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Die Stimme

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11.06.2020
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Die Stimme

Marie nahm den Hörer ab. „Ja, bitte?“ sagte sie in die Muschel. Sie hatte in letzter Zeit darauf verzichtet, ihren Namen zu nennen, weil zu viele Anrufer nur am Telefon herumulkten und die Leute belästigten. Wahrscheinlich war das wieder so eine Masche, die man erst begriff, wenn man auf irgendwelche Tricksereien hereingefallen war, dachte sie.
"Hier ist Fred. Bist du das, Andrea?“
„Hier gibt es keine Andrea, Sie müssen sich verwählt haben.“
„Oh, das tut mir leid. Entschuldigen Sie bitte.“
„Macht nichts, kann ja mal passieren. Auf Wiederhören.“
„Bitte legen Sie nicht auf“, kam es hastig. „Bitte!“
„Was wollen Sie von mir?“
„Bitte halten Sie mich nicht für lästig, gnädige Frau, aber Sie haben eine so sympathische Stimme mit einem so liebevollen Klang, … als … als wären Sie von einer anderen Welt.“
„Puh, Sie können aber schöne Komplimente machen, Sie Schmeichler. Ist das Ihre Masche?“
„Ich bitte Sie! Ich habe das wirklich ernst gemeint. Ihre Sprache hat auch eine sehr angenehme Melodie. Sie stammen garantiert nicht aus dieser Gegend.“
„Hört man das wirklich heraus? Sie vermuten das, weil ich keinen Akzent habe, nicht wahr?“
„Ich interpretiere es einfach so. Liege ich etwa falsch?“
„Nein, gewiss nicht. Aber ich sage Ihnen nicht, woher ich komme.“
„Ich wollte auch sooo neugierig nicht sein. Ich stamme ja auch nicht von hier. Ich bin im Rheinland geboren, falls Sie das interessiert.“
„Es interessiert mich nicht wirklich. Wir kennen uns ja nicht.“
„Wir sind dabei, uns kennenzulernen.“
„Hören Sie, Fred oder wie Sie heißen. Wieso verwickeln Sie mich in ein Gespräch, auf das ich gar keinen Wert lege? Ich lege jetzt auf. Tschüss.“
„Bitte nicht, es ist sehr wichtig für mich, Ihnen zuzuhören. Bitte legen Sie nicht auf.“
„Na gut, aber warum wollen Sie sich unbedingt mit mir unterhalten. Fehlt Ihnen etwas? Ich meine, belastet Sie etwas, dass Sie mit jemandem reden müssen?“
„Nein, eigentlich nicht. Aber für mich ist eine sympathische Stimme etwas ganz Besonderes. Es ist für mich ein Genuss, Ihnen zuzuhören.“
„Ist von meiner Seite aus schlecht nachvollziehbar. Aber erzählen Sie mal von sich. Wer sind Sie eigentlich? Oder besser gesagt: Mit wem habe ich es überhaupt zu tun?“
„Nun gut: Ich heiße also Fred, wie Sie schon wissen. Ich arbeite als Ingenieur, bin achtundvierzig Jahre alt und zur Zeit, nein, seit längerer Zeit nicht nur allein, sondern etwas einsam. Das liegt aber nicht nur an mir, sondern vor allem an meinem Job. Ich bin nämlich manchmal wochenlang unterwegs, wissen Sie. Meine Arbeit ist sehr unregelmäßig und verträgt sich überhaupt nicht mit einer festen Beziehung. Es ist so wie in den Krimis, wo die Ermittler auch jede Nacht unterwegs sind und die Ehen kaputtgehen. Diese Kripoleute schlafen überhaupt nie, und wenn, dann in ihren Büros. Ist Ihnen das schon einmal aufgefallen?“
„Ja, da haben Sie recht. Und in den Western hängen die Menschen nur in den Saloons herum. Die müssen nicht nur nicht arbeiten, die müssen nicht einmal pinkeln. Die sind überall da, wo eine Flasche aufgemacht wird. Und das geschieht rund um die Uhr. Schon mal beobachtet, Fred?“
„Ja, klar, das ist das Leben in den Filmen. Unsereins quält sich da anders. Mit welcher Arbeit verdienen Sie sich Ihr Brot, wenn ich fragen darf?“
„Ich arbeite von zu Hause aus. Ich mache Textverarbeitung für eine größere Firma. Mehr darf ich nicht sagen. Ich habe da eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben. Mein Name ist übrigens Selma“, log sie.
„Danke, Selma. Was treiben Sie so, wenn Sie nicht arbeiten?“
„Ach Gott, wo soll ich da anfangen? Ich lese viel, ich stricke hin und wieder, ich surfe gern mal im Internet, und wenn das Wetter entsprechend ist, bummle ich gern mal durch die Stadt und gehe einen Kaffee trinken. Der Sinn meiner Freizeit ist, dass ich mich ausruhe. Das Brüten über schwierigen Texten kostet manchmal alle Konzentration, die man nur aufbringen kann. Da muss man auch mal relaxen.“
„Geht mir genauso. Früher war ich in Vereinen, habe Handball gespielt und war jedes Wochenende unterwegs, um etwas zu erleben. Aber das ist alles vorbei. Man wird ruhiger mit der Zeit.“
„Wollen Sie nichts mehr erleben? Dafür sind Sie noch zu jung, oder? Ein Mann in diesem Alter …? Achtundvierzig sind Sie, das sagten Sie doch?“
„Ja, natürlich hat man da noch Bedürfnisse, wenn Sie das meinen. Keine schöne Situation für mich, das können Sie mir glauben. Für keinen Mann ist so etwas angenehm.“
„Sie reden nur von Männern. Meinen Sie, einer Frau geht es anders?“
„Jetzt sagen Sie nur, Sie sind auch allein?“
„Ja, bin ich. Mein Mann ist vor Jahren verunglückt, und ich habe keine Lust mehr, auf die Rollbahn zu gehen. Verstehen Sie das?“
„Und ob! Einer Beziehung nachzujagen, ist ein grausam langwieriges Spiel. Ich habe einfach nicht die Nerven dazu.“
„Und wie behelfen Sie sich in Ihrer Notlage? Männern fällt doch die Enthaltsamkeit schwerer als uns Frauen.“
„Jetzt wird’s intim, Selma.“
„Wovor haben Sie Angst? Wir kennen uns doch nicht“, sagte Selma schelmisch. „Da kann man doch ganz offen sein, oder?“, versuchte sie, ihren Gesprächspartner aus der Reserve zu locken. Die Sache begann, ihr Spaß zu machen.
„Angst? Nein, die habe ich nicht“, kam es knapp zurück. „Gut, wenn wir über solche Dinge reden wollen, gern. Sind wir beide offen zueinander?“
„Klar. Einseitigkeit geht bei diesem Thema ja wohl nicht.“ Sie trieb das Gespräch konsequent voran.
„Nun, Selma, was hat ein Mann für Möglichkeiten? Er startet sein Kopfkino und ...“
„Stopp! Ich habe es mir überlegt. Wir sollten doch das Thema wechseln, Fred. Es ist dafür wirklich noch zu früh.“
„Und wie werden Sie mit dem Problem fertig, Selma?“
„Ich stelle mit Verwunderung fest, dass Männer glauben, den Frauen ginge es besser. Wir sind genauso einsam wie Ihr Männer, und Sie dürfen ruhig glauben, dass uns jemand fehlt, unter dessen Decke wir kriechen und an den wir uns kuscheln können. Einsamkeit ist in solchen Situationen eine furchtbare Last, auch für Frauen, glauben Sie mir.“
„Also, wechseln wir das Thema. Wir kennen uns ja nicht, deshalb frage ich unverblümt, ohne dass ich eine Antwort erwarte: Wie alt sind Sie, Selma?“
„Fünfundvierzig“, kam es nach einigem Zögern.
„Fünf-und-vierzig“, wiederholte er langsam in die Muschel murmelnd. „Und ich bin achtundvierzig. Altersmäßig sind wir auf einer Wellenlänge, wenn ich das mal so sagen darf. Selma, ich will nicht mit der Tür ins Haus fallen, aber sollten wir uns nicht überlegen, wenigstens hin und wieder einmal miteinander zu telefonieren?“
„Das wäre tatsächlich zu überlegen.“
„Ich fände es sehr schade, wenn wir uns nach so einem wunderbaren Gespräch aus den Augen verlieren würden. Bitte seien Sie ganz ehrlich: Läge Ihnen daran, den Kontakt nicht abreißen zu lassen?“

Selma schwieg, weil sie angestrengt überlegte. Wenn sie Kontakt hielten, würde das bedeuten, dass sie sich ihre Telefonnummern austauschen müssten. Damit wäre ihre Anonymität aufgegeben. Das aber wollte sie auf gar keinen Fall. Jedenfalls nicht nach so kurzer Zeit des Kennenlernens.
„Sie brauchen Bedenkzeit, Selma, stimmt’s? Ich will Sie nicht bedrängen. Es war nur eine Frage. Nicht mehr und nicht weniger“, machte er einen Rückzieher.
„Gut, Fred, wir halten Kontakt, aber ich rufe Sie an. Das heißt, Sie geben mir Ihre Nummer, während ich meine noch für eine gewisse Zeit zurückbehalte. Ist das okay für Sie?“
„Gewiss doch, mir kommt es nur darauf an, dass es noch möglichst viele weitere Gespräche gibt. Ich brauche Ihre Nummer nicht, was ich brauche, ist ihre wunderbare Stimme.“
„Gut, dann machen wir es so“, gab sie sich einverstanden.


So vergingen weitere vierzig Minuten, und Selma spürte, wie sie immer mehr Gefallen an ihrem Gesprächspartner fand. Mehr noch: So wie er ihr zu Füßen zu liegen schien, so malte auch sie sich die eine oder andere Situation an seiner Seite aus, und der vorläufige Höhepunkt war, auf welche Weise sie in dieser erotisch leicht angeheizten Stimmung noch einmal das Thema Erotik anschnitten.
„Selma, ich möchte eine genau Vorstellung von Ihnen haben. Wie sehen Sie aus? Würden Sie mir den Gefallen tun und sich selbst beschreiben?“
„Das sollte ich nicht tun. Ist es nicht viel schöner, Sie formen sich aus all dem, was wir miteinander geredet haben, ihr eigenes Bild? Wir wollen uns ja nicht persönlich kennenlernen, vorläufig jedenfalls nicht. Da sollte sich jeder ein Bild vom anderen machen, ohne steckbriefähnliche Hinweise zu bekommen. Ich jedenfalls finde das viel spannender.“
„Schade, Selma, aber ich verstehe Ihren Standpunkt und werde ihn selbstverständlich akzeptieren. Trotzdem finde ich es sehr bedauerlich. Ihre erotische Stimme kenne ich ja nun schon seit über einer Stunde, wenn Sie mir wenigstens etwas über Ihre Figur, Ihre … nein, lassen wir das. Entschuldigen Sie.“
„Oh Fred, wissen Sie, was ich spüre? Ich denke, dieses Telefongespräch erregt Sie sexuell. Und jetzt würden Sie gerne wissen, wie mein Po und meine Brüste aussehen. Und am liebsten wäre es Ihnen, wenn ich Ihnen mit rauchiger Stimme erzählen würde, wie ich … Nein, auf gar keinen Fall, das wäre wohl etwas verfrüht, nicht wahr, obwohl ich den Gedanken selbst ziemlich reizvoll fände.“
„Wirklich? Warum tun wir es dann nicht? Wir sind erwachsene Menschen. Selma, bitte.“
„Ich weiß nicht, das geht mir alles zu schnell. Ich bin in dieser Hinsicht ziemlich konservativ. Wir kennen uns ja überhaupt nicht.“
„Darin liegt ja gerade der Reiz. Wir sehen uns nicht und kennen uns nicht, und das Einzige, was zwischen uns besteht, ist unsere gegenseitige Sympathie. Wenn es Ihnen zu viel wird, brechen wir einfach ab und reden nicht mehr drüber. Oder Sie legen auf, was mir allerdings sehr, sehr leid tun würde.“
Marie antwortete nicht sofort, und Fred wusste, dass sie überlegte, welche Entscheidung sie treffen sollte. Er wartete.
„Das Gespräch war bis hierhin sehr schön, Fred“, säuselte sie. „Aber ich glaube, wir sollten es jetzt beenden. Man soll ja bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist. So heißt doch das Sprichwort, nicht wahr? Also dann!“
„Schade, Selma, das geht jetzt aber sehr schnell. Haben Sie etwas zu schreiben? Ich wollte Ihnen doch meine Nummer geben: 039724 65 90 28.“
Marie notierte die Nummer auf ein Blatt Papier.
„Oh!“
„Was ist?“
„Das ist die gleiche Vorwahl, wie ich sie habe“, reagierte sie ganz erstaunt. Sie nannte ihm den Namen der Stadt.
„Dann sind wir vielleicht Nachbarn.“
„Hm, das wäre aber ein großer Zufall.“
„Ich wohne im östlichen Teil“, bekannte er. „Ach, Selma, wollen wir uns nicht doch persönlich kennenlernen? Ich finde, wir haben uns richtig neugierig aufeinander gemacht, da wäre doch jetzt eine gute Zeit dafür. Es läge mir sehr viel daran, sehr, sehr viel. Wir gehen gemütlich etwas trinken, sozusagen als Abschluss unseres kleinen Flirts am Telefon. Ich möchte Sie unbedingt sehen.“
„Das geht mir jetzt aber wirklich zu schnell“, lehnte sie erst einmal vorsorglich ab, um etwas Zeit zum Überlegen zu haben. Dann legte sie aber nach: „Wenn ich es mir recht überlege … ja … vielleicht …“, stammelte sie und unterbrach sich selbst. Man konnte fühlen, wie die Gedanken in ihrem Kopf nicht zur Ruhe kamen. „Gut, Fred“, begann sie von Neuem. „Ich bin, wenn ich ehrlich bin, auch neugierig auf Sie, auch wenn ich so ein unbedachtes Holtertipolter überhaupt nicht mag. Dinge müssen wachsen und dürfen sich nicht überstürzen.“
„Da gebe ich Ihnen recht. Aber alles, was wir hinausschieben, ist verlorene Zeit.“
„Ist ja gut, Sie haben gewonnen.“
„Wo treffen wir uns? Sie können natürlich einen Ort bestimmen.“
„Kennen Sie den Lessingplatz?“
„Natürlich, ich wohne seit dreißig Jahren hier in dieser Stadt.“
„Gegenüber dem Eingang zum Kirchhof befindet sich ein kleiner Brunnen, links und rechts davon stehen zwei Bänke. Kennen Sie diesen Ort?“
„Ja, natürlich.“
„Wir treffen uns dort in einer Viertelstunde“.
„Danke, Selma, ich freue mich riesig. Die Kirche ist ein guter Treffpunkt. Drinnen oder draußen?“
„Draußen natürlich. Am Brunnen, wie ich sagte.“

Von Maries Fenster aus hatte man in einer Entfernung von nur fünfzig Metern die beiden Bänke und den Brunnen im Blick. Mit großer Mühe schaffte sie es, ihren mittlerweile 130 kg schweren Körper aus ihrem Ledersessel zu hieven. Seit sie vor 20 Jahren begonnen hatte, diese verdammten Tabletten zu schlucken, hatte sie jedes Jahr zugenommen, und seit letztem Jahr wurden auch die Probleme mit den Knien und der Hüfte größer, dabei war sie gerade erst siebzig geworden.
Sie knipste das Licht aus und stellte sich hinter die Gardinen ihres Fensters. Die Minuten vergingen langsam, wie immer, wenn man wartet. Auf der Straße war nur ein Mensch zu sehen, ein alter Mann, ein Rentner mit grauem Bart und Spazierstock. Er steuerte auf die Bank zu, blieb kurz stehen und sah sich um, ging schließlich daran vorbei und betrat den Kirchhof. Sie kannte ihn vom Sehen. Er lief ihr eine Zeitlang jeden Monat auf dem Sozialamt über den Weg und wohnte in der Nachbarschaft, war alleinstehend und ging jeden Morgen und jeden Abend in die Kirche. Diesmal öffnete er aber die schwere Tür ins Innere nicht, sondern setzte sich auf die Treppe, von wo aus er die beiden Bänke beobachten konnte.

 

Hallo @Nicdinard

herzlich willkommen bei uns!

Auch für diesen Text gilt: Bitte räum doch ein bisschen auf. EInfach auf bearbeiten klicken und die überflüssigen Leerzeilen entfernen.

Ich habe ein bisschen reingelesen in deinen Text, weit bin ich nicht gekommen, zum einen weil die Formatierung sehr anstrengend zu lesen ist, zum anderen wegen solchen Sätzen:

„Bitte halten Sie mich nicht für lästig, gnädige Frau, aber Sie haben eine so sympathische Stimme mit einem so liebevollen Klang, … als … als wären Sie von einer anderen Welt.“
„Puh, Sie können aber schöne Komplimente machen, Sie Schmeichler. Ist das Ihre Masche?“
Das hört sich leider total unecht an, ich kann mir nicht vorstellen, dass reale Menschen so ein Gespräch führen. Das zieht sich durch den ganzen Text, das solltest du dir nochmal anschauen.

„Gut, Fred, wir halten Kontakt, aber ich rufe Sie an. Das heißt, Sie geben mir Ihre Nummer, während ich meine noch für eine gewisse Zeit zurückbehalte. Ist das okay für Sie?“
Er hat sie doch angerufen?! Also muss er doch ihre Nummer haben.

Viele Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 
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Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Hallo Nichtgeburtstagskind,
Junge und Middleager reden nicht so, klar, aber um die geht es hier auch nicht. Bitte zu Ende lesen. Jetz, da der Text aufgeräumt ist, ist's leichter. Was die Tel.-Nr. angeht, so bleibt offen, ob er sie hatte oder sich wirklich verwählt hat. Auf jeden Fall darf er ihr gegenüber nicht zugeben, dass er sie kannte, denn das Gespräch baut ja auf dem zufälligen Anruf auf.
Gruß
NicDinard

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi @Nicdinard,

willkommen! Gleich vorausgeschickt, das ist mein persönlicher Leseeindruck. Ich behaupte also gar nicht, dass ich es besser kann oder besser weiß. Es bleibt dir überlassen, was du mit meinen Anmerkungen machst.

Dein Text hat mich nicht überzeugt. Das liegt vor allem daran, dass sich der Dialog zwischen den beiden Protas aus meiner Sicht nicht sehr realistisch liest. @Nichtgeburtstagskind hat das schon angemerkt und ich bin derselben Meinung.
Daran ändert, aus meiner Sicht, auch nichts, dass es sich um zwei ältere Personen handelt, wie du später angemerkt hast.- zB.

„Das wäre tatsächlich zu überlegen.“
„Ich fände es sehr schade, wenn wir uns nach so einem wunderbaren Gespräch aus den Augen verlieren würden. Bitte seien Sie ganz ehrlich: Läge Ihnen daran, den Kontakt nicht abreißen zu lassen?“
Mmh? Reden ältere Leute so?

Der Text kann, aus meiner Sicht, auch noch um einiges gekürzt werden. Zum Beispiel, gleich am Anfang:

Marie nahm den Hörer ab. „Ja, bitte?“ sagte sie in die Muschel.
Zumindest einen von den beiden Sätzen (vor und nach der direkten Rede) kannst du streichen. Oder hat der Umstand, dass sie in die Muschel spricht oder den Hörer abnimmt irgendeine wichtige Funktion für den Text? Im Prinzip könntest du sogar beide streichen, da im folgenden Satz ohnehin rauskommt, dass sie telefoniert.

Ganz klar ist mir dann auch nicht, was du mit den beiden folgenden Sätzen meinst:

Sie hatte in letzter Zeit darauf verzichtet, ihren Namen zu nennen, weil zu viele Anrufer nur am Telefon herumulkten und die Leute belästigten. Wahrscheinlich war das wieder so eine Masche, die man erst begriff, wenn man auf irgendwelche Tricksereien hereingefallen war, dachte sie.
Was ist mit "das" gemeint? Bezieht es sich auf das nun folgende Telefongespräch oder ist es eine allgemeine Annahme, so wie im ersten Satz?
Das also nur, um dir zu zeigen, worüber man beim Lesen stolpert.

Teilweise ist der Plot für mich nicht ganz schlüssig. In deinem Kommentar von heute deutest du an, dass der Mann nicht zufällig bei ihr anruft, sich also nicht "zufällig" verwählt. Das hätte ich zunächst einmal aus dem Text (ohne deine Ergänzung) nicht rausgelesen. Aber vielleicht habe ich auch etwas überlesen, mag sein.

Aber warum lügt der Mann dann eigentlich?

„Nun gut: Ich heiße also Fred, wie Sie schon wissen. Ich arbeite als Ingenieur, bin achtundvierzig Jahre alt und zur Zeit, nein, seit längerer Zeit nicht nur allein, sondern etwas einsam. Das liegt aber nicht nur an mir, sondern vor allem an meinem Job. Ich bin nämlich manchmal wochenlang unterwegs, wissen Sie. Meine Arbeit ist sehr unregelmäßig und verträgt sich überhaupt nicht mit einer festen Beziehung. Es ist so wie in den Krimis, wo die Ermittler auch jede Nacht unterwegs sind und die Ehen kaputtgehen. Diese Kripoleute schlafen überhaupt nie, und wenn, dann in ihren Büros. Ist Ihnen das schon einmal aufgefallen?“
Etwas später wird er als Rentner beschrieben - also wahrscheinlich schon jenseits der 60, nehme ich an.
Er kennt sie, kennt ungefähr ihr Alter (sie ist 70): Warum lügt er über sein Alter? Dann würden sie "altersmäßig" ohnehin zusammenpassen.
Und als Rentner ist er wohl schon im Ruhestand - erzählt hier aber von einem Job, den er noch ausführt.

Hängengeblieben bin ich auch an dem Teil, wo sich Marie umstimmen lässt:

„Hören Sie, Fred oder wie Sie heißen. Wieso verwickeln Sie mich in ein Gespräch, auf das ich gar keinen Wert lege? Ich lege jetzt auf. Tschüss.“
„Bitte nicht, es ist sehr wichtig für mich, Ihnen zuzuhören. Bitte legen Sie nicht auf.“
„Na gut, aber warum wollen Sie sich unbedingt mit mir unterhalten. Fehlt Ihnen etwas? Ich meine, belastet Sie etwas, dass Sie mit jemandem reden müssen?“
Irgendwie geht mir das zu einfach: Er erwähnt lediglich, dass es für ihn wichtig ist, mit ihr zu sprechen und sie scheint schon überredet zu sein, und das, obwohl sie so eine Abscheu gegen Tricksereien und Betrügerein über das Telefon hat, wie am Anfang gesagt wird.

Also, liebe/r Nicdinard, lediglich ein individueller Eindruck von der Lektüre deines Textes. Stelle es mir persönlich auch nicht leicht vor, ein Gespräch von Menschen dieses Alters realistisch zu gestalten. Aber der Weg ist ein steiniger!

Viel Spaß weiterhin!
Servus Walterbalter

 

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