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Die Nacht belauscht

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13.02.2005
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Die Nacht belauscht

Erst nach einiger Zeit lernt man sie zu schätzen, diese Momente kurz vor dem Einschlafen, wenn man das schwache orange Licht der Straßenlaternen nur noch verschwommen wahrnimmt und mit geschlossenen Augen die Nacht belauscht.
Die Nacht ist nicht still, schläft nicht, helle Lichter pulsieren auch jetzt unaufhörlich in der Stadt, die niemals schläft, wie die Erde, die sich noch dreht, aber schon lange erwägt anzuhalten, für uns, für sich selbst.
Die Sterne bleiben letzte Zuflucht meiner Gedanken, das Asyl eines Traumes, der morgen bereits in Vergessenheit gerät. Ich sehe sie nicht und doch weis ich, sie sind dort oben irgendwo, glaube es zumindest zu wissen.
Wenn ich nicht einschlafen kann gehe ich oft an das Fenster und öffne es. Die Streicheleinheiten der kühlen sommerlichen Nachtluft tun gut. Ich schaue hoch und sehe blau-weiß schimmernde Punkte, die auf dem dunkelblauen Firmament tanzen, beobachtet vom Licht der Stadt, das niemals diese Sphären erreichen wird, sich dessen wohl bewusst ist, aber trotzdem versucht sich bemerkbar zu machen. Vielleicht aus Angst dieses kalte, künstliche Licht könnte den Weg in mein Zimmer finden schließe ich das Fenster wieder und lasse mich in mein Bett fallen und schließe die Augen und möchte nie wieder aufstehen.
Mit geschärften Sinnen kann ich von weitem einen Güterzug hören. Ich denke darüber nach, wohin die Fahrt geht. Ich denke darüber nach, wohin ich gehe. Ich werde es bald erfahren.
Doch nicht heute Nacht. Erfasst von einer gewissen Gleichgültigkeit lasse ich meine Gedanken schweifen und versinke in einem Meer voller warmer Farben, aus dem ich nie wieder auftauchen möchte.
Vereinzelt kann ich Bilder erkennen. Ich sehe wie herbstlich gefärbte Blätter getragen vom kalten Oktoberwind durch die Luft wirbeln, sehe wie ich, den Blick zum Himmel gerichtet, Schneeflocken in meinen Mund fallen lasse und sehe wie ich im Gras liege und dem knisternden Lagerfeuer zuschaue.
An diesem weit entfernten Ort erliege ich der Flut der Bilder.
Und ich denke, wie schön das Leben doch ist.
Und ich weiss, morgen werde ich meinen Traum wieder vergessen haben.
Aber ich werde versuchen mich zu erinnern.
Und ich werde mich erinnern.
Ganz bestimmt.

 

Hallo Nephelyn,

ich sehe Du bist ganz neu bei kg.de: Herzlich willkommen!

(Ich bin auch erst seit drei Wochern erst an der Plattform beteiligt.)

Ja, eine nette Geschichte ;) , von mir als gefallenen Romantiker wirst Du sicher keine Kritik dazu bekommen. Es ist schwierig, eine Geschichte zu schreiben, in der so wenig passiert, wie Du versucht hast. Du hast versucht, diesem Gefühl vor dem Schlafen gehen einen Namen zu geben. Das hast Du erzählerisch geschafft.

Kleine Verbesserung:
"Und ich weiss, morgen werde ich meinen Traum wieder vergessen haben."

Was mir gut gefallen hast, war, dass Du die Geschichte in immer kürzer werdenden Sätzen hast ausklingen lassen. Wie jemand, der den Tag beendet und langsam einschläft. Gelungen.

Ich warte auf Deine nächste Geschichte.

Gruss
Wolfgang Urach

 

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