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Die perfekte Frau

Wortkrieger-Team
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09.12.2016
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Die perfekte Frau

David zog seine Bifi unter dem Bett hervor, riss die Verpackung auf und verschlang den Inhalt mit zwei Bissen. Das war der schönste Moment des Tages. Manchmal versuchte er ihn lange hinauszuzögern, denn alles, was danach kam, war Langeweile. Seine Mutter musste den Verstand verloren haben, als sie dachte, er könne sich in dieser schäbigen Landvilla freier entfalten als in Berlin. Ohne Internet. Handy. iPad. Nur die Fliege an der Wand. Das Brummen des Rasenmähers aus dem Vorgarten. Er schob sich einen Kaugummi in den Mund und schlurfte in die Küche.
Durch das offene Fenster zog der Geruch von gemähtem Gras. Der Rasenmäher verstummte, und die Stimme seiner Mutter drang zu David in den ersten Stock. Seit dem Umzug sollte er sie Katja nennen.
Als er hinausblickte, sah er sie mit einem kahlköpfigen Mann im Vorgarten stehen. Das musste der neue Gärtner sein. Schon vor einer Woche war er in die Erdgeschosswohnung gezogen, aber weder David noch Katja hatten ihn bisher zu Gesicht bekommen. Er war alt, mindestens vierzig oder fünfzig, schätzte David, und sah aus wie einer, der sich am Wochenende mit zwanzig Kilometer-Läufen entspannte.
„Willkommen auf meinem Schloss!“ Katja machte eine ausschweifende Handbewegung über das verwilderte Grundstück. „Ich bin echt froh, dass ich jetzt Hilfe habe. Ich meine, ich finde es meditativ im Garten zu arbeiten, aber es ist kaum zu schaffen und ...“ Sie legte dem Mann die Hand auf den Unterarm und senkte die Stimme, aber David konnte es trotzdem hören. „ ... sehr unentspannt, weil der Vermieter hier rumspioniert, ob wir den Rasen auch alle acht Tage mähen. Aber schön ist es hier!“ Sie warf den Kopf in den Nacken und ließ sich über die Vorzüge des Landlebens aus. Ihr langer Pferdeschwanz wippte hin und her.
David rollte mit den Augen und schloss das Fenster. Es sah nach Regen aus, aber das war schon seit Tagen so.
Er wollte gerade zurück in sein Zimmer gehen, als er auf der anderen Seite des Gartens eine Frau entdeckte. Sie saß im Schatten der Trauerweide und trug einen großen weißen Sonnenhut mit breiter Krempe. Die Zweige verbargen sie fast vollständig. Nur die nackten Beine lugten hervor, die zierlichen Füße steckten in goldfarbenen Sandalen.
David blinzelte. Er schloss sogar kurz die Augen, aber als er sie öffnete, saß sie unverändert da, während sich die Weidenzweige seicht im Wind wiegten.
Durch die Wolken brach die Sonne hervor. Schnell zog David die Jalousie ein Stück herunter und lugte durch den Spalt.
Schritte auf der Treppe. Kurz überlegte er, ob er es noch in sein Zimmer schaffte, aber der Schlüssel drehte sich bereits im Schloss. Er zog das Rollo ganz herunter und holte ein Glas aus dem Schrank.
„David!“ Katja blickte um die Ecke und hatte ihr ich-bin-schon-seit-Stunden-wach-und-hab-ganz-viel-geschafft-Lächeln angeknipst. „Warum lässt du denn die Sonne nicht rein?“
Sie holte rote Beete, Sprossen und Tofu aus ihrer Jutetasche und legte alles vor sich auf den Tisch. Den Möhrensaft öffnete sie sofort. David schob ihr das Glas hin.
„Hast du den neuen Gärtner gesehen?“, fragte sie, ließ das Rollo hochschnellen und schirmte die Augen mit der Hand ab. „Boah, hat der 'nen Body! Komisch, dass er mir seine Frau gar nicht vorgestellt hat. Er hat überhaupt nicht von ihr gesprochen. Meinst du, das hat was zu bedeuten, David?“
„Vielleicht wollte sie im Schatten sitzen.“
Katja lachte und reckte den Hals so weit, als wollte sie den Kopf durch die Scheibe stecken.
„Woher willst du wissen, dass sie verheiratet sind?“, fragte David, während er das Gemüse in den Kühlschrank räumte. „Sie wirkt sehr j-jung.“
„Sie ist auch jung. Und sie ist Thailänderin. Dann ist sie garantiert seine Frau.“
David hielt in der Bewegung inne. „Ta-hailänderin? Ich dachte, er hat nicht von ihr ge-sprochen.“
„Das sieht man doch.“
„Wo-ran?“
„Ich kann ja wohl sehen, dass sie Asiatin ist.“
„Aber nicht, dass sie aus T-Ta-hai ...“
„David.“ Sie kam zu ihm an den Kühlschrank und strich ihm mit der flachen Hand über die Wange. „Ich kenne die Männer.“

Er hatte sich hinter ihr aus der Wohnung schleichen wollen, das Rad schnappen und einmal um den See heizen. Aber jetzt stand sie im Flur und beäugte sich vor dem großen Spiegel neben dem Schlüsselbrett. Mit gesenktem Kopf steuerte David auf die Wohnungstür zu.
„Wurde aber mal Zeit, dass hier 'n Mann ins Haus kommt“, sagte Katja. „Dann schleicht der alte Sack hier nicht mehr rum und nervt uns mit dem Garten. Der holt sich doch einen drauf runter, dass er mir sagen kann, was ich zu tun habe.“
„Ig-norier ihn doch einfach.“
Ihr Blick traf ihn wie ein Pfeil. „Hör endlich auf, mir Vorwürfe zu machen.“
„Ich mache dir keine Vor-w-würfe.“
„Doch. Du zwingst mir deine Meinung auf.“ Sie schloss die Augen, ließ die Schultern fallen und begann tief ein und aus zu atmen. Leise nahm David seinen Schlüssel vom Brett und drückte die Türklinke hinunter.
„Ich rege mich nicht auf, David“, sagte Katja. „Ich fühle nur mit dem Mann mit.“ Sie öffnete die Augen. „Es tut mir leid für ihn, dass er nichts Besseres zu tun hat, als die Nachbarn auszuspionieren.“
David seufzte. „Bestimmt m-mag er dich“, sagte er.
Sie winkte ab.
„Der G-Gärtner.“ Er schob sich aus der Wohnungstür.
Sie antwortete nicht. Grinsend setzte er sich auf die oberste Treppenstufe und zog die Sneakers an. Bestimmt tanzte sie vor dem Spiegel, ihre Hüften schwangen von einer Seite zur anderen, die Arme zeichneten Muster in die Luft.
„Das ist süß, dass du das sagst“, rief sie durch die geschlossene Tür. „Aber mögen - nicht mögen. Was bedeutet das schon? Jedes Lebewesen hat es verdient, geliebt zu werden.“

Der Kies knirschte, als David das Fahrrad am Vorgarten vorbei auf die kleine Holzpforte zuschob. Wenn er den See umrundet hatte, würde er bis Anbruch der Dunkelheit im Gras liegen, in den Himmel starren und sich nach Berlin wünschen, wo alle an ihm vorbeirannten und sich nicht daran erinnerten, ihn je gesehen zu haben. Er spähte durch die Brombeerbüsche, die den schmalen Weg vom Rasen trennten, konnte aber nichts erkennen. Erst als er die Pforte erreichte, endete das Gebüsch, zu seiner Rechten erstreckte sich ein bemooster Jägerzaun, der den Bürgersteig von einem unbepflanzten Beet trennte. Der Gärtner grub es mit dem Spaten um. David schielte auf den stählernen Bauch des Mannes, zog den eigenen ein und lugte zur Trauerweide hinüber. Die Frau war nicht mehr da. Oben, in der Küche, telefonierte Katja laut lachend mit Sita oder Radhika. Jedenfalls mit einer dieser Frauen, die ihre Haare zweimal täglich wuschen, um die vielen Energien loszuwerden, denen sie den ganzen Tag ausgesetzt waren. Er bekam die verflixte Gartenpforte nicht wieder zu, wollte kurz das Fahrrad abstellen und hörte es im nächsten Moment auf den Bürgersteig krachen.
„Brauchst du Hilfe?“ Der Nachbar stützte sich auf den Spaten, Lachfurchen zierten seine Augen. Aus der Gesäßtasche seiner Armeeshorts hing ein schmuddeliges, blaues T-Shirt halb heraus. „Du bist sicher David. Der beste Sohn der Welt.“ Er zog das T-Shirt hervor, wischte sich die Hände daran ab und stapfte durch das Beet zum Zaun. Sein Händedruck war fest.
David scharrte mit der Schuhspitze auf dem Gehsteig. In Berlin hatte er von Leuten gehört, die so lange tot in ihrer Wohnung lagen, bis den Nachbarn der Gestank auffiel.
„Ich bin Herr Gärtner“, sagte der Mann. „Das ist mein Name und mein Job.“ Er lachte dröhnend und zog ein Päckchen Drum aus der anderen Gesäßtasche. „Zigarette?“
David schüttelte den Kopf und sah hoch zum Küchenfenster. Sonnenstrahlen brachen sich in der Scheibe. Obwohl nichts mehr zu hören war, wusste er, dass Katja immer noch dort stand und das Zopfband gelöst hatte. Gleich würde sie das Fenster öffnen und das Haar über die Schulter hinauswerfen, damit der Gärtner daran emporkletterte wie an einem Seil. Er musste nur nach oben sehen. Aber er sah nicht nach oben. Über ihm zog ein Flugzeug einen Kondensstreifen in den Himmel.
David hob das Fahrrad auf. Der Lenker war verbogen. Herr Gärtner zündete die Zigarette an und schob sie in den Mundwinkel.
„Das reparier ich dir“, sagte er, winkte ihn mit beiden Händen heran und hob das Fahrrad über den Zaun. „Komm rüber.“
Die Frau kam in einem Rollstuhl auf die Terrasse herausgefahren.
Für eine Sekunde hielt David die Luft an. Ihre Beine waren erstaunlich wohl geformt, zu Hut und kurzem Rock trug sie eine große Sonnenbrille.
„Meine Frau“, sagte Herr Gärtner. David nickte. Eins zu null für Katja. Er wusste, dass sie ihm die Zunge herausstreckte.
Herr Gärtner trug seine Frau in einen Liegestuhl unter der Trauerweide. Sie lächelte David zu. Er taumelte kaum merklich, als hätte sich ein unsichtbares Lasso sanft um seine Lenden geringelt. Dann spitzte er die Ohren. Schritte auf dem Kies. Knacken in den Brombeerbüschen. Die Zweige wurden zur Seite geschoben. Als Katja auf dem Rasen erschien, hatte sie Blätter und kleine Äste im Haar.
„Namaste. Ich bin Katja“, rief sie Frau Gärtner von Weitem zu und legte die Hände vor der Brust zusammen. Frau Gärtner blickte von ihrer Zeitschrift auf, nickte und lächelte.
„Ich wollte mit euch Einstand feiern“, fuhr Katja fort. „Mögt ihr zum Tee hochkommen?“
Herr Gärtner räusperte sich. „Meine Frau spricht leider nur japanisch.“
„Ach. Sagt man da nicht auch Namaste? Na ja, egal. Ich wollte sowieso einen Kuchen backen, mögt ihr Karottenkuchen?“
„Wir sind die nächsten Tage leider sehr beschäftigt“, sagte Herr Gärtner. „Der Umzug. Der Garten. Na ja. Sie kennen das ja selbst.“
„Du. Ich bin Katja. Schon vergessen?“
„Katja.“
„Kein Stress. Ich verstehe das schon. Ist ja auch nicht so einfach alles.“ Sie sah zur Trauerweide hinüber.
David fragte sich, ob Frau Gärtner merkte, dass über sie geredet wurde. Aber sie sah aus wie jemand, dem das gar nichts ausmachte. Sie wusste, was es hieß, nicht dazu zu gehören, das Mitleid, den Spott und die Ungeduld zu ertragen. Und trotzdem schien das alles an ihr abzuprallen.

„Oh Mann, Katja“, begann David auf dem Weg zurück ins Haus. „Sie sitzt im R-Rollstuhl.“
„Na und? Ich hab da keine Vorurteile, David.“
„Aber wie s-soll sie denn in den ersten Stock k-kommen?“
„Er kann sie doch tragen.“ Sie blieb stehen und kramte in ihrer bestickten Tasche nach dem Schlüssel. „Ich glaube, er wäre gerne gekommen, aber sie wollte nicht, weil sie nur japanisch spricht“, sagte sie, deutete einen Knicks an und zwinkerte David zu. „Gleichstand, mein Schatz. Bin gespannt, wer mit der nächsten Vermutung Recht hat. Ich sag, die haben was zu verbergen.“
„Geht das auch schn-neller?“ David klatschte sich auf den Oberarm. „Ich bin schon völlig zerstochen.“
„Wenn er dir das Fahrrad repariert, kannst du ja im Garten mithelfen. Ich weiß, dass du das hasst. Aber Geben und Nehmen. Du verstehst.“
„Kein Problem.“
Sie riss gespielt die Augen auf. „Da scheint aber jemand erwachsen zu werden. Geht doch.“

Herr Gärtner erklärte, dass die Baumwurzeln überschüssiges Nitrat aus dem Boden aufnähmen und welche Bäume in Japan wuchsen, in Australien und China. Er goss David Kaffee aus einer Thermoskanne ein und gab ihm einen Strohhut, weil es bald heiß werden würde. Sein freier Oberkörper glänzte in der Sonne, jeder Muskel schien in Bewegung zu sein.
David nahm den Spaten und begann zu graben. Es dauerte nicht lange, bis er sich fühlte, als hätte er die Nacht durchgefeiert. Herr Gärtner ließ ihn leichtere Arbeiten machen, erst Unkraut jäten, dann harken. Alle fünfzehn Minuten klingelte der Wecker auf seinem Handy.
„Wasser“, sagte er und reichte David eine Feldflasche. „Willst du dich hinlegen?“
David schüttelte den Kopf. Katja räucherte die Wohnung aus. Das tat sie immer, bevor sie zu einem ihrer Eso-Kurse ging. Sie wollte in eine reine Energie zurückkehren. Der Gestank hing noch Tage in der Luft.

In der Mittagspause ging Herr Gärtner ins Haus, um Liegestühle und mehr Wasser zu holen. David legte sich unter die Trauerweide, schlug die Füße übereinander, zog sich den Hut ins Gesicht und döste.
Nach einiger Zeit raffte er sich auf. Eine Hitzewelle schlug ihm ins Gesicht, vor seinen Augen flimmerte die Luft. Gleichzeitig sah er Herrn Gärtner gestochen scharf in den Garten kommen, als würde seine Gestalt aus einer verschwommenen Erinnerung heraustreten, seine Frau auf dem Arm. Ihr weißer Seidenschal hob sich im Wind.
Ein Adrenalinstrahl schoss David bis in die Zehenspitzen. Er sprang auf, kniete sich vors Beet und rupfte Unkraut, bis der Abend kam und die Trauerweide von Krähen bevölkert wurde. Herr Gärtner trug seine Frau zurück ins Haus.
„Sie graben die Keime aus und fressen die Jungtriebe“, sagte er, während er die Krähen mit einem Katapult beschoss. „In anderen Ländern werden die mit Luftgewehren abgeknallt.“

„Heute brauchst du eine Pause“, sagte Herr Gärtner zwei Tage später. „Ich habe dein Fahrrad repariert.“
„D-Danke. Ich helfe gerne.“
„Ist deine Mutter schon wieder da?“
„Heute Abend.“ David zögerte einen Moment, als würde sich das Loch, das sich in ihm auftat, dadurch wieder schließen. Dann machte er kehrt und trottete in Richtung Haus.
„David!“ Herr Gärtner winkte ihn zurück und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Wenn du reden willst ... Also ... ich hör dir immer zu, David.“
„Da-hanke.“
Den Rest des Tages verbrachte David im Zimmer und starrte an die Decke. Er versuchte an Berlin zu denken, aber Frau Gärtners Bild schob sich immer wieder vor sein inneres Auge. Es war bereits drei Uhr morgens, als er in die Küche schlich, sich im Dunkeln an den Tisch setzte und dem Quaken der Frösche zuhörte. Katja war vor wenigen Stunden zurückgekommen und gleich in ihrem Zimmer verschwunden. Ihm war keine Zeit geblieben herauszufinden, ob sie schlecht gelaunt war oder noch nachspüren wollte. Jedenfalls konnte er sie nicht mehr nach dem Taschengeld fragen. Sein Bifi-Vorrat musste aufgestockt werden.
Auf dem Stuhl neben ihm zeichneten sich die Umrisse ihrer Tasche ab. Er lauschte in die Dunkelheit und zog die Tasche auf seinen Schoß. Er würde nur fünf Euro nehmen. Und er würde es ihr sagen.
Mit zitternden Händen zündete er die Petroleumlampe an und fischte einen Schein aus Katjas Geldbeutel. Als er die Tasche schließen wollte, rutschte sie von seinen Knien. Er hielt die Luft an. Frösche. Sonst nichts. Auf dem Boden lag ein Brief. Er hob ihn auf und richtete die Lampe auf den Umschlag. Der Brief war noch zu. Abgestempelt vor einer Woche. Herr Schneider. Der Vermieter.
David hielt den Umschlag gegen das Licht, als hoffte er, dadurch den Inhalt lesen zu können. Dann stopfte er ihn mit dem Geldbeutel in die Tasche zurück.


Als er mittags in die Küche kam, hing ein Zettel an der Kühlschranktür unter dem Smiley-Magneten.

Guten Morgen lieber David,
meditiere über folgenden Satz:
Realität ist nur eine Illusion, Zeit ist nur eine Illusion, alles was wir haben, ist das Hier und Jetzt.
Ich umarme dich von ganzem Herzen.
Katja.

David zeigte dem Zettel den Mittelfinger und trat ans Fenster. Unten kam Herr Gärtner aus dem Haus marschiert, ein frisches Polohemd am Leib. Er goss seiner Frau Tee ein, strich ihr über die Wange und rückte den Liegestuhl so lange zurecht, bis die Armlehne exakt neben ihrer endete.
Einen Moment später zuckte David zusammen, weil Katja neben ihm am Fenster stand. Er hatte sie gar nicht kommen hören, nur den Luftzug ihres Kleides gespürt.
„Irgendetwas stimmt nicht mit der“, sagte Katja, als sie in den Garten hinabblickte. „Sie hat eine ganz eigenartige Energie. Und dann dieser Hut!“
David schwieg und beobachtete seine Mutter aus den Augenwinkeln. Wie dünn sie war. Als würde sie jeden Moment in der Mitte durchbrechen und ihr Oberkörper lautlos aus dem Fenster auf den Rasen segeln.
„Ka-Ka-Katja. Ich ha-habe g-ges-tern N-...“
Vogelgezwitscher füllte den Raum. Die Türklingel.
Während Katja ihre Yogaschüler begrüßte, zog David sich in sein Zimmer zurück und angelte nach der letzten Bifi unter dem Bett. Sie war weg. Er sprang auf und trat so lange gegen die Bettkante, bis Frau Gärtners Bild in seinem Kopf erschien und ihm zulächelte.

Als er erwachte, fiel das fahle Licht der Morgendämmerung in den Raum. Irgendwo krähte ein Hahn. Katja stand in ihrem weißen Spitzennachthemd vor Davids Bett, das Haar zerzaust, die Augen geschwollen.
„David, es klappt nicht“, flüsterte sie mit hängendem Kopf.
David blinzelte sie an und setzte sich auf.
„Es klappt nicht, David.“ Sie kam zu ihm unter die Decke und schlang die Arme um seinen Hals. Ihr Oberkörper zuckte. Während David ihr über den Rücken strich, schluchzte sie immer lauter. „Warum kann ich nicht einfach glücklich sein?“ Sie schnäuzte in ihr Spitzentaschentuch. „Ich glaub, es ist das Haus. Wir müssen ...“
„Nein.“
„Wie. Nein.“
„Es ist nicht das Ha-Haus.“
„Du willst hier doch immer weg. Und du hast Recht. Seit wir hier sind, muss irgendwas schief gelaufen sein.“
„Es läuft doch immer was schief. Sonst wären wir noch in Berlin.“
„Was ist denn auf einmal los? Erzähl mir nicht, dass du plötzlich gerne im Garten arbeitest.“
„Es ist besser, als ich da-dachte.“
Sie strich ihm über die Wange. „Ist schon gut, mein Feiner. Ich freue mich ja, dass es dir Spaß macht. Vielleicht kannst du ja auch anderen Nachbarn helfen und ein bisschen Geld dazu verdienen.“
Kurz darauf schlief sie ein. David zwang sich, wach zu bleiben, um rechtzeitig im Garten zu sein. Der Brief ging ihm durch den Kopf, und dass er ein neues Bifi-Versteck finden musste. Und immer wieder Frau Gärtners Lächeln.

Der Platz neben ihm war leer, als er die Augen aufschlug. Seine Mutter chantete im Nebenzimmer mit ihren Schülern. Er sah auf den Wecker. Sechs. Wieso gab Katja schon so früh eine Yogastunde? Er fuhr hoch. Das musste der Achtzehn Uhr-Kurs sein. Sekunden später stand er am Küchenfenster. Im Garten war niemand.
Er streifte Jeans und T-Shirt über und fand sich an der Haustür wieder, schloss sie leise und schlich die Treppe hinunter. Über jede knarzende Stufe stieg er hinweg. Eine Zeit lang blieb er vor der Fensterbank stehen und blätterte mit fahrigen Händen in Katjas Yogabroschüren. Sein Magen zog sich zusammen und auseinander.
Bevor er klingelte, zögerte er einen Moment. Kurz sah es so aus, als wäre niemand zu Hause, aber dann öffnete Herr Gärtner die Tür. Er sah erstaunt aus. David murmelte eine Entschuldigung, weil er tagsüber nicht geholfen hatte. Herr Gärtner winkte ab.
„Soll ja nicht in Zwang ausarten“, sagte er.
Die Sekunden verstrichen. Dann bat Herr Gärtner David herein. Davids Puls raste. Gleich würde er neben Frau Gärtner am Tisch sitzen und zum ersten Mal ihren Geruch einatmen. So nah war er ihr noch nie gekommen. Als er seine Schuhe auszog, sah er ihre Sandalen vor dem Schuhschrank stehen.
„Was möchtest du trinken? Cola?“ Herr Gärtner ging in die Küche. David nahm eine Sandale und stellte sie zwischen seine Sneakers. Den anderen an den Rand. Sie sahen aus wie Kinderschuhe.
„Es tut mir leid, dass es hier so aussieht“, sagte Herr Gärtner, als David das Wohnzimmer betrat. „Meine Frau fühlt sich nicht wohl und hat sich hingelegt.“
David spürte einen Kloß im Hals, zugleich war er verwundert. Kein Staubkorn zeigte sich auf der dunkelbraunen Auslegware, die Möbel waren mit Plastik überzogen. Es schmiegte sich eng um den Wohnzimmerschrank aus Kirschholz. Die Bücher, Wimpel und Bilderrahmen waren einzeln umspannt.
„Ist hygienischer“, sagte Herr Gärtner.
David nickte und musste an Katja denken, die bei dem Anblick von Plastik schreiend aus der Wohnung gelaufen wäre.
Vorsichtig setzte er sich auf das Bauernsofa. Das Knistern kam ihm trotzdem viel zu laut vor. Während er sich die Handflächen an den Shorts abwischte, betrachtete er den bunten Plastikblumenstrauß, der in einem rosa Plastiktopf vor ihm auf dem Tisch stand. Er hätte Frau Gärtner mehr Geschmack zugetraut. Draußen schrie eine Krähe.
Herr Gärtner klopfte gegen das Barometer. Keine Aussicht auf Regen.
Er weiß, warum ich hier bin, dachte David und stürzte die Cola in großen Schlucken hinunter. Was habe ich mir auch dabei gedacht?
Weil er nicht wusste, was er sonst sagen sollte, fragte er nach der Toilette. Vielleicht würde er Frau Gärtner ja zufällig im Flur begegnen.
„Zweite Tür rechts“, sagte Herr Gärtner.
Als David die Badezimmertür hinter sich geschlossen hatte, lehnte er sich dagegen und atmete auf. Die behindertengerechte Toilette war ebenfalls mit Plastik umspannt. Aber noch etwas kam ihm merkwürdig vor. Auf der Konsole stand ein Rasierpinsel, eine Dose Rasierschaum und ein Axe-Männerdeo. Daneben hingen Becher und Zahnbürste in einer Chromhalterung. Keine Schminksachen, keine Cremes, nichts, was auf eine Frau hingedeutet hätte. Im Schrank nur weiße Handtücher, in der Dusche ein Stück Kernseife.
„Ich muss jetzt g-gehen“, sagte David, als er zurück ins Wohnzimmer kam.
„Schon gut, David. Wir sehen uns morgen.“

Es war noch hell genug, um einmal um den See zu fahren. David trat ins Freie. Eine Weile blieb er vor der Haustür stehen und atmete durch. Dann schnappte er sich sein Fahrrad, das an der Regentonne lehnte. Er wollte es gerade auf den Bürgersteig schieben, als er am Arm festgehalten wurde.
„Was ist mit deiner Mutter?“ Der Vermieter glotzte ihn aus großen Augen hinter dicken Brillengläsern an.
„W-Wieso?“
„Zwei Monate seid ihr jetzt im Mietrückstand.“
David zuckte die Achseln.
„Ich wusste gleich, dass das Ärger gibt mit alleinstehenden Frauen.“ Der Vermieter hob den Zeigefinger. „Ich will hier nur seriöse Leute. So wie Herr Gärtner und seine Chinesin. Hast du das verstanden?“

In der Nacht wachte David auf und sah Katja im Türrahmen stehen. Er musste sie zur Rede stellen, auch wenn sie wieder heulte.
Dann merkte er, dass er nur geträumt hatte. Er wachte noch ein paarmal auf, aber im Nebenzimmer blieb es still.

Am frühen Morgen bat Katja Herrn Gärtner, sie in die Stadt zu fahren. Als er den Pick Up aus der Garage holte, stand sie neben David auf dem Bürgersteig, sah sich um und flüsterte: „Ich treffe mich mit jemandem.“ David rollte mit den Augen. „Nein, nicht was du denkst“, sagte Katja. „Er ist Wünschelrutengänger. Ich möchte ihn kennenlernen, und dann soll er sich das Haus ansehen.“
„Oh M-Mann, K-Katja. W-Wieviel Geld gi-bst du ...“
„Pssst.“ Sie legte den Finger an die Lippen, raffte ihren Stufenrock und stieg zu Herrn Gärtner in den Wagen.
Als der Pick Up um die Ecke bog, zog sich der Himmel zu. Die Hitze wurde drückend. David nahm zwei Stufen auf einmal und rannte zum Küchenfenster. Der Schweiß lief ihm übers Gesicht, im Mund hatte er einen salzigen Geschmack. Frau Gärtner saß in ihrem Liegestuhl und las in einer Zeitschrift. David klammerte sich an die Fensterbank und wäre am liebsten so lange weitergerannt, bis die Anspannung in seinem Inneren verschwand. Die Worte überschwemmten ihn. Endlich war der Moment gekommen, ihr alles zu erzählen.
Es verging sicher eine halbe Stunde, bis er sich rühren konnte. In der Ferne hörte er dumpfes Donnergrollen und fuchtelte ein paar Fliegen zur Seite. Sein Blick fixierte Frau Gärtners Hut und glitt langsam an ihren Beinen hinab. Erst jetzt bemerkte er, dass er sie nie umblättern sah. Auch die Fliegen schienen ihr nichts auszumachen.
Ein Blitz zuckte vom Himmel, der von schepperndem Donner begleitet wurde. Der Wind frischte auf und ging in einen Orkan über. Eine Bö fegte Frau Gärtner den Hut vom Kopf, in der Wohnung schlugen die Türen zu. David umklammerte den Griff des offenen Fensters.
„Frau Gärtner!“ Ihr Hut segelte durch die Luft, die Zweige der Trauerweide fegten über den Rasen und ihr ins Gesicht. Es begann zu gießen.
„Frau Gärtner!“ Er knallte das Fenster zu und rannte in den Garten hinunter. Innerhalb von Sekunden war er durchnässt. Der Basttisch holperte über den Rasen, die Rosen knickten ab. Unter seinem Fuß spürte er etwas zerbrechen. Frau Gärtners Sonnenbrille.
Als er sie erreichte, blickten ihre Augen starr in die Ferne. Erst dachte er, sie wäre tot, dann hörte er sie wimmern und fiel neben ihr auf die Knie.
„Frau Gärtner!“ Seine Lungen schmerzten, er bekam kaum Luft. „Sind Sie verletzt?“
Sie nickte, und als er sich zu ihr hinunterbeugte, sagte sie: „Hallo Geliebter. Möchtest du Tee?“
David wischte sich das Wasser aus den Augen, blickte sich gehetzt um, aber es war niemand da, der ihm helfen konnte. Frau Gärtner nickte immer noch.
„Hallo Geliebter. Möchtest du Tee? Hallo Geliebter. Möchtest du Tee?“ Immer und immer wieder sagte sie das, und ihre Stimme klang seltsam blechern.
David starrte sie mit aufgerissenen Augen an, taumelte rückwärts und übergab sich in die Haselnusssträucher. Das Erbrochene flog Frau Gärtner ins Gesicht, bevor es vom Regen fortgespült wurde. David stammelte Entschuldigungen, aber sie wurden vom Wind verschluckt. Als er zu ihr zurückstolperte, hing ein gelber Schleimfaden an ihren Lippen. „Hallo Geliebter. Möchtest du Tee?“

Am späten Nachmittag stürmte Katja in die Wohnung. Ihr nasser Rock klebte an den Beinen.
„Wir ziehen hier weg!“ Sie riss die Türen des Kleiderschranks in ihrem Zimmer auf und warf Unterwäsche, Röcke und Hosen auf den Boden.
„Ka-Ka-Katja, du ...“
„Wir hatten einen Unfall, David. Einen Unfall! Das geht nicht mehr mit rechten Dingen zu.“
David hielt sie an den Armen fest. „Wo ist Herr Gärtner?“
„Lass mich!“ Katja versuchte sich aus seinem Griff zu winden, schaffte es den linken Arm zu befreien und schlug mit dem Handrücken gegen die Schranktür.
„Wo ist Herr Gärtner, Mama?“
Mit zitternden Fingern strich sie sich das Haar hinters Ohr und begann die Unterwäsche auf dem Boden zu sortieren.
„Die ganze Zeit hat er davon geredet, dass er seine Frau retten muss. Er war richtig panisch“, sagte sie. „Auf der Autobahn hat er die Kontrolle über den Wagen verloren und ist in die Leitplanke gekracht.“
„Wo ist er, Mama?“
„Fragst du auch mal, wie es mir geht? Und nenn mich nicht Mama!“
„Aber das bist du doch.“
„Nein!“
David sah seine Mutter mit offenem Mund an. Dann sprang er auf und lief aus dem Zimmer. Als er im Flur war, hörte er sie aufheulen wie eine Sirene. Während sie ihm in die Küche folgte, krallte sie sich an seiner Schulter fest und bettelte darum, nicht verlassen zu werden. Er schüttelte sie ab, drückte sie auf einen Stuhl und wartete darauf, dass sie ruhiger wurde, gleichmäßiger, bis sie nur noch ein paarmal kurz schniefte und ihre Tränen trocknete.
„Geh wenigstens runter zu Frau Gärtner und sag ihr, dass ihr Mann mit gebrochenem Bein im Kreiskrankenhaus liegt“, begann sie mit unbewegter Miene. „Wenn du mich schon nicht in den Arm nimmst.“
Das Herz klopfte David bis zum Hals. Er ballte die Hände zu Fäusten und zog den Rotz hoch. Dann krächzte er die ganze Geschichte heraus, ohne zu stocken.
Danach wurde es still. Er hörte ein Pfeifen in den Ohren. Eine ganze Minute verstrich.
„David, es tut mir leid“, sagte Katja. Sie streckte die Hand nach ihm aus.
Einen Moment lang sah er sie nur an. Wie Schnappschüsse blitzten Bilder in seinem Kopf auf. Frau Gärtner auf dem Rasen liegend, ihm Tee anbietend, Sturm und Regen, und dann der blaue Himmel, Frau Gärtner in ihrem Liegestuhl, lächelnd in einer Zeitschrift blätternd, während die Sonne ihre Beine bräunte. Er sprang auf, lief in sein Zimmer und stopfte ein paar T-Shirts in seinen Tagesrucksack. Katja folgte ihm.
„Der Rucksack ist zu klein“, sagte sie und versuchte ihn an sich zu nehmen. „Du musst deinen Koffer ...“ Er schob sie zur Seite und marschierte zur Wohnungstür.
„Wo willst du hin?“ Katja vertrat ihm den Weg.
„Lass mich durch.“
„Sei doch vernünftig, David. Du weißt, dass du nicht zu deinem Vater kannst.“
David sah ihr fest in die Augen. „Ich m-muss ihr helfen“, sagte er. „Sie ist doch ganz al-lein da unten.“
„David.“
„Irgendjemand muss sich ja um sie kümmern.“
„David. Diese Frau ist nicht echt.“ Sie trat einen Schritt zur Seite, atmete tief durch. „Lass uns reden, ja? Bitte.“
Er zögerte einen Moment, drängte sich an ihr vorbei und zog die Tür hinter sich zu.

 

Moin Moin @greenwitch,
wie schön dich unter der Geschichte zu lesen. Und auch wenn du sagst:

Insgesamt konnte mich die Geschichte nicht packen, aber das liegt wahrscheinlich nur an ein paar Stellschrauben, an einigen Stellen, wo ich einfach das Verhalten Deiner Prots nicht nachvollziehen konnte.
geben mir die paar Stellschrauben Hoffnung. :)

Dafür hast Du für meinen Geschmack ein paar richtig schöne Stellen drin, auch die Charakterzeichnung so ganz nebenbei gefällt mir oft.
Danke :kuss:

Eigentlich ein netter Einstieg und ich versuche das Bild in meinen Kopf zu kriegen. Aber die "bewegten Lippen" hören sich für mich ferngesteuert, fremdverursacht an, aber er redet doch einfach vor sich hin oder eben mit sich selbst. Sorry, war für mich -unverständlich?
Ich habe den Satz mittlerweile schon etwas entwirrt, aber:
Monolog, in seinem Kopf? Noch kriege ich den Typen nicht zu fassen, warum so umständlich?
das hat mir mittlerweile auch inhaltlich zu denken gegeben, denn es scheint generell eine ganze Weile zu dauern bis der Leser ein Bild kriegt.

Wem er die erzählte, wusste er nicht, und als ihm nichts mehr einfiel, fing er von vorne an, wälzte manche Worte so lange herum, bis sie perfekt passten.

das gefiel mir wiederum, ein ganz genauer, es ist ihm wichtig, aber dann müsste es doch zielgerichtet sein, also an jemanden, es geht um was!
Ich wollte ihn als jemanden darstellen, der zwanghaft und gleichzeitig einsam ist. Weil er im täglichen Leben nicht richtig sprechen kann, ist ihm die Präzision der Worte wichtig, das war dir ja auch klar. Aber er "redet" nur um des Redens willen. An niemand Spezielles gerichtet. Und nur Alltäglichkeiten, die er sonst nirgendwo los wird. Er erzählt sie sich praktisch selbst. Mittlerweile ist mir aber klar geworden, dass das als Einstieg viel zu kompliziert ist. Einige meinten, ich sollte mit der Bifi anfangen und dieses Selbstgespräch später und beiläufiger einbauen. Denn wahrscheinlich weckt es auch - gerade am Anfang - eine Erwartung, die dann wieder nicht erfüllt wird. :sconf:

meditiere über folgenden Satz ...

witzige Idee, auch generell der "Meditationsauftrag", fand ich schade, das in die Richtung nichts mehr kam. Charakterisiert aber ihr Verhältnis schön. Auch das unterzeichen mit Vornamen, so "ich bin deine beste Freundin. Fühle mich zu jung, um "Mutter zu sein" ...
Ja genau. Mama hat ein Problem mit ihrem Alter und erteilt Meditationsaufträge. Aber wieso meinst du, dass da später nichts mehr kam? Sie kommt dann ja noch mit Wünschelruten und Energien. Oder meinst du, sie sollte das Gespräch nochmal speziell auf die Meditation lenken?

David zeigte dem Zettel den Mittelfinger, schob sich ein Kaugummi in den Mund und schloss das Fenster.

doch , jetzt sehe ich ihn
Gut!

okay, klassischer 13-15 jähriger? Man stirbt wahrscheinlich, wenn man die 40 überschreitet
Ja, das tut man. Er soll 13 sein.

Katja klappte den Mund auf und zu.

ich denke, ich weiß was Du meinst, er sieht nur ihre Mundbewegung, hört sie nicht. Aber als BIld in meinem Kopf erzeugst Du einen Karpfen, der nach Luft schnappt
:lol: Ja, das ist bisschen schräg formuliert. Mal sehen, ob ich das noch durch irgendwas ersetzen kann, das diese Assoziation nicht hervorruft.

die Füße der Beine?
Das auch ...

ah, es sind neue Nachbarn? Da die Wohnsituation sich mir nicht recht erschloss, fragte ich mich schon die ganze Zeit, warum ihn die anderen "Menschen" so verwundern, vielleicht eher einbauen?
Das mit der Wohnsituation ist ein echtes Problem, das es zu lösen gilt … Und auch, dass der neue Nachbar gleich auf den Rasenmäher springt, scheint den einen oder anderen irritiert zu haben. Ok, er ist Gärtner, aber na ja … Weiß nicht, ob das als Ausrede durchgeht … Zumal man ihn ja auch noch nicht kennt. Muss ich auch nochmal ran. Dank dir.

Hoffentlich brach sie nicht wieder heulend vor seinem Bett zusammen.

sag ich doch, sie benutzt ihn als Partner (nicht körperlich) aber seelisch, schlimme Belastung für einen Jugendlichen
So sehe ich das auch.

he, Maske! Bist Du ein Mann? Ich kenne nur Männer, die Fliederduft so schlimm finden, dass er sich "in die Nase bohrt" - eigentlich gilt der Duft als Frühlings-Identifikation schlechthin ..., also durchaus als gut
Ich hab mich eben doch gut in meinen Protagonisten hineinversetzt. ;)

Lachfurchen zierten seine Augen.

herrliche Steigerung zu Lachfalten, ich mags
Danke.

Der Nachbar stützte sich auf einen Spaten.

Du wirft mich immer wieder raus, aber vielleicht fehlt mir auch einfach nur ein Tipp am Anfang. Hier stelle ich mir vor, der Junge schiebt sein Fahrrad eine Weg lang durch den Garten zum Tor, öffnet dieses und geht mit Rad hindurch. Nun will er es schließen, steht auf dem Gehweg und es klappt nicht. Und dann steht da der Nachbar?
Nee nee, er geht einen Weg von der Haustür zur Straße entlang. Vorbei am Garten, in dem der Nachbar steht. Aber das kannst du natürlich nicht wissen.

Sie wusste, was es hieß, nicht dazuzugehören. Das Mitleid, den Spott und die Ungeduld zu ertragen.

Sorry, aber das ist mir so formuliert zu verallgemeinert. Von mir aus, ein "sie weiß bestimmt auch" oder "ob sie auch ..." - aber ich kenne und sehe so viele selbstbewusste Menschen mit Einschränkungen, ne, das ist ein Weltbild von 1955. Oder Du gibst mir Bezugspunkte, das es in einer früheren Zeit spielt
Ich wollte das aus Davids Perspektive beschreiben. Er sieht sie so.

Ne, wenn er Allee-Reihen haben will und das auch noch erleben möchte, dann pflanzt der Bäume, kleine Setzlinge, aber mit Baumssat wird das nix.
Diese Peinlichkeit ist inzwischen geändert …

Dass er froh war, nicht in die Schule zu müssen, seine Bifi unter dem Bett versteckte, damit Katja sie nicht fand und wie sehr er immer noch hoffte, sein Vater würde ihn eines Tages zu sich holen, so wie er es vor zwei Jahren versprochen hatte.

Das ist so ein Teil, den finde ich gut. Das gibt mir Hintergrund, auch wenn einiges zu dick als Info kommt. z.B. warum er die Bifi versteckt, ist doch auch so klar, er lebt ja nur mit ihr zusammen
Ach Mönsch - nun dachte ich, ich werde mal deutlicher mit der Bifi, und dann an der falschen Stelle … Aber gut, dass du das sagst. Ich hatte plötzlich die irrsinnige Vorstellung, dass man das nicht versteht. Aber das tut man ja. Dafür vieles andere nicht. Also wieder an der falschen Stelle angesetzt. Hach je … Und ja, infodumpig mit dem Vater. Hab lange überlegt, ob ich ihm auch noch Raum gebe in der Geschichte, aber das wurde dann selbst mir zu viel. Evtl. werde ich ihn aber etwas mehr einbinden und dafür anderes rausschmeißen.

"Und dann dieser Hut! Hast du eigentlich schon mal mit ihr gesprochen?"
Ja, das tue ich den ganzen Tag, dachte David.

Vielen lieben Dank!

jetzt haben ch mir die gesamte Wohnung mit Frischhaltefolie eingewickelt vorgestellt und Du setzt den Typen einfach so auf ein fettes Sofa (Rustikal und Bauernsofe sind ziemlich gleichbedeutend). Wenn es um Milben, Staub und ähnliches geht, wäre das auf alle Fälle als erstes verdeckt.
Rustikal fliegt raus, Plastikfolie kommt rein.

jetzt bin ich nicht sicher, wer hier nicht echt ist - welcher mensch wäscht sich mit Kernseife, nicht mal meine Gärtnerhände verzeihen mir das auf Dauer.
Herr Gärtner kennt da nix.

"Er ist Wünschelrutengänger. Ich möchte ihn kennenlernen, und dann soll er sich das Feld ansehen."

da ist mir wohl ein Zusammenhang entgangen?
Katja merkt ja, dass was nicht stimmt. Sie sagt ja, Frau Gärtner habe eine eigenartige Energie. Und sie ist natürlich auch sauer, weil Herr Gärtner sich nicht für sie interessiert. Also hofft sie auf Abhilfe, um ihren Verdacht zu bestätigen. Hm. Wieder so ein loser Faden, fällt mir grad auf. Zumal da ja dann auch keiner auftaucht. Mannmannmann, wo hatte ich bloß meinen Kopf beim Schreiben ...

Erst dachte er, sie wäre tot ...

schöne falsche Fährte,aber irgendwie zu spät, die "Auflösung" kommt ja sofort danach
Also die Stelle finde ich eigentlich ganz gut gelungen. Macht das was, dass die Auflösung gleich kommt? Es geht ja alles Schlag auf Schlag da.

okay, ich gestehe es, ichbin die falsche Leserin für diese Story! Warum muss er sich jetzt übergeben?
Weil ihm schlecht ist. Blöde Antwort, ich weiß. Aber is so. Die ganze Situation ist ja schon ein ziemlicher Alptraum für ihn. Seine große Liebe ist eine Maschine. Mir würde da auch schlecht werden.

Seine Flucht an sich leuchtet mir ein, aber der Nachbarin helfen? Ist das sowas von Gleichstellung aller Individuen?
Nee, das ist Davids Irrsinn. Den Gedanken, dass sie nicht echt ist, hat er schnell wieder verdrängt und will partout nicht von ihr ablassen. Und jetzt braucht sie erstmal Hilfe.

Sie trat einen Schritt zur Seite, atmete tief durch und strich sich mit einer betont langsamen Bewegung das Haar aus dem Gesicht.

auch die Reaktion kriege ich nicht gefasst, warum reagiert sie so verzögert, vorsichtig. Hat er außer Stottern noch ein Problem.
Also außer, dass er einem Roboter seelischen Beistand leisten will eigentlich nicht, nein. :D Für mich sollte diese verzögerte Reaktion Katjas ein Zeichen dafür sein, dass sie sich zusammenreißt. Vorher versperrt sie ihm ja den Weg. Aber vielleicht kam das nicht hysterisch genug rüber.

Liebe greenwitch,
ich habe mich sehr über den umfang- und hilfreichen Kommentar gefreut. Du hast mir viele Denkanstöße gegeben, die mir klar machen, wo und warum man einiges nicht versteht. Vielen lieben Dank dafür. Eigentlich wollte ich jetzt noch Raindog schreiben, aber nun raucht mir erstmal der Kopf. Im positiven Sinne.
Einen angenehmen Restabend wünscht Chai

 

Guten Morgen nach Indien, liebe @Chai (oder wo steckst Du gerade?)

Ich nur noch mal kurz, musst Du auch nicht beantworten (man ist ja froh, wenn man alle Kommentare schafft, um dann auch an die Geschichte zu kommen)

Wem er die erzählte, wusste er nicht, und als ihm nichts mehr einfiel, fing er von vorne an, wälzte manche Worte so lange herum, bis sie perfekt passten.
Ich wollte ihn als jemanden darstellen, der zwanghaft und gleichzeitig einsam ist. Weil er im täglichen Leben nicht richtig sprechen kann, ist ihm die Präzision der Worte wichtig, das war dir ja auch klar.
Mit ist zu der Zeit noch nicht klar gewesen, das er ein Stotterer ist! Das finde ich nicht wirklich schlimm, aber ich kann sein Verhalten daher nicht einordnen und finde ihn halt "seltsam" - bin aber auch neugierig, warum.


Aber wieso meinst du, dass da später nichts mehr kam? Sie kommt dann ja noch mit Wünschelruten und Energien. Oder meinst du, sie sollte das Gespräch nochmal speziell auf die Meditation lenken?
Das geht wohl auf die Kappe meiner Unwissenheit. Ich hab meditieren und Wünschelruten nicht zu einer "Personenbeschreibung" zusammengefügt - Du meinst also so etwas esoterisch angehaucht im Klischeesinne? Schade? Ich hatte die Meditation eher als Herausforderung an den Intellekt oder als Versuch der Kommunikationsaufnahme (lass uns drüber reden ...) gesehen. Hinsichtlich des Stotterns wäre es ja auch als Motivation zum Sprechen - sie diskutieren hinterher über etwas - denkbar. Irgendwas muss sie doch damit bezwecken, außer Selbstdarstellung.

Sie wusste, was es hieß, nicht dazuzugehören. Das Mitleid, den Spott und die Ungeduld zu ertragen.
Ich wollte das aus Davids Perspektive beschreiben. Er sieht sie so.
Du hast mir bis dahin keine Szene/oder Erinnerung gegeben, die er so erlebt hat (also Mitleid, Spott oder Ungeduld) - daher bin ich nicht drauf gekommen.

Also die Stelle finde ich eigentlich ganz gut gelungen. Macht das was, dass die Auflösung gleich kommt?
nein, hätte aber für eine längere Spannungskurve dienen können

Weil ihm schlecht ist. Blöde Antwort, ich weiß. Aber is so. Die ganze Situation ist ja schon ein ziemlicher Alptraum für ihn. Seine große Liebe ist eine Maschine. Mir würde da auch schlecht werden.
gute Antwort, auf eine doofe Frage! Ne, im Ernst, das kann man bestimmt auch von vielen Seiten sehen. Ich, als totaler Kopfmensch, schüttle den Kopf! Für mich hätte seine sensibel, einfühlsame Seite vorher deutlicher gezeigt werden müssen. Aber Du hast natürlich Recht, weniger abgebrühte Menschen schockiert das sicher, soweit habe ich einfach nicht gedacht, sorry.

Also außer, dass er einem Roboter seelischen Beistand leisten will eigentlich nicht, nein. :D Für mich sollte diese verzögerte Reaktion Katjas ein Zeichen dafür sein, dass sie sich zusammenreißt. Vorher versperrt sie ihm ja den Weg. Aber vielleicht kam das nicht hysterisch genug rüber.
Genau das gleiche Problem. Aus der Sicht, also sie macht sie Sorgen um das "geistige Wohlbefinden" ihres Sohnes habe ich es nicht empfunden, las mich bloß nicht auf verstörte Teenies los.

Was ich aber eigentlich noch schreiben wollte, jetzt nachdem die Maske runter ist.
Ich bin sehr beeindruckt, das Du Dich an eine völlig andere Themenstellung als sonst herangewagt hast. Schon alleine daraus, das niemand Dich enttarnt hat, zeigt sich ja, das Du wirklich ganz anders geschrieben hast. Das wird Dich garantiert wieder eine großen Schritt weiterbringen, also raus aus der Komfortecke und dann gleich Maskenball (das "nichts ändern können" würde mich wahnsinnig machen).
Ich schaue auf alle Fälle nochmal rein, bin mir sicher, das da eine runde Sache draus wird (ob ich sie auch verstehe, ist nämlich zweitrangig)
Liebe Grüße
witch

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @Raindog,
nun komme ich endlich dazu deinen tollen Kommentar zu beantworten. Du gehörst ja zu der Fraktion, die Potential in der Geschichte sieht, wenn sie nur erstmal gründlich "entrümpelt" wird. Das spornt mich natürlich ungemein an. Vor allem über den Einstieg habe ich mich sehr gefreut:

ich mag die Atmosphäre deiner Geschichte, spüre die Gewitterluft, rieche frisch gemähtes Gras und kann mich gut in den unsicheren, pubertierenden David hineinversetzen. Seine heimliche Obsession für die seltsame Frau Gärtner kaufe ich ihm sofort ab.
Ha! Na, das ist doch mal was. Vielen lieben Dank.

Aber der Anfang zieht sich in die Länge, bzw. man bekommt kein rechtes Bild, das haben auch andere gesagt. Und das liegt wohl nicht nur am Satzbau.

Seit zwei Stunden saß David auf dem Bettrand und führte mit bewegten Lippen einen lautlosen Monolog mit sich selbst … Normalerweise hatte er morgens nicht die Zeit dazu ...

Und ehrlich - zwei Stunden? Bissel übertrieben vielleicht.
Ich würde den Fakt, dass Ferien sind, beiläufiger unterbringen - so ist das volles Tell, und ist doch egal, was normalerweise anders wäre, wenn es jetzt so ist, wie es ist.
David vergisst die Zeit, zwei Stunden sind da gar nichts. In seinem Wiederholungszwang könnte auch ein ganzer Tag verstreichen. Das mit den Ferien finde ich jetzt nicht so tellig, das ist ja nur ein halber Satz, der am Ende schon wieder in die Gegenwart führt, und dann geht's szenisch weiter.

Den esoterischen Zettel finde ich cool. Ja, wäre mein Lieblingseinstieg: Dass David seine Bifi knabbert, dann in die Küche schlurft, wo das ganze Biofrühstück seiner Mutter rumsteht, und dann sinniert er so vor sich hin und irgendwann sieht er eben den Rasenmähermann.
Schön, dass der esoterische Zettel bei dir angekommen ist. Über den Einstieg haben Shey und greenwitch etwas ähnliches gesagt. Ich freunde mich allmählich mit dem Gedanken an.

Er war uralt, mindestens vierzig oder fünfzig ...

Auch hier finde ich es etwas übertrieben, dass er uralt sagt. Vierzig ist ja, wenn er ein Teenie ist,vielleicht das ungefähre Alter seiner Mutter. Da redet er doch eher von „alt“. Uralt würde vielleicht ein Fünfjähriger sagen.
Ich hab mal ein Gespräch von ein paar Jugendlichen im Bus belauscht. Die waren sicher "schon" siebzehn, achtzehn und haben ihre Lehrerin als "voll alt" bezeichnet, "bestimmt schon vierzig oder fünfzig." Voll wollte ich jetzt nicht schreiben, weil zu umgangssprachlich, aber für mich meint es dasselbe wie ur.

Stöhnend verdrehte David die Augen und wollte gerade zurück in sein Zimmer gehen ...

Stöhnend finde ich zuviel. Augenverdrehen :rolleyes: sagt doch alles.
Ach Mist, ich hab mir schon gedacht, dass da jemand drüber stolpert. Wollte den Satz mal anders beginnen als: David tut dies und David tut jenes. Alternative wäre gewesen: Augenverdrehend wollte David zurück in sein Zimmer gehen. Aber das war mir zu abgehoben. Also hat sich das stöhnend eingeschlichen. Als Hilfsmittel sozusagen. :shy:

Die Frau unter der Trauerweide - sitzt die nun bei Gärtnrs im Garten oder bei David und seiner Mutter? Wenn letzteres, fände ich komisch, dass Davids Mutter nicht zu ihr hingeht und mal mit ihr sprechen will.
Der Garten gehört allen. Es ist ein Zweifamilienhaus mit Vorgarten. Davids Mutter ist so männerfixiert, dass sie froh ist, dass Frau Gärtner sich nicht einmischt. Sie sitzt ja auch ziemlich verstreckt da und … äh … etwas weiter weg. In meiner Vorstellung. Die ich aber nicht konkret vermittelt habe. Also ja, mit diesem Grundstück muss echt was passieren ...

Und wenn Herr Gärtner ein ganz neuer Nachbar ist, der plötzlich den Rasen mäht, packt der denn da einfach seine gehbehinderte Frau auf das fremde Mähgrundstück?
:rotfl:
Oh, Raindog, mit dem Satz hast du mir echt den Tag versüßt. :lol:

aber dann hört David, wenn er auf der Straße steht (in meiner Vorstellung ziemlich weit entfernt vom Haus), wie seine Mutter in der Küche telefoniert. Passt für mich nicht. Da musst du nochmal ran. Also, jetzt keinen exakten Lageplan von Grundstück und Haus und Quadratmeterzahl und alles, aber einfach sauberer darstellen.
Also ich fand die Quadratmeterzahl jetzt aber immens wichtig. :D Der Garten ist ein Vorgarten. (Auf dem Herr Gärtner mit dem Rasenmäher herumfährt wie über einen Golfplatz … Nee, schon klar, da hakt einiges. Kein Wunder, dass hier niemand ein klares Bild kriegt …) David steht auf dem Bürgersteig vor dem Garten, und seine Mutter telefoniert oben in der Küche. Bei einem kleinen Garten kann man das sicher hören, wenn das Fenster auf ist. Bei einem Grundstück, über das man mit einem Sitzrasenmäher heizt wahrscheinlich nicht. :Pfeif:

Wie oft steht denn jemand vor dem Haus und raucht, dass Katja das so explizit geäußert hätte? Und wenn, wäre es David nicht egal?
Das mit dem Rauchen ergibt sowieso keinen Sinn, wie mir jetzt klar geworden ist. Es sei denn, es wird irgendwann nochmal aufgegriffen. Aber David ist es nicht egal. Auch wenn da nicht ständig jemand unterm Fenster raucht, weiß er, dass sie das nicht dulden würde. Er will jeglichen Ärger mit ihr vermeiden. Wie überhaupt jeden Kontakt.

Sie wusste, was es hieß, nicht dazuzugehören, das Mitleid, den Spott und die Ungeduld zu ertragen.

Das finde ich klasse!
Danke.

Aber das Feld ist gleich hinter dem Haus? Gehört das Feld Herrn Gärtner?
Ja, das Feld ist hinterm Haus. Katja sagt am Anfang, dass er es gekauft hat und Bäume pflanzen will.

„Irgendetwas stimmt nicht mit der“, sagte Katja eines Abends, als sie neben David auf den Balkon trat und zu Frau Gärtner in den Garten hinabblickte. „Sie hat eine ganz eigenartige Energie.“

Sehr schön! Ich würde es aber auch gut finden, wenn Katja irgendwann auch versucht, die Frau Gärtner kennenzulernen, dann aber immer Ausreden zu hören bekommt. Denn sonst finde ich es unglaubwürdig: Dass Katja mit dem neuen Nachbarn ziemlich vertraut ist, dessen Frau aber immer nur irgendwo herumsitzen sieht und das so hinnimmt, ohne mal Hallo sagen zu wollen.
Kennenlernen will sie sie auf keinen Fall! Sie kann nicht mit anderen Frauen. Aber irgendwie müsste Frau Gärtner präsenter sein, da hast du schon Recht. Bei meiner Recherche über "Menschen"-Roboter habe ich allerdings herausgefunden, dass die außer ein paar Bewegungen, Sätzen und lächeln nichts machen können. Und eben auf die Distanz sehr real wirken. Aber sicher würde es die Geschichte spannender machen, wenn Katjas Verdacht mehr Raum bekäme. Sie also durch mehr Herumschnüffeln ihre Meinung bestätigt haben will, dass die nix taugt. Da könnte ich auf jeden Fall mal ansetzen.

Kein Staubkorn zeigte sich auf der dunkelbraunen Auslegware, der Wohnzimmerschrank war mit Plastik überzogen. Es schmiegte sich eng um das Kirschholz. Die Bücher, Wimpel und gerahmten Bilder waren einzeln umspannt.

Jetzt wird es unheimlich, das gefällt mir auch gut. Auch der absurde Gegensatz von dieser Plastikwelt zu den gärtnerischen Aktivitäten im Freien.
Also, ist natürlich schon etwas extrem, aber wenn man es als „seltsam“-Geschichte nimmt, funktioniert es.
Wie schön, dass ich dich gruseln konnte.

„Frau Gärtner!“ Seine Lungen schmerzten, er bekam kaum Luft. „Sind Sie verletzt?“
Sie nickte, und als er sich zu ihr hinunterbeugte, sagte sie: „Hallo Geliebter. Möchtest du Tee?“

Schöne Stelle, und ich kann mir vorstellen, dass David immer noch nichts merkt.
Und schön, dass es bei dir funktioniert hat. Dank dir. David ahnt was, deshalb muss er sich dann auch übergeben, aber kotzt damit sozusagen auch seine Zweifel aus.

Wenn die Mutter einen Unfall hatte und jetzt nachhause kommt, würde ich sie in der Szene aufgebrachter darstellen. Da irritiert auch kurz, dass David in eine Decke gewickelt ist (wie ein Unfallbeteiligter), obwohl er gar nicht dabei war. Auch wenn du es anders meinst und er ja auch einen Schock hat.
Das ist ein guter Tipp, danke. Katja wird in Zukunft hysterischer sein. Das mit der Decke hat den Zweck, dass David ja völlig durchnässt war und nun in die Decke eingewickelt. Also nach dem Duschen. Aber das fand ich jetzt nicht so wichtig.

Also, insgesamt ist es ein bisschen viel, was du in die Geschichte gepackt hast, aber das lässt sich ja ändern und ich glaube, dann kann die richtig gut werden.
Das hoffe ich auch. Und danke, dass du an die Geschichte glaubst! Das bedeutet mir sehr viel aus Profimunde. :)

Ich könnte auf den Konflikt mit dem verschollenen Vater verzichten und würde nur die überzogenen Ansprüche der Mutter, denen David nicht gerecht werden kann/will, deutlicher machen. Auf das Bäumepflanzen auf einem Feld könnte ich auch verzichten. Das springt dann alles zu sehr hin und her, finde ich. Eine Möglichkeit wäre z.B., dass David Herrn Gärtner auf dessen Grundstück bei irgendwas schweißtreibendem hilft, z.B. eine Brombeerhecke ausgraben, die der dort entfernen will.
Ja, das Weglassen der Bäume wäre eine Möglichkeit, um einen weiteren losen Faden zu killen. Aber den Vater fand ich schon wichtig. Nur vielleicht nicht an der Stelle. Waren die überzogenen Ansprüche der Mutter noch nicht deutlich genug? Wenn du magst, kannst du mir ja nochmal sagen, wo ich da noch mehr rausholen könnte. Ich fand nämlich, dass sie schon genug an ihm rumzerrt. Zumindest lichtet sich das Dunkel aber ein wenig für mich. Ich weiß jedenfalls schon mal, was ich streichen könnte.

Dir noch einen schönen Restsonntag und bis bald.

Liebe Grüße von Chai


Lieber @Peeperkorn,
vielen lieben Dank für die erneute Rückmeldung.

Zwei Erklärungen, die vielleicht interessant sein können: 1. Ich hätte als Autor vermutlich früher einen Hinweis gesetzt (keine Kritik, nur eine Feststellung). 2. Das Rasenmähen weckt in mir automatisch die Vorstellung, dass die betreffende Person schon länger dort wohnt. Zunächst richtet man sich ein, zwei Wochen später mäht man den Rasen.
Ja, so würden es normale Menschen tun. Und über das plötzliche Rasenmähen haben sich auch andere gewundert. Vielleicht sollte ich tatsächlich eher einen Hinweis setzen, David sich darüber wundern lassen oder Katja erwähnt, dass Herr Gärtner gleich mit seiner Arbeit beginnen wollte. Dann kommt es nicht so selbstverständlich rüber.
Danke dir für den Tipp.

Liebe Grüße in die Schweiz

Der @Friedrichard! Wie schön! Und ja, ich habe auch eine sehr romantische Seite, was aber nicht heißt, dass ich mir einen Automaten wünsche. Aber:

der „ideale“ Mensch taucht als Automat - soweit ich weiß- in der Romantik auf - etwa bei E. T. A. Hoffmann – um im künstlichen Menschen die (fehlerbehaftete) Schöpfung nachzubessern.
Ja, Der Sandmann. Den habe ich vor Jahren mal gelesen und verschlungen, wie eigentlich alle Geschichten von Hoffmann. Habe es mir aber verkniffen, das Buch jetzt nochmal zu lesen, damit ich beim Schreiben nicht beeinflusst werde. Gedacht habe ich aber schon dran, zumal ich erst vor Kurzem Hoffmanns Biographie in die Finger bekam. (Sehr interessant übrigens.) Und wie du schon sagst:
Hier weiß der „Gärtner“ als „Schöpfer“ der „perfekten“ Frau, ist das „Ideal“ zusammengedampft für den Kleinbürger: Immer ruhig da sitzend, vor allem also nicht widersprechend, dass ich bedauernd hinzufügen muss: Leider nicht staubwischend, saugend und putzend, nicht mal kochend, einkaufend usw.
:lol: Ich bin mir sicher, dass dein Bedauern nicht von Dauer sein wird. Roboter, die im Haushalt helfen, gibt es auch schon. Die haben vielleicht nur nicht so schöne Beine. Herr Gärtner hat seine Frau aber nicht erschaffen. Er hat sie gekauft. Romantik 2020. Als Hausfrau ist sie ihm aber nicht so wichtig. Er wienert ja selbst ständig in der Wohnung herum, staubt das Plastik ab und saugt offenbar auch recht gründlich, obwohl er selbst sein Wohnzimmer ja nach wie vor als dreckig empfindet. Dass seine Frau nicht putzen konnte, weil sie sich nicht wohl fühlt, sagt er nur, damit David keinen Verdacht schöpft. ;) Er will also nur was zum Angucken und Beschützen. Ich kann mich erinnern, dass bei Hoffmanns Automat, der begehrenswerten Olympia, auch nur das im Vordergrund stand. Er sieht sie ja nur aus der Ferne, wenn ich mich recht erinnere. Also steckte auch da schon der Kleinbürger-Gedanke drin, das Anschmachten und Umwerben des Unerreichbaren. Mit Gleichberechtigung hatte das ja nicht allzu viel zu tun. Und ist Romantik nicht immer irgendwie altmodisch und damit auch kleinbürgerlich, so schön sie auch ist?

Quasi eine unvollendete Schöpfung, die ja selbst in der Genesis durch das verführte Weib als Verführerin ihr Ende fand und das Leben fortan in Schweiß baden lässt.
Verführung wäre schon viel zu aktiv. Ich denke, hier geht es eher um Kontrolle. Herr Gärtner kann sich wie ein Held fühlen.

Ich hoffe, es ist okay, wenn ich auf die einzelnen Flusen nicht näher eingehe. Nur so viel: Ich habe sie beseitigt und wieder was dazugelernt. Dank dir sehr.

Liebe Grüße in den Pott

 

Guten Morgen @Chai

Man sagt ja auch: Falten um die Augen und nicht: Falten um die Augenpartie. Zumindest habe ich das noch nie gehört.
Ja das sagt man, desswegen war ich von deinem "Lachfurchen zierte die Augen" vielleicht ein wenig verwirrt. Wie gesagt, ist mega kleinlich von mir. Aber man sagt eben Falten um die Augen und nicht Falten im Augen. Sowas wie Lachfurchen zierte die Haut um seine Augen, hätte mir schon gereicht.
Man könnte es so verstehen, dass sie sich wunderbar als Projektionsfläche eignet, weil sie eben leer ist. Keine Persönlichkeit. David kann also alles mögliche in ihr sehen. Und sie ist das Gegenteil seiner Mutter, eine Erholung für ihn.
Wenn das so, oder so ähnlich im Text gestanden hätte, hätte es mir wahrscheinlich auch nicht so irritiert. Ich verstehe, dass es zu viel gewesen wäre sie als Projektionsfläche zu bezeichnen, weil dann schon viel geheimnis genommen wird. Aber in einem Gedanken von David zu erwähnen, das sie so anders ist als anderen Frauen, als seine Mutter und ihn das fasziniert vielleicht zur Flucht in eine Welt mitnimmt, das wäre schon ein hinweis gewesen, was er so faszinierend findet.
Danke, das hilft mir sehr. So habe ich gleich ein Bild vor Augen, wo ich ansetzen könnte mit Streichen und Verdichten.
Freut mich, dass ich dir eine Hilfe bin :-D
Vielen lieben Dank für den ausführlichen Kommentar.
sehr gerne, ich glaube balde, dasss das meine erste Geschichte von dir war. Wenn auch ausversehen :-D

Ich sollte dirngend mehr lesen und mich vielleicht auch mal durchs Archiv wühlen :-D

Liebe Grüße
Shey :-D

 

Und ist Romantik nicht immer irgendwie altmodisch und damit auch kleinbürgerlich, so schön sie auch ist?

Ja, so mag es kommen,

liebe Chai,

aber die literarische Periode entsteht eigentlich in Opposition zur (vor allem Weimarer) Klassik, die versuchte, den Oberschichtendünkel und ihre Hochkultur zum Maßstab für KUltur überhaupt zu setzen. Mit den Romantikern entsteht auch so was wie ein Geschichtsbewusstsein und - wenn Du so willst - die Entdeckung "Deutschlands" als "Nation".

Tschüss und bleib gesund!

Friedel

 

Liebe @Chai,
also, ich habe dich ja auch nicht erkannt hinter der Doppelmaske, aber je mehr ich im Nachhinein darüber nachdenke, hätte ich es eigentlich auch tun können. Ich habe ja schon angenommen, dass da jemand schreibt, der das schon länger tut. Toll formuliert, sprachlich auf hohem Niveau, dichte Atmosphäre - und genau wie bei einigen deiner Indien-Geschichten ist es mir manchmal etwas schwer gefallen, dem räumlichen Hin- und Her zu folgen. Aber das liegt zum einen Teil sicher an geistiger Trägheit meinerseits, und am anderen Teil bist du ja wahrscheinlich längst dran.

Du gehörst ja zu der Fraktion, die Potential in der Geschichte sieht, wenn sie nur erstmal gründlich "entrümpelt" wird.
Absolut! :thumbsup:
Der Garten gehört allen. Es ist ein Zweifamilienhaus mit Vorgarten.
Wenn das klar wird, wäre das für solche wie mich sehr gut! ;)
Ja, das Feld ist hinterm Haus. Katja sagt am Anfang, dass er es gekauft hat und Bäume pflanzen will.
Also, haben wir verschiedene Anfänge oder übersehe ich das jetzt zum wiederholten Mal? Ich lese da nur, dass Katja sagt, er will dort Bäume pflanzen. Vom Kauf des Feldes steht da nichts. Hier:
„Er will Bäume auf dem Feld hinterm Haus pflanzen.“
Und? Kaufen? :D
Und danke, dass du an die Geschichte glaubst! Das bedeutet mir sehr viel aus Profimunde. :)
GRINS, bzw. LOL!!! :lol: Den Satz drucke ich mir farbig aus und klebe ihn quer über meinen Laptop! :herz:
Waren die überzogenen Ansprüche der Mutter noch nicht deutlich genug? Wenn du magst, kannst du mir ja nochmal sagen, wo ich da noch mehr rausholen könnte. Ich fand nämlich, dass sie schon genug an ihm rumzerrt.
Doch, alles gut! Da habe ich mich unsauber ausgedrückt, sorry. Alles ist deutlich und genug überzogen bei der Mutter, ich habe das wirklich dumm formuliert und wollte nur zum Ausdruck bringen, dass es (für mich) auch genügen würde, wenn du dich auf den Teil des Konfliktes zwischen David und seiner Mutter beschränkst, also ohne den abwesenden Vater. Aber ist natürlich Geschmackssache, und ist ja sowieso dein Vater:
Aber den Vater fand ich schon wichtig. Nur vielleicht nicht an der Stelle.
Ja, ist sicher auch eine gute Möglichkeit, das woanders zu erwähnen.
Ich freue mich schon auf die überarbeitete Version!
Liebe Grüße von Raindog

 

Guten Morgen nach Indien, liebe Chai (oder wo steckst Du gerade?)
Guten Abend nach Norddeutschland, liebe @greenwitch, ich bin näher, als du denkst. :baddevil: Sogar sehr nahe. Momentan vor den Toren von Lübeck. Falls es also wieder mal einen nicht-virtuellen Stammtisch in Hamburg geben sollte, bin ich sofort dabei. :)

Ich nur noch mal kurz, musst Du auch nicht beantworten
Na, wo kämen wir denn da hin, wenn sich hier jemand die Mühe macht, einen weiteren Kommentar zu schreiben, und ich würde einfach nicht antworten.

Ich wollte ihn als jemanden darstellen, der zwanghaft und gleichzeitig einsam ist. Weil er im täglichen Leben nicht richtig sprechen kann, ist ihm die Präzision der Worte wichtig, das war dir ja auch klar.
Mit ist zu der Zeit noch nicht klar gewesen, das er ein Stotterer ist! Das finde ich nicht wirklich schlimm, aber ich kann sein Verhalten daher nicht einordnen und finde ihn halt "seltsam" - bin aber auch neugierig, warum.
Da sprichst du ein Problem an, das einige mit dem Anfang hatten. Ist ja schon mal gut, dass es dich neugierig gemacht hat, aber ich denke, wenn der Leser zu lange orientierungslos umherdriftet, ist der Einstieg nicht wirklich gelungen. Mir wurde schon ein paarmal vorgeschlagen mit der Bifi einzusteigen, bzw. wenn David in die Küche kommt. Da ist das Bild dann sehr viel klarer.

Aber wieso meinst du, dass da später nichts mehr kam? Sie kommt dann ja noch mit Wünschelruten und Energien. Oder meinst du, sie sollte das Gespräch nochmal speziell auf die Meditation lenken?
Das geht wohl auf die Kappe meiner Unwissenheit. Ich hab meditieren und Wünschelruten nicht zu einer "Personenbeschreibung" zusammengefügt - Du meinst also so etwas esoterisch angehaucht im Klischeesinne? Schade? Ich hatte die Meditation eher als Herausforderung an den Intellekt oder als Versuch der Kommunikationsaufnahme (lass uns drüber reden ...) gesehen. Hinsichtlich des Stotterns wäre es ja auch als Motivation zum Sprechen - sie diskutieren hinterher über etwas - denkbar. Irgendwas muss sie doch damit bezwecken, außer Selbstdarstellung.
Nein, eine Kommunikationsaufnahme im Sinne eines Gesprächs sollte es nicht sein. Diese Sinnsprüche (jeden Tag ein anderer, deshalb hieß es: ein neuer Zettel von seiner Mutter) sollen David nicht zum Nachdenken im klassischen Sinne anregen. Er soll sie als Anregung mantraartig den ganzen Tag in seinem Kopf wiederholen, bis sie ihm so in Fleisch&Blut übergegangen sind, dass er daran glaubt. Das kommt natürlich sehr klischeemäßig rüber, da gebe ich dir Recht. Zumal ich den Inhalt des Zettels als augenzwinkernde Plattitüde verwendet habe. Katja will sich damit aber nicht selbst darstellen, sie denkt, dass sie ihrem Sohn - und auch sich selbst - dadurch hilft, die eigenen Probleme nicht mehr allzu wichtig zu nehmen und sich mehr auf das große Ganze zu konzentrieren. Aus theoretischer Sicht vielleicht gar nicht so verkehrt, aber auf persönlicher Ebene eine ziemliche Überforderung, vor allem für einen Dreizehnjährigen.

Sie wusste, was es hieß, nicht dazuzugehören, das Mitleid, den Spott und die Ungeduld zu ertragen.
Ich wollte das aus Davids Perspektive beschreiben. Er sieht sie so.
Du hast mir bis dahin keine Szene/oder Erinnerung gegeben, die er so erlebt hat (also Mitleid, Spott oder Ungeduld) - daher bin ich nicht drauf gekommen.
Ja, das müsste ich vielleicht noch deutlicher machen. Habe gedacht, dass durch das übergriffige Verhalten der Mutter klar wird, dass er sich übergangen fühlt. Er kann sich ja nicht mal mit Worten wehren. Auch, dass er sie oben am Fenster vermutet, als er mit Herrn Gärtner spricht, sollte zeigen, wie präsent sie ständig in seinem Kopf ist. Als er dann versucht mit Herrn Gärtner zu reden und ins Stottern gerät, heißt es: Warum musste er ihn auch so quälen? Er fühlt sich also permanent unter Druck gesetzt und/oder übergangen. Aber dein Einwand kommt auf alle Fälle auf meine Verdeutlichungsliste.

Die ganze Situation ist ja schon ein ziemlicher Alptraum für ihn. Seine große Liebe ist eine Maschine. Mir würde da auch schlecht werden.
Ich, als totaler Kopfmensch, schüttle den Kopf! Für mich hätte seine sensibel, einfühlsame Seite vorher deutlicher gezeigt werden müssen. Aber Du hast natürlich Recht, weniger abgebrühte Menschen schockiert das sicher, soweit habe ich einfach nicht gedacht, sorry.
Du würdest also nur den Kopf schütteln, wenn sich die Person, in die du verliebt bist, als Maschine entpuppt? Aber mir ist natürlich klar, was du meinst. :D David kommt ja selbst ein wenig maschinell rüber, seine absurde Besessenheit wirkt ja auch eher ferngesteuert. Muss mal schauen, wo ich seine empfindsame Seite noch unterbringe.

Für mich sollte diese verzögerte Reaktion Katjas ein Zeichen dafür sein, dass sie sich zusammenreißt. Vorher versperrt sie ihm ja den Weg. Aber vielleicht kam das nicht hysterisch genug rüber.
Genau das gleiche Problem. Aus der Sicht, also sie macht sie Sorgen um das "geistige Wohlbefinden" ihres Sohnes habe ich es nicht empfunden, las mich bloß nicht auf verstörte Teenies los.
:lol: Aber solange du nur den Kopf schüttelst, haben die doch nichts zu befürchten. Katja jedenfalls macht sich nur bedingt Sorgen um das geistige Wohlbefinden ihres Sohnes. In erster Linie will sie nicht, dass er geht und versucht sich durch diese Geste unter Kontrolle zu bringen. Aber wenn ich so viel erklären muss, haut da wohl irgendwas nicht hin. Raindog meinte, ich solle sie im Vorfeld hysterischer reagieren lassen. Vielleicht wird es dann klarer …? Weil ihr alle ähnliche Kritik habt, wird mir zumindest immer klarer, wo es hakt. Danke dir sehr!

Ich bin sehr beeindruckt, das Du Dich an eine völlig andere Themenstellung als sonst herangewagt hast. Schon alleine daraus, das niemand Dich enttarnt hat, zeigt sich ja, das Du wirklich ganz anders geschrieben hast.
Danke, liebe witch und ja, für mich ist es eine ganz neue Herausforderung hier die richtigen Stellschrauben zu drehen.

und dann gleich Maskenball (das "nichts ändern können" würde mich wahnsinnig machen).
Ich schaue auf alle Fälle nochmal rein, bin mir sicher, das da eine runde Sache draus wird (ob ich sie auch verstehe, ist nämlich zweitrangig)
Vielen lieben Dank für deine Zuversicht, und dass du dranbleiben willst. Ich werde dich also weiterhin mit Fragen bombardieren! Nee, keine Angst, so schlimm wird's schon nicht werden. Das "nichts ändern können" hat mich eigentlich gar nicht so wahnsinnig gemacht unter der Maske. Ich brauche eh immer eine Weile, bis ich eine halbwegs klare Vorstellung habe, wie ich überarbeite. Für mich war es in erster Linie spannend zu sehen, bei wem der Text grundsätzlich ankommt und bei wem nicht, ohne beeinflusst zu sein, weil man weiß, dass ich das bin. Und ich finde es nicht zweitrangig, ob du es verstehst. Da du im Allgemeinen die gleiche Kritik wie die anderen geäußert hast, scheint es ja ein einheitliches Unverständnis zu geben. Und es ist ja kein schwieriger Text, bei dem man sich erstmal durch zehntausend Ebenen schaufeln muss.
In diesem Sinne erstmal eine schöne Restwoche und liebe Grüße vom Norden in den Norden von Chai.


Liebe @Shey,
auch dir vielen lieben Dank für die erneute Rückmeldung. Ich hoffe, ich kann Missverständnisse aus dem Weg räumen. Obwohl:

Man sagt ja auch: Falten um die Augen und nicht: Falten um die Augenpartie. Zumindest habe ich das noch nie gehört.
Aber man sagt eben Falten um die Augen und nicht Falten im Augen. Sowas wie Lachfurchen zierte die Haut um seine Augen, hätte mir schon gereicht.
Ich glaub, wir verrennen uns hier. Für mich ist zierten seine Augen und um die Augen dasselbe. Von im Auge ist bei beidem nicht die Rede. Aber vielleicht stolpert ja noch ein weiterer Wortkrieger über unseren kleinen Disput hier, der schlauer ist, als wir beide zusammen. ;)

Man könnte es so verstehen, dass sie sich wunderbar als Projektionsfläche eignet, weil sie eben leer ist. Keine Persönlichkeit. David kann also alles mögliche in ihr sehen. Und sie ist das Gegenteil seiner Mutter, eine Erholung für ihn.
Wenn das so, oder so ähnlich im Text gestanden hätte, hätte es mir wahrscheinlich auch nicht so irritiert. Ich verstehe, dass es zu viel gewesen wäre sie als Projektionsfläche zu bezeichnen, weil dann schon viel geheimnis genommen wird. Aber in einem Gedanken von David zu erwähnen, das sie so anders ist als anderen Frauen, als seine Mutter und ihn das fasziniert vielleicht zur Flucht in eine Welt mitnimmt, das wäre schon ein hinweis gewesen, was er so faszinierend findet.
Ich denke, das wäre zu erklärend. Der Text ist zwar lückenhaft im Sinne von angerissenen Themen, die dann nicht weiter vertieft werden, aber dass David ein Problem mit seiner anstrengenden Mutter hat und sich deshalb in Phantasien über die nichtssagende - im doppelten Sinne - Frau Gärtner flüchtet, ist den meisten klar gewesen. Sie könnte mMn nur noch präsenter werden, indem David und Katja öfter versuchen mit ihr Kontakt aufzunehmen - jeder auf seine Weise - und das dann immer wieder misslingt, evtl. auch, was David alles in sie hineininterpretiert. Das ginge dann aber eher darum, was David noch alles in ihr sieht und nicht warum er überhaupt etwas in ihr sieht. So sehe ich das. ;)
Trotz unterschiedlicher Meinung hat mich deine Kritik aber wieder auf neue Ideen gebracht. Also immer her damit. :)

Liebe Grüße von Chai

und nun zu dir, lieber @Friedrichard und zurück zur Romantik.

aber die literarische Periode entsteht eigentlich in Opposition zur (vor allem Weimarer) Klassik, die versuchte, den Oberschichtendünkel und ihre Hochkultur zum Maßstab für KUltur überhaupt zu setzen. Mit den Romantikern entsteht auch so was wie ein Geschichtsbewusstsein und - wenn Du so willst - die Entdeckung "Deutschlands" als "Nation".
Ja, so habe ich das auch verstanden. Das Abwenden vom Großbürgertum und dem damit verbundenen rein rationalen Denken. Aber die sogenannte Volksnähe und der Hang zum Irrationalen hat für mich auch etwas sehr Bürgerliches. Dazu kommt der Nationalgedanke. Sicherlich wurde das aus der damaligen Zeit heraus ganz anders empfunden, aber rückblickend wirkt es an der einen oder anderen Stelle fast ein wenig wie der heutige Hang zu Verschwörungstheorien und den damit verbundenen (möglichen) Konsequenzen. Aber vielleicht bin ich in meinen Vergleichen auch zu sehr vom aktuellen Geschehen beeinflusst. :shy:

Bleib auch du gesund, lieber Friedel. Ich für meinen Teil tue mein Bestes. Vor allem geistig.

Liebe Grüße von Chai

 

Guten Morgen Chai,

Ich glaub, wir verrennen uns hier. Für mich ist zierten seine Augen und um die Augen dasselbe. Von im Auge ist bei beidem nicht die Rede. Aber vielleicht stolpert ja noch ein weiterer Wortkrieger über unseren kleinen Disput hier, der schlauer ist, als wir beide zusammen.
Wollte auch gar nicht nervig rüberkommen, ich weiß das hast du nicht gesagt, aber ich wollte es mal sagen :-D man kann es ja auch nicht jedem recht macht und wenn die mehrheit, und natürlich du als Autor, dass so haben wollen, dann werde ich mich damit arrangieren :-D
aber dass David ein Problem mit seiner anstrengenden Mutter hat und sich deshalb in Phantasien über die nichtssagende - im doppelten Sinne - Frau Gärtner flüchtet, ist den meisten klar gewesen.
Ja, da kommt dann mein Problem wieder durch. Ich tue mich bei manchen geschichten verschwer, den versteckten Hintergrund zu erkennen und herauszulesen, wesswegen dann solche Missverständnisse zustande kommen. Wie ich schon öfter erwähnt habe, mag ich Geschichten bei dennen ich nicht große nachdenken muss. wo ich mich treiben lassen kann, den Kopf ausschalten und mich mitnehmen lassen kann. Zum Teil klappt das bei deiner Geschichte auch sehr gut, und vielleicht passiert dann das, was hier zum tragen kommt. Ich lese überversteckte Hinweise hinweg oder vergesse das interpretieren.
Trotz unterschiedlicher Meinung hat mich deine Kritik aber wieder auf neue Ideen gebracht. Also immer her damit.
das freut mich und das ist ja eigentlich die Hauptsachen, sich über Texte Auszutauschen, Ideen zu bekommen und sich und die Geschichte noch ein bisschen besser machen:-)

Liebe Grüße
Shey :-D

 

Wie schön, dass du dich nochmal gemeldet hast, liebe @Raindog, das hat mir sehr geholfen.

also, ich habe dich ja auch nicht erkannt hinter der Doppelmaske, aber je mehr ich im Nachhinein darüber nachdenke, hätte ich es eigentlich auch tun können.
Jaja, hinterher sagt sich das immer leicht. ;)

Toll formuliert, sprachlich auf hohem Niveau, dichte Atmosphäre - und genau wie bei einigen deiner Indien-Geschichten ist es mir manchmal etwas schwer gefallen, dem räumlichen Hin- und Her zu folgen.
Also für das Lob erstmal vielen lieben Dank, das hab ich jetzt gebraucht. :) Gut, das Hin und Her als Markenzeichen ist jetzt nicht so das, was man sich wünscht, aber da lässt sich ja dran arbeiten.

Ja, das Feld ist hinterm Haus. Katja sagt am Anfang, dass er es gekauft hat und Bäume pflanzen will.
Also, haben wir verschiedene Anfänge oder übersehe ich das jetzt zum wiederholten Mal? Ich lese da nur, dass Katja sagt, er will dort Bäume pflanzen. Vom Kauf des Feldes steht da nichts.
Oh Mann, wie peinlich, da steht tatsächlich nichts. Die Version, in der sie das sagt, existiert nicht mehr. Tut mir leid, war meine Schuld. Sowas Blödes! Liegt wahrscheinlich daran, dass ich den Text schon fast auswendig konnte, und wenn ich dann Sachen rausnehme, fällt mir gar nicht auf, dass einiges, was dann folgt, für den Erstleser gar keinen Sinn mehr macht. Ja nee, das wird natürlich geändert/verdeutlicht.

Waren die überzogenen Ansprüche der Mutter noch nicht deutlich genug? Wenn du magst, kannst du mir ja nochmal sagen, wo ich da noch mehr rausholen könnte. Ich fand nämlich, dass sie schon genug an ihm rumzerrt.
Alles ist deutlich und genug überzogen bei der Mutter, ich habe das wirklich dumm formuliert und wollte nur zum Ausdruck bringen, dass es (für mich) auch genügen würde, wenn du dich auf den Teil des Konfliktes zwischen David und seiner Mutter beschränkst, also ohne den abwesenden Vater.
Ok, jetzt weiß ich, was du meinst. Dank dir sehr und liebe Grüße!

Hey @Shey,
oh, das reimt sich sogar. Eine Zeit lang wurde ich hier immer mit Hi Chai angesprochen. Macht aber leider keiner mehr. Aber wie auch immer, ich freue mich sehr, dass du nochmal geschrieben hast.

Ich tue mich bei manchen geschichten verschwer, den versteckten Hintergrund zu erkennen und herauszulesen, wesswegen dann solche Missverständnisse zustande kommen. Wie ich schon öfter erwähnt habe, mag ich Geschichten bei dennen ich nicht große nachdenken muss. wo ich mich treiben lassen kann, den Kopf ausschalten und mich mitnehmen lassen kann. Zum Teil klappt das bei deiner Geschichte auch sehr gut, und vielleicht passiert dann das, was hier zum tragen kommt. Ich lese überversteckte Hinweise hinweg oder vergesse das interpretieren.
So versteckt war das gar nicht. Eigentlich war es ziemlich offensichtlich. Ich glaube, am meisten musste man darüber nachdenken, wo bei der Geschichte eigentlich der rote Faden ist. :D Macht also nichts, liebe @Shey, und ich hoffe, dass die eine oder andere Sache verständlicher wird, wenn das Ganze mehr Struktur bekommt.

Einen schönen Abend wünscht Chai

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @Chai ,

als ich die Geschichte gerade nochmal gelesen habe, war ich mir sicher, dass ich die auch kommentiert habe. Ist nicht so. Aber dann eben jetzt. Die Geschichte habe ich gerne gelesen – auch ein zweites Mal. Das Ende ist mir immer noch nicht ganz klar, aber ich mag die Charakterisierung, die schönen Details und überhaupt diese ruhige, aber sehr stilsichere Sprache. Freue mich darüber hinaus, mal eine nicht-indien-bezogene Story von dir zu lesen. Einfach der Abwechslung wegen. Das Sujet sagt mir sehr zu. Was soll ich noch schreiben? Ich kann mir das auch viel viel länger Vorstellen. Dreifache, vierfache Länge (Jimmys Credo :lol: ). Warum nicht? Ich hätte gerne erfahren, wie es weitergeht. Wer ist die mysteriöse, nicht echte Frau von Herrn Gärtner und was genau ist da eigentlich passiert? Magst du mir nicht den Gefallen tun und mir einen zweiten Teil schenken? :D Das Setting finde ich übersichtlich, Garten, Haus, Nachbar. Die Figurenkonstellation schön reduziert. Könnte, wie gesagt, weitergehen.

Seit zwei Stunden saß David auf dem Bettrand und führte mit bewegten Lippen einen lautlosen Monolog mit sich selbst. Es war kein besonderer Monolog, bloß Alltäglichkeiten. Wem er die erzählte, wusste er nicht, und als ihm nichts mehr einfiel, fing er von vorne an, wälzte manche Worte so lange herum, bis sie perfekt passten.

Spannender und sprachlich raffinierter Einstieg. Du holst das nicht wirklich nochmal ein (sprichst diese Art Zwang, Selbstbeschäftigung whatever, soweit ich das lese, nicht nochmal direkt an). These: Wenn du das weitererzählst, wirst du da automatisch wieder hinkommen. Ich finde das einen schönen Haken, den du da ausgeworfen hast. Du musst ihn nur später nochmal einholen, oder hab ich was überlesen?

Er zog eine Bifi unter dem Bett hervor,

würziges Detail. Kannst du nicht noch kurz beschreiben, dass er da ne ganze Kiste liegen hat, die Katja ihm zugesteht?

Guten Morgen lieber David,
meditiere über folgenden Satz:
Realität ist nur eine Illusion, Zeit ist nur eine Illusion, alles was wir haben, ist das Hier und Jetzt.
Ich umarme dich von ganzem Herzen.
Katja.
David zeigte dem Zettel den Mittelfinger

David ist mir spätestens hier sympathisch oder zumindest habe ich das Gefühl, ihn zu kennen und zu verstehen. Gefällt mir. Es werden allgemein viel zu wenig Stinkefinger ausgeteilt (meine Meinung).

Er war uralt, mindestens vierzig oder fünfzig,

nee, dass ist für mich nicht David. Aber es ist auch nur so ein spontaner Eindruck und vielleicht würde das jemand, der jetzt nicht kritisch drüberliest, gar nicht beanstanden. Er ist für mich zu alt, um das zu sagen und zu ehrlich, um so etwas ironisch zu sagen.

Oh M-Mann, Ka-Ka-Katja.

Hast du toll gemacht, fand ich. Ich hör es und sehe es auch.

„Findest du mich zu dick?“, fragte sie und betrachtete sich von allen Seiten.
„Nein.“
„Ich seh doch immer noch gut aus, oder?“
„Ja.“

toller Dialog. Ein paar Wörter und ich hab ein ziemlich klares Bild von Katja und David

„Ich bin Herr Gärtner“, sagte der Mann. „Das ist mein Name und mein Job.“ Er lachte dröhnend

:lol: ich finde das tatsächlich lustig.

wenn der R-Rauch nach oben zzz ... zzz ...

sehr schön

seine Bifi unter dem Bett

gefällt mir auch beim zweiten Mal.

Jetzt läge er auf der Intensivstation des Kreiskrankenhauses. Sie wurde weiß unter ihrer Sonnenbräune, schüttelte den Kopf und murmelte: „Ich weiß überhaupt nicht, was er an der findet, die sagt doch nie was.“

Oh mann, echt taktlos die Tante.

„David. Diese Frau ist nicht echt.“ Sie trat einen Schritt zur Seite, atmete tief durch und strich sich mit einer betont langsamen Bewegung das Haar aus dem Gesicht.

Das ist der Satz, der für die Verwirrung sorgt, denke ich. Er macht die Story zu einem Rätsel. Jetzt muss man nochmal zurückgehen und fragen, ist die Frau von Gärtner wirklich nur eine Illusion, so wie die Zeit in Katjas Kalenderspruch? Das wäre ein ziemlicher Mindfuck-Twist. Aber sie haben sie doch alle gesehen und selbst Katja fragt sich, was er an ihr findet. Falls das aber nur meint, dass diese Frau zu perfekt ist, um echt zu sein und David sich hiermit einfach von Katja emanzipiert – was ich mal annehme – dann ist das was ganz anderes. Ich denke, da hätte dann nochmal ein besonders großer Stinkefinger gezeigt werden können ... So ein Ende mit Explosion und klirrendem Glas. So würde ich eben einfach gerne weiterlesen. Da ist eine Art von Offenheit, die mich in Neugier zurücklässt.

Liebe Chai, hier höre ich mal auf. Hat mir, wie gesagt, gefallen.
LG

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi @Chai,

ich bin nicht auf Anhieb warm geworden mit deiner Geschichte. Bis zu einem gewissen Punkt wirkte sie zu ... ich weiß nicht. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie sehr tief gehen würde. Die sporty Mutti, die den Sohn fragt, ob sie nicht zu dick sei, der schuftende Nachbar, der sich den Schweiß von der Stirn wischt, irgendwie fühlte sich das sehr Hollywood an. Keine Ahnung. Alles glänzt, und das, was nicht glänzt, wird schnell weggewischt. Keine fest eingebrannten Flecken. Aber das war wie gesagt nur der anfängliche Eindruck und ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, und hier lässt sich so ein Brandfleck zumindest erahnen:

Sie wusste, was es hieß, nicht dazu zu gehören, das Mitleid, den Spott und die Ungeduld zu ertragen. Und trotzdem schien das alles an ihr abzuprallen.

Und ja, langsam nimmt die Geschichte Fahrt auf. David scheint eine Obsession für Frau Gärtner zu entwickeln.

Hier hat es mich kurz rausgehauen:

Plötzlich fand er sich an der Haustür wieder, schloss sie leise und schlich die Treppe hinunter. Auf den Stufen lag Teppich, über jede knarzende stieg er hinweg. Den Schmerz im Fuß spürte er nicht. Eine Zeitlang blieb er vor dem Buntglasfenster stehen, nahm ein paar von Katjas Yogabroschüren von der Fensterbank und blätterte mit fahrigen Händen darin. Sein Magen zog sich zusammen und auseinander.
Er zögerte einen Moment, bevor er klingelte. Kurz sah es so aus, als wäre niemand zu Hause, aber dann öffnete Herr Gärtner die Tür. Er sah erstaunt aus. David murmelte eine Entschuldigung, weil er tagsüber nicht geholfen hatte. Herr Gärtner winkte ab.

Hm ... Er schließt die Haustür - und schleicht dann die Treppe herunter? Die beteppichte Treppe, also eher nicht die ... Außentreppe, sondern die ... Im-Haus-Treppe? Aber er ist ja zur Tür hinaus ... Du siehst, ich verstehe nichts. Liegt der Fehler bei mir?

Und irgendwie entwickelt die Geschichte jetzt einen ganz eigenartigen Sog, mir klopft fast das Herz ... also das tut es ja eh, im besten Fall, aber jetzt, als David im Gärtnerhaus unterwegs ist, tut es das stärker als sonst. Wie muss er sich da wohl fühlen?

Und jetzt brauche ich wahrscheinlich eine Botoxbehandlung, oder Hyalurondingsbums oder was auch immer, so sehr hab ich meine Stirn in Falten gelegt, als das Donnerwetter sich anbahnt - sind das Gewitterfliegen oder Leichenfliegen, ist die Frau Gärtner tot oder eine ... elektronische Sexpuppe, der man nur diese beiden Sätze einprogrammiert hat? Was ist hier los? Der aufmerksame Leser weiß es wahrscheinlich schon lange, ich kapiere nichts und finde das toll, dieses krause-Stirn-Gefühl.

...

Aber jetzt bin ich schon am Ende und die Autorin hat mich nicht aufgeklärt. Die Frau Gärtner ist nicht echt? Ach ja, jetzt sehe ich auch den Seltsam-Tag. Trotzdem - was zum Fick?

...

Okay, gut. Ich akzeptiere das mal. Tolle Brainfuckgeschichte! Fast unheimlich. Und puh, ich bin echt erleichtert. Für einen Moment dachte ich, ich bin kein Chai-Fan mehr, aber dem ist ganz gewiss nicht so. Wäre wirklich interessant gewesen, die Geschichte von der Maske zu lesen, nicht von dir, ich denke, ich wäre wieder ausgestiegen, hätte gedacht, ja, da kann jemand schreiben, aber meins ist das nicht. Da hätte ich was verpasst.

Kleinigkeiten:

Normalerweise hatte er morgens nicht die Zeit dazu, aber es waren Sommerferien, und er wäre wohl noch länger sitzen geblieben, wenn er den Rasenmäher nicht gehört hätte.
Langsam tauchte er aus seinen Gedanken auf

Da dachte ich zuerst, der Rasenmäher taucht aus Davids Gedanken auf.

An der Kühlschranktür hing ein neuer Zettel von seiner Mutter.

Schätzungsweise kommunizieren die beiden öfter über Zettel, aber für mich, den Leser, ist das der erste Zettel, deshalb bräuchte ich den Zusatz "neuer" nicht unbedingt.

Er war uralt, mindestens vierzig oder fünfzig, schätzte David,

Ah, nee, das erscheint mir nicht echt, das wirkt zu sehr so, als wollte jemand deutlich machen, dass David ein "Jugendlicher" ist. Vierzig oder fünfzig ist nicht uralt, auch für einen jungen Kerl wie David nicht, würde ich mal behaupten.

Er schloss sogar kurz die Augen, aber als er sie öffnete, saß sie unverändert da

Ginge auch ohne "sogar", finde ich

„David!“ Katja blickte um die Ecke und ließ ihr ich-bin-schon-seit-Stunden-wach-und-hab-ganz-viel-geschafft-Lächeln aufblitzen. Die Jutetaschen stellte sie auf dem Küchentisch ab.
„Hast du die neuen Nachbarn gesehen?“ Mit hüpfendem Pferdeschwanz kam sie zum Fenster und ließ das Rollo hochschnellen. Vom Sonnenlicht geblendet, wandte David sich den Einkäufen zu und räumte Möhrensaft, Tofu, Sprossen und rote Beete in den Kühlschrank. Katja schirmte die Augen mit der Hand ab und reckte den Hals so weit, als wollte sie den Kopf durch die Scheibe stecken.

Tolle Bilder. Hat wohl auch ein wenig zum Hollywood-Feeling beigetragen, würde ich aber trotzdem nicht missen wollen.

Vielen Dank noch mal, echt spannende, "andere" Geschichte!

Bas

 

Liebe Chai,
ich wäre niemals auf dich gekommen, klar, auch wegen Indien, aber hier hast du was Neues ausprobiert, auch in Bezug auf die Erzählweise und den Protagonisten. Hattest du überhaupt schon mal eine männliche Hauptfigur? Ich glaube, nicht.
Die künstliche Frau und der Mann, der eine künstliche einer echten Frau vorzieht. Dazu Mutter und Sohn, die miteinander kaum weniger merkwürdig sind. Ich finde die Geschichte jetzt schon sehr rund. Sie spielt in der jetzigen Zeit oder der nahen Zukunft, was Katja und David betrifft. Diese Frau auf der Liege hat was von den Fünfzigern, irgendwie hat die Szene auch was Amerikanisches.

„Hallo Geliebter. Möchtest du Tee?“
Oder Englisches. Auch, dass der Junge so in diesen Beschützerwahn gerät.


Normalerweise hatte er morgens nicht die Zeit dazu, aber es waren Sommerferien, und er wäre wohl noch länger sitzen geblieben, wenn er den Rasenmäher nicht gehört hätte.
Ich würde das "nicht" vor "den Rasenmäher" setzen, aber das ist nur ein Gefühl.

Es war kein besonderer Monolog, bloß Alltäglichkeiten.
Hm, statt "Alltäglichkeiten" irgendwas Konkretes? Ich finde, hier vergibst du eine Chance.

Das Zimmer kam ihm unwirklich vor, als hätte er zu lange vorm Computerbildschirm gesessen.
Schön.

Er war uralt, mindestens vierzig oder fünfzig, schätzte David, und sah aus wie einer, der sich am Wochenende mit zwanzig Kilometer-Läufen entspannte.
Da meine ich ein bisschen die Autorin heraus zu hören, das ist sehr betont. "alt" würde mir reichen.

Katja redete ein wenig über Politik, dann übers Wetter und Bienensterben.
Katja ist ein bisschen clichéhaft, aber es macht Spaß, das zu lesen. Und du brichst es dann auch dadurch, dass da ihr Schmerz durchschimmert, ihre Bedürftigkeit, die den Sohn natürlich stresst.

Vom Sonnenlicht geblendet, wandte David sich den Einkäufen zu und räumte Möhrensaft, Tofu, Sprossen und rote Beete in den Kühlschrank.
Brav, der Junge.

„Oh M-Mann, Ka-Ka-Katja.“
Nicht nur brav, auch gehemmt. Tolles Detail, sein Stottern. Auch sehr passend, dass er seine Mutter "Katja" nennt. Sie will das sicherlich so, sie will Frau sein, vielleicht Mädchen sein, aber nicht Mama.

Jedenfalls mit einer dieser Frauen, die ihre Haare zweimal täglich wuschen, um die vielen Energien loszuwerden, denen sie den ganzen Tag ausgesetzt waren.
:D

Aus den Augenwinkeln sah er, dass sich im Garten etwas bewegte. Als er aufblickte, sah er die Frau in einem Rollstuhl auf die Terrasse herausfahren. Ihre Beine waren erstaunlich wohl geformt, zum Hut trug sie eine große Sonnenbrille.
Da wird man gut aufs Glatteis geführt, weil sie so eigenständig zu handeln scheint. Entweder sie ist programmiert oder ihr Mann hat eine Fernbedienung in der Tasche.


Sie wusste, was es hieß, nicht dazu zu gehören, das Mitleid, den Spott und die Ungeduld zu ertragen.
Ja, und hier zeigt sich, je leerer das Blatt, desto größer die Projektionsfläche.

Sie sollten gradlinig wie in einer Allee wachsen.
ein Kontrollfreak.

Das Adrenalin pumpte durch seinen Körper, jeder Spatenhieb war ein neuer Satz, der es Wert war, sich in seinem Kopf zu entfalten.
"wert"? Ich glaube, diesen Satz verstehe ich nicht so ganz.

Alle fünfzehn Minuten klingelte der Wecker auf Herrn Gärtners Handy.
„Wasser“, sagte er dann und reichte ihm eine Feldflasche.
wieder Kontrolle, da hast du Herrn Gärtner und die Mutter jeweils sehr stringend charakterisiert.

Aber ihre Besuche hörten auf, als Herr Gärtner die Krähen mit einem Katapult beschoss.
Und da passt es definitiv nicht zusammen. Ich finde, du hast in diesem Text viele eindrückliche Bilder.

„Irgendetwas stimmt nicht mit der“, sagte Katja eines Abends, als sie neben David auf den Balkon trat und zu Frau Gärtner in den Garten hinabblickte. „Sie hat eine ganz eigenartige Energie.“
Hier hat Katja mal recht und das finde ich gut. Zwar esoterisch formuliert, aber im Grunde richtig wahrgenommen.

Die übergroßen Augen konnten den Schmerz nicht verbergen, der hinter ihrer ewigen Fröhlichkeit lauerte. Trotzdem tat sie ihm nicht leid. Seine Miene blieb so unbewegt, als würde er einen Stein betrachten.
Hier bin ich mit der Perspektive ein bisschen unsicher. Der erste Satz ist nicht unbedingt die Wortwahl eines Jungen. Aber der Text ist schon aus seiner Sicht geschrieben. Der letzte Satz scheint auch wieder eher von außen zu sein.


David nickte und musste an Katja denken, die bei dem Anblick von Plastik schreiend aus der Wohnung gelaufen wäre.
Er hätte Frau Gärtner mehr Geschmack zugetraut.
Durch den Blick in diese Wohnung rückt er ein bisschen näher an seine Mutter, deren Werte und Geschmack er ja letztlich doch aufgenommen hat.

„Ich muss jetzt g-gehen“, sagte David, als er zurück ins Wohnzimmer kam. „Sonst merkt Ka-Ka-Katja ... “
Warum darf sie das nicht merken? Da ist viel Angst vor ihr, auch mit dem Bifi und ich frage mich, was er genau befürchtet? Tagelangen Liebesentzug? Ausraster?


David spürte etwas unter seinem zerschundenen Fuß zerbrechen. Frau Gärtners Sonnenbrille.
Warum ist der Fuß zerschunden?

David starrte sie mit aufgerissenen Augen an, taumelte rückwärts und übergab sich in die Haselnusssträucher. Das Erbrochene flog Frau Gärtner ins Gesicht, bevor es vom Regen fortgespült wurde.
Sehr drastisch, ganz starkes Bild, gefällt mir sehr gut.

„Die ganze Zeit hat er davon geredet, dass er seine Frau retten muss. Er war richtig manisch.“
Vielleicht eher "panisch"?

Einen Moment lang sah David sie nur an. Wieder dieser verletzte Blick, der Wunsch, irgendeine Verbindung zu ihm herzustellen. Alles in ihm sträubte sich, ihre Hand zu ergreifen.
Hier reflektiert er wieder sehr viel. Ich könnte es mir auch ohne den mittleren Satz vorstellen.

David ließ sie los und blickte zu Boden. „Ich m-muss ihr helfen“, sagte er. „Sie ist doch ganz al-lein da unten.“
Hier dreht er also ein bisschen ab, so als würde er in die Fußstapfen von Herrn Gärtner treten, der ihm gegenüber so väterlich war. Du deutest vorher immer wieder an, warum die Mutter für ihn so eine Last ist. Dass seine erste große Liebe nun diese Plastikfrau ist, ist schon tragisch.

Liebe Chai, ich habe das gerne gelesen. Ich hoffe, es geht dir gut, obwohl für dich dieses Jahr sicherlich auch manches anders ist.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hey @Carlo Zwei,
habe mich sehr gefreut, dass du vorbeigeschaut hast. Vor allem, dass dich die Geschichte neugierig auf mehr gemacht hat, war ein schönes Kompliment für mich. Teilweise lag es zwar auch daran, dass sie zu viele Lücken hat, was jetzt für mich weniger schön ist, aber ich arbeite gerade daran, die zu füllen.

als ich die Geschichte gerade nochmal gelesen habe, war ich mir sicher, dass ich die auch kommentiert habe. Ist nicht so. Aber dann eben jetzt.
Wie sagt Herr Gärtner so schön: "Soll ja nicht in Zwang ausarten." ;)

Das Ende ist mir immer noch nicht ganz klar, aber ich mag die Charakterisierung, die schönen Details und überhaupt diese ruhige, aber sehr stilsichere Sprache. Freue mich darüber hinaus, mal eine nicht-indien-bezogene Story von dir zu lesen. Einfach der Abwechslung wegen.
Ja, ich glaube, da freut sich so mancher drüber. Erstmal danke für das Lob zur Gestaltung, Sprache und Figuren. Schönes Gefühl, dass mir das gelungen zu sein scheint. Zum Ende komme ich gleich noch.

Ich kann mir das auch viel viel länger Vorstellen. Dreifache, vierfache Länge
Das freut mich sehr, denn ich bastle wie gesagt gerade an einer neuen Version, die zwar immer noch einige der alten Szenen beinhaltet, aber insgesamt doch etwas länger zu werden scheint. Ich glaube zwar nicht, dass es das Vierfache wird, aber ein paar neue Ideen sind noch dazu gekommen, und so liest es sich am Ende fast wie eine neue Geschichte.

Magst du mir nicht den Gefallen tun und mir einen zweiten Teil schenken?
Ach wie schön, dass du danach fragst. Einigen wir uns auf einen erweiterten ersten Teil.

Spannender und sprachlich raffinierter Einstieg. Du holst das nicht wirklich nochmal ein (sprichst diese Art Zwang, Selbstbeschäftigung whatever, soweit ich das lese, nicht nochmal direkt an). These: Wenn du das weitererzählst, wirst du da automatisch wieder hinkommen. Ich finde das einen schönen Haken, den du da ausgeworfen hast. Du musst ihn nur später nochmal einholen, oder hab ich was überlesen?
Schön, dass dir der Einstieg gefällt. Viele hatten damit ein Problem, weil sie kein Bild von David bekommen haben und weil es eben nicht noch mal aufgegriffen wurde. Da hast du nichts überlesen, das müsste besser ausgebaut werden. In wie weit und ob ich das noch untergebracht kriege, weiß ich noch nicht. Mir gefällt der Anfang auch, aber vielleicht eher an einer anderen Stelle, wenn man schon ein Bild von David hat.

Er zog seine Bifi unter dem Bett hervor.

würziges Detail. Kannst du nicht noch kurz beschreiben, dass er da ne ganze Kiste liegen hat, die Katja ihm zugesteht?
Das tut sie nicht. Deshalb muss er sie unter dem Bett verstecken.

Er war uralt, mindestens vierzig oder fünfzig

nee, dass ist für mich nicht David. Aber es ist auch nur so ein spontaner Eindruck und vielleicht würde das jemand, der jetzt nicht kritisch drüberliest, gar nicht beanstanden. Er ist für mich zu alt, um das zu sagen und zu ehrlich, um so etwas ironisch zu sagen.
Das hat so gut wie jeder beanstandet. Erst habe ich mich noch gewehrt, aber jetzt, wo es offenbar immer mehr werden ...

Oh M-Mann, Ka-Ka-Katja

Hast du toll gemacht, fand ich. Ich hör es und sehe es auch.
Dank dir. :)

"Findest du mich zu dick?", fragte sie und betrachtete sich von allen Seiten.
"Nein."
"Ich seh doch immer noch gut aus, oder?"
"Ja."

toller Dialog. Ein paar Wörter und ich hab ein ziemlich klares Bild von Katja und David
Da freue ich mich drüber.

"David. Diese Frau ist nicht echt."

Das ist der Satz, der für die Verwirrung sorgt, denke ich. Er macht die Story zu einem Rätsel. Jetzt muss man nochmal zurückgehen und fragen, ist die Frau von Gärtner wirklich nur eine Illusion, so wie die Zeit in Katjas Kalenderspruch? Das wäre ein ziemlicher Mindfuck-Twist.
Ist auch ein Mindfuck. Frau Gärtner ist ja ein Roboter. Sie ist also schon da, aber eben kein echter Mensch. Und ja, mit dem Ende muss was passieren. Jedenfalls mehr, als dieser kurze Schlagabtausch.

Danke nochmal fürs Vorbeischauen, lieber Carlo. Version eins, zweiter Teil demnächst in diesem Kino.

Viele liebe Grüße von Chai


Hey @Bas,
dich gibt's noch! Hatte schon Angst, du bist völlig in der Versenkung verschwunden. Aber es gibt ja auch eine neue Geschichte von dir. Über die mache ich mich bald mal her. Aber erstmal zu meiner:

Die sporty Mutti, die den Sohn fragt, ob sie nicht zu dick sei, der schuftende Nachbar, der sich den Schweiß von der Stirn wischt, irgendwie fühlte sich das sehr Hollywood an. Keine Ahnung. Alles glänzt, und das, was nicht glänzt, wird schnell weggewischt.
Auch wenn das deinerseits nicht als Kompliment gemeint war (du wusstest ja nicht, was noch kommt), freue ich mich darüber. Denn so sollte es auch sein. Die Landidylle, wo jeder mit seinem Leben zufrieden zu sein scheint. Und dann ist das aber doch nicht so. Was ja auch wieder das Thema Illusionen aufgreift. Jetzt, wo ich etwas mehr Abstand zu der Geschichte habe, denke ich aber auch, dass der Wechsel zu plötzlich kommt. Bei der Überarbeitung versuche ich gerade, das etwas eleganter aufzubauen.

Hm ... Er schließt die Haustür - und schleicht dann die Treppe herunter? Die beteppichte Treppe, also eher nicht die ... Außentreppe, sondern die ... Im-Haus-Treppe? Aber er ist ja zur Tür hinaus ... Du siehst, ich verstehe nichts. Liegt der Fehler bei mir?
Einer Freundin, der ich die Geschichte vor Kurzem vorgelesen habe, ist das auch aufgefallen. Ich wusste erst gar nicht, was sie meint und dachte: Wieso? Er schließt die Wohnungstür und … Ja. Eben. Die Wohnungstür und nicht die Haustür. Danke für den Hinweis.

Und irgendwie entwickelt die Geschichte jetzt einen ganz eigenartigen Sog, mir klopft fast das Herz ...
Das ist gut.

sind das Gewitterfliegen oder Leichenfliegen, ist die Frau Gärtner tot oder eine ... elektronische Sexpuppe, der man nur diese beiden Sätze einprogrammiert hat? Was ist hier los? Der aufmerksame Leser weiß es wahrscheinlich schon lange, ich kapiere nichts und finde das toll, dieses krause-Stirn-Gefühl.
Ha! Darauf hatte ich gehofft! Toll, dass das bei dir funktioniert! Der Leser sollte es an dieser Stelle nämlich noch nicht wissen, nur was ahnen. Und dann sollte er denken, dass sie tot ist. Bis sie sich dann als Roboter enttarnt.

Aber jetzt bin ich schon am Ende und die Autorin hat mich nicht aufgeklärt. Die Frau Gärtner ist nicht echt? Ach ja, jetzt sehe ich auch den Seltsam-Tag. Trotzdem - was zum Fick?
Hm. Ja. Das ist blöd. Über Das nicht echt ist @Carlo Zwei auch gestolpert. Ihr habt das wahrscheinlich so verstanden, dass Frau Gärtner überhaupt nicht existiert. Also auch nicht als Puppe. Es sollte aber so gemeint sein, dass sie kein echter Mensch ist.

Für einen Moment dachte ich, ich bin kein Chai-Fan mehr, aber dem ist ganz gewiss nicht so.
Puh, da hab ich ja nochmal Glück gehabt.

… und er wäre wohl noch länger sitzen geblieben, wenn er den Rasenmäher nicht gehört hätte. Langsam tauchte er aus seinen Gedanken auf ...

Da dachte ich zuerst, der Rasenmäher taucht aus Davids Gedanken auf.
:lol: Jetzt, wo du es sagst … Werde ich umformulieren. Dank dir.

An der Kühlschranktür hing ein neuer Zettel von seiner Mutter.

Schätzungsweise kommunizieren die beiden öfter über Zettel, aber für mich, den Leser, ist das der erste Zettel, deshalb bräuchte ich den Zusatz "neuer" nicht unbedingt.
Ja, aber es soll dich eben auf den Gedanken bringen, dass das öfter so ist. Sonst klingt es ja so, als wäre es der erste Zettel.

Er war uralt, mindestens vierzig oder fünfzig

Ah, nee, das erscheint mir nicht echt, das wirkt zu sehr so, als wollte jemand deutlich machen, dass David ein "Jugendlicher" ist. Vierzig oder fünfzig ist nicht uralt, auch für einen jungen Kerl wie David nicht, würde ich mal behaupten.
Ich muss mich wohl geschlagen geben. Das hat bisher fast jeder beanstandet.

Er schloss sogar kurz die Augen

Ginge auch ohne "sogar", finde ich
Klingen würde es auf jeden Fall besser ohne "sogar." Aber ich wollte damit klar machen, dass David eben nicht wirklich glaubt, dass sie weg ist, sondern eigentlich davon ausgeht, dass er sich nichts einbildet und sein Augenschließen ihm deshalb selbst etwas absurd vorkommt.

Tolle Bilder. Hat wohl auch ein wenig zum Hollywood-Feeling beigetragen, würde ich aber trotzdem nicht missen wollen.
Is ja nicht alles schlecht an Hollywood. ;)

Vielen Dank noch mal, echt spannende, "andere" Geschichte!
Und dir vielen Dank für das Lob und den tollen Kommentar. Das freut mich doppelt, nachdem du erst gar nicht weiterlesen wolltest.

Viele liebe Grüße von Chai

Hey @Chutney ,

du glaubst gar nicht, wie sehr mich dein Kommentar gefreut hat! Ich hatte, ehrlich gesagt, nicht damit gerechnet, dass er so positiv ausfallen würde, eher, dass noch zu viel fehlt. Aber dass die Geschichte jetzt schon sehr rund ist für dich, hat mich vom Hocker gehauen. Offenbar hast du die Bezüge, die ich im Kopf hatte, und die viele mit einem Fragezeichen hinterließen, genau so interpretiert wie ich es gemeint habe. Also muss ich jetzt nicht mehr an meiner geistigen Gesundheit zweifeln. Das tut gut.

Hattest du überhaupt schon mal eine männliche Hauptfigur? Ich glaube, nicht.
Ja, in der Spieltrieb-Geschichte.

Diese Frau auf der Liege hat was von den Fünfzigern, irgendwie hat die Szene auch was Amerikanisches.
Hollywood. :D

… wenn er den Rasenmäher nicht gehört hätte.

Ich würde das "nicht" vor "den Rasenmäher" setzen, aber das ist nur ein Gefühl.
Klingt tatsächlich besser. Dank dir.

Es war kein besonderer Monolog, bloß Alltäglichkeiten.

Hm, statt "Alltäglichkeiten" irgendwas Konkretes? Ich finde, hier vergibst du eine Chance.
Das ist das Dilemma mit dem ersten Absatz. Offenbar konnte ich Davids Zustand nicht richtig vermitteln oder er wirkt zu belanglos, keine Ahnung. Ich habe versucht damit Davids Einsamkeit zu zeigen. Er hat niemanden zum Reden, kann sich im täglichen Leben nicht ausdrücken, also hat er das Bedürfnis, seine Eindrücke zu vermitteln, egal wie nichtig sie sind. Er erzählt sie sich selbst, es gibt kein konkretes Gegenüber, aber er erzählt es, als säße da jemand. Zeitgleich geht es ihm aber auch darum, jeden Satz zwanghaft perfekt zu formulieren und wenn dem nicht so ist, erzählt er es nochmal und nochmal. Ich muss zugeben, dass ich diese Anwandlungen von mir selbst kenne, obwohl ich nicht stottere. Aber ich komme manchmal in diesen Zustand, wenn ich lange allein bin. Aber offenbar ist es nicht so einfach, das zu vermitteln.

Das Zimmer kam ihm unwirklich vor, als hätte er zu lange vorm Computerbildschirm gesessen.

Schön.
Danke.

Katja ist ein bisschen clichéhaft, aber es macht Spaß, das zu lesen. Und du brichst es dann auch dadurch, dass da ihr Schmerz durchschimmert, ihre Bedürftigkeit, die den Sohn natürlich stresst.
Ganz genau. Und diese Katja-Karikatur finde ich auch ganz amüsant, aber in der Überarbeitung versuche ich gerade, Katja etwas aus dem Cliche rauszuholen. Mal schauen, ob mir das gelingt.

Tolles Detail, sein Stottern. Auch sehr passend, dass er seine Mutter "Katja" nennt. Sie will das sicherlich so, sie will Frau sein, vielleicht Mädchen sein, aber nicht Mama.
Danke für das Kompliment. Und ja, Katja will das so. Sie will viel zu viel von ihm. Schön, dass du das herauslesen konntest und sein Stottern für dich Sinn macht.

Sie wusste, was es hieß, nicht dazu zu gehören, das Mitleid, den Spott und die Ungeduld zu eretragen.

Ja, und hier zeigt sich, je leerer das Blatt, desto größer die Projektionsfläche.
:bounce:

Sie sollten gradlinig wie in einer Allee wachsen.

ein Kontrollfreak.
Ja.

Jeder Spatenhieb war ein neuer Satz, der es Wert war, sich in seinem Kopf zu entfalten.

"wert"? Ich glaube, diesen Satz verstehe ich nicht so ganz.
Hab grad nachgeguckt, und da wurde mir in dem Zusammenhang auch wert angeboten. Es soll bedeuten, dass David beim Graben immer wieder neue Worte in den Kopf sprudeln, die gleich perfekt klingen in seinen Ohren.

Aber ihre Besuche hörten auf, als Herr Gärtner die Krähen mit einem Katapult beschoss.

Und da passt es definitiv nicht zusammen. Ich finde, du hast in diesem Text viele eindrückliche Bilder.
Das ist ein tolles Kompliment, vielen lieben Dank! Ja, da wird Herr Gärtner zum ersten Mal gebrochen.

"Irgendetwas stimmt nicht mit der", sagte Katja eines Abends, als sie neben David auf den Balkon trat und in den Garten hinabblickte. "Sie hat eine ganz eigenartige Energie."

Hier hat Katja mal recht und das finde ich gut. Zwar esoterisch formuliert, aber im Grunde richtig wahrgenommen.
Ja, da hole ich sie etwas aus dem Cliche raus. Zumindest teilweise.

Die übergroßen Augen konnten den Schmerz nicht verbergen, der hinter ihrer ewigen Fröhlichkeit lauerte. Trotzdem tat sie ihm nicht leid. Seine Miene blieb so unbewegt, als würde er einen Stein betrachten.

Hier bin ich mit der Perspektive ein bisschen unsicher. Der erste Satz ist nicht unbedingt die Wortwahl eines Jungen. Aber der Text ist schon aus seiner Sicht geschrieben. Der letzte Satz scheint auch wieder eher von außen zu sein.
Stimmt, da ist wohl der Autor mit mir durchgegangen. Meinst du, es würde reichen, wenn da nur:
Trotzdem tat sie ihm nicht leid stünde? Wenn man Davids Charakter bis da hin erfasst hat, ist der Rest ja eigentlich überflüssig. Aber das mit dem Schmerz ist schon wichtig, denke ich. Bloß eben anders formuliert. Denn nee, das ist nicht die Wortwahl eines Jungen. Das ist die Wortwahl von niemandem. Ich werde das irgendwie ummodeln.

Er hätte Frau Gärtner mehr Geschmack zugetraut.

Durch den Blick in diese Wohnung rückt er ein bisschen näher an seine Mutter, deren Werte und Geschmack er ja letztlich doch aufgenommen hat.
Auch wenn er dagegen ankämpft.

"Ich muss jetzt gehen", sagte David, als er ins Wohnzimmer kam. "Sonst merkt Ka-Ka-Katja …"

Warum darf sie das nicht merken? Da ist viel Angst vor ihr, auch mit dem Bifi und ich frage mich, was er genau befürchtet? Tagelangen Liebesentzug? Ausraster?
In der Überarbeitung versuche ich gerade, das etwas deutlicher zu machen.

Warum ist der Fuß zerschunden?
Er hat ja ewig gegen das Bett getreten, als er gemerkt hat, dass seine Bifi weg war. Allerdings hat man das bis hierhin wohl schon vergessen, weil er ja vorher auch ganz normal gelaufen ist. :hmm:

David starrte sie mit aufgerissenen Augen an, taumelte rückwärts und übergab sich in die Haselnusssträucher. Das Erbrochene flog Frau Gärtner ins Gesicht, bevor es vom Regen fortgespült wurde.

Sehr drastisch, ganz starkes Bild, gefällt mir sehr gut.
Wie schön. Danke.

"Die ganze Zeit hat er davon geredet, dass er seine Frau retten muss. Er war richtig manisch."

Vielleicht eher "panisch"?
Würde auch passen, meint aber etwas anderes, denke ich. Er ist zwar panisch, aber auch zwanghaft. Auf Katja wirkte das beängstigend mechanisch.

Einen Moment lang sah David sie nur an. Wieder dieser verletzte Blick, der Wunsch, irgendeine Verbindung zu ihm herzustellen. Alles in ihm sträubte sich, ihre Hand zu ergreifen.

Hier reflektiert er wieder sehr viel. Ich könnte es mir auch ohne den mittleren Satz vorstellen.
Ich denk drüber nach.

Liebe Chai, ich habe das gerne gelesen. Ich hoffe, es geht dir gut, obwohl für dich dieses Jahr sicherlich auch manches anders ist.
Danke, liebe Chutney, es geht mir gut, mittlerweile bin ich wieder in Berlin. Mal schauen, wie es jetzt weitergeht. Weiß ja niemand so genau. Hoffe, dir geht's auch gut.

Viele liebe Grüße von Chai

 

Liebe Chai,
wie schön, dass du mit meinem Kommentar etwas anfangen konntest! Zu zwei Punkten will ich noch was sagen:

David schwieg und beobachtete seine Mutter aus den Augenwinkeln. Wie dünn sie war. Als würde sie jeden Moment in der Mitte durchbrechen und ihr Oberkörper lautlos über die Balkonbrüstung auf den Rasen segeln. Die übergroßen Augen konnten den Schmerz nicht verbergen, der hinter ihrer ewigen Fröhlichkeit lauerte. Trotzdem tat sie ihm nicht leid. Seine Miene blieb so unbewegt, als würde er einen Stein betrachten.
Ich finde, du hast mit dem Fettgedruckten so ein krasses Bild, da steckt alles drin. Davids sezierender Blick. Er sieht sie als zerbrechlich, gefährdet und gleichzeitig hat seine Phantasie hat was Gewalttätiges. Da hast du in meinen Augen bereits alles gesagt, was du in den folgenden Sätzen viel konventioneller wiederholst.

Vielleicht eher "panisch"?
Würde auch passen, meint aber etwas anderes, denke ich. Er ist zwar panisch, aber auch zwanghaft. Auf Katja wirkte das beängstigend mechanisch.
Und hier stosse ich mich an dem "manisch", weil ich das aus dem psychiatrischen Kontext, neben einer starken Antriebssteigerung, vor allem die Euphorie verbinde, bis zum Größenwahn und das passt hier ja nicht. Vielleicht wird es ja im Volksmund auch anders verwendet, aber fachlich wäre es nicht passend.

Einen schönen Abend dir, Chai!

Liebe Grüße von Chutney

 

Nur eine kurze Rückmeldung, @Chai,

Hm. Ja. Das ist blöd. Über Das nicht echt ist @Carlo Zwei auch gestolpert. Ihr habt das wahrscheinlich so verstanden, dass Frau Gärtner überhaupt nicht existiert. Also auch nicht als Puppe. Es sollte aber so gemeint sein, dass sie kein echter Mensch ist.

Nein, dass sie nicht existiert, habe ich nicht gedacht. Ich hab das schon so verstanden, dass sie ... eine Puppe, ein Android oder eben eine ... Erscheinung oder was auch immer ist. Nicht echt halt, aber durchaus existent.

Das war's auch schon :Pfeif:

 

Liebe @Chutney,
dank dir für den erneuten Besuch. Und dann noch mit so einem Augenöffner im Gepäck:

David schwieg und beobachtete seine Mutter aus den Augenwinkeln. Wie dünn sie war. Als würde sie jeden Moment in der Mitte durchbrechen und ihr Oberkörper lautlos über die Balkonbrüstung auf den Rasen segeln. Die übergroßen Augen konnten den Schmerz nicht verbergen, der hinter ihrer ewigen Fröhlichkeit lauerte. Trotzdem tat sie ihm nicht leid. Seine Miene blieb so unbewegt, als würde er einen Stein betrachten.

Ich finde, du hast mit dem Fettgedruckten so ein krasses Bild, da steckt alles drin. Davids sezierender Blick. Er sieht sie als zerbrechlich, gefährdet und gleichzeitig hat seine Phantasie hat was Gewalttätiges. Da hast du in meinen Augen bereits alles gesagt, was du in den folgenden Sätzen viel konventioneller wiederholst.
Jetzt sehe ich das auch. Der Rest fliegt raus. Vielen lieben Dank.

"Die ganze Zeit hat er davon geredet, dass er seine Frau retten muss. Er war richtig manisch."

Und hier stosse ich mich an dem "manisch", weil ich das aus dem psychiatrischen Kontext, neben einer starken Antriebssteigerung, vor allem die Euphorie verbinde, bis zum Größenwahn und das passt hier ja nicht.
Oh. Da habe ich mich wohl etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt. Ich habe gedacht, manisch wäre sowas wie zwanghaft. Dann werde ich das wohl ändern müssen. :Pfeif:

Liebe Grüße von Chai

Hey @Bas,
auch dir lieben Dank für die Rückmeldung.

Ihr habt das wahrscheinlich so verstanden, dass Frau Gärtner überhaupt nicht existiert. Also auch nicht als Puppe. Es sollte aber so gemeint sein, dass sie kein echter Mensch ist.

Nein, dass sie nicht existiert, habe ich nicht gedacht. Ich hab das schon so verstanden, dass sie ... eine Puppe, ein Android oder eben eine ... Erscheinung oder was auch immer ist. Nicht echt halt, aber durchaus existent
OK, das erleichtert mich. Alles andere wäre wohl auch zu kompliziert gewesen. Danke für die Aufklärung.

Einen schönen Abend wünscht Chai

 

Hallo ihr Lieben!

Nochmal vielen lieben Dank für die Auseinandersetzung mit meinem Text. Ich habe die Geschichte jetzt überarbeitet und versucht, die Baustellen zu beheben.
@Raindog, @greenwitch, @Shey, und @Peeperkorn

Ich verlinke euch mal direkt, weil ihr mir gesagt habt, die Geschichte hätte Potential, aber es würde noch viel fehlen. Ich habe einiges verändert, weggenommen, hinzugefügt. Und David ist jetzt sechzehn. Falls also der eine oder andere Lust und Zeit findet, mir noch ein feedback zur neuen Version zu geben, würde ich mich freuen. Und dir, @Carlo Zwei schenke ich hiermit den gewünschten zweiten Teil.

Alle anderen dürfen natürlich auch was dazu sagen. :)

Einen schönen Restsonntag euch!

Liebe Grüße,

Chai

 

Hallo @Chai, danke fürs makieren. Ich habe deine Geschichte jetzt einmal gelesen. Erkennen auf jedenfall, dass du viel daran gebastelt hast.
Für einen Ausführlichen Kommentar, fehlt mir gerade der Kopf und die Zeit ich werde heute Nachmittag oder Abend mal sehen, ob ich es hin bekomme.

Liebe Grüße

 

Hallo @Shey,
lieben Dank für die schnelle Rückmeldung. Und mach einfach, wenn du Lust&Zeit hast. Alles kann, nichts muss, wie es in diesem blöden Spruch heißt. Und ist ja auch bisschen länger geworden ...

Einen schönen Wochenstart wünscht
Chai

 

Hi @Chai,

Ha, fast wäre mir deine Überarbeitung durch die Lappen gegangen - nächstes Mal gerne "Anmorsen", wie du das genannt hast. Möglicherweise erwähne ich jetzt Dinge, die du gar nicht verändert hast, die mir beim ersten Lesen einfach nicht weiter aufgefallen sind. Aber wenn ich schon mal hier bin ...

I-Pad.

iPad

Nur die Fliege an der Wand. Das Brummen des Rasenmähers aus dem Vorgarten. Er schob sich einen Kaugummi in den Mund und schlurfte in die Küche.
Durch das offene Fenster zog der Geruch von gemähtem Gras. Der Rasenmäher verstummte, und die Stimme seiner Mutter drang zu David in den ersten Stock. Seit dem Umzug sollte er sie Katja nennen.
Als er hinausblickte, sah er sie mit einem kahlköpfigen Mann im Vorgarten stehen.

Hier willst du mit der Fliege an der Wand und dem Brummen des Rasenmähers ja den Kontrast zu Internet, iPad und Co. herstellen. Passt. Nur eine Überlegung: Wähle ein anderes Bild als den Rasenmäher im Vorgarten. Beginne den nächsten Absatz dann trotzdem mit "Durch das offene Fenster zog der Geruch von gemähtem Gras", woher der kommt, erklärt sich dann ja schnell, gerade wirkt das aber wiederholend auf mich: Das Brummen des Rasenmähers im Vorgarten. ... Der Rasenmäher verstummte ... kahlköpfiger Mann im Vorgarten. Zu viel ähnliches auf zu engem Raum.

Es sah nach Regen aus, aber das war schon seit Tagen so.

Uh, ein Vorbote, für das was kommt.

Dann schleicht der alte Sack hier nicht mehr rum und nervt uns mit dem Garten. Der holt sich doch einen drauf runter, dass er mir sagen kann, was ich zu tun habe.“
„Ig-norier ihn doch einfach.“
Ihr Blick traf ihn wie ein Pfeil. „Hör endlich auf, mir Vorwürfe zu machen.“

Keine Ahnung, ob sie das schon immer gesagt hat, aber ich sehe sie jetzt viel deutlicher und auch ... bestimmender vor mir, als beim letzten Lesen. Da war sie nämlich nur die gutgelaunte, sporty Vorortmutti, jetzt habe ich den Eindruck, dass mit der nicht nur gut Kirschen essen ist, dass die auch manipulativ sein kann, zum Beispiel. Auch selbstmanipulativ. Jedenfalls, ums kurz zu machen: Ich hab schon nach wenigen Worten ein deutliches Bild von ihr.
Aber David ist ja nicht weniger manipulativ, wie ich sehe:

„Der G-Gärtner.“ Er schob sich aus der Wohnungstür.
Sie antwortete nicht. Grinsend setzte er sich auf die oberste Treppenstufe und zog die Sneakers an. Bestimmt tanzte sie vor dem Spiegel, ihre Hüften schwangen von einer Seite zur anderen, die Arme zeichneten Muster in die Luft.
„Das ist süß, dass du das sagst“, rief sie durch die geschlossene Tür. „Aber mögen - nicht mögen. Was bedeutet das schon? Jedes Lebewesen hat es verdient, geliebt zu werden.“

„Kein Stress. Ich verstehe das schon. Ist ja auch nicht so einfach alles.“ Sie sah zur Trauerweide hinüber.
David fragte sich, ob Frau Gärtner merkte, dass über sie geredet wurde. Aber sie sah aus wie jemand, dem das gar nichts ausmachte. Sie wusste, was es hieß, nicht dazu zu gehören, das Mitleid, den Spott und die Ungeduld zu ertragen. Und trotzdem schien das alles an ihr abzuprallen.

Ich weiß nicht, ob es an mir liegt, aber ich lese diese Szene jetzt ganz anders als beim ersten Mal. Da hatte ich nämlich noch den Eindruck, dass es hier klick gemacht hat bei David, dass er da das Gefühl hatte, die Frau Gärtner und ich, wir sind gleich, wir verstehen uns ... Jetzt ... Ist der Fokus viel mehr auf seiner Mutter, auch auf Herr Gärtner, finde ich. Ob das gut oder schlecht ist, mag ich nicht beurteilen, aber ja, dieser Klickmoment, der fehlt. Irgendwie ... Vorher war ich sehr nah an Davids Erleben, fast schon eng, jetzt hast du den Blickwinkel noch mal ein Stück weit geöffnet.

Ihm war keine Zeit geblieben herauszufinden, ob sie schlecht gelaunt war oder noch nachspüren wollte.

Finde "nachspüren" hier eigenartig - was nachspüren?

Ja, hier wird jetzt deutlich, dass du an der Geschichte gearbeitet hast. David blendet die Realität aus, fängt stattdessen an, sich in Gedanken an Frau Gärtner zu klammern. Gleichzeitig klammert Davids Mutter sich - ungesund, würde ich behaupten - an David, weil ihre Realität nicht ihrem Wunschdenken entspricht. Das ist ein spannender psychologischer Konflikt, gefällt mir gut.

Und weil ich das noch nicht erwähnt habe: Ich finde auch die "Thailand"-Sache gut. Anfangs war ich mir unschlüssig, worauf du damit abzielst, aber ja, dass sie dadurch quasi einen Grund hat, "unnahbar" zu sein, finde ich gut.

Aber noch etwas kam ihm merkwürdig vor. Nachdem er sich kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt hatte, fiel ihm auf, was es war.

Sagt mir nicht ganz zu, den zweiten Satz bräuchte ich nicht. Etwas kam ihm merkwürdig vor, aufgepasst - Moment, noch schnell das Wasser ins Gesicht - und zwar genau das hier! So wirkt das auf mich.

Die Worte überschwemmten ihn. Endlich war der Moment gekommen, ihr alles zu erzählen.

Hier habe ich jetzt ein kleines Problem. Also, ich finde die Überarbeitung sehr gut, aber, wie vorher schon erwähnt: Dadurch, dass jetzt alles "weiter" wirkt, Davids Blick nicht so starr und krankhaft fasziniert auf Frau Gärtner gerichtet ist, weiß ich gar nicht, was er ihr hier eigentlich sagen will. Vorher war sie der Mittelpunkt seines verschobenen Denkapparats, jetzt ist sie ein Puzzleteil in dieser voll ausgemalten Welt, eines, das ihn zwar beschäftigt, aber so sehr, dass er ihr "alles" erzählen will? Das kauf ich nicht ganz. Dafür hätte er sich bis hier mehr in die Sache reinsteigern müssen, sie mehr zum Mittelpunkt seiner Realitätsflucht werden lassen müssen, vielleicht.
Er ist jetzt sechzehn, sagst du, ich könnte mir da also auch eine "erotische" Komponente vorstellen, vielleicht ist er geil auf sie, malt sich aus, von ihr verführt zu werden. Das sind bei einem Sechzehnjährigen ja auch ziemlich irrationale Kräfte, die ich dann auch gut nachvollziehen könnte. Aber das ist nur eine Idee.

Die Unwetterszene ist immer noch großartig und das Ende kaufe ich auch. Tolle Geschichte, die jetzt mehr Substanz zu haben scheint, du hast das Schlauchförmige verlassen, das auch seinen Reiz hatte, weil dadurch die Aufmerksamkeit so geballt auf Frau Gärtner lag, jetzt schlummert da noch mehr, vor allem eben diese gestörte Mutter-/Sohn-Beziehung. Wenn ich kritisieren wollte, dann vielleicht, dass das jetzt fast schon zu viel ist für eine "Kurzgeschichte", diese beiden starken, präsenten Themen, aber da ich ja nach wie vor auf einen Roman von dir hoffe, werde ich den Teufel tun und hier ein "zu viel" kritisieren.

Danke dafür und bis bald.

Bas

 

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