ Wie ist dein Name?“ fragte sie. Robert zögerte, obwohl er froh darüber war endlich mal wieder den Klang einer menschlichen Stimme zu hören, es war lange her, überlegte sich er und auch wenn sie seltsam und merkwürdig fremd klang, antwortete er abermals. „Robert“ sagte er und nach einer kurzen Pause fügte er „Swanson“ hinzu. Wieder lachte die Stimme, als er fragte „Und wie ist dein Name?“. Das Lachen verstummte abrupt, sie überlegte kurz und sagte anschließend „Nenn mich einfach Joe“. „Nur Joe?“ fragte Robert, „Ja“ sagte die Stimme „Einfach nur Joe“.
Nach einer ganzen Weile, schon fast unerträglichen Stille fragte Joe „Wie ist es eigentlich so, auf den sichern Tod zu warten?“. Robert erschreckte diese Frage, er brauchte mehrere Sekunden um eine gefasste Antwort zu geben. „Sag du es mir“. Die Stimme lachte.
„Der Tod wartet nur auf einen von uns Robert, auf dich“ lachte Joe süffisant. Die Worte trafen Swanson hart und verwirrten ihn gleichermaßen. „Wie meinst du das?“ fragte er nach einer Weile, doch Joe schwieg, genoss selbstgefällig seine Worte, und es schien plötzlich, als wäre die Zelle neben Robert leer gewesen, er hörte nicht ein einziges Geräusch, natürlich waren die Mauern dick gewesen, dennoch nicht die geringste Reaktion, und er war sich sicher, das er der einzige auf dieser Seite der Zellen war, ernsthaft zweifelte er an seinem Verstand, „Wirst wohl langsam verrückt?“ fragte er sich selbst, „Auf deine letzten Tage, scheiß drauf“, fügte er sarkastisch hinzu.
In den nächsten Tage lauschte er vergebens, presste sein Ohr an die kalten Mauern, nichts, war geplagt von immer wieder kehrenden Alpträumen, die natürlich vom Tod selbst handelten, wo Strom durch ihn floss bis er starb, es geschah das übliche, warten.
Noch immer hallten die Worte Joes in seinem Kopf wieder, „Nur einer von uns wird sterben“ und noch immer schwieg er neben ihm.
Es war das Warten, was seine Strafe ausmachte, der Tod selbst, wenn er denn kam, fürchteten die wenigsten, doch das ewige Warten, machte alle fertig.
Die letzten 48 Stunden.
Wie immer war es still, nicht nur in der Zelle von Robert, sondern auch im ganzen Todestrakt, die Menschen hier sprachen an sich nur wenig, und es gab auch nicht viel zu bereden, Freundschaften wollte man hier sowie so nicht schließen.
Am Abend des vorletzten Tages, trat der Aufseher in seine Zelle, und verlass einige letzte Zeilen, sowie es üblich war. Er machte ihn mit dem Ablauf der Prozedur vertraut und erklärte Robert, wie in etwa sein letzter Tag aussehen würde. „Ihre letzte Mahlzeit darf 20 Doller nicht überschreiten“ sagte er und natürlich stellte er auch die Frage ob ein Priester gewünscht würde, Robert zögerte bei seiner Antwort, wohl das erste mal in seinem Leben, dass er über so etwas wie einen Priester, mehr noch, über ein Leben danach nachdachte, „Nein“ sagte er schließlich, er war nie besonderes religiös, und wollte auch jetzt nicht mehr damit anfangen.
Am Morgen des letzten Tages, betraten zwei Wärter seine Zelle, sein Kopf wurde rasiert, natürlich wusste Robert wieso, er spürte die unausweichliche Tatsache bis in sein Rückenmark. Gegen Mittag bekam er seine Henkersmahlzeit, Steak, Kartoffeln, Salat, und sogar Bier. Der Rest des Tages, einer unwirklichen Stille ausgesetzt, bestand aus warten, so wie er es immer tat und sah sich konfrontiert mit seinem baldigen Tod.
Es war Nachmittag, als eine ihm bekannte Stimme zu ihm sprach.
„Hast du Angst Robert?“ fragte Joe, er nickte, „Ja“ sagte Robert knapp, und ließ Joe sanft lächeln. „So muss es nicht enden, weist du?“ fügte er nach einer gewissen Pause an, jetzt war es Robert der lächelte, „Ach“ spottete er herausfordernd, „Muss es das nicht“, Joe spürte den Trotz in seiner Stimme, und etwas noch viel gefährlicheres, es war Gleichgültigkeit, wieder nickte er und mit einem unausweichlichen Ernst in seiner Stimme, fuhr er fort. „Du musst es schon wollen, Robert“. Er horchte auf, „Was willst du jetzt von mir hören, was Joe“, Zorn mischte sich in seine Worte ein, „Willst du hören das ich eine Scheißangst vor dem Stuhl habe, das ich nicht sterben will, willst du das“? schrie er und ließ damit Joe schmunzeln, „Ja, genau das will ich“. „Und was nützt dir dies, weder du noch ich können daran etwas ändern, niemand kann dran etwas ändern, und wir beide werden hier den Tod finden, ist es nicht so Joe, oder wie auch immer dein Name ist? Der Fremde von gegenüber schwieg einige Sekunden und schien inne zu halten, so als musste er erst über die Worte Roberts nachdenken, „Du irrst“ sagte er schließlich und brach sein Schweigen, „Es muss nicht so enden“ und das Wort So, betonte er regelrecht. Robert war zu schwach um zu widersprechen, er hatte es einfach satt sich zu streiten, es war eine Ablenkung dieses Gespräch und er ließ es zu und ging auf den verrückten, der sich Joe nannte ein. „Wie sollte es denn enden?“ fragte er, „Was möchtest du den für ein Ende? Es liegt in deiner Hand“, Robert überlegte lange nach einer Antwort, und überlegte tatsächlich was er wollte, „Angenommen du hättest so etwas wie einen letzten Wunsch, wie sehe er aus?“ bohrte Joe weiter, Robert schwieg, er dachte nach und gerade als er glaubte, endlich eine Antwort zu haben, öffnete sich die Essenklappe seiner Zelle, eine Blatt Papier und ein Stift wurde hindurch gereicht, und vielen auf der anderen Seite zu Boden, einen Wärter, oder sonst jemanden, sah Robert nicht. Irritiert nährte er sich dem noch leeren Blatt Papier und hob es auf, „Schreib es auf“ hauchte Joe, seine Stimme nahm nun einen unheimlichen Ton an, und Robert setzt sich an seinen Tisch.
„Schreib es auf“ dachte er, „Aber was?“, noch lange grübelte Robert über das nach was er schreiben wollte, noch immer lag das Blatt vor ihm, noch immer war es leer. „Was empfindest du?“ fragte Joe, Robert kratzte sich am Kopf und versuchte in sich hineinzuhorchen. „Angst vor dem Tod“ überlegte er, auch wenn es da war, dieses Gefühl, schien es ihm eher zweitrangig, da war noch ein anderes, ein viel stärkeres Gefühl in ihm, es war Wut, Hass geradezu, auf alles und jeden, „Nicht alles, nicht jeden“ sagte Joe und riss Robert aus seinen Gedanken heraus, er blickte zur Mauer rechts von ihm, und Joe fuhr fort. „Ja“ lachte er „Du bist wütend, nicht wahr?“ stumm nickte Robert „Rache!“ schrie Joe, „Du willst Rache, an wem?“ fragte er und geriet mehr und mehr in Ekstase „Sage es mir, nein! Schreib es auf“, und Robert schrieb es auf, nannte die sogar beim Namen, die er nicht kannte, und nur einmal in seinem Leben gesehen hatte, er schrieb alle Zwölf Namen der Geschworenen auf, doch noch nicht genug, jetzt war er es, der in Ekstase geriet, es machte ihm Freude jene Namen auf seine Liste zu schreiben, eine Art Todesliste, und sie wurde noch Länger, sein Anwalt, der Staatsanwalt und zuletzt der Richter „Wird Strom durch sie fließen, bis sie Tod sind“ sagte er sich leise vor, und schrieb dabei die 15 Namen auf, sie waren es die er hasste, an denen er sich rächen wollte, das war es, was er in diesem Moment fühlte, noch immer, in einem beinahe Tranceartigen Zustand wippte er auf dem Stuhl hin und her, er schrieb seine Liste, unterschrieb sie und legte den Stift zur Seite.
Minuten lang starrte er auf das Papier, bis sich Joe erneut meldete.
„Das hast du gut gemacht“ sagte er abfällig, „Was ist da gerade passiert?“ fragte Robert, „Nennen wir es einen Pakt, du willst Freiheit?“ begann Joe zu Lachen und schrie sich heiser, Robert empfand zum ersten mal richtig tief sitzende Furcht vor dem Mann, der sich Joe nannte „Du willst Rache? Du bekommst sie und ich gebe dir Freiheit?“ „Aber Wie?“ stammelte Robert, Joe lachte süffisant, „Lass das mal meine Sorge sein, wenn sie kommen um dich zu holen, dann vergiss deine Liste nicht“. Mehr sagte Joe nicht, er ließ Robert mit seinen Fragen allein und ihn warten, warten, warten, bis schließlich der Tod an seine Tür klopfte, nur wenige Stunden später.
Zwei Wärter kamen und nahmen Robert mit, geistesabwesend griff Robert nach seiner Liste und steckte diese in sein Revier, anfangs wehrte er sich, doch schnell sah er ein, das es keinen Zweck hatte, sein Tod stand bevor, und es gab nichts, was er hätte tun können.
Die letzte Meile, der Weg von der Zelle, bis hin zum Stuhl, „Wird Strom durch sie fließen bis sie Tod sind“, wo der Strom fließt, bis er nur noch harmlose Scheiße ist, ein Problem weniger, und nun ging er sie. Die letzten Meter, da stand er. Anmutig, angsteinflössend und doch war es nur ein einfacher Stuhl. Gurte waren daran befestigt, um ihn zufesseln, Arme und Beine wurden fixiert, und während die schwarze Haube, über sein Gesicht gezogen wurde, dachte Robert nur an seine Liste, an den Pakt den er geschlossen hatte, und das Versprechen, das ihm Joe gegeben hatte.
Nachdem er verkabelt wurde, und einige letzte Worte von seinem Scharfrichter gesprochen wurden, war es dann soweit. Das letzte Warten, Robert dachte nur noch an die Worte Joes „So muss es nicht enden“, und hoffte auf ein Wunder, zwar glaubte er nicht wirklich an das was Joe ihm sagte, dennoch hatte er nichts anderes an was er sich jetzt noch klammern konnte, da war nur er und seine Liste.
Das letzte was Robert bewusst wahrnahm, war Schmerz, jener der entstand, wenn durch einen Strom floss, der tödlich war. Doch war er nur von kurzer Dauer, bald schon erlosch der Schmerz, und mit ihm wich das Leben, aus einem Mann, aus einem Mörder, der vom Staat verurteilt, den Tod durch den elektrischen Stuhl erleiden musste, bis es schließlich vorbei war.
Robert T. Swanson, starb im Alter von 38, so wollte es das Gesetz, dann war es vorbei, und obwohl es das Ende war, schien es doch ein Anfang zu sein, der leblose Körper, gefesselt an einen Stuhl, gebunden, tot, doch sein Geist, die Seele des Mannes, der ein Mörder war, sofern er denn eine besaß, war frei und doch war auch sie gebunden, gebunden an eine Liste, an ein Versprechen und schließlich trat dieses in Kraft mit seinem Tod.
Anfangs sah er nur Wolken, es schien als flöge er durch den Himmel, getragen oder gehalten von einer unsichtbaren Kraft, „Freiheit“ dachte er, und Emotionen, die kaum in Worte zu fassen waren, durchlebte Robert jetzt, er lachte und weinte zur gleichen Zeit, doch dann wandelte sich das Bild. Während über ihm immer noch jene nebulöse Erscheinungen waren, formte sich unter ihm ein Strudel, er drehte sich schnell und spiralförmig und dort wo entsprang und schließlich endete, war ganz gewiss nicht der Himmel.
Die Emotionen die Robert nun empfand wurden stärker, bis ins tausendfache gestiegen, für Menschen das tödliche Maß überschritten, und während der Strudel an ihm zerrte und nach ihm verlangte, stiegen die Emotionen weiter, doch diesmal war ihm nicht mehr nach Lachen zumute, Angst und Furcht dominierten klar, doch war es nicht nur seine Angst, er spürte den Schmerz und die Gefühle seiner Opfer, und durchlebte im Sekundenbruchteil ihren Tod, sah sich selbst als Mörder, und spürte in sich, die eigene Klinge, und der Schmerz nahm noch immer weiter zu, bis in die Unendlichkeit, wo der Schmerz und die Angst von Abermilliarden Menschen gebündelt war, konzentriert an einem einzigen Punkt, ein Fleck im Raum, der pulsierte lebte und das Krebsgeschwür des Universums war, deren Ausdehnung schlicht Unendlichkeit besaß, der Hölle.
All das durchlebte sein Geist und starb milliardenfach, bis der Strudel ihn schließlich ausspie, als wäre er verdorbene Nahrung, und im Grunde, war er genau das, erbrochenes, harmlose Scheiße, neu geboren, aus dem spiralförmigen Schließmuskel, zwischen Himmel und Hölle.
Obwohl er körperlos war, hat er doch Substanz, und obwohl er keine Augen hatte, konnte er dennoch sehen, schemenhafte, nicht in Worte zu fassende Bilder, die den Schmerz als etwas reales, greifbares zeigten und nur sein Verstand einfach nicht begriff und nicht umsetzen konnte und als er endlich dem Drehen entkommen war, und nun auf etwas das ein Boden hätte sein können, sich aber unwirklich und glitschig anfühlte, und irgendwie lebendig, öffnete er zum ersten mal seinen Mund, mehr ein Abbild eines Solchen, und er schrie. Ein Schrei aus seinem innersten, tiefsten Punkt, geboren in dem Kern der Seele, er durchlebte Schmerzen jenseits der Vorstellungskraft, und alles was er tun konnte war schreien, ein Schrei der sich mit Millionen anderen zusammentat, und gemeinsam irrte er durch die Hölle, Jahrzehnte lang und als die Jahre vergingen, und er noch immer Schrie, begriff er die Unendlichkeit, die eigentlich noch gar nicht begonnen hatte, und mit dem Verständnis kam ein zweiter, diesmal viel längerer Schrei, seine Seele verdarb, die Schemenhafte Umrisse wurden klar erkennbar, sah nun Schmerz, sah Angst und sah Furcht, alles Greifbare Emotionen, die nur die Unendlichkeit benötigen, um reale Dinge in Raum und Zeit zu sein, gebündelt in einem einzigen kleinen Fleck und als Robert T. Swanson schließlich verstummte, nach Äonen von Jahren, blieb nur noch die Gleichgültigkeit, die Akzeptanz der Ewigkeit, und all das durchlebte er, in einer einzigen Sekunde. Selbst sein Körper war noch warm, als sie ihn wegtrugen, verpackt in einem Leichensack, und doch lebte dieser noch. Er öffnete die Augen, als Joe zu ihm sagte „Steh auf“, sein Herz begann zu schlagen, seine Atmung setzte ein, und als lebender Toter, sprang er aus dem Leichenwagen und verschwand.
Drei Tage brauchte er, um sich zu erholen, dann war die Wiedergeburt perfekt, und er begann mit der Erfüllung seiner Liste.
Mit der Gleichgültigkeit in seinem Herzen und in seinem Verstand, wurde er zu einer einzigartigen Killermaschine, er war schnell und effizient, grausamer als jemals zuvor, gierte förmlich danach zu töten, und wollte endlich wieder frei sein, so wie der Pakt geschlossen wurde. In nur einer Woche, hatte Robert bereits 5 Frauen und 7 Männer von seiner Liste gestrichen, und in noch mal einer Woche, er ließ sich Zeit mit dem Richter und mit den beiden Anwälten, quälte sie lange bis sie schließlich an den Schmerzen dahinschieden, hatte er seine Liste erfüllt.
Er trug sie noch immer bei sich, 15 Namen darauf, ein jeder durchgestrichen, dann endlich traf er Joe. Er stand einfach vor ihm, und war ein unscheinbarer kleiner Mann, nur in seinen toten tief schwarzen Augen, konnte man so etwas wie Ewigkeit ablesen, ansonsten wirkte der Mann, der sich als Joe vorstellte, kaum spektakulär.
Robert begrüßte ihn mit einem Lächeln und hielt ihm seine Liste entgegen, „Fertig“ lachte er und wollte seinen Preis, der nichts geringeres als die Freiheit war. Doch Joe schwieg, starrte einige Sekundenlang auf die Liste und schüttelte dann den Kopf. „Einer fehlt noch“ sagte er abfällig, Robert verstand nicht, er entriss Joe die Liste und wollte sich noch einmal vergewissern, jeder Name war durchgestrichen, „Sie sind alle tot“ brüllte er Joe an, doch dieser stand noch immer gelassen vor ihm, schüttelte schweigend den Kopf, und wiederholte sich erneut „Einer fehlt noch“, sein Tonfall war ruhig, war gelassen, gleichgültig, und das Gesagte war endgültig.
Er lief um Robert herum, schlenderte in gemütlichem Gang an ihm vorbei und starrte dann über dessen Schultern auf die Liste, er deutete auf einen Namen, auf Roberts Namen, der am Ende der Liste stand, „Siehst du Robert“ sagte er süffisant, „Ein Name fehlt noch“, Robert lachte verstohlen, er musste einen Scherz gemacht haben, dachte er, „Nein Robert“ sagte Joe, als hätte er seine Gedanken gelesen, aber vermutlich tat er dieses auch. „Was ist mit meiner Freiheit?“ schrie Robert aufgebracht, „Was hast du mir nicht alles versprochen?“, er wollte noch mehrere Punkte aufzählen, doch Joe legte seinen Zeigefinger, sanft aber bestimmt auf die Lippen von Robert, „Ach Robert“ sagte er gerade zu grotesk friedfertig, „Du wirst frei sein, in der Sekunde, in der du stirbst“, Robert wollte noch irgendetwas sagen, er wollte protestieren, sich gegen ihn auflehnen, doch Joe schüttelte nur sanftmütig den Kopf, eine Geste die Robert verstummen ließ. „Sieh“ sprach Joe, in dem gleichen ruhigen Tonfall weiter, als er in die Tasche griff und ein Messer zum Vorschein kam, auf dem Gesicht von Robert zeichnete sich ein Lächeln ab, als er es sah und es erkannte. Es war sein Messer, damit hatte er seinen ersten Mord begannen, damit fing alles an, im zarten Alter von 14 Jahren, als er genau mit diesem Messer eine Tankstelle überfiel und die Kassiererin tötete. Dann stach Joe zu.
Robert verspürte keinerlei Schmerzen, es war genauso sanftmütig und friedlich, wie die Stimme von Joe, er umarmte ihn väterlich, und rammte es mit spielender Leichtigkeit in sein Herz. Und während sein warmes rotes Blut, aus der Wunde entsprang und mit ihm das Leben aus dem Körper von Robert T. Swanson wich, lief eine einzelne Träne über sein Gesicht, und er begriff was Joe meinte, er war frei, wirklich frei und er genoss es solange wie es dauerte.
Joe machte eine kurze Handbewegung, und hinter ihm öffnete sich der Strudel, der Weg zur Hölle, den Robert schon kannte, er griff nach der Liste und strich den letzten Namen durch, „Komm jetzt“ sagte Joe und Robert folgte ihm in den Strudel, sein lebloser Körper lag nur wenige Meter hinter ihm, und während seine Seele sich aufmachte, um für alle Zeit in Ewigen Qualen zu verbringen, war auf dem Gesicht des Toten ein Lächeln abgezeichnet, die Freiheit, die ihm versprochen wurde.

 

Hallo Maik,

die Idee zu der Geschichte gefällt mir sehr gut, sie ist auch kreativ beschrieben. Aber was mich gestört hat, waren diese ewig langen Sätze. Wenn du sie in mehrere kurze Sätze aufteilen würdest, wäre man viel näher am Geschehen. Vielleicht auch ein paar mehr Dialoge, damit man es sich bildlicher vorstellen kann.
Die Beschreibung der Hölle hat mir super gefallen.

LG
pina colada

 

Vielen dank für deine Kritik, ich finde Du hast recht und ich werde mir Mühe geben.

 

Hallo, Maik...boah.

Ich hab dir was mitgebracht:
".............................................................................................................................................................................................................."

Hast du mal >Herr Lehmann< gelesen? Sven Regner schreibt ähnlich lange Sätze, gönnt einem aber doch Pausen und beschränkt sich bei den Bandwürmern nur auf Lehmanns Gedanken. Soweit, so gut.

Jetzt seh ich gerade, es gibt eine Überarbeitung. Die Story gefällt mir insgesammt gar nicht schlecht, aber mehr als die fehlenden Punkte vermisse ich: WER ZUM TEUFEL IST JOE? Der Teufel am Ende? Der Geschichte mangelt es ein wenig an Plastizität; Könnte einfach an den langen Sätzen liegen.

Fazit: Ein Mix aus Twighlight-Zone und "Einmal Buchstabensuppe für Tisch Sieben."

 

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