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Die Tür
Sie war schon da als er noch klein war. Ein braunes Bollwerk war es früher für ihn gewesen, damals als er noch zu klein war um an die Klinke zu kommen. Heute nahm er sie nicht mehr wirklich war. Sie war einfach nur eine Tür. Fast liebevoll streicht sein Blick über die zarte Maserung. Ein helles Braun das sich durch das Dunklere zog.
Ein kleines Fenster aus Milchglas befand sich auf Kopfhöhe, zumindest wenn man davor stand. Die blaugrauen Augen tasteten weiter nur um sich kurz darauf an den etlichen Lackschäden festzusaugen. Früher hatten seine Kindergartenbilder dort gehangen. Der Tesafilm hatte Spuren hinterlassen.
Eine kleine Beule in der Türe gab Auskunft über einen Unfall. Als er mit dem Kopf davor gelaufen war, hatte seine Mutter sich zuerst Sorgen gemacht, ehe sie meinte, dass es nicht so schlimm sei, denn Holz auf Holz tut sich nichts. Er hatte deswegen ins Krankenhaus gemusst und die Türe dafür verflucht.
Jetzt war sie der einzige Anker für seine Augen. Denn SIE wollte er nicht ansehen. Wollte nicht in ihre traurigen babyblauen Augen schauen. Es war wie ein nie enden wollender Wasserfall der aus ihren Seelenspiegeln rann. Verbunden mit dem sachten Beben ihres zierlichen Körpers. Auch seine Wangen waren nass. Nur am Rande nahm er ihre schuldbewusste Stimme war: “Es tut mir so leid.”
Er nickte, lenkte seinen Blick mühsam zurück in ihr Gesicht. Es war seltsam wie ruhig er blieb. Doch noch absurder war das er nichts sagen wollte, nur um es trotzdem zu tun. Die Stimme gewann etwas von ihrer alten Kraft zurück, als er in einem recht verletzenden Tonfall meinte: “Und, hat es dir zumindest Spaß gemacht.”
Sie duckte sich wie unter einem Peitschenschlag. Er genoss es, wollte ihr wehtun, wollte sie zappeln lassen. Langsam schüttelte sie ihren wundervollen Kopf. Ein Teil von ihm wollte sich nach vorne beugen, um ihr mit einem einzigen liebevollen Kuss, die Tränen von den Lippen, und somit auch ihre Verzweiflung nehmen. Er tat es nicht.
“Mit wem?”, er wollte es nicht wissen. Zitternd war ihre begehrenswerte Stimme, als sie den Namen seines besten Freundes preisgab. Keine Mine verzog er dabei. Doch sein Verstand fuhr Achterbahn. Das war ein schlechter Scherz. Nur eine billige Kopie von GZSZ, oder einer der anderen billigen Soaps. Das passierte im Fernsehen, aber doch nicht ihm. Er nickte nur.
“Bitte verzeih mir doch.”, jammerte sie wieder. Während sein Blick sich endlose Augenblicke auf der Türe verfestigt. So viele Kerben, so viele Dellen. Minuten krochen wie Gele dahin. “Du solltest gehen.”
Sie ging. Er saß nur da. Schweigend. Noch immer auf die Tür starrend, die sich sachte im Luftzug bewegte. Irgendwann versiegten die Tränen, er hatte keine mehr die sich lohten verschwendet zu werden. Ein lächeln, wie der Silberschweif am Horizont, ehe er in einer langsamen Bewegung aufstand. Die Schritte führten ihn zum Werkzeugkasten.
Dann machte er sich daran die Tür zu reparieren.