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Die oide Frau (Wienerisch)

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Die oide Frau (Wienerisch)

Die oide Frau

Es woar Ende Mai und des schenste Wetta, des ma si für die Jahreszeit vorstölln kaunn. Klane Fedawoikn auf tiefblauem Himmel, die gsogt ham, daß´ so schen bleibt, wie´s is. Auf die Bam frische, hellgrüne Blattln, auf manche no Blüten, die drauf woartn, bestäubt zu werden. Die Vogal brüten die Eia im Nest oder füttern scho die hungrigen Schnäbel und die Kinda gfrein si, daß´ endlich wieder Radlfoahn kennan, ohne daß die Stana, die´s im Winter gegens Ausrutschen straan, olle Wege zu Schottabauhnen mochn.

Und mei Bua woa a grod so frisch wie die Vogal mit die hungrigen Schnäbel, nur is er im Wagerl g´legen und net im Nest.
In dem Park woars so frühlingshaft, daß i mi auf an Bankl niedagsetzt hob. Mei Klana is vom Schaukeln in sein Wagerl eingschlafen und fast hätt i mi g´ärgert, daß i nix zum Lesen mitghobt hob – oba do hot si a oide Frau zu mir gsetzt. Des haßt, sie hot zerst amoi ins Wagerl einigschaut und gsogt: »Mein Gott, so a liabs Kind!« I hob mir grod docht, des sogt die woahrscheinlich zu ana jeden Mutta, oba daunn hots no nochgsetzt: »Des mein i wirklich so, i schau in vü Kindawagal eini, oba ihrs is ganz besonders liab.« Gaunz schüchtern hob i daunn »Danke« gsogt und hobs a so aunglocht, wie sie mi aunglocht hot.

Daunn hot sie si zu mir auf die Bank gsetzt und hot ma erzöht:
»Wissns, i schau in alle Kindawagal eini. I find die Kleinen so liab, mit die klanen Handerl, die si immer instinktiv festklammern, oda wenns im Schlaf so liab lachn oder in der Luft nuckeln – do waß ma glei, wovons grad träumen. I kaunn mi gar net sattsehen...«
»Haben´s vielleicht Enkerl?«, hob i intressiert gfrogt.
»Na, wissns, Enkerl kann i keine kriegn, weil i selbst nie Kinda kriegt hob. Irgendwie hab i nie Zeit g´habt für sowas. Dafür hab ich immer gearbeitet... Mein ganzes Leben hab ich gearbeitet... Und irgendwann wars dann plötzlich zu spät... Ja, das war mein Leben. Jetz fehlns mir, meine Kinda, und meine Enkerl... Könnt ich die Zeit zurückdrehen, ich würd mindestens zwei Kinder kriegn, aba des geht halt net. So bleibt mir nur, in fremde Kindawagal einiz´schaun und den Kindan am Spielplatz zuzusehen. Oba mei Traurigkeit darüber, keine eigenen zu haben, nie zu haben, kann mir des net nehmen.«

Es woar, ois hätts an Schoita in mir umglegt, an Füm aufdraht: Plötzlich hob i mei Freindin gsehn, wie´s in zwanzig Johr dessöbe sogt, wie die Frau da ebengrod. Sie is jetz neunadreiß´g Joahr oid und hot an gutn Job. Sie hot Kinda wahnsinnig gern, wü oba die Vaauntwortung, die ma für a Kind hot, net übanehman. I gspia des, daß ihr amoi gaunz genauso geht, wie der Frau im Park... Und dann wirds bei mir und meine Enkerl sitzn und sogn: »I hätt so gern eigene ...«

 

guten morgen susi,
ich habe mir mal deine geschichte laut vorgelesen, um wenigstens einen hauch von wienarisch mitzubekommen. hat spaß gemacht, obwohl ich so gut wienarisch spreche wie eine katze bellen kann.
neben dem rein menschlichen problem, das die alte, kinderlose frau hat, sprichst du hier ein großes gesellschaftliches und sicher bald auch politisches problem an: ich lebe hier in münchen, in einer hochburg für singles, und kann die auswirkungen täglich hautnah miterleben, z.b. wohnungsnot für familien mit kindern, weil verwöhnte singles in 4-zimmer-wohnungen sitzen, die sie von ihren guten gehältern mit leichtigkeit auch finanzieren können. die meisten von ihnen sind heute noch im stadium des geniessens (absolute freiheit, keine verantwortung tragen, verwöhnt sein, sich alles leisten können,....) - so, wie deine freundin. liebe grüße. ernst

 

Hi Häferl,

mal abgesehen von der Geschichte, die ich sehr nett erzählt finde, komm ich mit deiner gewählten Sprache nicht ganz zurecht, weil sie mir unrund erscheint.

Ich geh einmal davon aus, dass es wienerisch sein soll.
Teils schreibst du quasi in Lautschrift, zB "Es woar ... des schenste Wetta", teils nach der Schrift, zB "Jahreszeit", anstatt "Johreszeit". Warum?
Weiters schreibst du zB für "hinein" "eini". Ich denke, in Wien sagt man eher "eine". "Eini" sind doch eher andere Bundesländer, nicht?
Ob man wirklich "Eia" und "Kinda" statt "Eier" und "Kinder" schreiben muss, weiß ich nicht, weil's doch ziemlich gleich klingt, wenn man's spricht.
Dann bin ich mir noch unsicher, ob es zB wirklich gut ist, das Wort "vorstölln" so zu schreiben, zumal du weiter unten das Wort "erzöht" verwendest. Da schreibst du ja auch nicht "erzöhlt".
(Gibt's eigentlich bezüglich schriftlicher Mundart irgendwelche dokumentierten Regeln? Oder bleibt einem das völlig selbst überlassen? Weißt du da irgendwas?)

Und warum du die alte Frau später plötzlich fast zur Gänze nach der Schrift sprechen lässt, entzieht sich meinem Verständis überhaupt. Klingt sehr seltsam und fast so, als wärst du da unkonzentriert gewesen. Vor allem ihr letzter Satz mit dem "zuzusehen" passt da überhaupt nicht hinein. Ich hätte den ganzen letzten Absatz der alten Frau eher so geschrieben:

"Na, wissens, Enkerl kaunn i kane kriagn, weil i söbst nie Kinder g'hobt hob. Irgendwie hot do immer die Zeit geföht für sowos. Hob jo imm g'orbeit, mei gaunzes Leben laung. Und irgendwaunn woars daunn auf amoi z'spät.. Jetzt föhns ma, meine Kinder und meine Enkerl. Kennt i die Zeit z'ruck drahn, i würd mindestens zwa Kinder kriagn, oba des geht hoit net. So bleibt ma hoit nur, in fremde Kinderwagerl einelochn und denan Kindern am Spüplotz zuaschaun. Oba de Traurigkeit bleibt ma hoit, dass i kane Kinder hob und nie wöche haum wer'."

Also wie gesagt, warum du das nahezu durchgehend in "Hochdeutsch" verfasst hast, versteh ich einfach nicht. Ich mein, du kannst natürlich argumentieren, dass sie eben so spricht, aber dann versteh ich nicht, warum du sie auch Sätze oder Teilsätze im Dialekt sprechen lässt.
Beim vorletzten Satz der alten Frau ist es dir offenbar wichtig gewesen, grammatikalisch korrekt zu schreiben, deshalb wahrscheinlich das "einiz'schaun" und "zuzusehen". Aber ich denke schon, dass es legitim ist, die Grammatik hier ein wenig außer Acht zu lassen, zugunsten einer treffenderen Dialekt-Sprache.

Grüße
Visualizer

 

Liebe Susi!

ICh habs laut gelesn, klar, und für mich hat sichs schon recht rund angehört.
Die Geschichte an sich finde ich gut erzählt, das Thema, die alte kinderlose Frau, die Sehnsucht auch nach Kinder, ich denke, das wird immer wichtiger werden. Denn, wie auch schon angesprcohe, es bekommen eben immer weniger Frauen ein Kind... und wenn es dann zu spät ist, ja, ich kann mir die Gedanken vorstellen. Etwas wichtiges, wunderschönes verpasst haben. Einsamkeit? Traurigkeit? Ich denke, es lohnt sich, darüber anchzudenken...

alles Liebe!
Anne

 

Hallo Ernst Clemens, Maus & Visualizer!

Danke Euch fürs Lesen und Kommentieren meiner Geschichte! :)

@Ernst Clemens, daß auch ein gesellschaftliches Problem hinter meiner Geschichte steckt, hatte ich eigentlich beim Schreiben gar nicht im Sinn, aber Du hast natürlich Recht, wenn man es so betrachtet! :thumbsup: Danke für diesen Gedanken. :)

@Visualizer - Du hast einen Cocktail aus Wienerisch und Oberösterreichisch gelesen, um es genau zu nehmen. Das ist die Häferl-Spezial-Mischung, ein Geheimrezept des Hauses. :lol:

Ich hab in einer anderen Geschichte, hier, versucht, das Problem zwischen a und o oder au anders zu lösen, aber das ist eigentlich nicht so angekommen. Das wär halt so gewesen, wie es auch Peter Wehle schreibt.
Schreibt man in normalen Buchstaben, ist es halt schwierig, manche Wörter schauen einfach blöd aus, wenn man sie mit o schreibt. Festgelegte Regeln sind mir aber keine bekannt. ;)

Aber die alte Frau redet absichtlich fast mehr in Hochdeutsch, oder besser Hietzingerisch. Eben dadurch, daß sie immer nur gearbeitet hat und das so gewöhnt ist. Sie versucht sich aber anzupassen, deshalb hat sie einzelene Elemente wiederum in Dialekt.

Ich hoffe, die Geschichte selbst hat Dir trotzdem gefallen?

@Maus, daß Dir meine Geschichte gefällt und Dich sogar nachdenklich macht, freut mich sehr! Ich stelle mir das Gefühl fürchterlich vor, wenn man irgendwann draufkommt, man hätte doch gerne Kinder bekommen wollen, aber die Möglichkeit dazu schon vorbei ist.
Es lohnt sich bestimmt, darüber rechtzeitig nachzudenken. :)

Alles liebe,
Susi

 

Liebe Susi!

Ein Thema zum Nachdenken. Zu der (bitteren) Erkenntnis kommen, dass es für irgendetwas zu spät ist, möchte wohl niemand. Nicht in Bezug auf eigene Kinder oder Enkelkinder, und auch sonst sicherlich nicht. Insofern lohnt sich rechtzeitiges Nachdenken allemal. :)

Was Ernst Clemens in Bezug auf Freiheit, keine Verantwortung tragen usw. sagt, stimmt schon. Natürlich muss das jeder selbst wissen, aber unser aller Zukunft hängt auch davon ab, ob und wie viele Kinder es gibt. Darüber muss man sich auch im Klaren sein. Die nachwachsende Generation kann uns sicherlich sehr viel geben, in vielerlei Hinsicht.

Dass die alte Frau ihrer Hietzinger Herkunft und Gewohnheit gemäß ins Hochdeutsche verfällt, kann ich nachvollziehen.
Aber "fragte ich interessiert" müsste doch eher "hob i interessiert gfrogt" heißen, oder? ;)

Bei den derzeitigen Temperaturen (vor allem in der Früh) hätt ich gegen Mai und des schenste Wetta nix einzuwenden. :)

Alles liebe :kuss:
Dein Christian

 

Hallo Susi,

eine nette kleine Geschichte, die gar nicht so nett ist, wie sie vielleicht auf den ersten Blick erscheint. Wegen kurzfristischer eigener Interessen wird das Verhältnis zu Kindern so definiert, daß man `vorerst´ keine will, deshalb keine hat.
Das erinnert mich an Thales: Als seine Mutter ihn ermahnt zu heiraten, sagt er `es ist noch nicht die Zeit dafür´. Als sie ihn später wieder ermahnt, muß er zugeben `nun ist die Zeit vorüber´.

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Seavas Häferl,

Hietzingerisch - wääh! do wohnan deh schwoazn! Auf deh bin eh haß grod jetza!

Sunst woas a laiwonde Idee, des mit dea oidn Frau, de kane Kinda kriagt hot, obwois wöche woitat. Iagndwie scho traurig des gaunze. Des mitm "eini" mocht goa nix, wäust jo aus Owaösterreich bist, do deaf ma des!

Außadem gfrei i mi jetz ah scho aufs Früjoa, die Ködn geht ma nämlich scho uandlich am Zaga! So jetza muaß i wida a bissl wos hackln, zam fressa braucht ma jo ah wos. Außadem foit ma gros wos fia a neiche Gschichte ei!

Seavas, tschau

 

I, in viazg Joah. Aum Bankl nem meina Freindin ihre Enkaln. Oba ned, wäu ich so vü zum oabeitn und ka Zeit dafir ghobt hätt. A traurige G'schicht. Einglich.

 

Küss die Hand frau Orthogräfin... dös woar amoi wiada leiwand z´lesen und gfoin hot´s mer aa recht guat mit dera oidn im Park.
I hob´s grodwegs vor ma gsechn.

dea Load

 

Uuups, so viele Kommentare und keine Antwort von mir... Sorry. In Gedanken hab ich auf jedes einzelne Posting geantwortet, aber bis in die Tasten sind die Gedanken nicht durchgedrungen. Hatte wohl keine Hand frei... :D

Nunja, jetzt mach ichs kurz und schriftlich:
Danke Euch allen fürs Lesen und Kommentar/Lob. :)

Alles liebe,
Susi

 

A bisserl unrund is scho, dei Gschichtl, Susi.
Waunst in Dialekt schreibn tuast, muaßt a dabei bleibn.
A ,dann' is a ,daun',,eigene' san ollaweu no ,eigane'.
,Vorstölln' is bei mir ,vurstölln'. ,Tiefblau' kaun nur a ,tiafblau' sei, und so weida hoid.
Ois in oin a hoipertatschige Soche, owa du host die uanlich augschtrengt, Madl.
I mecht da no des Biachl "Der Minus-Mann" von Heinz Sobotka empföhn. Do lernst Weanarisch auf echt leiwaund.

Servas und pfiati - Aqua

 

Hallo Aqua!

Danke Dir fürs Lesen und Deinen Kommentar. :)
Deinen Kritikpunkten kann ich jedoch nicht ganz zustimmen, da doch nun wirklich nicht alle in Wien gleich reden. Aber das hab ich oben ja schon erwähnt. Wie gesagt, es gibt regionale Unterschiede und es gibt viele, die aus den Bundesländern kommen, so wie ich. Ich könnte schon "mehr" Wienerisch schreiben, aber ich steh zu meinem Oberösterreichisch-Wienerischen Gemisch, ich liebe es, das gibt mir was eigenes, und so wird es wohl auch weiterhin in meinen Mundartgeschichten auftauchen. :)
Es schreiben ja auch verschiedene Wiener Mundarttexter (Lieder, Gedichte, Geschichten) unterschiedlich. Der eine mehr, wie z.B. Roland Neuwirth oder Ostbahnkurti, der andere weniger, wie etwa ein Fendrich...

owa du host die uanlich augschtrengt, Madl.
Eigentlich gar nicht. Wenn ich für etwas weniger als fünf Stunden investieren muß, nenn ich es nicht Anstrengung. Bei den Anna Irene-Geschichten strenge ich mich an, da dauert es schon mal zwei Wochen... Was vielleicht auch daran liegt, daß ich dem Alter des "Madls" doch schon etwas entwachsen bin.

Alles liebe,
Susi

 

Liebe Susi,

ich habe den Begriff ,Madl' eigentlich nett gemeint.
In Wien nennt man eine Frau auch dann so, wenn sie ihre Adoleszens überschritten hat. Ich finde nichts Verwerfliches daran. Für die Eltern zb wirst du immer ,des Madl' sein, oder ,da Bua'. Wie alt muß Frau denn sein, um dem Madl- Begriff entsagt zu haben?
Und: Ist die geistige Reife eine größere, wenn Mann oder Frau vor dem Namen steht?

I kenn mi ned aus.
Oba vülleicht hob i an Boscha, oder sichs a nur foisch.

Liebe Grüße - Aqua

 

Waunsd a Glick hosd, kaunsd im Summa zuaschaun, wias aus da oidn Donau an Dasoffanan aussazahn.

Waunsd a Pech hosd ... bistas söba

:D

Hundertprozentige Mundart hörte ich das letzte mal beim "Echten Wiener" (und nicht mal dort in Formvollendung). Das Mischmasch zwischen Dialekt und "schön sprechen" ist eigentlich die Regel.

so gesehen: passt Susi! :thumbsup:

lg p.

 

Joa, de gschicht hot ma daugt, des wor leiwi.

Na echt, hab mich amüsiert bis zum gehtnimma.
Eher über die Sprache, als über den Plot (der ja tot ernst ist (wie schreibt man tot ernst? ) )

lg hank


ps: wennst eine ausführlichere kritik willst, dann schrei.

 

Liebe Christine!

Freut mich sehr, daß Dich die Geschichte berührt hat und sie Deine Gedanken so getroffen hat! :)
Eigentlich wärs ja mit einundvierzig auch noch nicht unbedingt zu spät... ;)
Meine Freundin, ebenfalls einundvierzig, konnte ich leider nicht umstimmen mit der Geschichte. Naja, wenn sie sich dafür meinen Sohn zum Rodeln gehen ausborgt, ist es ja auch ganz angenehm. :)

Danke fürs Lesen,
liebe Grüße,
Susi :)

 

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