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Die Patrouille

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06.06.2020
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Die Patrouille

Die Kälte der Nacht hüllt sich über das Oberdeck der Sancta Simplicitas. Eine leichte Brise streift über das Deck und jeden, der sich noch darauf befindet. Ich erkenne noch zwei andere Gestalten, die genauso leiden müssen wie ich und die ganze Nacht über an Deck verweilen müssen. Der Nebel vergeht allmählich und gibt den glasklaren Sternenhimmel jedoch nicht frei, sondern ermöglicht den Blick auf pechschwarze Wolken, die auf Regen hindeuten und auf eine unangenehme Nacht. Das einzige Licht, das weit und breit zu sehen ist, ist das von meiner Öllampe. Sie spendet mir Licht, aber nicht weiter als einen Meter und spendet mir minimalste Wärme. Das seichte und seidenweiche gold-braune Licht hüllt mich selbst in einem Kokon aus Strahlen gleich denen der Sonne. Mein Selbst tritt völlig aus dem Gegensatz des Lichts hervor. Der erwartete Regen setzt ganz weich ein und steigert sich langsam, aber stetig.

Die Sancta Simplicitas schwankt leicht umher und wiegt mich förmlich in den Schlaf. Dieses herabfallende dünnhäutige Wasser lässt mich die eisige Brise nur noch mehr spüren. Um mich von der Kälte abzulenken, die in Begriff steht mich in ihren tiefen Abgrund zu ziehen, blicke ich hinaus in das Schwarz und richte meinen Fokus auf das sanfte Rauschen der auftreffenden Regentropfen, auf den schleimigen und morschen Brettern der Sancta Simplicitas, welche vollständig verrottet, abgewrackt und übersäht mit Lebewesen aus der düsteren Tiefe der See, sind. Dieses gleichmäßige und ausgewogene klappern wird nur von dem Wind aus der Balance gebracht. Diese Musik der Natur lässt mich den grausamen Alltag auf der Sancta Simplicitas für eine kurze Weile vergessen.

Die Kräfte der Meere erinnern mich daran, wie machtlos und unfähig wir Kreaturen auf dieser Erde, gegen sie sind. Wenn ein Sturm kommt, kann ich ihn nur durchstehen. Wenn ein Gewitter aufkommt, kann ich nur hoffen, dass es mir kein Leid zufügen wird. Ein lautstarkes Schreien der Luft reißt mich aus meinen Träumen und bindet meine umherschweifenden Gedanken wieder an dieses Schiff: Die Sancta Simplicitas. Manchmal frage ich mich, ob es ebenfalls Teil des Fluchs ist, dass nicht nur mein materielles Existieren, sondern auch der Verstand und die Gedanken an dieses verfluchte Stück Treibholz gebunden sind.

Mittlerweile triefe ich vor Wasser, so als wäre ich untergetaucht worden und die See wird keinerlei Nachsicht haben, noch wird sie die Menschen auf dem Wasser verschonen. Luftmassen – so scharfkantig und kalt wie Eis, zugleich so hart und gnadenlos wie Stein – umklammern, umschlingen mich und meinen Körper, falls man diese Haut so rau und trocken wie Sand und den ausgesaugten, erledigten bewachsenen Leib, den ich mein nenne, überhaupt noch als einen menschlichen Körper bezeichnen kann – diese unsichtbaren Massen versuchen mich zu erfassen wie durchsichtige, imaginäre und feine Fäden, denen man wie eine Marionette ausgeliefert ist – keine Möglichkeit zur Flucht.

Ich meinerseits werde nie wieder normal Leben können, denn irgendwann werde ich vergessen wer ich im tiefsten Inneren wahrhaftig bin und werde Teil der Sancta Simplicitas - somit auch Teil der See. Es hört sich so beeindruckend und faszinierend an, ein Teil der See zu sein, immer auf ihr umher zu segeln: Es ist eine erhabene Stellung, wenn sich sein eigenes Bild im Wasser spiegelt, man thront über der Oberfläche auf ewig und über allem, was sich unter einem regt und dreht, aber leider hat man nichts davon, weil man nicht bei Verstand ist, weil der Verstand ebenfalls eingesperrt und niemals wieder freigelassen wird, der eigene Geist wird in einer Box gefesselt. Diese immer enger werdende Schlinge kann ich bereits bei mir selbst feststellen, denn meine Vergangenheit wird immer trüber und undurchsichtiger, so wie Milch in Wasser die Durchsichtigkeit – langsam, aber gewiss – in eine undurchsichtige Flüssigkeit verwandelt.

Ein knallender Donner reißt mich gewaltsam aus meinen schweifenden Gedanken, weshalb ich mich wieder auf meine Arbeit fokussiere und bewege mich Schritt für Schritt in Richtung Bug. Jeder Schritt brennt wie Feuer in meinen Muskeln - da die Kälte nichts an meinem Leib verschont - und kostet mich viel Kraft, von der, die ich noch habe. Bei jedem Schritt merke ich wie der Wind meine Fußspitzen streift und meine linke Hälfte vereisen lässt. Bei jeder Bewegung merke ich, wie das alte Holz ein wenig nachgibt und dabei ein weiches Knirschen und wassersaugendes Geräusch von sich gibt. Diese Bretter müssen seit Jahrhunderten im Wasser getrieben haben, um so zersetzt und zerfleddert aussehen zu können. Die langgewachsenen und schleimigen Algenfäden streifen schon wieder meinen Rücken. Bei jedem Mal zucke ich zusammen und drehe mich um, um zu sehen was es war. Dabei richtet sich mein Blick gen Himmel, wo ich diese schweren und mächtigen, mit Algen übersäten Segel erkenne, voll mit Löchern, die während den Tauchgängen durch Gegenstände, Unterwasser, an den Segeln Löcher rissen. Diese Segel geben ein dumpfes und dennoch leise knallendes Geräusch von sich, wenn sie sich aufbäumen, um dem Wind nachzugeben. Aber ich werde nicht aufgeben und mein Gelübde halten: Ich werde für immer auf der Sancta Simplicitas dienen!

Nach diesem kurzen Schrecken schlendere ich weiter auf meinem Weg Richtung Bug. Meine Laterne spendet mir ab jetzt nur noch schwaches und stark flackerndes Licht. Es herrscht eine Stille, genauso wie Unterwasser, dort wo jedes Geräusch ertränkt wird und selbst dabei keinen Ton preisgibt. Solch eine Stille wird nur von den Geräuschen des Sturms unterbrochen, welche sich jetzt wie reibende Leinen auf Holz anhören und dafür sorgen, dass der Regen mit einer liebevollen Wucht auf das Schiffsholz prasselt. Als ich am Bug ankomme, erblicke ich bereits die erhabene Schiffsglocke aus purem Gold und mit winzigen Wassertropfen benetzt. Zu ihr gesellt sich das sanfte und unschuldige anbahnen eines Glockenstoßes, welcher jedoch bevor er seine volle Kraft demonstrieren kann, erstickt wird. Stattdessen hallt er scheinbar immer und immer wieder – der schwach angeschliffene, angeschlagene Ton wird durch einen weiteren aufschlagenden Regentropfen erneuert. Die Schiffsglocke, normalerweise ohrenbetäubend, ist jetzt so zart und zahm wie ein kleiner Seehund.

Ganz vorne blicke ich in die erbarmungslose Nacht hinein, vernehme noch einiges Geklapper und Knarzen des Schiffes und spüre, wie sich die Sancta Simplicitas ihren Weg durch die See schneidet, als wäre es das Leichteste der Welt – als wäre die See butterweich. Direkt an der Bugspitze der Sancta Simplicitas, erkenne ich die Galionsfigur: Sie ist ein aus Gold angefertigter Löwe, welcher im Sprung auf seine Beute dargestellt ist. Er stellt die geballte Kraft und Agilität der Sancta Simplicitas dar – das Schiff des Richters der See. Diese eindrucksvolle Galeone richtet bzw. urteilt erbarmungslos über die auf See – mit Feuer. Ich kehre um und mache mich wieder auf den langsamen und eiskalten Weg zurück zum Heck, mit der Gewissheit, dass ich noch unzählige Male diese Strecke zurücklegen werde – bis die Sonne das Meer und alles andere wieder in ihr goldenes Tuch taucht, bis ich abgelöst werde, um meinen hart erkämpften und reichlich verdienten Schlaf zu genießen.


Von Laevus

 

Hallo @Laevus,

liest sich wie ein Bericht ohne Spannung. Sorry, dass ich mit der Tür ins Haus falle. Aber ich sehe auch Licht am Horizont - Sancta Simplicitas. Einen interessanten Aspekt bringst du damit hinein. Warum heißt das Schiff so? Und warum bindet sich unser Einfaltspinsel alias Protagonist so stark daran. Die Antwort ist nicht einfach, dass er ein Einfaltspinsel ist. Alle glauben an etwas und darauf hättest du Dich meiner subjektiven Meinung nach mehr fokussieren sollen. Ist nicht einfach. Dann wäre dein Protagonist auch lebendiger. Kleines Beispiel, er hätte mit den anderen Gestalten ein kurzes Gespräch führen können. Ein kurzes Hallo hätte genügt. Denn ich verrate dir etwas, die beiden anderen - Hans und Fritz - ich vertraue denen nicht. Sie stehen nicht ein für die Sache. Hans stiehlt anderen das Essen und verdrückt sich immer bei gefährlichen Situationen, während Fritz ... ein Leibeigener vom letzten Überfall ist. Der wird sich bei der nächsten Gelegenheit verdrücken. Nur ich, ich kann die Sancta Simplicitas beschützen, nur ich stehe immer in den ersten Reihen .... und so weiter. War nun nur ein fünf Sekunden Gedanke. Entwickle die Geschichte! Lass uns die Sancta Simplicitas erleben!

Beste Grüße
Kroko

 
Zuletzt bearbeitet:

liest sich wie ein Bericht ohne Spannung. Sorry, dass ich mit der Tür ins Haus falle. Aber ich sehe auch Licht am Horizont - Sancta Simplicitas. Einen interessanten Aspekt bringst du damit hinein. Warum heißt das Schiff so? Und warum bindet sich unser Einfaltspinsel alias Protagonist so stark daran. Die Antwort ist nicht einfach, dass er ein Einfaltspinsel ist. Alle glauben an etwas und darauf hättest du Dich meiner subjektiven Meinung nach mehr fokussieren sollen. Ist nicht einfach. Dann wäre dein Protagonist auch lebendiger. Kleines Beispiel, er hätte mit den anderen Gestalten ein kurzes Gespräch führen können. Ein kurzes Hallo hätte genügt. Denn ich verrate dir etwas, die beiden anderen - Hans und Fritz - ich vertraue denen nicht. Sie stehen nicht ein für die Sache. Hans stiehlt anderen das Essen und verdrückt sich immer bei gefährlichen Situationen, während Fritz ... ein Leibeigener vom letzten Überfall ist. Der wird sich bei der nächsten Gelegenheit verdrücken. Nur ich, ich kann die Sancta Simplicitas beschützen, nur ich stehe immer in den ersten Reihen .... und so weiter. War nun nur ein fünf Sekunden Gedanke. Entwickle die Geschichte! Lass uns die Sancta Simplicitas erleben!

Beste Grüße
Kroko

Hi @Kroko,

vielen Dank für dein ehrliches Feedback. Du hast sehr interessante Gedanken geäußert, die ich mir zu Herzen nehmen werde.

Ich verstehe deine Kritik, die sich auf Ansprüche an eine spannende Kurzgeschichte stützt, doch durch die Kategorie "Philosophisches" wollte ich zum Ausdruck bringen, dass diese Geschichte nicht ebendiese Ansprüche erfüllen, sondern vielmehr die Symbolik dahinter sprechen soll. Mir ging es nicht wirklich um Charakterentwicklung, sondern um das, was dahinter, hinter unserer Realität steckt, was in uns ist und uns zu uns macht. Die Dinge, die wir im Alltag aus den Augen verlieren, unsere eigene Entfremdung in der Welt, in der wir leben. Denn diese Dinge werden immer mehr von unserem Umfeld und unserer Lebensart bestimmt.

Nochmals ehrlichste Dankbarkeit für deinen Kommentar
Laevus

 

Hi @Laevus,
ich verstehe deinen Gedanken hinter der Geschichte und denke schon, dass sie (wenn du noch ein bisschen daran feilst) die gewünschte Wirkung haben kann. :)

Die Beschreibung der Umgebung ist sehr detailreich und gut gelungen.
Insgesamt fehlen mir aber auch Hintergrundinformationen.
- Warum ist der Protagonist an Deck und hält Wache?
- Welcher Fluch bindet den Protagonisten an das Schiff? Zudem scheint er mit dieser Lebenssituation unzufrieden zu sein - was denkt er darüber? Welche inneren Konflikte gibt es?

Ab und an fallen mir einige Wortwiederholungen auf (z.B. direkt in den ersten drei Sätzen), auch Zeichen- und Rechtschreibfehler.

Bleib dran. :)

Liebe Grüße,
Waldläufer

 

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