Die Olive im Martini
„Guten Morgen!“
„Guten Morgen! Oops, wie siehst du denn aus? Hast du heute Nacht Holz gehackt, oder was? Siehst ja völlig fertig aus!“
„Echt? Ich hab ziemlich unruhig geschlafen und teilweise totalen Blödsinn geträumt.“
„Aha, erzähl mal!“
„Ja gleich, reichst du mir bitte schnell noch die Milch rüber?“
„Da bitte!“
„Äh, das ist die Butter, die schmeckt nicht im Kaffee …“
„Oh, entschuldige. Bin noch nicht ganz wach! Jetzt erzähl mal!“
„Ach, so genau krieg` ich es leider auch nicht mehr zusammen, aber an eins kann ich mich noch gut erinnern. Meine Güte, es war so peinlich …!“
„Du standest an der Kasse und hattest statt Geld Käfer im Portemonnaie gehabt… - Macht bitte viereinhalb Käfer! – Männchen oder Weibchen?“
„Ach Quatsch, nun lass mich doch ausreden… Iss deinen Toast und hör zu!“
„Dann leg mal los!“
„Ich hatte `ne Audienz beim Papst bekommen, weil er Geburtstag hatte und ich ihm als Ehrengast ein Ständchen spielen sollte. Und dann stand ich plötzlich da, nur mit `ner ollen Kindertröte in der Hand und mir fiel nichts anderes ein als „ God save the Queen “. Das spielte ich dann ziemlich schleppend und noch dazu völlig falsch. Trotzdem wischten sich aber ein paar Umherstehende die Tränen aus den Augen und ich dachte: „Mensch, ich bin doch nicht mal so schlecht, klingt wohl ziemlich traurig?“, bis ich merkte, dass sich die Ersten schon die Bäuche hielten. Die haben mich ausgelacht! Und dann zog der Papst auch noch ein Meerschweinchen aus der Tasche und warf es mir an den Kopf!“
„War`s ein Rosettenmeerschweinchen oder ein Glatthaar?“
„Du nimmst mich nicht ernst. Halt den Mund!“
„Doch Schatz, ich nehm dich immer ernst.“
„Selbstverständlich…“
„Mensch, da fällt mir ein, jetzt wo du Musik erwähnt hattest, ich hatte heute ja auch einen total verschrobenen Traum! Lass mich mal überlegen. Wie war das denn? Mal sehen…ich komm gleich drauf! Ach ja … irgendwas mit meinem alten Musiklehrer … Von dem hab ich dir doch schon mal erzählt. Das war so ne richtig fiese Sau.“
„Der, der euch zu Beginn der Stunde immer die Schuhe hat ausziehen lassen, damit ihr nicht damit herumscharrt? Hatte der nicht so einen komischen Namen?“
„ Ja genau der - Mr. Fettsau haben wir ihn immer genannt. Richtig hieß er aber Peczgau. Jedenfalls war der im Traum in Wirklichkeit wohl ein Mafioso. Den sie den Musiklehrer nannten. Hatte sich wohl aber nur für einen ausgegeben so als eine Art „Tarnung“. Im Traum war er übrigens noch fieser. Einer von uns Schülern musste seine Hose ausziehen, nach vorne kommen und singen. Einem anderen piekste er beim Klavierspielen in die Seite und als der sich dann verspielte, gab er ihm einen Tritt vors Schienbein. Und als ich dran war, sollte ich mich vor ihn hinstellen, mich dann umdrehen und dann hat er mir mit seiner Tuba mit voller Wucht ins Ohr geblasen. Danach war ich stocktaub auf dem Ohr. Und stocksauer auf ihn. Also hab ich beschlossen, ihn umzubringen.“
„Wegen dem Ohr? War das nicht etwas überzogen?“
„Nein! War es nicht! Ich wollte im Traum unbedingt Musik studieren. Sah mich schon an einem italienischen Konzertflügel sitzen und elegant meine weißen Handschuhe abstreifen, während ich den tobenden Applaus in Empfang nahm. Das konnte ich dann natürlich vergessen. Kein Ruhm, kein Geld, keine gierigen Weiber.“
„He, ich glaube du spinnst! Pass bloß auf!“
„Na, war ja dann auch nichts mit der Karriere. Stattdessen begann ich Musik zu hassen. Ich hasste alles: ihn, die Musik, italienische Konzertflügel, in Socken herumstehen und singende Kinder.“
„Aber die sind doch goldig! Wart mal, ich leg gleich mal ne CD von den Wiener Sängerknaben ein…“
„Pass bloß auf, ich bin noch mordlüstern!“
„Bin schon still.“
„Also wie gesagt, ich wollte sie umbringen, diese hinterhältige Ratte. Ich hab ihm dann eines Abends zu hause aufgelauert. Um sein Grundstück waren große Koniferen, aber an einer Stelle waren sie etwas durchlässiger. Dadurch konnte ich ihn erst mal beobachten. Eine Frau verließ grad das Haus.“
“Seine Frau?“
„Keine Ahnung. War so ne dralle Blondine, wahrscheinlich dumm wie ein Pflasterstein, aber dumm…, na du weißt schon.“
„Ja, weiß ich, aber woher weißt du das…?“
„Hey, du bist ziemlich frech!“
„Niemals…!“
„Die Tussi rauschte also ab und er lag allein auf der Veranda. Neben dem Pool. Er hatte Geld wie Heu, und das garantiert nicht durch sein spärliches Lehrergehalt! In seinem Haus hatte er ne Musiksammlung, ich konnt’s von meiner Konifere aus sehen. Die Verandatür stand offen und drinnen hatte er das reinste Museum eingerichtet. Aber mit richtig großen Dingern! Pauken, ein riesiges Holzxylophon, ein Didgeridoo, ein italienischer Konzertflügel…MEIN Konzertflügel! Auf dem hätte ich spielen wollen! Und auf der Veranda stand noch ein Alphorn. Hatte er wohl vorher noch seinen Nachbarn den Marsch damit geblasen. Plötzlich fiel mir ein, dass sie in der Gegend schon länger nach einem Mörder suchten. Sein Markenzeichen war, am Tatort neben der Leiche immer ein Musikinstrument zurückzulassen. Eine Blockflöte, eine Maultrommel, mal eine Mundharmonika, Zimbeln... Immer kleine Instrumente, die mit einer Schnur um den Hals der Leiche gehängt waren. Mr. Fettsaus Fingerabdruck sozusagen… “
„Und was war nun mit dem Mord? Wie hast du es denn gemacht? Hast du ihm etwa etwas vorgesungen?“
„Was? Äh, ne, ich hatte Angst, dass er mir dann seinen Yorkshireterrier an den Kopf wirft!“
„Idiota!“
„Selber schuld! Also, pass auf jetzt! Ich habe mich dann vorsichtig rangepirscht und dann schon mal meine Pistole gezogen…“
„Was, du hattest ne Knarre? Wo hattest du die denn her?“
„Hallo?! Das war ein Traum! Da kann man sogar mit Meerschweinchen beworfen werden!“
„Ich erzähl dir nie wieder etwas!“
„Okay, ich also in Richtung Fettsau unterwegs, gespannt wie ein Flitzebogen, immerhin bringt man ja selbst im Traum nicht jeden Tag einen um…da fängt der auf einmal dermaßen das Schnarchen an, dass mir vor lauter Schreck die Kanone aus der Hand fällt - direkt in den Pool!
Daraufhin ist der Hund aufgewacht und auf mich losgegangen. Der kam angeschossen wie ein kleiner Hai - so richtig mit fiesen Zähnen im Gesicht. Ich hab dann vor lauter Panik das Alphorn zu meiner Rechten gepackt - leider verkehrt herum - um ihn mir vom Leibe zu halten…“
„Und, hat er dir dann etwas vorgespielt?“
„Unterbrich mich nicht dauernd, jetzt kommts ja erst: Fettsau wird dadurch natürlich wach, schreckt hoch und will sich dann auf mich stürzen. Ich ändere also meine Strategie und überlege mir, ihm das Alphorn in den Bauch zu rammen, als Fiffi plötzlich ihn anfällt und in die Wade beißt. Fettsau bückt sich just in dem Moment nach ihm als ich mit dem Alphorn auf ihn zu renne, und - Bingo! – voll ins Schwarze treffe.“
„Äh, wohin?“
„Voll ins Arschloch.“
„Waas? Oh Gott - und dann?“
„ Er taumelte zur Seite, platschte in den Pool und trieb darin herum an seinem „Steckerl“ wie die aufgespießte Olive im Martini.“
„Cheers! Und was hast Du dann gemacht?“
„Dann bin ich aufgewacht.“