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Die Mäuse

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21.02.2005
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Die Mäuse

Wir, das Volk der Mäuse, sind im Moment sehr geschützt vor Katzen oder ähnlichen gefährlichen Tieren, als deren primitivstes und sinnlosestes wohl der Mensch angeführt werden muss.
Sicher, wir sind in einem seltsamen Höhlensystem, wo keiner dieser Feinde eindringen kann. Dazu ist es hier zu dunkel und viel zu eng. Das Grausame daran ist jedoch, dass dieses Höhlensystem ein furchtbarer Irrgarten ist, eine Falle, und keiner von uns weiß mehr, wo der Ausgang sich befindet. Wer von unseren Vorfahren diesen riesigen Irrgarten auch angelegt haben mag, er ist tot. Nichts gegen ihn, er hatte lediglich die Intention, uns zu schützen, nicht uns einzusperren.
Es verhält sich aber so, dass jeder von uns von Geburt an nur ein Ziel hat: den Ausgang in die Freiheit zu finden.
So verteilen wir uns jeden Tag am Beginn des Tages, nachdem wir einen Artgenossen gegessen haben, und jeder versucht auf eigene Pfote, herumirrend in diesem Gang- und Schottsystem, mit Hilfe von Verstand und Glück hinauszufinden.

Da sind die Stunden erfüllt mit herumwandern, suchen, denn solange man lebt, kann man ja finden, müde oder voll Hoffnung, den Ausgang zu erreichen.
Manchmal begegnet man einem Artgenossen, man sieht sein resigniertes Gesicht und hat Mitleiden mit ihm. Dieser weiß ja, dass vielleicht heute sein letzter Tag sein mag, bevor er den anderen als Nahrung dient.
Niemals gehen zwei zusammen ihren täglichen Weg durch diese Grausamkeit. Denn da kaum einer den Ausgang findet, warum sollte ihn der finden, mit dem man unterwegs ist? Da dies unwahrscheinlich ist, wäre man dumm, mit ihm zu gehen. Und täte man es, würde ihm die Schuld am Versagen gegeben werden ("...ja, wenn ich nicht mit dem zusammen gewesen wäre, dann..."). Man müsste entscheiden, welcher von allen noch die größten Chancen hätte, erfolgreich zu sein, aber das ist unmöglich, also würde man niemals ein Ergebnis bekommen, also auch niemals aufbrechen vor lauter Berechnung.

Aber, hätte man ihn dennoch, aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz, errechnet, wäre er dann nicht schon von einem anderen 'besetzt'? Und wenn er nicht besetzt wäre, könnte er dann tatsächlich so gut sein? Und wenn doch, würde er dich dann als Begleiter wollen? Auch wäre es ärgerlich, schaffte es ein anderer als dein Begleiter, mit dem man zuvor unter keinen Umständen hatte mitgehen wollen. Und dann die vielen Streitigkeiten, die entstehen könnten unterwegs... So müssen wir also auf den Beistand eines Begleiters verzichten.
Im übrigen werden es auch immer weniger, die tatsächlich suchen. Viele gehen nur noch spazieren und hoffen aufs Glück.

Das sind wohl die weniger Schlauen von uns, nehme ich an. Ich selbst irre seit meiner Geburt, also seit vier Jahren, hier herum, und, wie Sie sehen, hätte ich bereits einmal Erfolg gehabt, so wäre das der absolute Erfolg gewesen, und ich sähe mich nicht mehr genötigt, hier Zeugnis abzulegen. Ich weiß eines: Ich will wenigstens noch hinaus gelangen, ich will es noch, ich bin guten Willens.
Abends, wenn ich dann wieder zum Treffpunkt gelange, zum Ausgangspunkt, zu welchem man paradoxerweise ohne Probleme immer wieder gelangt (vielleicht gibt es viel mehr Wege dorthin als es zum Ausweg führende gibt?), und die anderen wieder trifft, und jeder von sich berichtet, und einer erzählt, wie er geglaubt hatte, auf einer richtigen Fährte zu sein, wie sich aber auf einmal ein Schott über einen sehr wichtigen Durchgang gesenkt hätte. Oder wie einer, bereits auf dem richtigen Weg?, plötzlich im Boden eingebrochen war, und auf einer Rutsche in eine völlig andere, tiefergelegene Gegend transportiert worden wäre. Und war das nicht der Beweis, dass er es fast geschafft hatte schon?

Dann aber hört man auch wieder davon, dass es einer geschafft hat! Und zwar einer der Dümmsten und Schwächsten, eventuell einer der Spaziergänger, einer der Missgebildetsten und Unwürdigsten.
Dann weiß ich nie, ob ich mich freuen soll, - denn wenn es der schafft, kann meine Lage dann hoffnungslos sein? Oder soll ich weinen, bitterlich weinen, weil solche es schaffen, vielleicht sogar aufgrund ihrer Dummköpfigkeit, ich aber, der wie geschaffen dafür wäre - muss verzweifeln? Ach, ich hasse das Herumgedümple! In solchen Situationen weiß ich, dass ich den Zusammenhang nie erfahren werde, und das heißt, dass alles Zufall ist, nämlich die Unkenntnis des Zusammenhangs.

 

hello tintenfüller,

ein interessantes Bild hast Du da gezimmert, wenngleich sich mir die tiefere Aussage nicht recht erschliessen will. Die Dümmsten und Schwächsten haben immer Glück?

Ich sehe auch ein inhaltliches Problem:
Wenn der Protagonist und seine Leidensgenossen das Höhlensystem, den Irrgarten niemals verlassen konnten, woher wissen sie dann um die Gefahr, die von 'Katzen oder ähnlichen gefährlichen Tieren, als deren primitivstes und sinnlosestes wohl der Mensch angeführt werden muss'?

Viele Grüsse vom gox

 

Das ist wohl nicht das einzige "logische Problem": Mäuse bauen sich nicht einfach irgendwelche "Höhlensysteme" oder "Irrgärten" (aus denen sie dann auch noch selbst nicht mehr herausfinden können!). Das tun allenfalls Maulwürfe und diesen verwandte Tiere, die rein anatomisch entsprechend ausgerüstet sind (u.a. mit großen, starken Klauen zum Graben).

Mäuse dagegen nutzen diejenigen Verstecke und "Höhlen", die sie bereits vorfinden. Sie graben oder bauen sich keine neuen.

Außerdem müsste zu klären sein, ob Mäuse unter Extrembedingungen zu Kannibalismus neigen. Selbst wenn es aber so wäre, würden sie sich erstens nicht so einfach gegenseitig auffressen, zuerst wären nämlich erstmal die vorhandenen Neugeborenen als schwächstes Glied in der Gemeinschaft dran.
Und zweitens würden diese Mäuse wohl ziemlich schnell allesamt an Fehlernährung sterben. Vor allem über einen Zeitraum von vier(!) Jahren.
Nur von Fleisch allein kann nämlich auf Dauer kein (Säuge-)Tier der Welt leben, auch ein Löwe oder Tiger übrigens nicht.

 

***mega-grins***

Philosophische Ratte, Ahnverwandte der Mäuse, das ist doch wohl nicht dein ernsthaftes Problem mit dem Text? Biologie? Was welches Säugetier macht usw.?
Jedenfalls fass ich das als kleinen Joke auf!
Kafkas Maulwurf war ja auch kein so typischer... oder??

Des weiteren, direkte Logikprobleme sehe ich im Text nicht. (Auch deins nicht gox), auch die Aussage mit den Schwächeren etc ist ja nur ein Scherz, scheints, allerdings stört mich das Fehlen von Spannung.

 

Hmpf... aber Kafkas Maulwurf hat sich wenigstens noch artgerecht verhalten! :teach:

Was man von diesen eigenartigen Mäusen ja nicht so ohne weiteres behaupten kann...

 

aber Kafkas Maulwurf hat sich wenigstens noch artgerecht verhalten!

Hm, wenn es artgerecht für einen Maulwurf ist, ausgedehnte innere Monologe zu führen, dann ja :-)).

Aber im Ernst - "Mäuse" müssen hier doch hundertprozentig als Analogie aufgefasst werden - "ängstliches Volk" oder so...

 

Das ist mir schon klar, dass das hier eine Art Parabel darstellt.

Trotzdem sollte man (um in unserm Kontext zu bleiben) aus Mäusen keine Maulwürfe machen. Dann hätte man nämlich auch gleich eben Maulwürfe als Menschen-Analogie verwenden können, anstelle von Mäusen.

Alle von mir oben genannten Punkte treffen mAn übrigens auch für den Menschen zu, nicht nur für Mäuse. Deswegen finde ich meine rein logischen Bedenken für die Glaubwürdigkeit dieses Textes durchaus angebracht - denn zumindest auf Menschen ist dieser ja wohl zuletzt bezogen, wenn schon nicht direkt auf Mäuse (obwohl das, finde ich, auch der Fall sein sollte).

 

Hallo tintenfüller,

mich stört an deinem Text, dass er ein Bericht ohne Spannungsbogen ist. Letztlich ist er keine Geschichte. Eigentlich schade, weil der Grundgedanke des Irrgartens ohne vorhersehbaren Ausgang Potential hat.

Tschüß... Woltochinon

 

Hallo,

schade dass der Text ncith spannedn ist - also es ist nicht interessant, ihn weiter zu lesen, nachdem man ihn angefangen hat?

 

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