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Die Sockenschublade

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06.10.2009
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Die Sockenschublade

Sockenschublade


Die brummenden Straßen sind feucht. Der feine Regen wird übertönt vom Gurgeln der Lastwagen.
Die Wolkendecke gleicht einer grauen, sich langsam übers Land wälzenden, Masse.
Wie ein Teppich aus dunkler Knete schiebt sie sich über die Dächer.
Hätte man Backförmchen, könnte man wohl kleine Tierfiguren aus diesem Grau ausstechen.

Er steigt aus dem Bett, geht in die Küche und schenkt sich einen Kaffee ein. Die Kanne ist halb leer. Der Kaffee wegen der Heizplatte noch heiß.

Mit dem Kaffee in der Hand setzt er sich auf sein Bett, schaltet den Fernseher ein und zündet sich eine Zigarette an.
Zigarette auf nüchtern Magen.
Als ob sich der sowieso schon leere Bauch immer weiter aushölt, bis vom Hungergefühl irgendwann nichts mehr zu spüren ist.

Der Kaffee schmeckt abgestanden, jeder Schluck hinterlässt ein trockenes Gefühl im Mund.
Der Zigarettenrauch brennt auf der trockenen, vom Kaffee braun gefärbten, Zunge.

Im Fernsehn gibt es Messersets zu kaufen. Wenn man sofort anruft sogar drei zum Preis von einem. Der Kaffee wird immer trockener. Frisch gekochter wäre wohl besser gewesen.

Es klingelt, die Post ist da. Der Bote überreicht ein Paket. Es ist groß aber leicht.

Die Schere bahnt sich ihren Weg durch die Wellpappe.
Schön, wie ordentlich alles verpackt ist. Durch den großen Ritz im Karton ist dunkler Stoff zu erkennen.
Aus dem Inneren duftet es nach Neuem.
Das Material ist weich, er hält es fast schon stolz in den Händen und schneidet eifrig die Preisschilder ab. Ein Lächeln versucht über seine Lippen zu huschen.

Ordentlich zusammengerollt passt alles genau in die Lücke in der Sockenschublade. Alles wieder in Ordnung. Und das auch noch zu einem Bruchteil des Ladenpreises.

Wieder ein Glückstag.

 

Hallo Edmund Reiter,

und herzlich willkommen auf KG meinerseits.

Schon erstaunlich, wie wenig Du brauchst um einen Antihelden zu erschaffen.

Die Kanne ist halb leer.

Ein Pessimist!

Mit dem Kaffee in der Hand setzt er sich auf sein Bett, schaltet den Fernseher ein

Passive Lebensform. Ein - ein Tag im Bett Verbringer :).

Im Fernsehn gibt es Messersets zu kaufen.

Einer, der Homeshopping schaut.

Schön, wie ordentlich alles verpackt ist.
... Ordentlich zusammengerollt passt alles genau in die Lücke in der Sockenschublade. Alles wieder in Ordnung.

Ein Pedant!

Wenn man sofort anruft sogar drei zum Preis von einem ...
Und das auch noch zu einem Bruchteil des Ladenpreises.

Ein Geizhals!

Wieder ein Glückstag.

Ein ganz armes Würstchen.


Textkram:

Die Wolkendecke gleicht einer grauen, sich langsam übers Land wälzenden(,) Masse.

Hätte man Backförmchen, könnte man wohl kleine Tierfiguren aus diesem Grau ausstechen.

Bei Backförmchen habe ich an so Sandkastenspielzeug gedacht, weniger zu stechen geeignet. Aber Du meintest die Dinger für Plätzchen nicht. Heißen die auch Backförmchen?


Schöne Figurenzeichnung über wenig Text. Gefällt mir gut. Ist aber eher eine Skizze als eine Geschichte. Da ist nix, was mich emotional bewegt oder gar erreicht, nix worüber ich weiter nachdenke.

Beste Grüße Fliege

 

Hi Edmund!
Im Großen und Ganzen kann ich mich Fliege nur anschließen. Ich finde, dass du dieses beschränkte Leben ganz gut beschrieben ist. Allerdings fehlt mir der Konflikt.

Die brummenden Straßen sind feucht. Der feine Regen wird übertönt vom Gurgeln der Lastwagen
Der Vergleich ist für mich nicht anschaulich: Entweder ich sehe, dass dieStrasse feucht ist, dann bin ich nah genug dran, dass ich die Geräusche der einzigen Autos auseinderhalten kann und nicht mehr den Eindruck habe, dass die Straße selbst brummt, oder ich bin weit weg, habe den Eindruck dass die Straße brummt, aber sehe nicht, dass sie feucht ist. Und irgendwie erweckt ein gurgelnder Lastwagen überhaupt keine Assoziation bei mir.
Die Wolkendecke gleicht einer grauen, sich langsam übers Land wälzenden, Masse.
Wie ein Teppich aus dunkler Knete schiebt sie sich über die Dächer.
Die beiden Beobachtungen ließen sich vielleicht eleganter in einen Satz packen.
Ich hoffe du kannst etwas mit meinen Anmerkungen anfangen!
Sonnige Grüße
Cathy

 

Danke für Kritik

Danke für eure reiche Kritik.

Ich habe grade erst angefangen zu schreiben. "Die Sockenschublade" ist sozusagen mein Ertswerk.

Ursprünglich war es als Einleitung zu einer Geschichte bzw. einer erzählenden Sammlung von Kurzgeschichten gedacht.

Die Geschichte soll zunächst den Protagonisten zeichnen. Ich wollte jemanden darstellen, einen Stereotypen.

Jemanden der ganz typisch alles mitmacht was diese Welt zu bieten hat. Die Bemerkung "Wieder ein Glückstag" spielt darauf an, dass sein Tag (welcher eigentlich nur aus Kaffee, Zigaretten und Verkaufssendungen, also aus Genussmitteln und Konsum besteht) nur durch die postale Lieferung von Konsumgütern zu einem Glückstag wird.

Soweit zu Erklärung meinerseits.

Ich bin immer dankbar für Anstöße und Kritik um die Zeichnung zu verbessern.

Grüße, Edmund

 

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