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Die Musik und die Moral

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01.05.2008
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Die Musik und die Moral

Die Musik und die Moral​

Als sie erwachte, lag der Raum im Halbdunkeln. Nur einzelne Sonnenstrahlen hatten es geschafft, sich ihren Weg durch die heruntergelassenen Rollläden zu bahnen. Der in der Luft liegende Staub wurde erhellt, sodass man ihn sehen konnte. Doch nicht das Tageslicht stellte den Grund für ihr Erwachen dar. Durch die einfachen Scheiben konnte sie es genau hören. Ein E - kurze Pause - ein falsch gegriffenes A - erneute Pause - beim zweiten Versuch klappte es – Ein sanft gezupftes C. Sie setzte sich im Bett auf. Der Wecker zeigte neun Uhr 18 an. Das Gitarrenspielen wurde lauter. Ihre nackten Füße berührten den namibischen Teppich, der vor ihrem Bett lag. Anhaltendes Gitarre spielen. Sie knipste das Licht an und guckte sich im Raum um, ohne die Erwartung zu hegen, etwas Ungewöhnliches darin zu entdecken. Das Zimmer, in welchem sie schlief, war groß für ein Schlafzimmer. Umso karger wirkte die Einrichtung. Nichts weiter außer einem Schreibtisch samt Stuhl, einem Schrank und ein paar Werken afrikanischer Künstler, die sie schon seit Jahren als Erinnerungsstücke aufhob. Den halbhohen Schrank, den man auch als Kommode hätte bezeichnen können, zierte nur ein einziges Foto. Es zeigte ein junges Paar, das voller Zuversicht in die Kamera lächelte.
Das Spiegelbild, das sie in ihrer Schlafzimmerscheibe sehen konnte, zeigte den Umriss einer in die Jahre gekommenen Frau. Ihr graues Haar schimmerte selbst bei der spärlichen Beleuchtung, die der Raum bot. Sie trat auf den Flur. Die Gitarre war verstummt. Kurz lauschte sie, dann stieg sie die Treppe hinab in die Küche, jedoch nicht ohne sich zuvor einen Bademantel von der Garderobe zu nehmen. Ein Kaffee: drei Löffel Kaffeepulver, kein Zucker, keine Milch. Die Musik setzte wieder ein. Unerwartet empfand sie ein Gefühl der Erleichterung. Diesmal würde sie ihn auf frischer Tat ertappen. Ruhestörung um 20 nach Neun und das am Sonntag. Nicht, dass nicht jeden Tag für sie Sonntag gewesen wäre, aber heute stand es eben auch im Kalender. Sie öffnete die schwere Tür aus dunklem Mahagoniholz.
Es war erstaunlich mild für einen Märzmorgen. Der Wind wehte leicht und nahezu keine Wolke verdeckte die Sonne, die heute so fröhlich schien als hätte sie vor, sie noch von ihrem Vorhaben abzubringen. Doch ihr Beschluss war gefasst. 15 Schritte dann stand sie vor der Tür des Nachbarhauses. Es war ein altes Haus, so wie beinahe alle Häuser in der Straße. Erbaut in den fünfziger Jahren. Leute, die sich solche Häuser leisten konnten, hatten immer Geld, auch in der Nachkriegszeit. Von drinnen konnte sie noch immer das Spielen der Gitarre hören. Sie legte ihren Daumen auf den gusseisernen Klingelknopf. Zwei Namen standen darunter, obwohl nur eine Familie das Haus bewohnte. Einer der üblichen Tricks zum Verschrecken von Einbrechern. Sie wartete einen Moment, dann drückte sie den Knopf.
Sie vernahm das Bimmeln einer alten mechanischen Schelle. Es klang etwas gedämpft. Ein solches Schellen, wie man es erwarten würde, wenn man sich ein altes, großes Haus mit einem gewissen Charme vorstellte. Ein elektronisches Summen hätte nicht dazu gepasst. Der Gitarrenklang war sofort verstummt. Schritte auf dem Gang. Die Türklinke wurde heruntergedrückt. Die Gitarre hielt er noch in seiner rechten Hand. Eine Sekunde lang schaute sie in ein Paar stahlblauer Augen.
Dann knallte es kurz laut; alles war erhellt. Danach hörte sie nichts mehr; keinen Laut. Sie sah nur noch. Sie sah Menschen. Menschen in Sanitäteruniformen, Feuerwehrleute, vertraute Gesichter aus der Nachbarschaft zur beängstigten Grimasse verzerrt. Dann sah sie nichts mehr. Als sie im Krankenhaus erwachte, erfuhr sie was, passiert war. Aufgrund einer defekten Leitung hatte sich im hinteren Teil der alten Villa Gas angestaut welches anschließend explodiert war. Nur sie und der Junge hatten überlebt. Einen Moment lang versuchte sie das Geschehene zu überdenken, zu verarbeiten, sie war eine rationale Persönlichkeit redete sie sich ein. Dann wurden ihre Augenlieder schwer. Überwältigt vom Holzhammer ihrer eigenen Moral schlief sie ein.

 

Dies ist mein erster Beitrag hier im Forum. Würd mich über reichlich konstruktive Kritik und Kommentare freuen.

 

Hej freezyw,

ich würde Dir empfehlen, ein paar Absätze in den Text einzubauen. Es liest sich besser.

An den Stellen des kleinen Zimmers, die erhellte wurden,
Das klingt in meinen Ohren ungeschickt, im Grunde wird ja nur der Staub erhellt. Dir fällt bestimmt eine bessere Formulierung ein.

ein falsch gegriffenes A
Meinst Du einen Akkord oder die einzelne Saite? Dann wäre "daneben gegriffen" passender.

Jetzt mal zu dem ganzen Vorgang: Sie hört, wie jemand im Nachbarhaus um zwanzig nach neun (ich kann mich vertun, aber meines Wissens ist die Zeit völlig o.k.) einen Akkord oder eine einzelne Saite zupft? Was hat der denn für 'nen Verstärker (oder sie für ein Gehör)?

Nur sie und der Junge hatte überlebt
hatten

Und wegen der Klingel ist alles explodiert?

Überwältigt vom Holzhammer ihrer eigenen Moral schlief sie ein.
Den letzten Satz verstehe ich nicht. Da müsstest Du mMn deutlicher formulieren, was Du meinst. Was hat Lärmempfindlichkeit mit Moral zu tun? Erstmal gar nichts.

Herzlich willkommen auf kg.de
Ich hoffe, es war konstruktiv genug.

Viele Grüße Ane

 

Rechtschreibfehler hab ich verbessert und die Formulierung auch. Über die 'Logiklücken' kann man diskutieren was ich an dieser Stelle aber nicht tuen werde; ist eben mein Erstlingswerk. Danke für die Verbesserungsvorschläge.

 

Hallo freezyw,

mir wird noch nicht deutlich genug, warum Du uns diese Geschichte erzählt. Was ist ihre Aussage? Dass auch Taten, zu denen man ein Recht hat und die gut gemeint sind, schlimme Folgen haben können? Dass man eins auf den Deckel bekommt, wenn man zu kleinkariert und empfindlich ist? Vielleicht kannst Du noch deutlicher heraus arbeiten, worum es Dir eigentlich geht. Damit meine ich natürlich nicht, dass Du die Interpretation nicht dem Leser überlassen sollst und uns alles vorkaust.

Unrealistisch fand ich die beschriebene Situation nicht. Ich würde meinen, dass man die Akkorde eher durch die Wand als das Fenster hört, aber das kommt wohl auf die jeweiligen Gebäude an.

Deine Geschichte enthält einige Details, die sie nicht braucht, weil sie sie nicht woran bringen. Wieso ist das Material des Teppichs oder der Tür wichtig? Beides trägt nur bedingt dazu bei, dass ich mir ein Bild der agierenden Personen machen kann. Auch die alte Dame bleibt für mich sehr blass. Ein paar Details aus ihrem Leben, ihrer Situation hätte ich schön gefunden.

Es sind noch einige kleine Fehler in der Geschichte, einen hab ich mir mal rausgepickt:

Das Spiegelbild, das sie in ihrer Schlafzimmerscheibe sehen konnte, zeigte den Umriss einer in die Jahre gekommenen Frau.

Viele Grüße
Juschi

 

Zunächst einmal vielen Dank Juschi für deine Kritik.

Was die Details angeht so finde ich das sie kein allzugroßes Manko darstellen, ich wollte lediglich die Umgebung etwas detailierter beschreiben. Damit, das die Hauptperson zu farblos bleibt hast du wahrscheinlich recht. Ich hätte mich mehr auf sie konzentrieren müssen.
Zu der Sache mit der Intention die hinter der Geschichte steckt, so finde ich, dass Kurzgeschichten immer dazu anregen sollen über etwas nachzudenken, wobei ich eventuell noch mehr Impulse hätte geben können.

 

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