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Die Sexkuchenwhiskey Philosophie

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30.01.2009
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Die Sexkuchenwhiskey Philosophie

Ein lautes Knurren. Ein verstohlener Blick zu mir, hastig und direkt.
„Wollen Sie auch ein Stück?“
Ich bleibe ignoriert, aber vergesse nicht zu genießen. Schmeckt gut der Kuchen, wenn man bedenkt, dass er ohne Liebe gebacken wurde. Von einer Frau, nicht Mama. Ob der alte Mann neben mir noch eine Frau hat? Hatte? Hasst?
Engagiert versucht er jedenfalls, seinen Zeigefinger in den anderen zu stecken.
„Bljacha mucha,“ flucht er vor sich hin und rutscht mit dem einen Zeigefinger ab, stößt ihn an seiner Uhr. Eine goldene, scheinbar teure. Noch ein kleiner, russischer Fluch und er checkt die Uhrzeit. Steht auf, nimmt sich ein Stück von meinem Kuchen und geht zur Bushaltestelle auf der anderen Straßenseite.
Ich kenne sie gar nicht. Bus 733? Noch nie gehört. Nie gesehen. Ein Großtransporter hält vor dem alten Mann und eine Gestalt steigt aus. Sie nimmt ihn beim Arm, begleitet ihn in den Wagen. Quietschende Reifen. Weg. Was will man mit so einem alten Mann? Die Uhr - er hat Geld. Verdammte Kriminelle Schweinehunde. Der Mann hat es ehrlich verdient, Blut und Tränen dafür geschwitzt, wie ich damals. Dreckige Gesellschaft. Wo sind die Gesetzeshüter, wenn man sie braucht? Na wo? Nutzloses Pack. Dreckige Politik.
Ich greife unter die Parkbank, endlich. Weg mit dem schäbigen Kuchen in die Tasche, her die Flasche. Drei, vier, fünf lange, genüssliche, befreiende Züge Hennessy. Mein Freund, mein guter alter Bruder.
Nach Stunden komme ich nach Hause, durchgefroren, lasse die Tasche auf den Boden fallen. In der Küche steht sie, die Bäckerin. Schönste Frau der Welt. Ein Fotomodel, so schön auf Fotos, so zieht sie sich in der Realität an. Schrecklich. Unelegant, bequemlich. Ich packe sie bei der Hüfte und reiße sie zu mir, reibe meine Hüfte an ihrem Po. Küsse ihren Nacken. Sie wehrt sich, hält sich die Nase zu.
„Verpiss dich. Du bist besoffen.“
Ich trete einen langen Schritt zurück, reiße die Arme erwartungsvoll zu den Seiten.
„Na komm, Schlampe, was hast du noch für mich? Wie machen das die anderen, dämliche Stricherin?“
Sie schnibbelt weiter Gemüse. Ich spuke auf den Boden, gehe. Werfe meine Jacke quer durchs Wohnzimmer. Lasse mich in den Sessel vor dem Kamin fallen. Das knisternde Feuer beruhigt mich. Ich starre hinein, darüber Bücher über Bücher.
„Wozu brauchst du den ganzen Scheiß überhaupt? Verfluchtes Loch. Wozu die Jahre? Dafür? Geb ich dir das nicht? Reicht das nicht?“
Ich schmeiße sie alle nacheinander ins Feuer. Aristoteles. Sokrates. Platon. Augustinus. Hobbes. Locke. Rousseau. Kant. Marx. Nietzsche. Lenin. Ihr Mistböcke habt meine Frau zerstört.
Sie stellt sich in den Türrahmen, zeigt mit dem Messer auf mich.
„Du Idiot hast ein Problem mit mir? Guck dich an. Wer zum Teufel hat dir deine Sachen bezahlt? Wessen Geld geht für deinen verdammten Alkohol drauf? Na los, sags mir!“
„Du willst es hören? Dann sag mir wieso du mich genommen hast? Wegen der Liebe?“ Ich lache, kämpfe gegen die Bauchkrämpfe an. Zücke mein Portmonee und packe alle Scheine aus.
„Hier hast du dein dreckiges Geld.“
Zweihunderter, Hunderter, Fünfziger und Zwanziger fliegen durch den Raum.
„Mach dich damit sauber.“
„Friss es wenigstens, wenn du es schon nicht versaufen willst. Lach nur, ich hab dich zum letzten Mal gewarnt.“
Ich dich auch, meine Liebe. Ich dich auch.

Stunden später. Ich sauge das letzte Blut aus der gläsernen Ader meines Bruders. Kurz vor Zwei. Lange blicke ich in die Asche im Kamin vor mir und akzeptiere irgendwann. Liebe. Ich gehe in die Küche, hole das Messer mit dem sie auf mich gezeigt hat. In die Tasche und los. Zwanzig Minuten Fußweg, solange bin ich damals mit dem Auto zur Arbeit gefahren.

Ein hohes Gebäude, viele Fenster, alle tief schwarz getönt. Als ich reingehe, baut sich vor mir eine Wand aus stark riechendem Aftershave auf. Vermutlich polnisch. Ich schaue senkrecht auf und schaue in ein verhaltenes Lächeln. Euphorisierende Hormone schießen durch meinen Körper. Ich werde hin und her geschwungen.
„Was machst du denn hier? Hat deine Frau dich endlich verstoßen?“
Besser hätte er es nicht sagen können. Wir reden ein wenig über alte Zeiten, als er ganz unten und ich ganz oben war. Ich frage nach dem Zimmer meiner Frau.
„Da hast du dir aber eine der besten ausgesucht.“
Hätte sein Zwinkern doch nur von meiner Faust gestammt.
„Hast Glück, sie ist gerade frei.“

Nun trennen mich also wenige Meter davor. Angst? Wovor. Ein kurzer Taster, das Messer. Ein weiterer, alles dabei. Klopf, ich trete ein. Reizende Augen brauchen lange, bis sie verstehen. Ein lauter, nicht eingeplanter Schrei flieht durch den Flur. Ich schließe die Tür und beginne langsam auszupacken. Das Messer in der Hand, werde ich von hinten zu Boden gerissen. Schläge auf meinen Hinterkopf, immer wieder schaue ich nach oben zu ihr. Mit ihrem Anblick trete ich weg.

Gerichtsverfahren. Versuchter Mord. Schweres Alkoholproblem. Ich komme in die Klinik, mit persönlichem Bodyguard. Wir beide sitzen auf einer Bank des Geländes. Ein alter Freund geht an mir vorbei, schaut kurz. Mit den Brauen grüßend setzt er sich zu mir, beginnt seinen Zeigefinger in den anderen zu stecken.
Habe ich Geburtstag? Meine Frau kommt den Weg entlang. Nach Monaten hat sie sich getraut. Ihre Finger sind leer. Wir reden lange. Als ich auf dem Weg nach oben war, sie das Lehramt in Philosophie nicht geschafft hat. Es selbst versucht hat. Mein Bruder mich zerstört hat. Irgendwann nimmt sie meine Hand.
„Es war anders, nicht wahr?“
„Der Kuchen war wirklich gut. Das letzte Stück mit dir. Nur das.“

 

hallo jonni, zum zwischendurch lesen ganz nett, besser wirkt die geschichte wegen einigen stolperstellen bei mir nicht. der anfang gefällt mir, der ist kurz und knapp mit diesem:

mir noch eine Frau hat? Hatte? Hasst?
gefällt mir.
gleich danach gings aber los, das:
Engagiert versucht er jedenfalls, seinen Zeigefinger in den anderen zu stecken.
taucht glaube ich zweimal auf, erstmal musste ich überlegen, was für eine marotte das sein soll. den abrutscher auf die uhr empfinde ich als erzählerischen missgriff, die entführung danach völlig unglaubwürdig.
noch etwas kleinkram.
Behütet nimmt sie ihn beim Arm, begleitet ihn in den Wagen.
behütet passt doch da nicht! warum nicht einfach: sie nimmt ihn am arm.

Ich sauge das letzte Blut aus den gläsernen Adern meines Bruders.
eine große ader ists, in der das zeug schwimmt.

insgesamt trotzdem eine gute geschichte.
grüße

 

Hi Kubus,

der anfang gefällt mir, der ist kurz und knapp
Das freut mich. Gut, dass die Kürze anschlägt.

taucht glaube ich zweimal auf
Jawoll. Da ich keine Namen benutzte, musste ich das wiederholen, um Klarheit zu schaffen.


was für eine marotte das sein soll.
Darf ich fragen, was du damit meinst? Habe zwar geoogelt und dies hier gefunden: http://de.wikipedia.org/wiki/Marotte - gibt mir nicht so recht Aufschluss. Wenn du dieses Bemühen des Mannes meinst, seinen Zeigefinger in den anderen stecken zu wollen, kann man das durchaus als Marotte bezeichnen. Nur das sie nicht völlig ironisch gemeint ist.


den abrutscher auf die uhr empfinde ich als erzählerischen missgriff, die entführung danach völlig unglaubwürdig.
Wenn man zum Schluss kombiniert, wird man zu dem Schluss kommen, dass es ja keine Entführung war. Inwieweit ich da jetzt den Gedanken einer Entführung darstellen wollte, darüber lässt sich sicher diskutieren. Es ging mir da eher um den Umgang des Protagonisten mit der Situation und die lächerliche Übertreibung.


Danke für die Fehlermeldung. Ich korrigiere. Grüße zurück und vielen Dank fürs Lesen. ;)

 

ah okay, der sexwhiskeytyp hat also, hm sagen wir, eine etwas abenteuerliche fantasie. jetzt find ichs gut. :D
marotte im sinne von schrulle, seltsame angewohnheit.

 

ah okay, der sexwhiskeytyp hat also, hm sagen wir, eine etwas abenteuerliche fantasie. jetzt find ichs gut. :D
marotte im sinne von schrulle, seltsame angewohnheit.
;) ah, alles klar. Genau das ists wohl. Habs mal bei ARTE glaub ich aufgeschnappt. Da wurde ein Bild vorgestellt, auf dem ein Mann stark verwundet, Kerzengerade auf dem Boden lang und versuchte, den einen Zeigefinger in den anderen zu stecken. Dementsprechend hieß das Bild dann auch: "Man putting his finger into his finger".

 

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