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Die Mehrzahl von aber
„Du bist wirklich ein unvorstellbar netter, zuvorkommender, respektvoller und gut aussehender Mensch. Die Zeit, die wir miteinander verbracht haben war wunderschön und hat mir so viel gegeben, aber es reicht eben nicht für eine Beziehung. Du musst wissen, ich mag dich unheimlich gern, aber ich liebe dich einfach nicht. Ich könnte verstehen, wenn du mich jetzt hasst, aber vielleicht können wir ja zumindest gute Freunde bleiben!?“
Am liebsten würde ich ihr genau in diesem Moment erzählen, dass ich sie mit ihrer besten Freundin und ihrer kleinen Schwester gleichzeitig betrogen habe, aber ich weiß ja selber, dass das eh nur eine Lüge wäre. Also sage ich ihr unter Tränen, dass ich sie, selbst wenn ich wollte, gar nicht hassen könnte, weil ich sie ja über alles liebe und mutmaße, dass wir eines Tages bestimmt gute Freunde sein können.
Sie sagt, sie wünsche sich selber nichts sehnlicher mehr als das Gefühl mich lieben zu können, räumt aber im gleichen Atemzug ein, dass sie es seit längerem schon nicht mehr fühle. Sie versucht mir weiß zu machen, dass sie sich selber nicht erklären kann, wie sie so jemanden wie mich, der ihr so viel Wärme und Geborgenheit entgegen bringt, nicht lieben kann.
Jetzt reicht es mir. Ich springe auf und fange an zu schreien wie ein Schizophrener, der gerade gegen Behemoths kämpft und sage ihr, dass sie endlich aufhören solle mich zu verarschen. Ich sage ihr, sie solle mir endlich die Wahrheit sagen und zugeben, dass sie mit Miguel gevögelt hat. Diesem kleinen scheinheiligen Spanier, der ihr mit seinem „OLA“ und „AMORE“ Scheiß schon seit Jahren Honig um den Mund schmiert. Ich kann ihrem Gesichtsausdruck eine Ratlosigkeit ansehen, die mich erkennen lässt, dass sie keine Ahnung hat wovon ich eigentlich spreche und sogleich wird mir klar, dass dieser Miguel zusammen mit mir in der Grundschule war und dass er mit ihr soviel zu tun hat wie George W. mit Monica Lewinsky. Da ich aber gerade so gut in Fahrt bin und es in diesem Moment schon so einiger Betäubungsmittelspritzen für Elefanten bedürfe um mich aufzuhalten, lass ich mich gar nicht lange von meinem augenscheinlichen Fehlschlag schocken und trete sofort wieder an. Um diesmal aber möglichst sachlich zu bleiben, sage ich ihr, dass ich ihre Mutter und die damit zusammenhängenden Kaffeekränzchen die ganze Zeit über nicht ausstehen konnte und dass ihre Schwester meiner Meinung nach stinkt. Ich sage ihr, dass ihre komisch gezupften Augenbrauen und ihr dämliches Puder sie wie Olivia Jones aussehen lassen und dass sie mit ihren Reiterhosen und den Hängetitten gar nicht mehr an Strandurlaub denken sollte. Ich denke, ich brauche an dieser Stelle nicht zu erwähnen, dass diese Frau, hätte sie bei Gemany`s next Topmodel mitgemacht, vermutlich schon in der Vorrunde zur Gewinnerin gekürt worden wäre.
Nichts desto Trotz, ich fühle mich gerade wie die Lawine von Galtür, da wo ich lang rolle, wird es nur noch Tod und Verwüstung geben. Zum krönenden Abschluss tituliere ich sie noch als Ausgeburt der Hölle und als männerfressende Schlampe und merke noch kurz an, dass schon Eva ihrer Zeit im Paradies gezeigt hat, dass alle Frauen dieser Welt über einen schlechten Charakter verfügen.
Sie, noch immer auf der Wohnzimmercouch sitzend, schaut mich von unten mit ihren großen, runden, braunen Augen und dem Hundeblick an und sagt: „Aber, Ich....“
Und ich, jetzt endlich in der Lage diese hinterfotzige kleine Schlampe mit ihrem verlogenen Blick zu hassen, schrei sie an: „Und deine dämlichen Abers kannste dir in deinen fetten Arsch schieben!“
Sie erhebt sich gelassen, mit einem hämischen Grinsen auf den Lippen von der Couch, stolziert divenartig zur Tür, öffnet diese, tritt hinaus in den Flur, dreht sich zu mir um und sagt: „ Du tust mir echt leid! Machs gut!“
"Und du mir erst!", brüll ich noch hinter ihr her, wohlwissend, dass der einzige, der mir in den nächsten Wochen leid tun wird, ich selbst bin.
Noch heute, einige Jahre und unerfüllte Liebschaften später, stelle ich mir häufig zwei elementare Fragen. Wäre es vernünftiger gewesen, an diesem Nachmittag vielleicht etwas auf dem Teppich zu bleiben und ist die Mehrzahl von Aber wirklich Abers?