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Die Suche nach dir

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30.10.2003
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Die Suche nach dir

Die Suche nach dir


Lange habe ich dich gesucht, sehr lange.
Zunächst war es eine unbestimmte Suche, denn ich wußte ja nicht, wo du warst, wie du aussahst und wie ich dich erkennen sollte. Ich wußte lediglich, daß ein Diamant irgendwo zu irgendeiner Zeit auf mich wartete. Als du dann plötzlich vor mir glitzertest, konnte ich den Fund nicht recht begreifen, und heute noch staune ich über den Weg, der mich zu dir führte. Vielleicht ergeht es einem Archäologen ähnlich, der an einer zufälligen Stelle anfängt zu graben, um dann ganz unerwartet Atlantis zu entdecken? Wie hübsch du doch bist!

Ich verließ den Ort, an dem die Seifenblase einer Hoffnung zerplatzte und die kalte, harte Realität geboren war. Anfangs fiel mir die Orientierung schwer, doch ich lernte, Gold von Pyrit zu unterscheiden. So irrte ich durch das Land, gewöhnte mich an ein Leben als Einzelkämpfer. Namen erklangen und verhallten, bis die Einsamkeit inmitten der Masse zur Normalität wurde. Im Nachhinein weiß ich, daß ich dich damals ohnehin nicht hätte finden können, weil du noch geschlafen hast. Die Dekade half mir, zuerst mich selbst kennenzulernen, und in dieser Ära wurde der Grundstein zu dem Menschen gelegt, der dir heute die Hand reicht.

Einst reiste ich zum Vulkan und suchte deinen kristallinen Schein, doch da warst du nicht. Ich begab mich zu den Nachbarn, doch sie wußten nichts von dir. Oder ich fragte die Philosophen entlang des Weges, aber sie hatten keine Ahnung von deinem Reichtum. Dann flog ich der Morgenröte entgegen, aber dort konnte ich dich ebenfalls nicht finden. Stattdessen traf ich deine entfernte Cousine; sie war jung und suchte einen Besitzer für ihren Schmuck. Ich gab ihr Hoffnung, denn für mehr reichte es einfach nicht. Ob es dein Glanz war, der mich nach Hause rief?

Als mir Hermes dann den Weg zu Ali Babas Höhle wies, erkannte ich durch den Türspalt den Lichtreflex deines Schatzes: Welch ein funkelnder Brillant die Innenseite einer Kokosnuß beleuchtete! - Wie sollte man die Strahlenpracht von außen auch bemerken, wenn du dich ständig wie ein Reh verstecktest? Wie konnte ich denn ahnen, daß der Edelstein seit eh und je in meiner Nähe war? So still und unbeachtet wie ein Münzlein in der großen Truhe? Du sagtest nichts, blicktest mir nur ins Gesicht. Das Feuer deiner Augen entzündete den brach liegenden Acker und brannte im Nu meine Sturheit nieder. Zwischen Ebenholz und Seide schimmerte der Zauber deines atemberaubenden Lächelns. Selten hast du es mir geschenkt, viel zu selten. Stattdessen blies mir ein eisiger Schneesturm ständig ins Gesicht, und ich mußte trotzdem weiter. Weiter, um meinen Auftrag zu erfüllen: das verloren geglaubte Juwel wiederzufinden und zu befreien.

Nun stehe ich hier, halte dich fest und warte auf deine Antwort. In der Melodie deiner Stimme sichte ich es schon: Es tut dir so gut, geliebt zu werden! Nach all den Jahren durchströmt endlich das Gefühl einer wirklichen Geborgenheit dein Wesen. Keime der Güte erblühen in deinem Herzen. Merkst du, was für ein großartiger Flair deine Kostbarkeit umgibt? Im Rausche deiner Schönheit wandle ich mich zum Sklaven deiner Reize. Honig fließt mir durch die Adern, und ich schenke dir ein neues Ehrenkleid. Noch nie habe ich dich so glücklich erlebt.
Ich lausche deinen Bildern.

 

Hallo ababwa!

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen! Du schreibst in eindrücklichen Bildern, die verschiedenen Mythologien und Religionen entlehnt sind und sich in Deiner Geschichte zu etwas Neuem, Einzigartigem zusammenfügen.
Deine Sprache ist sehr ansprechend; den alten Bildern entsprechend schnörkelig und gewunden, was meiner Meinung nach sehr gut passt.

Der Inhalt ist ein altes Thema: Man geht auf die Suche nach etwas, das schon immer ganz nah war, aber man kann es erst erkennen, nachdem man die weite Reise hinter sich gebracht hat.
Trotzdem ist mir beim Lesen Deiner Geschichte nicht langweilig geworden, da Du das bekannte Thema angenehm neu umgesetzt hast.

Ich hab nix zu meckern...

Lieben Gruß

chaosqueen

 

Hallo Abawa.
Deine Geschichte klingt sehr romantisch, wenngleich auch klar trotz aller blumiger Umschreibung.
Sie ist, in meinen Augen die geschichte zweier, die erst lernen mussten sich selbst zu finden, sich selbst zu lieben, um dann endlich der befreienden Liebe teilhaftig zu werden.
In deinen Formulierungen lese ich einen Hang zur Arabisch geprägten Formulierung heraus.
Ungewohnt, aber gefällig.
Lord

 

Vielen Dank für die netten Kommentare!

Alle eure Bemerkungen sind stimmig. Mir ging es bei diesem Text weniger darum, einen tieferen Sinn zu verstecken, denn dies können talentiertere Autoren seeehr viel besser als ich. Ich wollte einfach etwas Schönes erschaffen und dem geneigten Leser eine Freude bereiten. Ich denke, die Geschichte ist stillschweigend angekommen.

Besten Dank fürs Lesen,
euer ababwa

 

Hallo ababwa,

so ganz ohne tieferen Sinn bist du aber gar nicht ausgekommen in deiner Geschichte, denn sie drückt in wunderschönen Worten aus, dass Liebe aus Liebe geboren wird. Liebe zu sich selbst. Der Juwel kann erst strahlen, wenn dein Prot ihn ausgraben hilft, ihn polieren hilft, und wenn es gelingt, ihn von der dicken Kohleschicht zu befreien, mit der er sich schützt. Wirklich eine schöne stimmungsvolle und auch tiefe Geschichte.

Lieben Gruß, sim

 

Danke, lieber sim!

Du bist mir schon einige Male als ein herausragender Kritiker und Interpeter von Geschichten aufgefallen! - Gut, ich gebe zu: Es steckt doch mehr dahinter, als es den Anschein hat. Danke dir!

Schöne Grüße,
aba

 

Hallo ababwa!

Der Inhalt und die hintergründige Aussage, daß man sich erst selbst kennen muß, bevor man lieben kann, gefallen mir gut, aber der Stil ist mir viel zu schwülstig und auch zu sehr auf Schönheit (gerade im Hinblick auf die Aussage finde ich das unpassend) ausgelegt. Aber das liegt sicher an mir persönlich, anderen gefällt es ja, wie Du siehst. ;)

Aber ich dachte mir beim Lesen, daß die Geschichte gut als Märchen auszubauen wäre, diese Reise des Protagonisten ein bisschen phantastisch ausgearbeitet, könnte ich mir gut vorstellen. :) – Vielleicht hast Du dazu Lust?

Was ich auf jeden Fall ändern würde, ist diese Stelle:
»Zuerst war es eine undefinierte Suche«
– da würde ich schreiben „eine unbestimmte Suche“, bei
»und was dich auszeichnete«
– würde ich schreiben „wie ich dich erkennen konnte“

»der an einer zufälligen Stelle anfängt zu graben«, um auf einmal ganz woanders«
– die zufällige Stelle erscheint mir nicht ganz richtig, vielleicht „einer zufällig ausgewählten Stelle“?

»Die Dekade half mir, zunächst mich selbst kennenzulernen«
– ich würde den Beistrich nicht vor sondern nach „zunächst“ machen

»Wie sollte man die Strahlenpracht von Außen auch bemerken«
– von außen

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo ababwa,

deine Geschichte erinnert an eine romantische Suche. Beginnend mit der Hoffnung auf die Befriedigung eines Verlangens wird ein Lebens- und Erkenntnisweg beschrieben, ein Reifeprozess wird durchlaufen. Die gegebene Liebe lässt „Güte erblühen“, „Kostbarkeit“ wird entdeckt. Ich denke die Geschichte kann als Metapher für verschiedene verborgene Schätze dienen, die es gilt im Leben zu entdecken. Ich fand es sehr angenehm zu lesen.

Einige Änderungsvorschläge, die meisten beziehen sich auf denselben Aspekt:


Vielleicht ergeht es einem Archäologen ähnlich, der an einer zufälligen Stelle anfängt zu graben, um auf einmal ganz woanders Atlantis zu entdecken?

- ganz unerwartet Atlantis (sonst würde er an der zufällig ausgewählten Stelle graben und dann Atlantis doch woanders - an einer anderen Stelle als der zufälligen - entdecken.

Ich verließ den Ort, an dem eine Seifenblase zerplatzte und die kalte, harte Realität geboren war

- damit deutlich wird, in welchem Sinne die „Seifenblase“ metaphorisch gemeint ist, würde ich sie spezifizieren: die Seifenblase der Hoffnung o. Ä.

Die Dekade half mir, zuerst mich selber kennenzulernen

- die Umgangssprache „selber“ passt nicht zu dem ansonsten bewusst nicht umgangssprachlichen Stil. Auch die „Dekade“ würde ich spezifizieren. (kennen zu lernen).

Einst reiste ich zum Vulkan und suchte deinen kristallinen Schein, doch da warst du nicht. Ich begab mich zu den Nachbarn, doch sie wußten nichts von dir

- Auch hier: Welcher Vulkan (im übertragenem Sinne ist gemeint? Vulkan der Leidenschaft fände ich z.B. abgedroschen, die Bestimmung müsste zu dem „kristallinen Schein“ passen).

Welch ein funkelnder Diamant die Innenseite einer Kokosnuß beleuchtete!

- ein Diamant funkelt nicht unbedingt, ein Brillant schon.

Das Feuer deiner Augen entzündete den brach liegenden Acker und brannte im Nu meine Sturheit nieder

- hier derselbe Hinweis wie oben: „brach liegende Acker“ der ...
Das positive Gegenstück zu „brach liegen“ ist eigentlich `bearbeiten´ (bestellen), nicht „entzünden“. Wenn du meinst, dass das falsche (die „Sturheit“ auf dem Acker wächst und durch sie verbrannt wird, dann liegt der Acker aber nicht brach. Bei so einem Text, der viel Interpretationsspielraum lässt, sind solche Überlegungen natürlich immer nur Möglichkeiten, keine objektiven Hinweise).


In der Melodie deiner Stimme sichte ich es schon: - sichte?


Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Susi!

Ein verspätetes Dankeschön fürs Begutachten dieser Geschichte. Ich habe damals deine Korrekturvorschläge umgesetzt (vielleicht hast du es ja gesehen?), aber kein Posting mehr darauf erwidert. Soweit ich mich erinnere, gab's stattdessen eine Mail oder PM? Deinen Beitrag habe ich jedenfalls wohlwollend beachtet.

 

Hehe... Meinen Glückwunsch, Woltochinon: Du bist ein schlauer Stratege, das gefällt mir! Danke für deinen Kommentar.

Die Geschichte war ein Versuch, nicht immer so trocken zu wirken, insbesondere unter Literaturexperten. Meine Denkstruktur ist eher analytisch, weniger intuitiv. Daher weiß ich nicht genau, inwieweit ich diesem Ziel nahe gekommen bin? Die früheren Kritiken deuten schon darauf hin, daß es mir durchaus ein bißchen gelungen ist, Gefühle in Worte umzumünzen.

Na, wie auch immer. In vielen, aber keineswegs allen Ausdrücken steckt eine Metapher, in der Stationen meiner Autobiographie verschlüsselt sind. Du hast beispielsweise den "Vulkan" angesprochen: Hier habe ich eine Urlaubs- und Dienstreise nach Teneriffa gemeint, eine Insel vulkanischen Ursprungs, und wollte es irgendwie in das Allgemeinbild einer Suche einbauen. Auf einen "Vulkan der Leidenschaft" bin ich wiederum nicht gekommen, womit ich meinen Mangel an literarischer Kreativität offen zugebe. Ein direkter Bezug zum "kristallinen Schein" fehlt somit, wie du schon erkannt hast.

Die Sache mit dem "glitzernden" Diamanten habe ich verbessert, indem ich die Position mit dem Brillanten getauscht habe. Die "Seifenblase" möchte ich weiterhin unbestimmt lassen, denn es geht nicht nur um eine Hoffnung, sondern schlicht um einen Irrtum, wie er im Leben vorkommen mag. Zum "brach liegenden Acker" fällt mir momentan keine Alternative ein. Die "Dekade" hingegen ist ein Identifikationselement; daran etwas zu ändern, wäre ein erheblicher Einschnitt in meine Absicht. Die übrigen Sachen sind einigermaßen verbessert.

Insgesamt hast du völlig recht: Wertgegenstände durchziehen die Storyline vom Anfang bis zum Ende. Dabei spreche ich abwechselnd materielle Güter genauso wie ideelle an. Auch die Liebesgabe bzw. die Selbsterkenntnis sind ist richtig; und der Streifzug durch die Mythologie und Märchenwelt schimmert ebenfalls durch, alles korrekt. Rückfrage: Versteht eigentlich jemand die "Philosophen entlang des Weges"? Hier ist ein kleines Wortspielchen versteckt.

 

Hallo ababwa,

ich habe nicht angenommen, dass deine Geschichte autobiographisch ist, sondern nur durch deine Autobiographie geprägt (das sind eigentlich alle Geschichten). Wenn dann in all der Symbolik etwas auftaucht (z.B. der Vulkan), das ganz wörtlich (oder faktisch) gemeint ist, hat der Leser keine Möglichkeit den Unterschied zu erkennen. Bei solchen Texten, wie dem vorliegenden ist es dann auch schwer (das ist ein prinzipielles Problem), nicht einer Überinterpretation zu verfallen. Ich könnte z.B. den Vergleich Gold - Pyrit nicht nur oberflächlich (ganz im unübertragenen Sinne des Wortes) ansehen, sondern annehmen, dass, weil Pyrit meistens als Kubus kristallisiert, hier eine Assoziation zu Kubismus hergestellt werden soll (weil der Kubismus das Sichtbare nicht mehr beschreibt, sondern in seine inneren Strukturelemente zerlegt, so wie der Protagonist analysierend feststellt, doch nicht Gold sondern Pyrit gefunden zu haben).
Es kommt dann darauf an, wie wichtig dem Autor Eindeutigkeit und seine autobiographische Wahrheit ist.

„Die "Seifenblase" möchte ich weiterhin unbestimmt lassen, denn es geht nicht nur um eine Hoffnung, sondern schlicht um einen Irrtum“

Wenn es dir um einen Irrtum geht, dann kann ich nur empfehlen, die „Seifenblase“ zu bestimmen, da das zerplatzen eines solchen Objektes landläufig mit dem Verlust einer Hoffnung (Erwartung) verbunden wird.

"Philosophen entlang des Weges“ - ein Wortspiel im Sinne von `pun´ kommt mir im Moment nicht in den Sinn, eher die Assoziation zu `der Weg ist das Ziel´, na - am Weg sind die Freunde der Weisheit jedenfalls schon.

L G,

tschüß... Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Woltochinon,

ja, genau so sollte die Geschichte auch beim Leser ankommen: als eine romantische Story, aber nicht explizit als eine Autobiographie. Daß sie in ihrer Essenz tatsächlich einen Wahrheitsgehalt besitzt, ist eine nachträgliche Mitteilung von mir. Das muß ich ja nicht gleich zu Beginn allen auf die Nase binden, oder? Vielleicht findet der Leser es ja im Laufe der Zeit von selbst heraus? Ich bin durchaus mitteilungsfreudig, und du bist der erste, der den Entstehungshintergrund näher beleuchtet. Besten Dank!

Ohnehin halte ich es für wichtig, ein literarisches Werk auch im Zusammenhang mit der Kenntnis über den Autor zu lesen. Ein Beispiel: Jules Verne wird heute unter Jugendliteratur eingereiht, doch zu seiner Zeit war es Science-Fiction. Er war, so viel ich weiß, Wissenschaftsjournalist und hat sich für die technischen Neuerungen seiner Zeit interessiert. Ein Dostojewski oder Puschkin hätte doch nie und nimmer über eine Reise auf einem Kometen oder zum Erdmittelpunkt geschrieben!

Nichts anderes habe auch ich hier getan: Eine spezielle Betrachtungsweise außen vor gelassen, aber jemand kann (!) meine Gedanken verstehen, wenn er mich kennt, muß es aber nicht. Die weitergehenden Interpretationen liegen im Erfahrungshorizont des Lesers, und das kann durchaus so bleiben. - Dich scheint das Thema fernöstliche Glaubensrichtungen und die Philosophie zu interessieren? So wird auch dein Interpretationswille danach ausgerichtet sein. Ich sehe darin keinen Frevel gegen den Autor, sondern erkenne darin, daß du dich zumindest um ein Verständnis bemühst. Das tun nur wenige.

Die "Philosophen entlang des Weges" sind nun etwas sehr viel Einfacheres: Die Stadt Heidelberg ist schlicht eine bedeutende Station meines Lebens.... *grins* (siehe PM)

Schöne Grüße,
Emil

 
Zuletzt bearbeitet:

Ach, übrigens, noch ein kurzer Nachtrag zum Thema, wie das Verständnis einer Geschichte durch den persönlichen Erfahrungshintergrund des Lesers beeinflußt wird. Mir ist gestern folgende Geschichte wieder eingefallen:
Brüder von Woltochinon.
Ich konnte damals mit den Ideen meiner Vorredner wenig anfangen und bin stattdessen ausgeschert. Meine unkonventionelle Interpretation hat zwar die Intention des Autors verfehlt, doch ein Widerspruch ist auch nicht ersichtlich. Diesmal haben sich die Rollen vertauscht. Ich bin sehr damit zufrieden, wenn meine Story mitsamt der Diskussion schlicht einen Denkanstoß liefert, weitere Meinungen sind willkommen.

 

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