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Die Muse

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04.10.2006
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Die Muse

Der Wald breitet über sich schon die Schattendecke des nahenden Abends. Die Tierstimmen, welche am Tage die Säulengänge des Waldes belebt haben, verstummen eine um die andere und machen der Stille Platz, die ihr immer nachfolgt. Einer Stille, welche aus dem Rauschen der Blätter besteht, dem trägen Knarren alter Stämme, dem Atmen des Windes, der die Äste sanft wiegt, dem gelegentlichen Heulen einer Böe. Einer Stille, welche bald schon dem Erwachen der Nachtstimmen des Waldes weichen muss, nachdem sie für eine kurze Weile regieren durfte.
Eine solche Stille wohnt jedem Wald inne. Und so auch diesem, in welchem Kaschker sitzt: im Marwald, unweit der Weininsel, die westlich im breiten Strom des Bansheeban liegt. Im Marwald, nördlich der zerstörten Feste Kef, die einst die Heimat Kaschkers war, die ihn, den Sänger am Hofe der Edlen, barg und behütete. Im Marwald, am Rande einer Lichtung sitzt er, gehüllt in einen wollenen Mantel, auf einem gefallenen Findling, den Kopf geneigt, die Augen geschlossen und doch sehend, den Geist im Fluge, den Zeilen eines Liedes nachjagend, welches diesen Augenblick der Stille erfasst.
Das Heulen des Windes dringt in sein Ohr, das Scharren der Büsche, das Reiben der Äste, das Ächzen der Stämme, das Auf? und Abschwellen dieses Gesangs der Natur. Ein trockener Ast zerbricht.
„Ich habe euch wohl gehört, Freunde“, sagt Kaschker ruhig, noch bevor ihm der Hüne das Messer an die Kehle setzt. Kaschker blickt nicht auf, er rührt sich nicht. Auch der Hüne ist erstarrt. Das Messer in seiner Faust ist klein, nein, es wirkt nur klein, es ist ein Messer wie jedes andere, aber die Faust des Hünen ist groß, wie alles an ihm. Sein Messer erscheint klein, aber so ist es nicht. Es ist scharf. Es kann töten.
„Setzt euch zu mir“, sagt Kaschker weiter und weist mit einer langsamen Geste auf die freie Lichtung vor sich. Seine Hand ist fein und weiß und rein, und sie ist schmal, denn er ist ein Sänger, Kaschker, der Sänger, der Lieder singt und Oden spricht, der Epen erzählt und niederschreibt, mit einer Feder. Daher ist seine Hand schmal, langfingrig. Sie hält kein Messer, kein Schwert, keine Axt, sie bietet an, sie gebietet dem Hünen und seinen zwei Kumpanen, die noch im Schutz des Waldes verharren, ins abendliche Licht seines Kreises zu treten und sich ihm zuzugesellen.
Der Hüne zögert noch und so tun es seine Begleiter, denn er ist ihr Anführer, Grom, der Räuber, welcher seit Jahren und Jahren, seit dem Fall des Dorfes Felshain, in welchem er lebte, den Marwald durchstreift und Reisende beraubt und tötet. So kommt er auch hierher, um zu töten und zu rauben, aber nun zögert er. Ebenso seine Begleiter. Sie warten darauf, dass Grom entscheidet, was geschehen soll. Dass er raubt und tötet, oder dass er es nicht tut.
„Mein Freund“, spricht Kaschker ruhig weiter, die Messerklinge an der Kehle. „Es bedarf Eurer Klinge nicht, mich zu beherrschen. Steckt also Euer Messer zurück in den Gürtel und leistet mir Gesellschaft. Ich sitze an dieser Lichtung und warte auf den Kuss meiner Muse. Leistet mir eine Weile Gesellschaft, und vielleicht –„ Kaschker lächelt versonnen, „– wer mag es ermessen, vielleicht fällt auch ein Kuss für Euch ab.“ Er sitzt reglos und nur die Augen öffnet er, ansonsten bewegt er sich nicht. Seine Augen sind grün und groß, seine Lider und Wimpern mit einem feinen Kohlestrich markiert, was seinen Blick tiefer und schwerer macht. Er kann Grom nicht anschauen, denn der Räuber steht hinter ihm, seinen rechten Arm über der rechte Schulter des Sängers liegend, sein Messer von dort an die Sängerkehle drückend.
Grom kämpft mit sich um die Entscheidung. Gewiss, der schlanke, schwächliche Schönling, der Sänger, ist keine Gefahr für ihn. Und der Schwächling ist allein. Grom hingegen ist nicht allein, im Dunkel der Bäume am Rande der Lichtung lauern noch Khel und Fringit, beides kräftige Burschen, beide mit Keulen bewaffnet, beide schnell und gefährlich. Gefährlicher als der schlanke Barde, dessen Leben Grom in seiner Hand hält.
Außerdem wartet dieser Sänger auf einen Kuss, den Kuss einer Muse, einer Frau, und lange schon hat Grom keine Frau mehr gehabt. Heißes Verlangen durchdringt ihn. Vielleicht, so sagt der Schlanke, wer wisse es, vielleicht fiele auch ein Kuss für ihn ab. Und nicht nur vielleicht wird sich Grom diesen Kuss nehmen. Zuerst den Kuss und dann die Frau. Ein breites Grinsen legt sich um seine Mundwinkel.
Er entfernt das Messer von der Kehle des Sängers und winkt Khel und Fringit zu. Zu dritt treten sie vor Kaschker, der unter seinem Mantel in kunstfertige und wertvolle Gewänder gekleidet, auf dem moosbewachsenen Stein sitzt.
Grom ist wahrlich ein Hüne. Schon vor Jahren, als sein Leben noch ehrbar und zufrieden war, in Felshain, als er seine Tage noch mit dem Fällen von Bäumen und dem Bau von Fässern verbrachte, ein Küfer war, lobten die Männer und Frauen seines Dorfes schon seine kräftige Gestalt und die Stärke seiner Arme. Er war ihre Stimme gegenüber Fremden und Reisenden. Und als das Dorf von wilden Kriegern und Berittenen in schwarzen Rüstungen zerstört wurde, da war er, Grom, der einzige, der davonkam; Felshains Stimme aber starb mit seinen Menschen. Auch seine Kumpane, Khel und Fringit, können von ähnlichen Schicksalen berichten. Auch sie sind durch Waffen heimatlos geworden, auch sie haben sich in die Wälder geflüchtet, auch sie fristen ihr Leben als Räuber.
Dort stehen sie nun, auf der Lichtung, im Marwald, vor Kaschker, dem Sänger, der auf einem Felsen sitzt und sie eindringlich mustert. Seine grünen Augen ruhen auf jedem von ihnen und blicken in ihre Seelen.
„So setzt euch doch“, sagt Kaschker und seine ausgebreiteten Arme laden die drei Schurken dazu ein, sich zu seinen Füßen niederzulassen. Grom setzt sich als erster, denn er ist der Anführer und Khel und Fringit warten zunächst ab, was ihr Hauptmann tut, bevor sie selbst handeln. So geschieht es immer. Grom steckt sein Messer griffbereit in seinen Hosenbund, und auch seine Gefährten legen ihre Keulen neben sich ab, wo sie schnell nach ihnen greifen können, um schließlich doch zu tun, was sie zu tun gekommen sind. Zu rauben und zu töten.
Neben Kaschker liegt ein Beutel am Boden, und als er danach greift, grunzt Grom und knurrt bedrohlich, und Khel und Fringit greifen nach ihren Knüppeln. Kaschker hält inne und wirft dem Räuberhauptmann seinen Beutel zu, in dem sich ein kleiner Schlauch guten Weines von der Weininsel befindet sowie einige getrocknete Trauben. Kaschker bietet sie an und nachdem Grom den Sänger einen Schluck Wein trinken und eine handvoll Trauben verspeisen hat sehen, greift auch er zu. Ebenso Khel und Fringit. Alle schweigen, bis Kaschker zu sprechen beginnt.
„Die Abenddämmerung auf einer Waldlichtung zu erleben, ist eine besondere Gnade“, spricht er. „Diese Stille, die regiert, wenn der Tag stirbt und die Nacht geboren wird, so als halte die Welt einen Augenblick inne. Dieser Augenblick, in dem die Nacht aus ihrer Schale bricht, ist wertvoller noch als die Geburt eines neuen Tages. Wie eigentümlich, dass die Sterbensmomente so ungleich angenehmer sind als die Geburtsmomente.“
„Was redest Du für Zeug!?“ brummt Grom mit traubenvollem Munde. „Dass Sterben ein Spaß ist? Kannst mir glauben: ich sah viele sterben, ich selbst brachte sie um, und nicht ein einziger von ihnen hatte Spaß dabei! Nicht einer!“
„Aber bedenkt, niemand tötet den Tag“, erwidert Kaschker. „Der Tag vollendet sich selbst, er geht seinen Weg, jenen Weg, welchen alle Dinge gehen, bis an sein Ende. Der Tag wird geboren, er lebt und er stirbt. Dieser Lauf ist auch unser Schicksal. Doch das Ende ist allezeit auch der Beginn eines Neuen. Nennt es die Nacht, nennt es den neuen Tag, immerzu folgt etwas nach, immer erwächst aus dem Ende des einen der Beginn des anderen.“ Kaschkers Blick schweift über die Köpfe der vor ihm sitzenden Banditen über die Lichtung, Khel und Fringit schauen unsicher hinter sich, erblicken aber nichts. „Das Ende des Tages weist uns auf, wie das Leben ist. Wie das Leben sein sollte. Und es weist uns vor allen anderen Dingen auf, was der Tod uns sein sollte: ein Teil des Lebens, sein bedeutsamster, letzter Teil.“
„Du sagst also, Du freust Dich auf den Tod?“ fragt Grom und zieht misstrauisch seine Brauen nieder und seine Lippen hoch.
„Da haste aber Glück, dass wir vorbeigekommen sind!“, lacht Khel glucksend, während Fringit breit grinst und einen Schluck Wein nimmt.
„Wenn es so weit sein wird, dass mein Tod an der Zeit ist, werde ich ihn als meinen Gast empfangen. Ich werde ihn als den meinigen erkennen, als etwas, das zu mir und meinem Leben gehört. Mein Tod ist jenes Ziel, an welches das Schicksal mich geführt hat und welches das Ende meines irdischen Weges bezeichnet. Ich werde ihn genießen, wie ich diese Abenddämmerung genieße."
Grom lächelt böse. "Du bist ja völlig wahnsinnig. Ha. Und ich muss Dich enttäuschen. Nicht das Schicksal, sondern wir ...“ – spöttisch breitet er die Arme aus und neigt das Haupt leicht, wie in einer Verbeugung – „... werden Dich töten. Wir nehmen Dein Geld, und wir nehmen Dein Leben.“ Das Lächeln wird noch breiter, als Bestürzung sich im Antlitz des Sängers zeigt. „Ach, guck doch nicht so! Wir sind Räuber, meine Freunde und ich. Nicht wahr? Und wie Du sagst, wenn Du tot bist, entsteht doch etwas Neues. Du redest doch so schöne Sachen. Hör mal, wenn wir Dich da drüben verscharren …“, Grom weist mit dem Arm auf einen letzten, von der Sonne beschienenen Fleck am Rande der Lichtung. „… dann wachsen sicher sehr schöne Blumen auf Deinem Grab! Habe ich recht?“ Khel grinst und Fringitt lacht kehlig.
Kaschker ist blass, vor Bestürzung oder vor Wut, doch beides beeindruckt die Räuber nicht. „Ihr Schurken wollt mir also mein kostbarstes Gut rauben, das Euch zu gar nichts nutzt?“
„Natürlich nutzt es uns! Bist Du tot, kannst Du uns nicht verraten! Außerdem sind wir Räuber. Man fürchtet uns. Wir rauben nicht nur, wir töten auch. Darum fürchtet man uns. Dich auszurauben ist ein Ding, aber Dir das Leben zu nehmen ist noch viel besser. Und denk immer an die schönen Blumen, nicht jeder hat es so gut. Meist verscharren wir die Leute nicht mal. Und was dann Neues aus ihnen wird, ist Krähenschiss und Fliegendreck.“ Grom brüllt vor Lachen und die kostbare Stille der Dämmerung zerschellt daran. Der Moment ist vorüber.
„Aber ihr nehmt mir nicht mein Leben“, presst Kaschker zwischen bleichen, dünnen Lippen hervor. „Ihr nehmt mir meinen Tod.“
„Ach was! Den geben wir Dir", kichert Khel. Er besudelt sein schmutziges Leinenhemd mit Wein, als das Kichern ihn unverhofft schüttelt. Der Sänger amüsiert ihn.
„Nein. Ihr nehmt mir meinen Tod!“ fährt Kaschker unbeirrt fort. „Und gebt mir den eurigen!“
„Freundchen, Du drohst uns?!“ knurrt Grom und packt sein Messer. Auch Khel und Fringit fassen ihre Keulen. Die drei Räuber spannen sich, aus Khels Bart tropfen einige Trauben.
Kaschker atmet tief ein, er unterdrückt das Beben in seiner Stimme. „Nein“, erwidert er und blickt quer über die Lichtung, über die Köpfe seiner Mörder hinweg. Khel und Fringit schauen sich um, aber sie erblicken nichts. „Wie könnte ich euch drohen?“ Kaschker wirkt mutlos. Doch dann stiehlt sich ein Glimmen in seinen fast schon erloschenen Blick. „Aber hört! Wenn mein Tod von euch schon unbedingt beschlossen ist, so erbitte ich nur wenige Augenblicke. Da ich nun weiß, dass ich bald sterben werde, schenkt mir noch eine Frist, auf dass ich meine Seele wappne, meinen Tod zu erleben.“
„Was für ein Blödsinn! Warum sollen wir Dir Zeit geben? Wir können es doch ganz schnell machen, Du merkst es dann nicht einmal.“ Fringit schnaubt kopfschüttelnd.
„Aber ich will es merken. Ich will das Ende meines Lebens, meinen Tod erleben. Ich gab euch Wein und Trauben, ist eine kurze Frist dafür ein zu hoher Preis?“
„Ha. Wir hätten uns den Wein und die Trauben auch einfach nehmen können.“ Grom schnauft und seine Hand, seine gewaltige Pranke öffnet und schließt sich um den Griff seines Messers.
„Ja, das ist wahr. Aber ich gab sie euch. Und ebenso werdet ihr mir etwas Zeit geben. Vielleicht könnte auch ich sie mir nehmen.“ Kaschker lächelt versonnen und blickt Grom in die Augen. Seltsamerweise glaubt Grom diesem dünnen, schwachen Mann, dass dieser sich die Zeit nehmen kann. Er vermag nicht zu sagen, warum er dies glaubt und ebenso vermag er nicht zu erkennen, wie der Sänger sich Zeit nehmen will. Aber der Glaube daran, das Gefühl ist stark.
Grom legt sein Messer wieder neben sich und diesem Beispiel folgen Khel und Fringit. „Na gut. Wieviel Zeit brauchst Du?“ fragt Grom ungeduldig. „Es wird dunkel. Wir haben nicht die ganze Nacht.“
„Ich warte auf den Kuss meiner Muse. Gebt mir diese Zeit.“ Kaschker schließt die Augen und sein Geist begibt sich erneut auf die Reise in eine Welt jenseits der körperlichen.
„Wann die wohl auftaucht“, murrt Khel, der besorgt den immer dunkler werdenden Himmel betrachtet. Auch Fringit zweifelt: „Lass ihn uns jetzt berauben und töten, Grom. Wer weiß, wann die Muse sich blicken lässt. Du kennst doch die Weiber.“ Überhaupt glauben Khel und Fringit, dass Grom den Schönling ohne Zaudern hätte töten sollen, doch das sagen sie nicht, sie wagen es nicht zu sagen, Grom ist der Anführer und er trifft die Entscheidungen. Groms Begleiter zweifeln, doch in ihre Augen hat Kaschker auch nicht geschaut.
Sein Blick traf Groms Augen. Und in diesem Blick las der Hauptmann die Erwartung des nahenden Todes, der unter sie fahren wird. Grom schaudert beim Gedanken an diesen Blick. Schließlich bedroht er den Barden, er hält das Messer, er ist der Räuber. Schließlich hält er das Leben des Sängers in seiner Hand. Er entscheidet über Leben und Tod. Er entscheidet über den Zeitpunkt.
Mit geschlossenen Augen spricht ihn Kaschker an: „Wisst Ihr, einmal, vor langer Zeit, verlor ich mein Leben, mein Freund. Und doch starb ich nicht. Ich verlor alles, was mir lieb und wert war, mein Heim, meine Gefährten, meine Hoffnung, mein Vertrauen. Alles wurde mit der Feste Kef zu Trümmern zerschlagen, und auf ihren Ruinen gerann das Blut, das ihre Mörder vergossen hatten. Kef war mein Leben und es wurde mir genommen.“
„Was jammerst du rum?!“ fährt ihn Khel an und Fringit fletscht die Zähne. „Meinst Du, uns ist es anders gegangen? Wir haben auch unsere Familien und unsere Freunde verloren. Wir haben selbst keine Heimat mehr, wir leben im Freien, wir schlafen im Dreck. Du bist nicht der einzige, dem das Schicksal das Leben versaut hat.“
„Fürwahr. Aber ich beklage mich nicht. Ihr seid es, die sich beklagen. Denn ihr habt nicht allein eure Leben verloren, sondern – was weit schwerer wiegt – ihr verlort eure Seelen“, erwidert Kaschker, die Augen weiterhin geschlossen. „Denn wenn ihr lebt, wie ihr lebt, wenn ihr tötet, wie ihr tötet – dann sind eure Seelen in der ewigen Nacht der Verdammnis gefangen. Ihr kennt das Leid, den Schmerz, die Verzweiflung, welche das Nichts mit sich bringt, wenn einem nur die bloße Lebendigkeit bleibt. In euch brennt ein alles verzehrender Hass, und weil er nicht jene verzehren kann, denen er gilt, verzehrt er statt ihrer eure Seelen. Ein Schatten, dunkler als die Nacht bei Pechmond, hält eure Seelen umfasst.“ Fringit schluchzt, hält sich erschrocken die Hand vor den Mund, aber dann sieht er, dass auch Khels Lippen zittern. Nur Grom sitzt reglos da, nein, ein Beben fährt durch seinen hünenhaften Leib.
„Ich jedoch habe mich von dieser Finsternis errettet,“ fährt Kaschker unerbittlich fort und blickt über die Räuber hinweg auf die Lichtung. Khel und Fringit sind zu betäubt von den Worten des Sängers, um hinter sich zu blicken, wozu auch, sie haben die vorigen Male ja doch nichts erblickt. „Ich habe in der Asche des Gewesenen die Glut des Neuen gesucht und gefunden. Ich habe im Tod meines vergangenen Lebens den Beginn meines künftigen Lebens erblickt.“ Kaschker richtet den Blick wieder auf die bebenden Banditen, die schwer atmend, rot vor unbändiger Scham und Wut, vor ihm sitzen. „Eure Seelen hingegen sind in der finsteren Stille gefangen, die das Alte mit dem Neuen verbindet. Obschon ihr euch als die Urheber des Übels wähnt, seid ihr zugleich seine entwürdigtsten, erniedrigtsten Opfer.“
„Halt Dein verdammtes Maul, Dreckskerl!“ donnert Grom und springt auf. „Nie wieder werde ich ein Opfer sein!“ Auch Khel und Fringit springen auf, denn Grom ist der Anführer. „Ich habe geschworen, nie wieder ein Opfer zu sein! Und ein blöder Schwätzer wie Du wird mich nicht wieder daran erinnern, wie es sich anfühlt, Opfer zu sein. Ich bin es, der andere zu seinen Opfern macht! Du wirst Dir in Dein hübsches Hemd scheißen, bevor ich Dir Dein verlogenes Herz rausschneide. Und dass du es weißt: Deine Muse werde ich mir vor Deinen Augen vornehmen." Ohnmächtig schüttelt er die gewaltige Faust, in der sein Messer fast verschwindet, wütend aber unentschlossen stehen Khel und Fringit hinter ihm.
Die grünen Augen des Sängers schließen sich, öffnen sich erneut. Weder Furcht noch Hass steht in ihnen geschrieben, nur Schmerz, solcher, wie ihn Grom nicht kennen will und doch immer wieder erinnert, in den kalten Nächten unter einem mondhellen Himmel. Es ist ein Schmerz, wie ihn nur jene kennen, die einst ihr Leben verloren und doch zum Weiterleben verdammt wurden. „Aus Euch spricht jene Angst, die Euch zu ihrer Geisel gemacht hat. Vielleicht wecken meine Worte in Euch den Schmerz der Erinnerung, aber sie können Euch auch den Weg zur Erlösung weisen. Ihr tragt keine Schuld an jenen Geschehnissen, die Euch zu dem gemacht haben, das aus Euch geworden ist. Aber Ihr tragt die Schuld daran, dass Ihr zugelassen habt zu werden, was Ihr nun seid. In Euch brennt die Verzweiflung, aber wenn Ihr Euch diesem Feuer stellt, dann gibt es noch Hoffnung für Eure Seele.“
„Mit diesem Geschwafel ziehst Du Deinen Kopf nicht aus der Schlinge, Freundchen!“ speit Grom, dessen Kiefer vor innerer Wut malmen, vor dessen Lippen schaumiger Speichel tritt. Weniger noch als die Worte des Sängers kann er den Anblick der schrecklichen grünen Augen ertragen, in denen sich das furchtbare Brennen spiegelt, welches seine Seele zugrunde richtet.
Kaschker bleibt ruhig vor den aufgebrachten Banditen sitzen, um seine Lippen spielt ein leises Lächeln. „Ihr habt die Wahl. Stellt Euch dem Schmerz, und ihr werdet ein neues Leben finden. Lasst die Vergangenheit hinter Euch, nehmt von Euren Lieben im Frieden Abschied und die Erinnerung an sie wird Euch ein treuer Gefährte sein.“
„Genug, Schwätzer. Du wirst sterben. Und wenn Deine Muse kommt, um über deinem toten Leib zu weinen, werden wir sie uns nehmen. Sie wird uns küssen, und sie wird uns Freude bereiten, und sie wird leiden, und sie wird sterben." Groms Augen brennen vor Hass und Angst, Hass auf den schmächtigen, bleichen Sänger, der ihn erinnert an seinen Tod, Angst vor seinen Worten, die ihm die Sinne nehmen, ihn schwindeln lassen.
Kaschker, der Sänger von Kef, das Jahre und Jahre in Trümmern liegt, erhebt sich langsam von seinem moosbewachsenen Stein. Sein Lächeln wird breiter, er hebt die Arme und legt den Kopf in den Nacken. Seine grünen Augen schließen sich erneut und seine Stimme ruft nach seiner Muse. „Eile herbei, o Muse. Wir schwachen Sterblichen vermögen nicht zu erkennen, wem Leben und wem Tod beschieden sind – wähle also Du, wer dem Licht gehört und wer der Finsternis!“
Grom, der den Sänger hat gewähren lassen, anstatt ihn sogleich zu erdolchen, platzt nun endgültig der Kragen. Der Schrei, den er ausstößt, entringt sich dem brodelnden Inferno seiner Seele, er packt sein Messer fester, holt aus und eine scharfe Klinge dringt in seinen Rücken, schiebt sich durch sein Herz, ragt aus seiner Brust.
Grom ist überrascht. Ebenso Khel und Fringit, denn Grom ist ihr Anführer. Grom stirbt. Ein Messer zerfetzt Fringits Kehle, durchstößt dann Khels Auge, beide sterben, drei sinken tot zur Erde. Über ihnen steht Lucka, eine schlanke Klinge in der Linken, ein Messer in der Rechten.
„Kaschker“, sagt sie, wirft ihm einen verärgerten Blick zu und schüttelt den Kopf. „Du bist unmöglich! Ich kann Dich nicht einmal einen Tag alleine lassen.“
Kaschker öffnet die Augen und blickt auf die Toten herab. Er seufzt, dann lächelt er und deutet nach jener Stelle hin, an der das letzte Licht der Sonne sich soeben verliert und an der die Räuber seinen toten Leib verscharren wollten. „Dort drüben ist eine schöne Stelle für diese armen Burschen, findest Du nicht auch? Ich glaube, das hätte ihnen gefallen.“
Lucka steht da, mit offenem Mund. Dann steckt sie ihre Waffen weg, schnaubt und stampft zornig auf. „Kaschker, ich rede mit Dir! Die Kerle wollten Dich umbringen? Warum wehrst Du Dich nicht? Was, wenn ich nicht rechtzeitig gekommen wäre?“
Kaschker lächelt immer noch, er schaut Lucka an, und sie merkt, wie ihr Zorn unter diesem Blick dahinschmilzt. Unwillig schüttelt sie mit dem Kopf, steckt ihre Waffen weg und versucht vergeblich, sich gegen das Lächeln zu sträuben, das nun um ihre Lippen spielt, versucht, es wenigstens vor ihm zu verbergen. Es gelingt ihr nicht.
„Ich habe mich doch gewehrt“, sagt Kaschker und tritt über die Leiber der Toten hinweg zu ihr. „Und Lucka: Du bist nicht zu spät gekommen. Du bist noch nie zu spät gekommen.“ Er haucht ihr einen Kuss auf die Stirn und der letzte Funke ihres Zorns verlischt. Sie legt ihre Hände an seine Wangen und schaut ihm tief in seine grünen Augen. Er schließt sie in seine Arme, sie küssen sich, halten sich eng umschlungen.
„Meine Muse.“

 

Ja, ich weiß, richtig Fantasy ist der Text nicht, keine Drachen, keine Feen. Aber woanders paßt sie auch nicht besser. Also: Fantasy. Immerhin ist die Hauptfigur Kaschker aus einem Rollenspiel-NSC entstanden.

Die Story ist inzwischen rund 10 Jahre alt. Ich habe sie letztens anläßlich der Neuanschaffung eines PCs ohne 3,5"-Laufwerk im Rahmen der Datensicherung auf einer alten Diskette entdeckt und fand sie eigentlich noch ganz knackig. Und bin gespannt, wie ihr sie findet.

Viel Vergnügen,
bvw

 

Hallo Brudervomweber!

Hmmm ... Also zunächst mal passt die Geschichte soweit schon in Fantasy. Noch besser würde sie natürlich rein passen, wenn die Muse dann auch wirklich eine Muse im mythologischen Sinne wäre. Dass sie es dann nicht ist, sondern ein Freundin oder Geliebte oder Gefährtin, wird dadurch nicht weniger unverdaulich, dass eben überhaupt keine Erklärung folgt, wer sie ist, und wo sie die ganze Zeit war. So wird sie ein bisschen zum deus-ex-machina, und das verdirbt die Pointe.

Stilistisch finde ich alles etwas überladen, z B hier:

die ihr immer nachfolgt, dieser Stille, die besteht aus dem Rauschen grüner, frischer Blätter, dem wahllos eingestreuten Knarren alter, knorriger Stämme, dem sanften Atmen des Windes, dem gelegentlichen Heulen einer windigen Böe.
das sind mir zu viele Beschreibungen, die machen die Atmosphäre in meinen Augen zu schwülstig.
Dann sind einige Sätze einfach unglaublich lang und verschachtelt. Natürlich will keiner nur Hauptsätze lesen, aber 3 Zeilen pro Satz sollten doch das Maximum sein, meine ich ;)

Der Gedanke, dass die Räuber Kaschker nicht das Leben, sondern den Tod nehmen, gefällt mir. Da könnte man sicher mehr draus machen.
Dass die Schiksale der Protagonisten so ähnlich sind, passt da auch gut hin, meiner Meinung nach, trotzdem malst du mir alles etwas zu schwarz-weiß.

Steck da doch noch etwas Zeit und Geduld rein, straff das Ganze und erkläre die "Muse", und schau mal, ob da nicht ne runde Sache dabei rauskommt.

Grüße
Ardandwen

 

Hallo, Ardandwen.

Herzlichen Dank für Dein Feedback.

Es mag etwas eigentümlich klingen, aber Deine wesentlichen Kritikpunkte erfassen genau das, was ich mit dieser Geschichte eigentlich machen wollte.

Das Schwülstige zum Beispiel (und es ist schön, daß es so bei Dir angekommen ist) habe ich mir hart erarbeiten müssen. Ich wollte eine übervolle, pathetische und eben auch schwarz-weiße Atmosphäre schaffen, die die Grenze zur Schwafelei nicht nur touchiert, sondern ganz klar überschreitet. Wenngleich ich zugeben muß, daß eine windige Böe des Guten ein wenig zuviel ist. :)

Im Grunde ist die ganze Narration (und auch die Wortklauberei von wegen "Leben nehmen" oder "Tod nehmen" sowie den Binarismen von Schmerz und Freude, Verzweiflung und Hoffnung und dem ganzen anderen Schnickschnack) nur als ein großes Ablenkungsmanöver angelegt, das sowohl ich als auch Kaschker selbst inszeniert, ich um des Schlusses willen, Kaschker, um sich Zeit zu erkaufen. Am Ende geht dann alles plötzlich ohne Schnörkel, ganz schnell. Darum auch der deus-ex-machina-Effekt. Schuldig im Sinne der Anklage.

Daß ich an dem Konversations-Teil aber noch ein wenig arbeiten und das Thema vielleicht als ein bißchen mehr als nur eine Finte ansehen sollte, ist eine Anregung, die ich mir gerne zu Herzen nehmen will. Vielleicht schraube ich noch ein wenig an dem Teil herum.

Ich pflichte Dir in der Tat bei, daß Lucka ohne Erklärung und ohne von mir vorbereitete Motivation auf der Bildfläche erscheint. In diesem Fall stehe ich offen gestanden vor einem kleinen Problem, denn sie näher einzuführen würde den Effekt der Plötzlichkeit am Ende aufheben - und sie danach zu erklären, wäre ein wohl unnötig verlängernder und verlangweiligender Appendix.

Dieser (hoffentlich halbwegs erfolgreiche) Überraschungseffekt am Ende ist auch der Grund, weshalb die Muse in dieser Geschichte eben keine mythologische Gestalt oder Naturgewalt ist, weil man das als Leser (glaube ich jedenfalls) eigentlich erwartet. Die Banditen sind dem Sänger körperlich überlegen, darum muß da irgendeine übernatürliche Kraft in ihm schlummern, die ihn gegen diese physische Bedrohung schützt. Außerdem wünscht man sich (ebenfalls vermutlich), daß die sehr körperlich motivierte, naive Mutmaßung der Banditen, man könne der Muse einen Kuß und danach noch ein wenig mehr rauben durch arkane Kräfte in ihre Schranken gewiesen wird. Daß es dann doch nur wieder physische Gewalt ist, die die Situation am Ende auflöst, ist gerade der Kniff, den ich mit der Geschichte erreichen wollte.

Auf jeden Fall aber vielen, lieben Dank für Deine Anmerkungen.

Grüße
bvw

 

Hallo brudervomweber,
Die Geschichte ist fuer meinen Geschmack ganz deutlich zu pathetisch. Die Saetze lesen sich unglaublich schwer und anstrengend, ich bin mehrfach aus dem Text geflogen. Die Intention, so, wie ich sie deinem Posting entnehme, hat bei mir funktioniert, ich bin aber ein bisschen enttaeuscht, vor allem die Rolle der Muse ist mir da noch zu unklar, die Figur ist unmotiviert - wer ist sie, passt sie auf ihn auf, was hat sie gemacht, etc. etc. Dass sie die drei waffenstarrenden Banditen dann einfach so aus dem Hinterhalt wegmessert, halte ich fuer etwas unrealistisch,immerhin erwarten die sie und haetten sie ja gesehen haben muessen, wenn sie eine reale Person ist. Deus ex machina eben. Vielleicht moechtest du an dieser Stelle noch einmal nachlegen?

Den groessten Teil des Geschwafels habe ich dann doch nur ueberflogen. Sorry. Das war mir zu schwafelig ;)

gruss
vita
:bounce:

 

Hallo brudervomweber!

Zuerst ein paar Textkritteleien:

Der Wald deckt über sich schon die Schattendecke des nahenden Abends.
Dieser Anfangssatz reisst nicht gerade vom Hocker. Wiederholung meiden. Auf mich wirkte dieser Einstieg ziemlich abschreckend.

Und so auch in diesem Wald, in dem Kaschker sitzt; im Marwald, unweit der Weininsel, die westlich im breiten Strom des Bansheeban liegt, im Marwald, nördlich der zerstörten Feste Kef, die einst seine Heimat war, die einst Kaschker, den Sänger, barg und behütete; im Marwald, am Rande einer Lichtung sitzt er, gehüllt in einen wollenen Mantel, auf einem Stein, den Kopf geneigt, die Augen geschlossen und doch sehend, den Geist im Fluge, den Zeilen eines Liedes nachjagend, das den Augenblick erfaßt.
Hier sehe ich keinen Grund, das Ganze einen einzigen Satz bleiben zu lassen.

Das Messer in seiner Faust ist klein, nein, es wirkt klein, es ist ein Messer wie jedes andere, aber seine Faust ist groß, so wie er, also wirkt es klein, aber es ist nicht klein.
Wow, ganze vier Mal hast du es geschafft, "klein" in diesem Satz unterzubringen.

Mir fällt auf, dass du häufig solche Wortwiederholungen benutzt:

Er war ihre Stimme, die Stimme Felshains gegenüber Fremden und Reisenden.
Beide sind sie Heimatlose, beide Hoffnungslose, beide erfüllt von Verbitterung und Haß; Haß, den sie in sich tragen und der sie zerstört, ...

Sie ist weit schöner noch_ als die Geburt des Tages.
Du hast schon allgemein genug Kommas und Nebensätze, die den Lesefluss brechen, dann musst du nicht auch noch unnötige einbauen. ;)

Wie eigentümlich, daß die Sterbensmomente so ungleich angenehmer sind_ als die Geburtsmomente.
dasselbe hier

Eure Habe, Euer Geld, Euer Pferd zu nehmen, ist ein Ding, Euer Leben zu nehmen ist jedoch weit ? befriedigender.
? raus. Mensch, der Räuber kann auch mit stilistischen Mitteln umgehen?

„Und doch seid ihr Opfer. Opfer eures Schmerzes, eurer Verzweiflung, eures Hasses. Für euch bin ich der Schmerz, aber ich bin auch die Freude. Ich bin die Verzweiflung, aber ich bin auch die Hoffnung. Ich bin der Hass, aber ich bin auch das Vertrauen.“
Ziemlich viel pathetisches Bla hier ...

Ich wollte eine übervolle, pathetische und eben auch schwarz-weiße Atmosphäre schaffen, die die Grenze zur Schwafelei nicht nur touchiert, sondern ganz klar überschreitet.
"Ich habe bewusst eine schlechte Geschichte geschrieben, ja, sie ist sehr schlecht, ich weiss, aber das habe ich so gewollt, echt ..." ;) Vielleicht hast du das Geschwafel ja beabsichtigt, ich finde es trotzdem ätzend. So krankt die ganze Geschichte daran ... mit einem flotteren Stil und etwas gestrafft hätte ich das Lesen nicht so mühsam gefunden. Stellenweise kommst du ein bisschen einen angenehmen Erzählfluss, bevor deine Stilblüten wieder in voller Pracht aufgehen. Deshalb war sie für meinen Geschmack alles andere als knackig. Schade für die eigentlich ganz nette Story.
Rhetorische Stilmittel würde ich nur ganz sparsam, aber dafür gezielt einsetzen.

Ansonsten finde ich deinen Text ganz anständig, mit einer netten (dieses böse Wort...) Pointe am Schluss. Da finde ich die Deus ex machina mässige Lösung gar nicht so schlecht, weil man merkt, dass die Geschichte darauf abzielt, im Gegensatz zu manch anderem Text, wo es einfach so wirkt, als wäre dem Schreiberling nichts besseres eingefallen.
Totzdem schliesse ich mich vita an, hier könntest du noch zulegen.

Fazit: Auch wenn mich deine Story nicht ganz vom Hocker gerissen hat, so freue ich mich doch darauf, die nächste von dir hier zu lesen. :)

Liebe Grüsse,
sirwen

 

Hallo, ich wieder.

@vita: Du hast vollkommen recht. Die Geschichte ist auch für meine Begriffe viel zu pathetisch und unerträglich schwafelig. Ich entsinne mich, sie nach der ersten Niederschrift einem Freund gezeigt zu haben, der sie mit nur einem Satz kommentierte: "Die hat er aber ihm wahrsten Sinne zu Tode gelabert." So war's gedacht. Es ist natürlich aber irgendwie blöde, eine Geschichte zu schreiben, die dem Leser den letzten Nerv rauben soll. :susp: Wenn ich sie nicht selbst geschrieben hätte, ich wäre vermutlich nach dem zweiten Absatz ausgestiegen, so wie Du. Du hast ja sogar noch länger durchgehalten. ;)

Was das Nachlegen bei Lucka angeht, habe ich mir überlegt, daß ich die Geschichte vielleicht nochmal erzähle, dann aber aus ihrer Perspektive. Die wird dann spannender, straffer, aufschlußreicher, nichtschwafeliger, realistischer. Versprochen!

@sirwen:

Danke für die Textkritik. Den Doppeldecker zu beginn habe ich tatsächlich überhaupt nicht bemerkt. Daß der Satz irgendwie nicht ganz stimmte, war mir schon unterbewußt aufgefallen, daß daß es an einer einfachen Wortwiederholung liegt, ist mir gar nicht aufgefallen. Betriebsblindheit läßt grüßen.

Das mit dem viermal klein war Absicht. Und die übrigen Wortwiederholungen auch. Ich schwöre! :)

Die Kommafehler waren keine Absicht, danke für die Hinweise. Auch daß Räuber keine Stilmittel verwenden sollten, ist richtig.

Das "zuviel pathetische Bla" ist das Finale Furioso, in dem meine "Stilblüten wieder in voller Pracht aufgehen" (das finde ich ganz zauberhaft formuliert)!

Ich merke inzwischen, daß das wirklich ein bißchen doof ist, jetzt zu erzählen, daß alles, was man der Geschichte vorwerfen kann, natürlich beabsichtigt war. Aber ich verspreche, daß ich demnächst mal ein paar andere Geschichten posten werde, und dann wird hoffentlich klar, daß das wirklich nicht so mein Ding, diese schwülstige Schreibe. Umständlich schon, aber nicht schwülstig. Vielleicht glaubt mir ja dann jemand. ;)

Unterm Strich - ich werde versuchen, das Ding mal ein bißchen zugänglicher zu machen, indem ich mit dem Rasenmäher durch die Stilblütenpracht gehe und in den Urwald der umrankten Formulierungen eine Schneise schlage.

Vielen lieben Dank für euer beider Feedback.

bvw

 

Und wieder einmal sieht man - Geschmackssache. Ich find das Geschwafel gar nicht so schlimm, fand die Geschichte insgesamt eigentlich ganz gut geschrieben - was mich eher gestört hat, war, dass du in der Sprache oft nicht zwischen den Räubern und dem Sänger unterscheidest. Warum sollte der Sänger nicht schwafeln? Er ist ein Sänger!! Aber das muss im absoluten Kontrast zu den Räubern stehen und das ist leider oft nicht der Fall. Die sprechen in der selben verschnörkelten Sprache, die fast schon an ein Theaterstück erinnert.
Ansonsten ist dein Erzählstil recht analytisch. Für eine Geschichte mal ganz interessant, aber falls du alles so schreibst, würde ich dir empfehlen, auch mal was anderes auszuprobieren;).

Das Ende finde ich recht cool, muss ich sagen. Daher insgesamt nicht schlecht, finde ich. Und ich meine, wenn du so vor zehn Jahren geschrieben hast, wow- wie schreibst du heute?

PS: Das einzige was man sich überlegen könnte, was aber halt recht viel Arbeit bedeutet: Die Geschichte läuft auf eine Pointe raus - also sollte man halt den Teil davor recht Akzentuieren - was in dem Falle auch zu straffen bedeutet - denn eigentlich ist der Teil viel zu lang, dafür, dass er eigentlich nur halbwegs wichtig ist...

Thomas

 

Hi, Tommy.

Danke. Nicht weil etwa das Lob so überschwenglich wäre, aber einfach, weil du sie "einfach gut geschrieben" und das Ende "eigentlich recht cool" fandest. :)

Und hinsichtlich Deiner Anmerkung, daß Sänger und Räuber einen unterschiedlichen Duktus haben müssen, hast Du natürlich vollkommen recht. Ich merke, daß an der Geschichte doch einiges ungereimt ist und ich nochmal Hand anlegen muß. Das Problem ist, daß das verschnörkelte Sprechen ja nicht nur in der direkten Rede, sondern eben auch in der erzählenden Sprache so abgebildet ist. An zwei, drei Stellen breche ich daraus aus, aber das sind wirklich nur ein paar Stellen. Da insbesondere das Geschwafel als Abturner empfunden wird, macht es vermutlich wirklich Sinn zu schauen, inwieweit man hier jedem Pro- und Antagonisten nebst dem Erzähler eine eigene Sprache gibt, ohne das Pathos dabei zu verlieren. Das allerdings ist ... puh!

Was das heute schreiben angeht: Wenn sich schreiben exponentiell verbessern würde, wären wir alle Millionäre. :D Ich habe seitdem mit der Schreiberei sicherlich 8 Jahre ausgesetzt und nur mal sporadisch was Halbgares zu Papier gebracht. Ich habe letztes Jahr mal wieder angefangen, halbwegs regelmäßig und zielgerichtet zu schreiben, darum bin ich leider nur Stiefelwichser beim Literaturgott. Ein "Wow" ist also nicht wirklich angebracht. Zumal ich "sowas" auch eher seltener schreibe bzw. geschrieben habe. Aber ein bißchen besser bin ich glaube ich schon geworden. ;)

Wenn ich also Zeit finde und meinen inneren Schweinehund niederringen kann, werde ich mich an einer neuen, verbesserten Variante versuchen. Ich schraube allerdings gerade noch an was anderem. Und der Tag hat doch nur 24 Stunden, verflixt.

Gruß
bvw

 

Ei, wer hätte es gedacht! Eine Überarbeitung!? Eigentlich war die Geschichte für mich schon abgeschlossen, aber die Anmerkungen von vita, ardandwen, sirwen und tommy haben mich doch noch ans Rotieren gebracht.

Die Geschichte ist nicht richtig umgeschrieben, darum habe ich sie auch nicht in einen neuen Thread gepackt, aber einiges von den Anregungen habe ich verarbeiten können. Z. B. habe ich den Figuren unterschiedliche, zumindest unterscheidbare Sprachdukti zugeordnet (thanx to tommy), habe die stilistische Überladung, die an Schwafelei grenzte, ein wenig zurückgefahren oder zumindest zu tragfähiger(er) Argumentation ausgebaut (:huldig: @ vita, sirwen, ardandwen) und ein paar mehr Punkte gesetzt (besser so, ardandwen?).

Den deus ex machina hat es aber immer noch, wenngleich ich versucht habe, zumindest ansatzweise plausibel zu machen, weshalb die Banditen letztlich doch nicht (rechtzeitig) Wind davon bekommen, dass sich eine dritte Partei einmischt.

Die Story sollte also jetzt halbwegs mängelfrei sein. Ich habe jedenfalls einen Schlussstrich unter sie gezogen und hoffe, dass sie in ihrer neuen Form mehr Zuneigung erfahren wird. Sie ist jedenfalls, was sie ist. Wie Popeye.

Gruß
bvw

 

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