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Die Schnittmenge der Frauen
Ich teile Frauen lediglich der Einfachheit halber in zwei Kategorien ein. Entbehrt es auch jeglicher Stringenz, was mit Sicherheit mit meiner jahrelangen Tätigkeit als Mathematikdozent an der hiesigen Universität einhergeht, so ist es doch für die bloße Betrachtung der zwei Typen von keiner großen Bedeutung. Nur eine simple Einteilung, mehr nicht.
Da wären zum einen die Verheirateten, deren Kategorie natürlich auch die Verlobten und die in einer festen Beziehung mit einbezieht, und zum zweiten die reinen Geliebten. Simpel, nicht wahr? Wie in der Mathematik.
Eine weitere, hier nicht unbedingt erwähnenswerte Kategorie wären die ewigen Jungfern, die ich aber einmal unter ‚ferner liefen’ einstufe. Nicht der Rede wert, da ich diese Betrachtungsweise aus der Sicht eines Mannes bewerte, und diese niemals in den Genuss eines solchen kommen werden.
Und könnte das Leben nicht so einfach sein, würden sich diese beiden Kategorien den mathematischen Regeln, oder besser gesagt, ihrem vorherbestimmten Schicksal fügen? So einfach …
„Wo bist du?“, tönt es verschlafen aus dem Nebenraum.
Ich lasse das Odol noch einen kleinen Moment in meinen Zahnzwischenräumen wirken, dann spucke ich aus.
„Im Bad“, antworte ich mit brennender Zunge und Eichel.
Ich hatte mal wieder eine dieser Nächte hinter mir, die nur gelegentlich durch kurze Erholungspausen unterbrochen wurden. Sabine ist, was das anbelangt, unersättlich, genauso, wie mein Schwanz.
Kein Wunder, denn Sabine ist eine dieser Studentinnen, die sich gerne ihrem Vaterkomplex hingeben, und: Sie ist eine Kategorie zwei. Und so kosten wir die gelegentlichen Zeiten, die wir zusammen verbringen, bis zur körperlichen und seelischen Entkräftung aus. Was wir Männer nur ohne Kategorie zwei täten?
Als ich zurück ins Schlafzimmer komme, sitzt Sabine auf dem Bett. Nackt, im Schneidersitz, und beim Anblick ihrer feuerroten Schamlippen, die in ihrer harmonischen Parallelität im einfallenden Sonnenlicht glänzen, zuckt mein kleiner Freund zwischen den Beinen erneut.
Ihr langes Haar hängt wild und zerzaust auf ihren zierlichen Schultern, bedeckt die linke Warze ihrer ebenso zierlichen Brust. Sie lächelt nicht.
„Hast du mal drüber nachgedacht?“ Ihre braunen Augen blicken mich von unten her an, und die langsam aufkeimende Erregung zwischen meinen Beinen ist im Bruchteil einer Sekunde verschwunden. Ich habe das Gefühl, mein Schwanz tendiert soeben gen Null, verschwindet fast gänzlich zwischen dem grauen, krausen Haar.
„Was meinst du?“, grinse ich hinüber, blicke dann verschämt und wie rein zufällig auf den Klamottenhaufen vor dem Bett. Ich weiß genau, was sie meint. Das ist der Nachteil der Kategorie zwei; irgendwann ist es immer so weit. Sie wollen den mathematischen Gesetzmäßigkeiten entfliehen, werden unzufrieden; der gelegentlich beste Fick ihres Lebens reicht ihnen nicht mehr aus. Sie wollen mehr. Wollen das Unaussprechliche. Mich schauderts.
„Das, worüber wir gestern Abend gesprochen haben“, lässt sie nicht locker.
Wir haben über nichts gesprochen; ich habe dir nur nicht widersprochen, denn für die alltägliche gepflegte Konversation gibt es schließlich Kategorie Eins.
Ich nähere mich dem wirren Haufen in Ekstase heruntergerissener Kleidungsstücke, greife nach meiner Unterhose, ohne meinen heiteren Gesichtsausdruck einzustellen, nach dem mir im Moment gar nicht mehr ist.
„Komm, setz dich zu mir“, sagt sie und klopft auf die freie Stelle neben sich mit dem zerwühlten Bettlaken.
„Ich muss los.“
„Nur kurz.“
Ich streife die Unterhose über und tue ihr den Gefallen. Sie schmiegt ihr Gesicht an meine Schulter.
„Sagst du es ihr?“, fragt sie leise. „Du hast es versprochen.“
Ein tiefes Atmen entfährt meiner Lunge, klingt wie ein Seufzen, das sie aufblicken lässt. Ich stelle mein Grinsen ein. „Das werde ich.“ Der Kuss, den ich ihr auf die Stirn drücke, ist kalt. Für einen kurzen Augenblick schmecke ich ihren Schweiß, will ihr noch etwas sagen, doch ich stehe auf und ziehe mich weiter an. Ich weiß, dass das unsere letzte Nacht war.
„Willst du noch mal?“, fragt sie, spreizt ihre Beine und durchbricht die Symmetrie ihrer feucht glänzenden Lippen mit dem Finger. Ihre Zungenspitze berührt sanft ihre Oberlippe, während ich meinen Gürtel schließe.
„Ich muss wirklich.“
Sie lächelt ihr ewiges Kategorie-zwei-Lächeln. Jetzt ist es mir zuwider, und ich bin froh, als ich zehn Minuten später in meinen Wagen steige.
Ich werde Iris einen Blumenstrauß mitbringen. Vielleicht einen Ring. Das wird sie freuen. Ja, scheiß auf diese Kategorie-zwei-Frauen. Ich fühle mich gut.
Das laute Stöhnen schlägt mir entgegen, während ich die Haustür aufschließe. Die Dornen der dämlichen Rosen bohren sich in das Fleisch meiner Hand, als ich mit ihnen gegen den Türrahmen stoße.
Ich verharre, lausche den ekstatischen Schreien. Was ist mit Iris los? Mit meiner Iris? Noch nie habe ich sie derart stöhnen gehört; noch nie war mir bewusst, dass sie derartige Ausdrücke kennt.
Mir fällt ein, dass ich ihr gesagt hatte, dass das Seminar über die analytische Geometrie in vektorieller Darstellung zwei Tage dauern würde. Zwei Tage und zwei Nächte, die ich eigentlich mit Sabine verbringen wollte, die durch ihr dämliches Sie-oder-ich-Gelabere alles verdorben hat.
Ich spüre, wie die Rosen aus meiner Hand rutschen, und als ich das Haus verlasse, wieder in meinen Wagen steige, die Schreie hinter mir lassend, da wird mir klar, dass das Leben keinen mathematischen Grundsätzen folgt. Obwohl, bilden wir von den beiden bereits vorhandenen Kategorien eine Schnittmenge, so entsteht eine weitere: Die verheirateten Geliebten.